Gas Guzzlers Extreme24.10.2013, Jan Wöbbeking
Gas Guzzlers Extreme

Im Test:

Ein kleines Team aus Kroatien will das Rennspiel-Genre aufmischen. In Gazz Guzzlers Extreme dreht sich alles um schnelles Gemetzel: Raketenwerfer, Explosionen und alberne Sprüche geben den Ton an. Ein Geheimtipp für Arcade-Fans?

Mario Kart in der realen Welt

Beinahe jedes Jahr kommt ein Geheimtipp für die LAN-Party aus Russland oder dem Osten Europas nach Deutschland: 2010 war es der Quad-Racer Nail'd von Techland, im letzten Jahr das Offroad-Gerempel Insane 2 von Targem und dieses Jahr sorgt der kroatische Entwickler Gamepires für Nachschub. Auch in Gas Guzzlers brettert man durch idyllisch zerklüftete Naturpanoramen – hier allerdings mit der Unterstützung von Raketenwerfern, fetten Maschinengewehren und anderen „Fahrhilfen“. Zum ersten Mal erschien das Spiel bereits vor einem Jahr, unter dem Titel „Gas Guzzlers: Combat Carnage“. Jetzt hat der holländische Publisher Iceberg sich die Rechte geschnappt und veröffentlicht eine rundum überarbeitete Fassung mit dem Titel „Gas Guzzlers: Extreme“.

Man merkt auf Anhieb, dass Gamepires nicht den geringsten Anspruch an Realismus stellt. Bei Kollisionen fliegen zwar einige mit Nvidia PhysX berechnete Splitter, aber das Fahrverhalten setzt voll und ganz auf unkomplizierten Spaß. Ähnlich wie in Mario Kart fahre ich mit sieben Gegnern um die Wette oder decke sie im Arena-Kampf mit Raketen ein. Die Fantasiewagen sind hier zwar echten Modellen wie dem Golf nachempfunden, die kleinen gemeinen Extras schweben aber auch hier direkt über der Strecke. Eine Rauchbombe, Minen oder geschickt in der Kurve abgelassenes Öl eignen sich prima zum Abschütteln hartnäckiger Verfolger. Auch ein Schild, Nitro oder eine Reparatur gehören zum einfach gehaltenen Bonus-Repertoire. Ausgefallene Extras wie in Sonic & Allstars Racing: Transformed gibt es aber leider nicht. Auch die Auswahl der seitlich montierbaren Waffen gibt sich konservativ – trotzdem macht es richtig Laune, damit auf der Strecke zu wüten.

Fahrende Bleispritzen

Die Nitro-Leiste wird u.a. mit Drifts, kleinen Kollisionen und dem Überfahren von Tieren gefüllt.
Die Nitro-Leiste wird u.a. mit Drifts, kleinen Kollisionen und dem Überfahren von Tieren gefüllt.
Mit der Schrotflinte lässt sich der Wagen vor mir z.B. prima aus der Kurve schubsen. Oder ich entscheide mich gegen das Überhol-Manöver und jage den Konkurrenten mit ein paar weiteren Treffern gleich komplett in die Luft. Am meisten Spaß macht es, zu gewinnen, weil kein anderer Fahrer überlebt hat. Die Geschütze wie Miniguns oder der einige Raketenwerfer lassen sich aus der Motorhaubensicht gut kontrollieren. Wechsle ich zur äußeren Sicht, fehlt die Zielmarkierung zwar, im Gegenzug habe ich aber einen besseren Überblick. Eine Cockpit-Ansicht gibt es übrigens nicht. Lenkrad-Fans dürfte freuen, dass einige Racing-Wheels wie das Logitech G27 unterstützt werden. Auch mit dem Controller (oder zur Not mit Tastatur) wirkt die arcadelastige Steuerung griffig und gut kontrollierbar. Lediglich das Driften fühlt sich nicht ideal an; trotzdem bin ich nach kurzer Gewöhnung besser damit zurechtgekommen als in GRID 2.

Bei der Präsentation haben sich die Entwickler nicht die geringste Mühe gemacht: Ein kurzer Intro-Film, keine Story und auch keine interessante Verknüpfung zu verschiedenen Rennserien wie in GRID 2. Stattdessen wähle ich in einem schrecklich altbackenen Menü Veranstaltungen aus und arbeite mich in der Rangliste nach oben. Das Drumherum hat mich überhaupt nicht motiviert, das Geschehen auf der Strecke dagegen schon: Gamepires hat eine ausgewogene Balance aus Rennen und Waffeneinsatz gefunden. Immer wieder düse ich abseits von der Strecke durch die Wüste, springe mit Schwung über eine defekte Brücke im Wald oder schliddere über eine vereiste Abkürzung.

Faires Gerangel

Schön auch, dass die Entwickler weniger aufs Gummiband setzen als die Konkurrenz: Durch den Einsatz von Waffen kann man sich zwar relativ leicht nach vorne kämpfen bzw. nicht so einfach vom Feld absetzen. Trotzdem wurde ich bei einem guten Lauf fast immer mit einem Sieg belohnt und schnitt bei ungeschickten Kollisionen entsprechend schlechter ab. Wer möchte, kann übrigens jederzeit zwischen zahlreichen Schwierigkeitsgraden wechseln.

Die Naturkurse können nicht mit üppigen Kulissen eines Forza mithalten, sehen aber schön idyllisch und organisch aus. Auch technisch leistet die hauseigene Engine gute Dienste: Es gibt wuchtige Explosionen, fliegende Trümmer, Hitzeflimmern und andere ansehnliche Details. Trotzdem läuft das Spiel auch auf nicht mehr ganz taufrischen Rechnern flüssig. Die Minimal-Voraussetzungen sind ein Zweikern-Prozessor mit zwei Gigahertz und eine Grafikkarte auf dem Level einer GeForce 8800 Ultra.

Alte Schule

Der alberne Humor zieht sich durchs ganze Spiel: Meine härtesten Konkurrenten tragen Namen wie Mary Juana, Luke Likesheet oder Lou Briccant.
Der alberne Humor zieht sich durchs ganze Spiel: Meine härtesten Konkurrenten tragen Namen wie Mary Juana, Luke Likesheet oder Lou Briccant.
Sponsoren-Rennen, Zusatzaufgaben und diverse Modi wie Elimination sorgen immer wieder für etwas Abwechslung. Das Deathmatch funktioniert dank weitläufiger Schluchten und ähnlich weiter Arenen recht gut, der Flaggenklau ist mir dagegen zu hektisch und unübersichtlich. Auch Rennen ohne Waffeneinsatz werden angeboten. Zu Beginn bin ich noch mit einem dreirädrigen Kastenwagen über die Piste geeiert; nach und nach lassen sich aber immer fettere Fantasiefahrzeuge wie der McCider RLS Benzen oder der schnittige El Matador erwerben und mit simplen Tuning-Kits aufrüsten. Ein paar optische Verzierungen und bessere Waffen sind ebenfalls erhältlich.

Im einfach gehaltenen Mehrspielermodus sind meist zwar nur eine Hand voll Leute unterwegs, dank dedizierter Server laufen die Matches aber rund und sorgen zumindest kurzfristig für lustiges Gerangel. Wer möchte, kann selbst einen aufsetzen oder verbindet sich direkt mit einer anderen IP. Bis zu acht Spieler treten in zwölf Modi gegeneinander an, auf Wunsch sammeln sie in bis zu vier Teams Punkte für den Sieg und für ihren Rang. Neben den erwähnten Rennmodi und dem Deathmatch gibt es z.B. auch die Variante Last Man Standing, bei welcher der letzte Überlebende gewinnt. Auf Wunsch kann man auch Rennserien mit mehreren Veranstaltungen starten oder bei Spielermangel Bots hinzufügen.

Fazit

Hirn aus, Gas geben und Gegner versägen: Die altbewährte Formel macht auch heute noch erstaunlich viel Spaß – und Gas Guzzlers Extreme transportiert dieses unkomplizierte Spielgefühl richtig gut. Die Positionskämpfe sind spannend, die Kulissen idyllisch, die Steuerung flutscht und das Ballern und Abkürzen sorgt für viel Schadenfreude – sowohl online als auch gegen die fair agierende KI. Beim Drumherum gibt sich das Spiel allerdings schrecklich spartanisch. Wie vor 20 Jahren grast man in öden Menüs generische Veranstaltungen ab. Auf Dauer motiviert der actionreiche Abstecher in die Natur also bei weitem nicht so lange wie Flatout 2, Forza Horizon oder andere ausgewachsene Arcade-Racer. Als leicht bekömmlicher Snack für zwischendurch eignet sich das Spiel aber bestens.     

Pro

lustiger Mix aus Rennen und Zerstörungsorgie
flüssige Internet-Matches (falls man genügend Mitspieler findet)
idyllisch zerklüftete Strecken in zahlreichen Natur-Szenarien
motivierend attackierende KI ohne Gummiband
sinnvolle, gut steuerbare Waffen
konsequent alberner Humor
kerniger Metal-Soundtrack

Kontra

sehr fade präsentierte Veranstaltungen
keine Story und karge Aufmachung
keine lizenzierten und kaum verrückte Fahrzeuge
Online-Modus einfach gestrickt
keine ausgeflippten Extras

Wertung

PC

Einfach, aber spaßig: Die Zerstörungsorgie auf vier Rädern sorgt für gute Laune und spannende Rennen.

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