The Great Escape - Gesprengte Ketten05.10.2003, Bodo Naser
The Great Escape - Gesprengte Ketten

Im Test:

Bislang konntet Ihr auf dem PC nur in zweidimensionalen Spielen wie Commandos deutsche Soldaten an der Nase herumführen. Ab sofort geht das in The Great Escape - Gesprengte Ketten (ab 19,89€ bei kaufen) auch viel unmittelbarer in 3D. Auf PS2 und Xbox konnte die Flucht aus einem Gefangenenlager der Wehrmacht nicht vollends überzeugen. Ob der Mix aus Schleicher, Adventure und Shooter von SCi auf dem Rechner besser rüberkommt, erfahrt Ihr im Test!

Berühmte Vorlage

The Great Escape ist sicher die verspätetste Versoftung der Computerspielgeschichte, denn 40 Jahre sind seit dem berühmten Kriegsfilm "Gesprengte Ketten" mit Steve McQueen aus dem Jahre 1963 vergangen. Der MGM-Streifen, in dem alliierte Kriegsgefangene versuchen, aus dem deutschen Lager Stalag Luft 3 fliehen, ist längst selbst zum Klassiker geworden. Wer kennt nicht die bekannten Szenen wie den geheimen Bau des Tunnels unter dem Zaun, McQueens Husarenritt mit dem Motorrad an die Schweizer Grenze oder seine endlosen Baseball-Würfe in der Einsamkeit der Dunkelzelle.

Spielumfang

Für Eure Fluchtversuche stehen Euch 20 an verschiedenen Schauplätzen spielende Levels zur Verfügung - genug Munition also. Der Hauptteil des 3D-Actionspiels besteht aus Schleichszenen, in denen Ihr Euch vor den Augen der feindlichen Wachen verbergen müsst. Sie machen über die Hälfte des Spiels aus. Ein weiteres Drittel sind Shooter-Anteile, bei denen Ihr die Deutschen mit den unterschiedlichsten Waffen dezimiert. Schließlich gibt es einige Szenen, in denen Ihr mit Vehikeln (z.B. Motorrad, Schützenpanzer) fahren dürft sowie simple Kombinationsrätsel, bei denen ein wenig Köpfchen gefragt ist. Insgesamt eine abwechslungsreiche Mischung, die allerdings auch ihre Schwächen hat.

Vier Charaktere

Das Spiel umfasst anders als der Film auch die Vorgeschichte derer, die sich in Stalag Luft 3 zur großen Flucht treffen. Vier Charaktere sind spielbar: Der Luftwaffenoffizier MacDonald, der australische Mechaniker Sedgwick, der talentierte Dieb Hendley und der berühmte Ausbrecherkönig Hilts, der im Film von McQueen gespielt wird. __NEWCOL__Alle besitzen unterschiedliche Fähigkeiten, so spricht MacDonald fließend Deutsch und verwandelt sich per Uniform in den perfekten "Kraut". Hendley hingegen muss in einer berühmten Szene im Zug seinen blinden Kameraden Blythe auf der Flucht begleiten. Eine Kombination der Eigenschaften wie bei Commandos ist aber nicht erforderlich, da Ihr immer nur einen spielt.

Schleichmissionen

Nach dem Abschuss Eures Bombers befindet Ihr Euch zunächst als MacDonald in einem kleineren Gefangenenlager, von wo Ihr erst einmal durch einen Tunnel fliehen müsst. Dafür benötigt Ihr einen falschen Pass, für den Ihr zuerst eine echte Vorlage aus der Baracke der Deutschen holen müsst. Ganz im Stil von Commandos schleicht Ihr Euch zwischen den Wachen hindurch, die in die unterschiedlich agressiven Typen "Krauts", Spürhunde und Gestapo eingeteilt sind, duckt Euch hinter Kisten und versucht dem Leuchtfinger des Scheinwerfers zu entgehen. Ob Ihr entdeckt seid, seht Ihr am Kompass unten: Gelb steht für Gefahr, Rot für Entdeckung. Leider wird nicht angezeigt, welchen Sichtbereich die Wachen überhaupt besitzen. Unrealistisch ist, dass sich manche Soldaten wieder beruhigen, obwohl sie Euch eigentlich schon entdeckt haben.

Steuerungselend

Die hakelige Steuerung löst wenig Verzückung aus, denn in einem 3D-Schleicher ist eine reibungslos funktionierende Bedienung eigentlich ein Muss. Da Ihr in vielen Missionen auch gegen die Zeit antretet, kommt es also auf jede Sekunde an. Die lahme Steuerung mit Maus und Tastatur reagiert viel zu pomadig und Ihr bleibt leider oft an Gegenständen hängen. Zwar ist es möglich, die teils unsinnig belegten Tasten neu zu belegen, eine Taste für den Wechsel der Waffe gibt es aber z.B. nicht. So müsst Ihr immer zuerst umständlich ins Inventar gehen, um etwa die Knarre zu wechseln oder Eure Wunden zu versorgen.

Kampfszenen

Freilich macht es zwischendurch Spaß, mal mit einer deutschen Flak auf feindliche Wachtürme zu schießen, ein authentisches Mittendrin-Feeling wie bei Call of Duty kommt aber bei den Shooter-Sequenzen nicht auf. Für die actionreichen Gefechte mit den Deutschen stehen Euch historische Waffen wie Pistole, MP oder Stielhandgranate zur Auswahl; sogar ein Scharfschützengewehr gibt es. Die KI der Gegner zeigt aber Schwächen, die vor allem bei den Schusswechseln deutlich zu Tage treten. Anstatt sich hinter ihren Sandsäcken zu verbergen, kommen die angeblich so erfahrenen Kampftruppen angelaufen und rennen hirnlos in Euer MG-Feuer. Treffer bei Euch sind eher die Ausnahme und Euer 3rd-Person-Pendant hält unmenschlich viel aus. Erwischt es Euch trotzdem mal, so heilt Ihr Euch mit den vielen Medipacks.

Schlechtes Balancing

Der ohnehin happige Schwierigkeitsgrad der Schleichmissionen hingegen wird dadurch noch völlig unnötig in die Höhe getrieben, dass es manchmal Zeitlimits gibt oder Ihr nur beschränkt speichern dürft. Auf der Xbox und PS2 mag das ja noch die Regel sein, aber der PCler möchte speichern, wann, wo und vor allem wie oft er will! Wenn die Entwickler das Balancing nicht anders in den Griff bekommen, als durch solche Hauruck-Methoden, dann ist das schon ziemlich armselig. Zwar lässt sich die Schwierigkeit in drei Stufen einstellen, verändert wird aber immer nur die Anzahl der Speichermöglichkeiten. Gerade zu Beginn sind so einige Missionen derart nervtötend, dass einem dadurch fast der Einsteig vermiest wird.

Kaum Filmatmosphäre

Vor allem die plumpe 3D-Grafik ist dafür verantwortlich, dass es dem Action-Adventure trotz netter Effekte wie Schneefall kaum gelingt, die brillante Atmosphäre des Kriegsfilms einzufangen. In einigen Szenen blitzt diese dann aber doch durch, etwa wenn Ihr die deutschen Wachsoldaten von einer bekannten Melodie aus dem Film begleitet per geworfener Flasche an der Nase herumführt. __NEWCOL__Die Zwischensequenzen in 3D-Spielgrafik erzählen die Story hingegen nur sehr bruchstückhaft, so dass die einzelnen Szenen fast unverständlich bleiben. Teils unfreiwillig komisch sind gar die Animationen und maskenhaften Gesichter der polygonarmen 3D-Charaktere, die seltsam deformiert aussehen.

Dumpfer Sound

Auch die teils unprofessionelle und dumpfe klingende Sprachausgabe trägt kaum dazu bei, so etwas wie Kinoatmosphäre aufkommen zu lassen. Die Lokalisierung des Spiels geht aber bis auf wenige Fehler in Ordnung. Mehr Stimmung verbreiten da schon die teils echten Melodien aus dem Film, die sogleich eine vertraute Atmosphäre aufkommen lassen. Die lebensechten Geräusche können sich ebenfalls hören lassen, so peitschen Schüsse wie in manch "ausgewachsenen" Shooter durch die Stille.

Programmfehler

Schließlich müssen noch ein paar Fehler angesprochen werden, die einfach ins Auge springen. Verständlicherweise sind in der deutschen Version sämtliche Hakenkreuze entfernt, was auch in Ordnung geht, obwohl die Authentizität von The Great Escape natürlich darunter leidet. Darüber hinaus leidet sie aber auch dadurch, dass es in Deutschland fast immer Winter ist und dass es in der norddeutschen Tiefebene ganz sicher keine solche Bergschluchten wie im Spiel gibt. Vielleicht sollte man die britischen Entwickler mal hierher einladen, damit sie sehen, dass wir nicht im eisigen Sibirien leben. Im Jahr 1940 endete Deutschland übrigens auch nicht an der Oder wie auf der Karte im Spiel eingezeichnet. Warum die Wachen bisweilen sogar durch die Wände feuern dürfen, bleibt deren Geheimnis. Ein Bug oder vielleicht ja eine neue Geheimwaffe der Deutschen...?

Fazit


Wenn Ihr wie ich öfters entnervt auf Eure Tastatur einhämmert, weil Ihr mal wieder von den Wachen erwischt wurdet, dann ist ein Spiel wie The Great Escape genau das Falsche für Eure strapazierten Nerven! Denn dort passiert derart Enervierendes dauernd, gerade auch weil sich der teils happige Schwierigkeitsgrad nicht wirklich verändern lässt. Davon abgesehen enttäuscht die PC-Version auch aus ganz ähnlichen Gründen wie die Versionen für Xbox und PS2. Das Action-Adventure steuert sich einfach nicht flüssig und die KI der Deutschen ist vor allem bei den Gefechten schlicht unter aller Kanone. Darüber hinaus wird der lieblose Mix aus Schleicher und Shooter der gewichtigen Filmvorlage nur bisweilen gerecht, weil er abgesehen von der Musik einfach viel zu wenig Atmosphäre bietet. Auch hier bewahrheitet sich also leider die alte Binsenweisheit, dass Spiele, die auf Filmen basieren, meist nicht das Gelbe vom Ei sind.

Pro

<li>offizielle MGM-Lizenz</li><li>vier Charaktere spielbar</li><li>mehr Story als im Film</li><li>abwechslungsreiche Missionen</li><li>mit Vehikel fahren</li><li>übersichtliche Missionsziele</li><li>integrierte Hilfe</li><li>teils originale Melodien</li>

Kontra

<li>wenig atmosphärisch</li><li>hakelige Steuerung</li><li>umständliche Bedienung</li><li>nur eingeschränkt speichern</li><li>nervige Zeitlimits</li><li>Schwierigkeitsgrad nicht wirklich einstellbar</li><li>polygonarme Personen</li><li>dumpfe Sprachausgabe</li><li>Programmfehler</li>

Wertung

PC

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