Assassin's Creed 320.11.2012, Mathias Oertel
Assassin's Creed 3

Im Test:

Mit dem letzten Teil der Ezio-Trilogie gab es eine Premiere für PC-Spieler: Sie mussten nicht mehrere Monate, sondern nur wenige Wochen auf ihren Meuchelmörder warten. Jetzt, mit Assassin's Creed 3 (ab 9,99€ bei kaufen) dürfen sie ebenfalls kurz nach ihren Konsolen-Kollegen die neue Welt mit einem frischen Helden erforschen. Sorgt die erfahrungsgemäß bessere Kulisse auch für einen erhöhten Spielspaß?

Gleicher Inhalt, gleiche Probleme

Inhaltlich hat sich bei der PC-Version von Assassin's Creed 3 (AC3) nichts im Vergleich zu den nur wenige Wochen alten Konsolen-Varianten getan. Daher möchte ich an dieser Stelle auf den umfangreichen Test verweisen. Dort werden sowohl die Vorzüge der Erzählung mit ihrer glaubwürdigen Mischung historischer Fakten und Figuren sowie fiktiver Ereignisse betrachtet als auch die spielerische Stagnation bzw. Regression eingehend besprochen.

Stattdessen möchte hier auf die Eigenheiten der Rechenknecht-Assassinen eingehen, die natürlich beim Kopierschutz beginnen. Grundvoraussetzung, um mit dem Halb-Indianer Connor in die Wirren der amerikanischen Revolution eingreifen zu können, ist ein Uplay-Account. Nach einer einmaligen Online-Anmeldung und einer gut 17 GB beanspruchenden Installation kann man das Spiel auch offline starten, hat dann aber (natürlich) keinen Zugriff auf den Mehrspieler-Modus oder die Uplay-Belohnungen (in etwa gleichbedeutend mit Erfolgen oder Trophäen auf den jeweiligen Konsolensystemen).

Schöner = besser?

Die Kulisse gewinnt u.a. durch höher aufgelöste Texturen an Qualität, das Spielerlebnis wird im Vergleich zu den Konsolenversionen dadurch jedoch nicht aufgewertet.
Die Kulisse gewinnt u.a. durch höher aufgelöste Texturen an Qualität, das Spielerlebnis wird im Vergleich zu den Konsolenversionen dadurch jedoch nicht aufgewertet.
Waren die ersten Episoden von Assassin's Creed  vor etwa fünf bzw. vier Jahren noch ein Indiz dafür, dass die Konsolen seinerzeit die Leistung der PCs übertreffen konnten, haben sich die Vorzeichen mittlerweile umgekehrt: Nicht erst seit Assassin's Creed 3 als Gradmesser haben Rechner im direkten Vergleich die Nase deutlich vorn. Vor allem die Struktur-Texturen von Bäumen sowie Baustoffen wie Ziegeln, Holz usw. profitieren von den hohen Auflösungen, die ein halbwegs potenter PC stemmen kann. Die Hauptfiguren wirken mit ihren filigranen Gesichtszügen und den in Nahaufnahmen erkennbaren Poren oder Bartstoppeln ebenfalls edler als auf Konsolen, wenngleich sich an der grundlegenden Mimik nichts geändert hat.  Wer eher am unteren Bereich der Systemvoraussetzungen angesiedelt ist (Core 2 Duo@2,66 GHz oder AMD Athlon II X4@2,6 GHz sowie mind. 2GB RAM und 512 MB-Grafikkarte mit Shader 4.0), findet im Optionsmenü zahlreiche Bereiche, in denen man die visuelle Darstellung auf seinen Rechner abstimmen kann. Haarkleines Schrauben, um auch das letzte bisschen Leistung herauszukitzeln, ist zwar nicht möglich, doch mit den mehrstufigen Einstellungen lassen sich schnell ansehnliche Ergebnisse erzielen.

Schöne Aussicht: Leider kann die Wildnis das spielerische Potenzial nur eingeschränkt zeigen.
Schöne Aussicht: Leider kann die Wildnis das spielerische Potenzial nur eingeschränkt zeigen.
Doch trotz aller visuellen Vorzüge hat auch der PC-Assassine mit kleinen Problemen zu kämpfen: Die unsauberen Schatten der Konsolen sieht man hier zwar nicht und auch das störende sanfte Einblenden von Gebäudetexturen oder Umgebungsgeometrie (beides markante Mankos der ansonsten stimmigen Konsolenfassungen) ist hier passé. Ganz ohne Pop-ups geht es aber auf dem PC nicht - leider. Denn gerade weil die Kulisse auf Rechnern ungleich sauberer wirkt und zum Umherstreifen in den großräumigen Abschnitten einlädt, fällt das plötzliche Auftauchen von NPCs, gegnerischen Soldaten-Trupps oder Kutschen, die auf dem Weg ihrem Ziel zusteuern, umso mehr auf. Zudem gibt es bei einigen geskripteten Szenen entweder immer noch Probleme, die auch schon auf Konsolen störten (z.B. urplötzlich verschwundene, besiegte Gegner wie in Sequenz 2) oder neu auftauchen wie unpassende Animationen, weil der Übergang in die kurze Skriptszene von einer "unmöglichen" Position stattfindet.  

Konsolen-Ursprung

Auch wenn die Rechenknecht-Meuchelei auf PC technisch einen weitgehend ausgereiften Eindruck hinterlässt - in einem Punkt kann Assassin's Creed seine Konsolenursprünge einfach nicht hinter sich lassen: Die Steuerung. Die Maus-/Tastaturvariante lässt sich zwar frei belegen und reagiert anstandslos. Doch egal, wie man sich auch abmüht, ist das Pad für mich mit seiner stets optimalen Kontrolle die erste Wahl und gibt sowohl in der Kampagne als auch im Mehrspieler-Modus keinen Anlass zur Klage.

Fazit

Die Gretchenfrage bei Assassin’s Creed 3 lautet: Sorgt die verbesserte Kulisse des Revolutions-Abenteuers für ein verbessertes Spielgefühl? Die Antwort lautet für mich "Nein!" Denn so optimiert sich die visuelle Darstellung der Meuchelmörder-Ausflüge zu Lande und zu Wasser auch zeigt und damit die Detailfreude und Akribie bei der Recherche von Architektur und Kleidung der damaligen Zeit noch eindrucksvoller als auf Konsolen unterstreicht, so wenig hat dies alles Einfluss auf den Spaß. Denn trotz höher aufgelöster Texturen, sauberen Schatten sowie einer generell verbesserten Sichtweite, bei der das ominöse Hereinfaden von Gebäuden, das PS3 oder 360 plagte, nahezu komplett ausradiert wird, ist die Kulisse nicht vor fiesen Pop-ups von NPCs oder gegnerischen Truppen sowie anderen Unstimmigkeiten gefeit. Dennoch: Wer zu Gunsten der PC-Version auf die Konsolenvariante verzichtet hat, hat die Gewissheit, die visuell ansprechendste Version zu erleben. Inhaltlich spiegelt der Rechenknecht-Assassine seine Konsolen-Kollegen penibel wider: Die Vermengung historischer Fakten und fiktiver Ereignisse bzw. Personen ist gelungen, wird innerhalb einer interessanten Geschichte gut verarbeitet und von imposant inszenierten, aber spielerisch unerheblichen Seegefechten ergänzt. Doch auch die schönste Kulisse kann nicht verhehlen, dass Connor nach Altair und der Ezio-Trilogie mechanisch weitgehend auf der Stelle tritt.

Pro

die neue Anvil Next-Engine liefert eine ansehnliche Kulisse mit zahlreichen Details
Kulisse deutlich detaillierter als auf Konsolen...
haufenweise Nebenmissionen...
pompös inszenierte Seeschlachten
gelungene Weiterführung der Desmond-Geschichte in der Gegenwart
eingängige Steuerung
sehenswerte Mimik der Hauptfiguren
Gegner-KI zeigt sich beharrlicher bei der Suche und ist allgemein aufmerksam...
optionale Nebenziele jeder Mission sorgen gelegentlich für einen Hauch von Anspruch
gelungene Einbindung historischer Figuren und Ereignisse
Kletter-Automatismen sorgen in der Horizontalen für einen passenden Spielfluss
' sehr gute deutsche Lokalisierung
teilweise im "indianischen" Original mit Untertiteln
stimmungsvolle, dynamische Musik
überzeugende Architektur, stimmiges Artdesign
große Spielwelt (Boston, New York, Wildnis, Landsitz)
komfortables Teleport-System
viele "Teleport"-Stationen müssen erst in einem Untergrund-Labyrinth gefunden werden
passables Schlossknack-System
Jahreszeiten (Sommer, Winter), Wetter, Tag-/Nachtwechsel
spannender Mehrspieler-Modus mit umfangreichen Aufstiegssystem und interessanten Spielarten
umfangreiche Animus-Enzyklopädie

Kontra

spielerischer Kern hat sich nur minimal weiterentwickelt
... aber es gibt auch Probleme wie Pop-ups oder hölzerne Animationen
... von denen die meisten nur statistischen Wert haben
der Wildnis geht nach intensiver Anfangsfaszination die Spannung verloren
Handel und Handwerk sind sehr oberflächlich
Kampf ist viel zu leicht, fordert kein bisschen
... leistet sich aber in der Verfolgung sowie im Kampf böse Aussetzern und alte Fehler
Connor entwickelt sich spielmechanisch nicht weiter und ist sehr übermächtig
Klettern auf Schienen in der Vertikalen unpassender denn je
viele Inhalte wurden gar nicht oder nur unzureichend miteinander verbunden

Wertung

PC

Definitiv die schönste Version, entsprechende Hardware vorausgesetzt. Doch auch die ansehnlichste Kulisse kann den mechanischen Stillstand nicht verschleiern.

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