Im Test: Comeback eines Rollenspielmeisters
Rätselhafte Gestalten
Plötzlich folgt jemand meiner Gruppe. Er heißt „Provost“, quatscht nur Latein, sieht aus wie ein Agent und zückt seine Pistole in den Gefechten, um mir zu helfen. Ich kann nicht mit ihm reden, ihm keine Befehle geben, aber er läuft mir stoisch hinterher. Irgendwann verschwindet er. Wieso, weshalb, warum? Hätte ich sein QVEM SI NON TENUIT und die anderen lateinischen Kommentare vielleicht übersetzen sollen? Hätte ich ihn über diesen und andere Hinweise als Charakter aufnehmen können? Fragen über Fragen, die mir keine Ruhe lassen.
Willkommen in der irren Endzeit
Dabei sind auf den ersten Blick einfach nur alle bekloppt in diesem Amerika des Jahres 2073: Junkies, die sich Aufputschmittel aus Skorpiongift reinziehen. Entflohene Häftlinge, die sich zu Killergangs zusammenrotten. Menschenhändler, die Frauen und Männer als Sexobjekte in Käfigen halten. Eine Sekte, die einen Nuklearsprengkopf wie einen Gott anbetet und ihre Jünger als lebende Bomben verheizt. Dazu mutierte Riesenhasen, kranke Ärzte, wilde Roboter oder störrische Ziegenböcke, die einem tatsächlich eine Kopfnuss verpassen.
1998 kam es laut Drehbuch zum Atomkrieg und seitdem ist Amerika in Enklaven und zig regionale Fraktionen zersplittert. Die Reste einer Pionier-Kompanie der US-Armee bilden die "Desert Ranger". Sie versuchen das Land wieder aufzubauen. Damit knüpft dieses Wasteland 2 direkt an die Geschehnisse des Klassikers an. Und wenn man seine Charaktere erstellt, fühlt man sich tatsächlich wie in einer Zeitmaschine, die einen in die Ära von Baldur’s Gate & Co katapultiert.
Komplexe Charaktererschaffung
Man hat die Wahl, ob man selbst vier Charaktere für seine Gruppe erstellt oder aus den neun vorgefertigten Figuren wählt. „Fade“, „Slick“, „Big Bert“ & Co haben vielleicht den Vorteil, dass sie eine kleine Vorgeschichte besitzen und dass sie bereits ganz gut spezialisiert sind. Aber egal, was ihr vorzieht: Neben den vier Startfiguren werden euch viele Nebenfiguren mit eigenen Persönlichkeiten begegnen, die ihr anheuern könnt, so dass bis zu sieben Desert Ranger unter eurer Führung unterwegs sind – auch Tiere und Roboter können hinzu kommen.
Attribute beeinflussen Fähigkeiten
Was man auf jeden Fall braucht: Einen Mediziner! Und der sollte sich sowohl beim einfachen Heilen als auch in der Chirurgie auskennen, damit er Blutungen oder Gifte stoppen kann.
Man kann sich also wunderbar in die Erstellung vertiefen, kann sich über eine hohe „Awareness“ und „ Coordination“ einen Spezialisten für die Erkundung, über viel „Charisma“ einen Gesprächsleiter oder über viel „Speed“ und „Strength“ einen Nahkämpfer schnitzen. Jedes Attribut lässt sich im Laufe des Abenteuers in zehn Stufen steigern. Allerdings bleibt unklar, wie sich manche Attribute und die vielen Skills beeinflussen: Warum wird bei „Charisma“ z.B. nicht angezeigt, ob es auch direkt die drei Rhetorikarten „Hard Ass“, „Smart Ass“ und „Kick Ass“ steigert? Hier fehlt es an zusätzlichen Informationen.
Ein Mord in der Wüste
Das Abenteuer startet mit einem Mordfall: Wer hat den Desert Ranger Ace auf dem Gewissen? Während man mit seinen schlecht ausgerüsteten Frischlingen im Auftrag des bärbeißigen General Vargas nach Spuren sucht und Indizien sammelt, Höhlen und Täler erkundet, dabei sogar aktiv mit der Schaufel buddelt, zeichnet sich hinter einem Schleier aus Mutmaßungen und Radiodurchsagen irgendwann eine größere Bedrohung ab:
"Come to the New Citadel…modern man,,,,half human, half machine…child of the citadel…an angel, serving the god of the future."
Sind da etwa Killer-Roboter unterwegs? Oder sogar mehr als das – synthetische Kreaturen, halb Mensch, halb
Wer auf die Dialoge achtet und sich mit Geduld durch Tagebücher & Co liest, wird dennoch ein Bild vom historischen Ganzen bekommen. Dazu gehört, dass General Vargas damals zusammen mit Ace den wahnsinnigen Mutantenmeister "Finster" bekämpfte. Schade ist, dass es zwar eine Questliste und auch Bücher, aber keinerlei historische Übersicht oder etwa ein Namens- und Stichwortverzeichnis gibt. Auch all die Fraktionen werden nicht aufgeführt, so dass man kaum etwas nachschlagen kann. Dabei hätte gerade diesem Spiel mit seiner Geschichte ein Archiv sehr gut getan!
Schau genau hin!
Nur Charaktere mit hoher Wahrnehmung können in einem kreisrunden Bereich nach Interessantem scannen und dann vielleicht auf einen zusätzlichen Klick erfahren, ob auch eine Falle am grün markierten Zaunschloss angebracht ist; erst dann wird sie rot – hier wird also nicht auf Anhieb alles farblich markiert, sondern erst mit entsprechender Fähigkeit und nach erneuter Beobachtung. Mir hat das Erkunden in diesem Rollenspiel auch deshalb so viel Spaß gemacht, weil es von vielen stimmungsvollen Texten und Kommentaren begleitet wird. Wasteland 2 animiert nicht nur zum genauen Hinsehen, sondern auch zum Mitlesen.
Lies genau mit!
Die Unity Engine inszeniert zwar auch ganz ansehnliche Landschaften, die trotz der Apokalypse nicht nur trostlos und düster, sondern mitunter überraschend farbenfroh und lebendig wirken. Man kann die Kamera frei drehen und zoomen, der Wind lässt Sträucher und Fahnen wehen, es gibt sogar ein, zwei malerische Flecken sowie grundsätzlich interessante grafische Kleinigkeiten an Häusern, Zügen oder Schildern. Schade ist nur, dass man viele höher gelegene Bereiche nicht betreten kann, dass die Animationen recht beschränkt sind und Gestik sowie Mimik nicht wirklich existieren. Aber die liebevoll arrangierte, technisch solide Kulisse ist ohnehin nicht der Star in diesem Spiel.
Der Text ist König
Die Radio-Kommunikation mit General „Snake“ Vargas sorgt z.B. nicht nur für
Wenn man neue Räume oder Gebiete betritt, werden diese z.B. kurz beschrieben. Das animiert zum einen dazu, nicht so schnell durch die Flure zu rauschen, sondern mal innezuhalten und etwas auf sich wirken zu lassen – auch, weil sich im Text ein Hinweis verbergen könnte. Und wenn eine Figur mit hoher Wahrnehmung ein Gespräch anfängt, fällt ihr vielleicht etwas am Aussehen des Gegenübers auf, z.B. eine Tätowierung oder ein Amulett, was dann ebenfalls als Text eingeblendet wird. Das sind einfach tolle Momente, weil sie für eine besondere Intimität zwischen Spiel und Spieler sorgen – und das schon im Einstieg. Während erste Hinweise zu Steuerung, Bedienung & Co sehr elegant an der Seite angeboten werden, fühlt man sich in eine vergangene Rollenspielära zurückversetzt.
Erkundung zwischen Reiz und Langeweile
Diverse Gangs, Clans und Sekten bevölkern die Wüste. Wen soll man bloß unterstützen? Ganz alleine wird es jedenfalls schwierig, denn die Macht der Desert Ranger reicht nicht viel weiter als bis zum Ende der eigenen Basis. Kaum ist man mit seinem kleinen Trupp in Arizona unterwegs, blickt man in die Fratze einer Endzeitwelt à la Mad Max - verkommen, verstrahlt, lebensfeindlich.
Ist man auf der vom Nebel zunächst verschleierten Landkarte unterwegs, kann viel passieren: Radioaktiv verseuchte Zonen blinken giftgrün und machen die Gruppe krank. Man kann im Vorbeilaufen Tempel, Verstecke oder Siedlungen finden, zufällig von Räubern attackiert werden oder auf Händler treffen. Weil man Wasser verliert, muss man zudem
Und im Gegensatz zur Beta, wo es nach zehn Stunden auf dem zweiten von vier Schwierigkeitsgraden viel zu leicht wurde, hält sich die Spielbalance länger, weil es weniger Geld und Material gibt und die Feinde etwas knackiger sind. Wer richtig gefordert werden will, sollte allerdings auf Stufe 3 beginnen. Denn je länger man spielt, desto sicherer wird es, weil man den Zufallsangriffen in neun von zehn Fällen ausweichen kann und Wasserknappheit eigentlich nie zum Problem wird. Trotzdem entsteht das angenehme Gefühl einer Terra incognita, denn die Leute kennen quasi nur noch ihr regionales Umfeld und die radioaktive Strahlung sorgt dafür, dass Inseln und Korridore innerhalb einer eigentlich freien Zone entstehen – so muss man auch Umwege in Kauf nehmen.
Kein überflüssiger Komfort
Denn hat man die eigene Recherche über das Aufdecken eines Gebietes und Gespräche mit Bewohnern erstmal abgeschlossen, vermisst man Orts- und Personenangaben auf den Karten. Letztere gibt es nur sporadisch, aber nicht konsequent z.B. für Auftraggeber. Die weitläufigen Gebiete werden weder automatisch beschriftet noch kann man sich selbst Notizen darin machen – gerade Letzteres ist sehr schade, denn das hätte das Pen&Paper-Flair noch unterstützt. So muss man sich also vieles merken und bekannte Areale immer wieder absuchen. Noch etwas fällt bei der Erkundung negativ auf: Es wirkt etwas befremdlich, dass man Attribute bzw. Skillpunkte tatsächlich beim Besuch von Schreinen erhält, die wahllos im Land verteilt sind. Ja, das ist eine kleine Hommage an die Schwarmfinanzierer da draußen, aber es wirkt wie ein Fremdkörper.
Gesetzestreuer oder opportunistischer Ranger?
Dafür hat man ein sehr offenes Abenteuer vor sich. Denn zu den Gefahren durch Überfälle auf der Karte gesellen sich böse politische Überraschungen: Man stößt auf verzwickte regionale Konflikte, in die zwei, manchmal drei Fraktionen involviert sind. Und hier beginnt das eigentliche Rollenspiel, denn man kann in den Gesprächen mit den Leuten mehr erfahren, kann auf sie einwirken, über erledigte Aufgaben ihre Gunst gewinnen und sich nach der Recherche vor Ort vielleicht für eine Fraktion entscheiden - oder gegen alle.
Soll man den verlängerten Arm von General Vargas spielen und den gesetzestreuen Desert Ranger mimen? Das kann
Soll man seine Fahne in den Wind hängen und so schnell es geht mit dem eigenen Vorteil flattern? Der Opportunismus scheint mitunter das Einfachste, denn je nachdem ob man Geld, Waffen, regionalen Zugang oder Verbündete braucht, kann man ja mal eben ideologisch umdisponieren - egal, ob es sich um Terroristen, Menschenhändler, Killer oder Sekten handelt. Ihr wollt das skrupellose Arschloch spielen? Auch das ist möglich. Aber nicht alle NSC (Nicht-Spieler-Charaktere) finden es lustig, wenn man Unschuldige einfach über den Haufen schießt; sie verschwinden vielleicht. Und General Vargas kann einen nicht nur so richtig zusammen scheißen, wenn man die Gesetze der Ranger missachtet.
Rhetorische Deeskalation in Dialogen
In der Theorie kann man das Dialogsystem auch aktiv nutzen, indem man nicht nur die gelben oder roten Schlagwörter anklickt, sondern selbst etwas eintippt – das hört sich nach einem offenen System an. Das beschränkt sich in der Praxis allerdings meist auf Zahlencodes, denn selbst wenn man wichtige Schlüsselbegriffe oder Namen eingibt, die aus irgendeinem Grund noch nicht als Schlagwort aktiv sind, passiert meist nichts. Ein Beispiel: Da wird in einem Dialog von einem durchgeknallten Desert Ranger namens Rick Baychowski gesprochen, der etwas wissen würde und jetzt Gefangener sei. Fragt man General Vargas per Texteingabe nach diesem Rick, egal ob nur Vorname oder Nachname, kann er nichts mit dem Namen anfangen. Und das, obwohl dieser Rick etwas weiter in der Zelle der Desert Ranger hockt - arghs.
Holen, bringen und schnell reagieren
Zwar gibt es auch Hol- und Bringdienste sowie klassische Suchaufgaben: Hier einen Brief überbringen, da eine Vermisste finden. Aber schön ist, dass einige Quests vom Schema F abweichen, indem sie nicht nur über Notfälle per Funk für Echtzeitspannung sorgen: Man muss in einer Situation z.B. schnell reagieren und die Umgebung nutzen, indem man eine Säule zum Einsturz bringt, um einen Ertrinkenden aus dem See zu retten. In einer anderen Situation gilt es ein brennendes Haus zu löschen, indem man umgehend für Wasser sorgt – aber wie?
Hinzu kommen Situationen, in denen man über Fähigkeiten etwas reparieren muss oder in denen man anhand eines
Sehr klassisch, aber vielfältig ist auch der Einsatz der im weitesten Sinne diebischen Fähigkeiten. Die werden nicht als aktive Minispiele, sondern als Statistikprobe über eine kleine Animation inszeniert. Man kann zig Schlösser aufbrechen, Safes knacken, Codes hacken, Alarm abschalten sowie Fallen entschärfen – und das wird mitunter mehrfach verknüpft. Sehr konsequent: Kommt es bei einer Probe zu einem kritischen Fehlschlag, bleibt der Safe auch bis Spielende verschlossen. Apropos keine Öffnung: Selbst wer Zäune oder Gatter aufbrechen will, muss einen Charakter mit entsprechender Stärke und der Fähigkeit in roher Gewalt einsetzen.
Alles hat Konsequenzen
Egal was man tut: Es hat Konsequenzen - im Kleinen sowie im Großen. Man geht trotz der Warnung der Wachen noch ein paar Schritte weiter auf das Heiligtum zu? Pech gehabt, sie greifen sofort an. Man erschießt den schmierigen Zuhälter, der eine Familie bedroht? Das fühlt sich gut an, aber eine Minute später kommt die Durchsage per Funk, dass die mächtige Gang der "Red Scorpions" einen quasi für vogelfrei erklärt hat. Man rettet Highpool mit seiner Wasserversorgung statt das AG Center mit seiner Bioforschung? Tja, dann breitet sich der Virus aus und plötzlich werden Orte auf der Karte infiziert. Man zerstört die Strukturen einer Sekte, die Nuklearsprengköpfe anbetet und Wegezoll nimmt? Ist möglich, aber danach sichert niemand mehr den Weg durch den Canyon, Gangs füllen das Machtvakuum und viele offene Aufträge werden vielleicht ad acta gelegt.
Und das ist eine große Stärke von Wasteland 2, denn so spielt man aufmerksamer und überlegt länger, wie man handelt. Aber selbst als Diplomat hat man es mitunter schwer: In einem Gebiet wird quasi der Palästina-Konflikt im
Das Nachdenken zahlt sich aus, denn es gibt auch positive Auswirkungen, von Kommentaren bis hin zu aktiver Unterstützung: Wer sich wie ein echter Desert Ranger aufführt, wird im Lager von den Kumpels gelobt. Wer einem Haufen halb Verdursteter mit seinem Wasser hilft, trifft sie später in einer Siedlung und kann auf sie zählen. Wer einen Jungen vor dem Ertrinken rettet, wird es leichter haben, in seiner Familie und bei seinem Clan angehört zu werden. Dabei ist es schwierig, den aktuellen Status quo im Auge zu behalten: Es gibt weder ein Moralsystem noch eine Übersicht der politischen Fraktionen - man muss die Lage anhand der Reaktionen der Leute einschätzen.
Auf die kleinen Dinge achten
Wasteland 2 animiert auch abseits der Quests dazu, wirklich auf alles zu achten. Vor allem, wenn aufgebrachte Leute betonen, dass man kein Wort mehr sagen, keinen Schritt mehr machen soll. Selbst aus normalen Situationen heraus
Bei allem Lob, gibt es auch im Bereich der oftmals sehr glaubwürdigen Reaktionen einige Ernüchterungen. Ab und zu kann man die Häuser oder Zelte der Leute einfach so betreten und darin alles klauen, ohne dass sie reagieren. Und das, obwohl sie im Dialog noch betonen, dass sie um Privatsphäre bitten oder dass man nichts anfassen soll. Die Grenzen zwischen beliebiger Klauerei und geahndetem Diebstahl sind nicht immer zu erkennen.
Es kommt auch zu einigen sehr witzigen , mitunter auch tragischen Situationen, weil die NSC eben ihren eigenen Kopf haben. Im Zweifel schrecken sie auch vor Mord nicht zurück! Manchmal verlassen sie die Gruppe, weil sie einen Verwandten getroffen oder einfach anderes vorhaben. Dazu gehören auch Kleinigkeiten: Man kann nicht einfach Dinge aus ihrem Inventar nehmen, manche behalten sogar jede Munition, die man ihnen gibt. Schade ist allerdings, dass man sich nicht gezielt mit ihnen unterhalten kann, um vielleicht persönliche Quests zu erhalten. Wer die NSC besser im Auge oder einfach sammeln will, kann sie übrigens in der Ranger Citadel als neue Rekruten abliefern.
Taktisches Kampfsystem
Wasteland 2 inszeniert klassische Rundentaktik, bei der man seinen Leuten einzeln Befehle geben kann. Je nach ihrer Initiative handeln sie vor oder nach den Feinden, indem man ihre Aktionspunkte z.B. für die Bewegung, das Nachladen, das Heilen oder Schießen verwendet. Hinzu kommen kleine taktische Möglichkeiten: Wer sich hinkniet, verbessert seine Treffer- und Ausweichchance, wer aus der Höhe feuert, erhöht seine Reichweite, man kann zwischen Feuerstoß und Einzelschuss wechseln, sich hinter Deckungen begeben oder die des Feindes zerstören. Besonders effizient sind Hinterhalte als alternative Feueraktion: Dann schießt man auch in der Runde des Gegners, wenn sich dieser in das Schussfeld begibt – sehr effizient, sehr tödlich, vor allem wenn das mehrere Leute tun.
Für Unberechenbarkeit und authentisches Flair in den Gefechten sorgen Friendly Fire, streuendes Schrot, Patzer wie Waffendefekte, die allerdings zu häufig auftreten und einen zum erneuten Nachladen zwingen, Abzüge auf die Trefferquote unter dem Druck naher
Inkonsequenzen in den Gefechten
Aber Wasteland 2 kommt trotz vieler guter Ansätze nicht an die dynamische Kampftaktik von XCOM oder die situativen Möglichkeiten eines Jagged Alliance heran. Es ist zwar schön, dass es ein Deckungssystem gibt, inklusive zerstörbarer Objekte. Aber zu selten hat man das Gefühl, dass einem der Schutz wirklich etwas bringt, weil der Feind plötzlich auch durch klare Hindernisse ballern kann - da fehlt eine klare physikalische Linie. Manchmal sind die Karten auch so designt, dass es kaum gute Positionen gibt oder gerade jene in der Höhe nicht zugänglich sind. Und die Feinde nutzen die Deckung etwas zu selten. Wenn sie das tun, wird es auch gleich gefährlicher - vor allem, wenn Grenadiere dabei sind, die über mehr Feuerkraft verfügen. Aber letztlich muss man nicht oft genug clever mit Feuerschutz & Co vorgehen, sondern kann häufig nach Schema F handeln.
Zu viel Feuerkraft, manchmal dumme Gegner
Leider sorgt die KI mitunter für unnötiges Chaos in den Kämpfen. Sowohl die Gegner als auch Figuren, die einem folgen, verhalten sich manchmal wie Selbstmörder: Erstere werfen Granaten in ihre eigenen Leute, Letztere rennen mitunter wie blöde in das Schussfeld, anstatt Deckung zu suchen. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn es sich um interessante NSC handelt, die man z.B. sicher an ein Ziel geleiten muss.
Apropos Krawumm: Die explosiven Wurfgeschosse sind zu mächtig, weil sie drei, vier Gegner auf einmal vernichten. Zumal manche Granaten weiter geworfen werden können als man schießen kann und man auch keinerlei Spezialfähigkeiten benötigt, um damit fatalen Schaden anzurichten – jeder kann sie tödlich einsetzen. Andererseits sorgt das natürlich auch für Spannung: Können die eigenen Scharfschützen den Bombenleger erledigen, bevor er die Gruppe erreicht?
Fazit
Was für ein Comeback! Wasteland 2 ist ein Beispiel dafür, wie man eine Tradition aufgreifen und fortführen sollte: mit Hingabe. Das mag pathetisch klingen, aber das ist heutzutage, wo man liebgewonnene Spieleserien manchmal kaum wiedererkennt, etwas Wertvolles. Ich habe die Ausflüge als Desert Ranger sehr genossen, weil dieses Rollenspiel den Klassiker nur mit den allernötigsten Kompromissen an die Moderne fortführt, ohne dabei jedoch seinen Charakter irgendeiner Zielgruppe zu opfern. Hier wirkt das technisch Altmodische aufgrund der mittlerweile seltenen inneren Werte unheimlich charmant. Ja, die Kulisse ist nicht mehr als solide. Ja, das Kampfsystem hat seine Probleme mit der Balance – da sind XCOM und Jagged Alliance weiter. Und ja, es gibt einige ärgerliche Inkonsequenzen im Figurenverhalten. Aber Wasteland 2 ist ein episches Rollenspiel mit Seele, toller Stimmung, feinen Dialogen und überraschenden Situationen, das euch weit über 40 Stunden unterhalten wird. Freut euch auf ein brutales, groteskes, aber bei aller Tragik immer mit den Augen zwinkerndes Abenteuer, das euren Entscheidungen gnadenlos Konsequenzen folgen lässt. Ich hatte seit vielen Jahren endlich wieder das angenehme Gefühl, dass ein Spiel auch in kleinen Situationen mit mir spielt und dabei leise flüstert: Hey, lass dir Zeit - schau genau hin, lies genau mit. Danke dafür, Brian Fargo!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Freut euch auf ein brutales, groteskes und süffisantes Rollenspiel mit viel Erkundungsfreiheit und Konsequenzen.
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