Im Test:
Einladend wie Haltestelle im Niemandsland
Mehr Spielfreude entfaltet sich auch nicht, wenn man einfach mal übers reichlich unbelebte Gelände streift. Normalerweise geht das problemlos, indem man mit der Maus an Rand des Bildschirms nagt – seit Sim City ist das sozusagen ein ungeschriebenes, höchst intuitives Gesetz der Wirtschaftsspiele in dritter Dimension. Handelt es sich um eine weniger komfortable Sim, muss man vielleicht mal die Pfeiltasten bemühen. Bei Bahngigant darf man so gar nicht scrollen, da hier die WASD-Tasten nur schräg nach oben bzw. unten führen. Pfeiltasten? Gehen nicht. Und auch per Maus ist das Scrollen nicht möglich. Stattdessen muss man mit einer reichlich umständlichen 360-Grad-Anzeige umher stolpern, die noch nicht mal sauber funktioniert. Man findet also gar nicht so einfach die bereits bestehenden Gebäude, da man sie nicht direkt etwa anklicken, sondern eine Liste durchklicken muss.
Misslungene Mixtur
Im größeren Rahmen überzeugt das Spiel auch nicht, da man nicht viel managen kann. Man kauft Aktien auf gut Glück und wartet darauf, dass sie steigen. Leider weiß man nicht viel über die Betriebe dahinter, weshalb der Aktienhandel zum reinen Vabanquespiel wird. So macht man eigentlich immer dasselbe, egal ob das Land nun klein oder groß ist oder man in fernen Ländern etwas aufbaut. Man hat für keine Sekunde wirklich den Eindruck, in Japan zu sein, obgleich es asiatische Häuser und Züge gibt. Vom fernöstlichen Gewimmel ist allerdings wenig zu merken, da die Straßen stets leergefegt sind. Immerhin kann man selbst neue Karten erstellen, indem man den Editor benutzt.
Wenig baumeisterlich
Ein Gutes hat der Bau-Modus, denn ab und zu muss man für Materialen sorgen, um loslegen zu können - eine von wenigen authentischen Momenten des sonst unglaubwürdigen Aufbauspiels. Geld allein reicht also nicht, um den Eiffelturm hochzuziehen. Man muss ein Lager und eine Fabrik für Baumaterial haben, bevor man endlich bauen kann. Dann muss man warten, wobei sich die Zeit lobenswerterweise beschleunigen lässt. Zudem muss man für ein paar Laster oder Züge sorgen, die das Material transportieren. Da jedes Lager nur eine bestimmte Reichweite hat, sollte man eins in der Nähe haben.
Nur Schmalspurbahn
Es gibt 37 Züge, die vom Pendlerzug über einen Schellzug bis zum Hightechgerät aus Japan reichen. Auf Dauer ist das nicht sonderlich viel und die Guten muss man sich erst noch freispielen, aber das ist noch nicht mal das Problem. Das liegt schon wieder im Detail, etwa wenn man neue Züge einführen will. Man muss nämlich den alten Zug erst umständlich verkaufen, neue anschaffen und kann nicht einfach ein Update machen. Zudem gibt es einen Stau, etwa wenn man einen Zug aufs Gleis setzt. Wann ein Zug abfährt, ist ohnehin kaum zu durchschauen. Es gibt zwar eine Liste der Züge, aber ein gescheiter Fahrplan wie bei Cities in Motion, der für Ordnung sorgt, fehlt. Man weiß nie, wann welcher Zug wo ist.
Sanierung allenfalls light
Außer dem Verkauf von Grundstücken und Zügen scheint den Machern wenig zur Staatssanierung einzufallen. Man kann weder Löhne kürzen noch die Steuern senken und auch nicht gezielt investieren. Auch die berühmt berüchtigten Staatsanleihen hat man sich gespart, so dass man so auch kein Geld einnehmen kann. Stattdessen existiert ein dürftiger Aktienmarkt, auf dem man ein paar ominöse Aktien handeln kann. Hierzu gehören die Papiere der Bahngesellschaft, allerdings der aus Japan, denn heimische Aktien fehlen. Das zeigt aber wieder, dass es ein simples, wenig authentisches Transportspiel bleibt und keines mit einer übergreifenden Wirtschaft. Das Zwei in eins-Argument sticht bei Bahngigant also nicht, da es gerade mal einen Bereich müde abdeckt.
Fazit
Bahngigant erfüllt keines seiner vollmundigen Versprechen, da es weder als Wirtschaftsspiel noch als Bausim und auch nicht vom Eisenbahnmanagement her überzeugt. Zwar kann man Züge kaufen, neue Bahnhöfe und Linien bauen, aber das ist letztlich wenig durchdacht. Das merkt man schnell, wenn man einfach nur ein paar neue Schienen verlegen will, was dank obermieser Steuerung zur Tortur wird. Wenig besser hat man es als Baumeister, wenn man ein paar Gebäude in die kahle Landschaft stellen will. Immerhin hat man hier versucht, die Bautätigkeit sinnvoll mit der vorherigen Materialbeschaffung zu verknüpfen. Auch hier bleibt es allerdings beim Bemühen, denn letztlich ist es auch nicht durchdacht. Selbst ein Fall für eine Sanierung ist die oberflächliche Wirtschaft, bei der man auch großspurig Länder wie Griechenland „retten“ kann. Aber alles, was den Machern zur Sanierung einfällt, ist Züge und Häuser zu verkaufen. Sogar der ominöse Aktienmarkt mit den paar Papieren wirkt aufgesetzt, wenig stimmig und bietet kaum Dynamik. Unterm Strich ist die Billigsimulation daher allenfalls ein Quäntchen besser als andere Werke von UiG wie das schreckliche Luxus Hotel Imperium.
Wertung
PC
Dieses Schmalspursimulatiönchen erfüllt keine der vollmundigen Versprechungen, die auf der Verpackung prangen. Es ist weder anspruchsvoll noch vielfältig, sondern schlicht billig.
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