Test: Fußballgott: Lords of Football (Simulation)

von Mathias Oertel



Entwickler:
Publisher: Headup Games
Release:
12.04.2013
Erhältlich: Digital (Steam, Gamersgate)
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ab 1,99€
Spielinfo Bilder Videos
Was zählt, ist auf'm Platz

Fassen wir bis hierhin kurz zusammen: Die Trainingsgestaltung ist prinzipiell interessant und wird über besondere Leistungen innerhalb der Spielwelt kontinuierlich mit neuen Optionen versehen. Allerdings sind die Zusammenhänge sehr rudimentär und oberflächlich.
Wer einen über den Durst trinkt...
Wer einen über den Durst trinkt...
Das führt bereits mittelfristig zu Redundanz, weswegen ich mich lieber wieder den "richtigen" Managern von EA oder Sega zuwende, wo ich mehr gefordert werde. Die Sozialkomponente, die sich für mich aber nur in Ansätzen gelungen anfühlt und letztlich nicht das Potenzial ausspielt, schafft es ebenfalls nicht, mich langfristig zu binden. Doch was ist mit dem eigentlichen Fußball und den taktischen Einstellungen? Was ist mit der Matchdarstellung, der Spielintelligenz und der Ergebnisfindung auf dem Platz?

Das befindet sich größtenteils auf Par mit den üblichen Management-Spielen - von vor etwa vier oder fünf Jahren. Nachdem man seine Mannschaft zusammengestellt und hinsichtlich Passverhalten oder Pressing mit den wenigen Optionen eingestellt hat, stehen einem zwei Ergebnisberechnungen zur Verfügung. Die Sofortberechnung spuckt nach wenigen Sekunden das Resultat aus - effektiv, zeitsparend und langweilig. Interessanter ist der 3D-Modus.
... muss entweder in Therapie oder darf sich mit Strafmaßnahmen vergnügen.
... muss entweder in Therapie oder darf sich mit Strafmaßnahmen vergnügen.
Der punktet zwar nicht mit ausgefeilten Animationen oder überzeugender Ballphysik, sondern zeigt eher rudimentäre sowie sich sehr schnell wiederholende Bewegungsphasen, vermittelt aber dennoch ein dynamisches Gesamtbild. Zumindest hatte ich nicht das Bedürfnis, mich vom Bildschirm abzuwenden oder die Zeit vorzuspulen - nicht, dass diese Funktion angeboten würde. Zusätzlichen Reiz gewinnt das Match durch einen kleinen Geniestreich, den zukünftige Manager durchaus aufnehmen dürfen. Wo andere Trainer über Tastendruck ein Kommando auf den Platz schicken, das von Spielern mal mehr, mal weniger akkurat befolgt wird, ist man hier aktiver unterwegs: Pausiert man, kann man wie bei Pro Evolution Soccer auf Wii mit der Maus einem Spieler einen Laufweg vorgeben und dem Ballführenden anzeigen, in welchen Bereich er das Spielgerät passen soll. Die "Energie", die von diesen Aktionen (auch in der Abwehr möglich) benötigt wird, sich aber immer wieder auflädt, sorgt dafür, dass man nicht ständig eingreifen kann und die Kicker auch selbstständig versuchen, den Ball im gegnerischen Tor unterzubringen - und das meist anständig.

Lizenzfreie Kulisse

Die taktischen Optionen sind oberflächlich.
Die taktischen Optionen sind oberflächlich.
Sorgt dieses Feature noch für Freude, sorgt das Lizenz-Umfeld für Ernüchterung: Die fünf Länder mit je zwei Ligen fallen durch Fantasynamen der Mannschaften sowie rudimentär an die Original-Embleme erinnernden Wappen aus. Man fühlt sich hier ebenfalls an Konamis PES-Serie erinnert, in der fehlende Lizenzen durch einen ähnlichen Kniff wett gemacht wurden. In England z.B. kämpft Manchester Reds gegen Manchester Eagles oder London Blues tritt gegen die London Gunners an. In Deutschland trifft man auf die Dortmund Bees, die Hamburg Snakes, die Bremen Greens oder die München Saints. In Italien, Spanien und Frankreich sieht es ähnlich aus. Dementsprechend sucht man natürlich auch Original-Spielernamen vergeblich. Wobei man sich hier nicht einmal annähernd an den echten Kickern orientiert, sondern mehr oder minder zufällig generierte Namen in die Waagschale wirft und man im schlimmsten/besten Fall mit Spitznamen wie The Duke, Lionheart etc. abgespeist wird. Zwar kann man für die eigene Mannschaft Namen editieren, doch trotzdem mag es nie wirklich passen. Dementsprechend fehlt natürlich eine Identifikations-Komponente.

Dafür werden die eingestellten Trainingsmaßnahmen visualisiert.
Man sieht nicht nur die Ergebnisse des Trainings in Form von Zahlenwerten, sondern kann aktiv zuschauen
Da zudem Statistiken  mager ausfallen und man abseits der Trainings- und Abendgestaltung kaum Optionen hat, auf den Club einzuwirken, hält sich die Motivation in Grenzen. Daran kann auch die prinzipiell saubere, wenngleich spartanische Kulisse nichts ändern. Das Vereinsgelände mit sämtlichen Trainingsstrukturen sowie das umliegende Stadtviertel, in dem sich die Kicker abends herumtreiben, sieht nett aus, lässt sich auch aus der Nähe betrachtet und erinnert in seinen besten Momenten mit seinem Wuselfaktor tatsächlich an die Sims oder The Movies - allerdings gibt es von diesen Momenten eindeutig zu wenige, als dass sich diese positiv auf die Lust auswirken könnten, weiterzuspielen. Im besten Sinne ist dies ein Manager für zwischendurch. Das mag mobil vielleicht funktionieren, doch am PC ist genau dieses Genre eigentlich eines, das sich nicht "mal so für zwischendurch" eignet.

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Kommentare

Easy Lee schrieb am
Wenn es gut gemacht wäre, dann würde es mich deutlich mehr reizen als die staubtrockene EA-Variante, die sich in vielerlei Hinsicht nicht mehr von der tatsächlichen Arbeit unterscheidet, die ich sonst so am PC verrichte.
Ich sehe das wie mein Vorredner - die Spielelandschaft in den 90er war viel breiter aufgestellt. Witzige Games wie dieses hier waren die Regel und sie waren großteils auch richtig gut gemacht. ich ziehe alte Klassiker der Marke Mad TV, Anstoss oder Theme Park (um mal ein paar populärere Vertreter zu nennen) jedem "Indie"-Spiel heutiger Tage vor. Und durchaus auch vielen kommerziellen Alternativen dieser Zeit.
Schade, dass Lords Of Football qualitativ offensichtlich nicht an die Tradition der Fun-Spiele aus den 90er anschließen kann.
Svenc schrieb am
Klingt ziemlich chaotisch. :mrgreen:
In einem anderen Test steht aber wie hier auch einiges über die Eingriffsmöglichkeiten am Spieltag. Und die klingen hier ziemlich innovativ. Ob sie realistisch sind, sei mal dahingestellt - das klingt schon sehr nach direktem Micromanagement, das ein echter Teammanager/Trainer so natürlich nie hat. So könne man die Spiele pausieren und Spieler in Echtzeit anweisen, punktgenau in Lücken zu laufen, die man gesehen habe. Trotzdem zeigt es, wie wichtig ein paar Alternativtitel wären. Auch in der auf Eis liegenden Championship-Manager-Reihe gab es zuletzt einige interessante Ansätze, etwa einen Standardeditor, etc.
Das Spiel wird wohl leider schon bei diesem ersten Versuch kaum eine riesige Chance haben, trotz des anderen Ansatzes. Der Managermarkt, die vielen Browserspielchen ausgerechnet, ist seit der Pause von Beautiful Game Studios ein klassisches Monopol (Deutschland) bzw. Anbieterduopol (Rest der Welt). Dazu gibt es heftige Markteintrittsbarrieren. Hier die Exklusivlizenzen von Electronic Arts. Dort die Datenbank, das Scoutingnetzwerk (kombiniert fast selbst eine Art Exklusivlizenz) und die Spielberechnung/Matchengine von Sports Interactive, die international sowieso mittlerweile als Synonym für ein ganzes Genre gelten. Was für mich kein Wunder ist, denn das ist kein reiner Datenfriedhof, Spieler verhalten sich auch später "aufm Platz" trotz mäßiger Animationen tatsächlich in etwa so, wie man sie kennt, (siehe hier Robben http://www.youtube.com/watch?v=CWNclg6UcAc&hd=1 oder Lewandowski als sich öfters mal fallen lassender Abschirmer und Ballverteiler http://www.youtube.com/watch?v=HxF3YOnhIbE&hd=1). Taktische Optionen werden klar umgesetzt, man hat also wirklich das Gefühl, etwas selbst zu beeinflussen, sei es durch gezielte Spielerkäufe (wer sich Robben angelt, muss sich dessen bewusst sein, dass er auch im Spiel oft über Wochen ausfällt und seinen Trick auch dann noch macht, wenn man es ihm verbietet), Oder sei es durch...
Baazin schrieb am
Das Training finde ich ganz interessant und auch die Möglichkeit im Spiel Einfluss zu üben, zwar nicht ganz Managerlike aber spaßig.
Die Idee das der Tag/Woche in Echtzeit läuft und man seine Spieler im Training wirklich beobachten kann und so auch Form ect. schon dort sehen kann ist innovativ. Letztendlich fehlt aber leider die Substanz um ein länger zu fesseln, zudem war mir das Nachtleben einfach zu schwer zu managen. Da hast du quasi ~20(je nach Kadergröße) Sim Figuren um die man sich kümmern muss. Das habe ich einfach nicht gepackt so das schon nach wenigen Spieltagen die ganze Mannschaft nur noch aus Suchties bestand :).
Das hat das Spiel völlig kaputt gemacht.
Svenc schrieb am
Hatte gar nicht mitgekriegt, dass das Spiel schon eine Weile raus ist. Aber mein Auge darauf, weil es a) kaum mehr Spiele in diesem Genre gibt und b) eine Fun-Alternative zu Sports Interactives Simulation als Abwechslung nicht schlecht wäre. Die ist beispielsweise der hierzulande im Gegensatz zu Resteuropa weiterhin fast surreal populäre "Fussball Manager" für micht nur noch bedingt, denn der ist nicht kurzweiliger dadurch, dass er mehr auf kurzweiligen Spielspaß getrimmt wäre. Sondern dadurch, dass sowieso kaum eine der Aktionen, die man tätigt, ob das Transfers, Taktik oder Training ist, am Spieltag nachvollziehbar umgesetzt wird. Die PC Gamer schreibt etwa dazu: "Es fühlt sich wie eine lustlose Auftragsarbeit an, gemacht von Leuten, die kaum Ahnung von Fußball haben, 38%". Spielerattribute sind im taktisch praktisch null beeinflussbaren Einbahnstraßen-Action-3D-Spiel kaum zu erkennen, im Textmodus zählt nachweislich vor allem die wie von Milchmädchen aufaddierte Gesamtstärke, und das teilweise völlig unsinnige Minimalfeedback lässt keinerlei Rückschlüsse zu, wie die neuerdings stufenlosen Taktikregler sich auswirken könnten - tatsächlich kann man auch ganz gut mit Teams leben, die gar keine rechte Seite besetzt haben, und ähnlichen Quatsch.
Wie sieht das speziell hier aus? Spieltage auf dem Niveau von "vor vier, fünf Jahren" kann alles heißen - gerade bei qualitativ gerade am Spieltag so schwankenden Spielen im Genre. Eine Sim erwarten hier wohl auch niemand, nur die Optionen, die im Spiel sind, sollten zumindest ein bisschen greifen. Eine kostenlose Demo von Lords Of Football würde ich mir nämlich trotzdem noch ansehen. Vielleicht kommt die noch, wenn der Run auf das Spiel ausbleibt.
engineer schrieb am
Das Spiel ist leider ein gutes Beispiel für "nicht alles was indie ist und 24 Euro kostet ist gut".
Es gibt sehr gute indie Spiele, aber in letzter Zeit muss man sehr aufpassen. Da wird auch viel Müll unter indie verkauft.
schrieb am