Theatre of War28.11.2007, Marcel Kleffmann
Theatre of War

Im Test:

Wenn die Experten für Kriegssimulationen von Battlefront (Combat Mission) und 1C Company (IL-2 Sturmovik) zusammenarbeiten, was kann da nur rauskommen? Richtig! Ein anspruchsvolles Strategiespiel mit hohem Realismusgrad. Die spannende Frage ist allerdings, ob dieser Ansatz auch in Spielspaß mündet...

Theater, Theater...

Obwohl die Thematik des Zweiten Weltkrieges mehr als ausgebombt ist (sogar Call of Duty hat mittlerweile den Absprung geschafft), halten weltweit Entwickler an diesem Szenario fest. Theatre of War (ab 1,95€ bei kaufen) ist ein Echtzeit-Strategiespiel ohne Basisbau mit der Extraportion Realismus in Bezug auf Schadensmodell, Projektilflugbahnen und Sichtlinien. Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Schwierigkeitsgrad ist wirklich gesalzen und deswegen richtet sich das Spiel an Profis, die außerdem nicht so sehr auf die eher zweckmäßige Grafikkulisse schauen und mit dem völlig überladenen, hässlichen Klotzinterface leben können.

Unterwegs in der Kampagne

Das Schadenssystem ist äußerst komplex und unterteilt die Panzerung von Fahrzeugen in diverse Untersektionen und da es Verstärkung häufig nur nach erledigten Missionszielen gibt, solltet ihr abermals gut auf eure Truppen aufpassen.

Fünf Kampagnen (UdSSR: Die Ostfront, Deutschland: Blitzkrieg & Invasion der UdSSR, Polen: Deutsche Invasion, Frankreich: Europa in Flammen, USA/GB: Die zweite Front) mit 40 historisch korrekt nachgebildeten, jedoch mehr oder weniger zusammenhanglos aneinander gereihten Missionen warten auf frustresistente Strategen sowie zwei Bonus-Kampagnen, die exklusiv in der deutschen Version enthalten sind: "Battle for Moscow" und "Panzer Lehr". Letzterer ist ein acht Missionen langer Feldzug rund um die deutsche Panzerlehrdivision, die im Kampf um die Normandie eine wichtige Rolle spielte und als einzige Division der Wehrmacht vollständig motorisiert war - bei Company of Heroes: Opposing Fronts kam diese Division ebenfalls zum Einsatz.

Zunächst wird euch im Briefing anhand von statischem Kartenmaterial und Frontberichten die Lage sprachlos veranschaulicht, dann gilt es Truppen für die Schlacht vorab auszuwählen (festes Budget pro Mission und jede Einheit kostet Ressourcen) und im Startbereich der Karte zu platzieren. Danach startet ihr das Gefecht und habt auf den einige Kilometer großen Schauplätzen meistens mehrere Möglichkeiten zu handeln: Abseits von allerlei Attacken müsst ihr manchmal "auch nur" diversen anrückenden Wellen Paroli bieten, was ganz schön an den Nerven zerren kann, weil manche Wellen kein Ende nehmen wollen und alle Projektilflugbahnen (z.B. der Schüsse der Panzer) ständig individuell berechnet werden. Somit ist es wie bei 

Download: Deutsche Demo (658 MB)
Supreme Commander nicht vorbestimmt, wo der Schuss einschlägt, ob das Ziel getroffen wird oder ein Baum die Attacke abfängt. Bei permanent anrückenden Wellen oder besonders verteidigungsaktiven Stellungen erhöht dieses "Glücksspiel beim Treffen" einerseits den Realismusfaktor, provoziert jedoch andererseits Trial&Error- sowie Speichern/Laden-Vorgehensweisen, wenn eine Einheit mal wieder nicht trifft. Schön ist jedenfalls, dass ihr die Umgebung (Bäume, etc.) zum Schutz vor der feindlichen Sichtlinie und somit vor Angriffen 
Aufgrund feindlicher Scharfschützen, Abwehrstellungen oder anderen Panzern sollten sich eure Truppen vorsichtig voranpirschen und die Umgebung als Deckung nutzen. Wichtig ist gleichermaßen die Erkundung des Schlachtfeldes um versteckte Schützen oder gar Schwachstellen ausfindig zu machen.
nutzen könnt. Auf offenen Feldern dürfen sich Panzer übrigens ein Duell auf kilometerlange Bahn liefen, was durchaus seinen Reiz hat, aber zu selten vorkommt und dann wieder zu Trial&Error (ver)führt.

Erfahrung macht den Meister

Interessant und irgendwie seltsam ist es, das nicht eure Einheiten an Erfahrung gewinnen, sondern ihr als Kommandant. Eure erlangten Punkte verteilt ihr nach der Schlacht an auserwählte Truppen und verbessert so ihre Attribute (wie Treffsicherheit, etc.), damit sie in Zukunft effektiver kämpfen, schließlich könnt ihr die Mannen (bis auf wenige Ausnahmen) von einer Mission mit in die Nächste nehmen. Dennoch solltet ihr immer ein Auge auf eure aufgewerteten Leute werfen, da jede Mission ohne die verbesserten Kämpfer schwieriger wird - geduldiges und überlegtes Vorgehen steht also auf der Tagesordnung. Außerdem können eure Soldaten im Gefecht liegen gebliebene Waffen aufklauben und so kommt etwas Mikro-Management ins Spiel. Zum Glück lassen sich die Schlachten zur besseren Übersicht pausieren und eine Zeitverlangsamung erleichtert das Erteilen von Befehlen, da man seltsamerweise nur 18 Einheiten auf einmal auswählen kann (Gruppenbildung mit "STRG + Nummerntaste" ist möglich).

Videos zu Theatre of War
Trotz alledem können die Missionen nicht  eine gewisse Einfallslosigkeit verbergen, denn so gut wie alle Aufgabenstellungen lassen sich in die Kategorien "Angreifen und weiter vorrücken" oder "Verteidigen, Verteidigen, Verteidigen" einteilen. Abwechslung bleibt in den Schützengräben verborgen und selbst die zuschaltbaren Attacken wie eine Artilleriesalve oder ein Stuka-Bombenangriff helfen über die Monotonie der Einsatzziel-Palette nicht wirklich hinweg.    

Fazit

Theatre of War richtet sich an hartgesottene Echtzeit-Strategen, die sich weder vom hohen Schwierigkeitsgrad noch vom Zweiten Weltkrieg als Szenario abschrecken lassen. Geduldige Realismusfreunde werden auf ihre Kosten kommen, da ballistische Berechnungen der Projektilflugbahnen, das dynamische Sichtfeld und ein umfangreiches Schadensmodell sehr viel Tiefe in die Gefechte bringen und gewissermaßen zu einer Trial&Error-Vorgehensweise einladen. So wird man quasi zum Laden eines früheren Speicherstandes verführt, wenn der aufgewertete, lieb gewonnene Panzer bei der zweiten Welle zerlegt wurde und nach dem Ladevorgang seltsamerweise sofort trifft. Gespart hat man dafür an der gänzlich mittelprächtigen Präsentation, dem hässlichen Interface und an der Grafik-Engine, die später an Hardwarehunger leidet.

Pro

hoher Realismusgrad: ballistische Berechnungen, Sichtfeld, Schadensmodell, etc.
viele Kriegsparteien, Kampagnen und Missionen
taktische Überlegungen stehen in Vordergrund genauso wie langsames Vorrücken
weitläufige Karten mit verschiedenen Angriffsmöglichkeiten
haufenweise authentische Einheiten mit allerlei Werten
liebevoll nachgebildete Fahrzeuge
Computerintelligenz verteidigt hartnäckig
ausführliche Enzyklopädie

Kontra

eintönige Missionen
Einsätze verführen zu Trial&Error bzw. Speichern/Laden
gesalzener Schwierigkeitsgrad
hässliches, klobiges, überladenes Interface
Steuerungs
(nur 18 Leute auswählbar) und Übersichtsprobleme (Infanterieklassen)
nicht hundertprozentige Einheiten-Balance
Computerintelligenz schießt manchmal zu präzise
kein echter Gefechtsmodus mit variablen Einstellungen (nur Szenarios)
hakelige Animationen und Polygonsparkurs
Performance-Probleme
sparsam präsentierte Kampagne (Zwischensequenzen, sprödes Briefing)
rudimentärer Multiplayer-Modus (nur IP-Verbindung oder LAN)

Wertung

PC

Harter Stoff und viele realistische Elemente für Profi-Strategen.

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