Im Test: Tamriel zwischen allen Stühlen
Ein neuer Herausforderer?
Sie haben es alle versucht. Und was waren nicht für große Namen oder bekannte Entwickler darunter. Der Herr der Ringe Online. Star Wars: The Old Republic. Champions Online. DC Universe Online. Age of Conan. The Secret World. Turbine Entertainment. Bioware. Funcom. Cryptic. Die Liste ließe sich noch lang fortsetzen. Und dabei sind noch nicht einmal die Titel dabei, die aus Altersgründen in Rente geschickt und abgeschaltet wurden wie z.B. City of Heroes/Villains. Keiner hat es bislang geschafft, Blizzards Geniestreich World of WarCraft das Wasser abgraben zu können. Das klassische abobasierte Online-Rollenspiel wird von den Abenteuern in Azeroth stärker dominiert als die Fußball-Bundesliga in diesem Jahr vom FC Bayern. Mit dem Wechsel vom Bezahlmodell in das Free-to-play-System haben es einige immerhin geschafft, bis heute zu überleben – auch wenn sie sich dabei mit den von Beginn an auf kostenloses Spiel ausgerichteten Titeln wie Guild Wars 2 messen müssen, das mit ganz anderen Qualitäten überzeugt.
Wenn nun ein neuer Herausforderer versucht, die Spieler auf seine Seite zu ziehen und dafür sorgen möchte, dass sie monatliche Abogebühren an ihn und nicht an Blizzard zahlen, muss er einiges in die Waagschale werfen. Im Falle von The Elder Scrolls Online (ab 7,88€ bei kaufen) (TESO) ist das natürlich der Name – und alles, was man damit assoziiert.
Der richtige Zeitpunkt?
Heute (4. April) geht The Elder Scrolls Online mit seinen beiden so genannten Megaservern (einer für die USA, einer für Europa) an den "normalen" Start. Wir sind mit den Vorbestellern der Imperial Edition bereits seit dem Frühstart am Sonntag mit von der Partie. Dennoch werden wir heute keine endgültige Wertung aussprechen, sondern nur den ersten Teil unseres Test-Marathons veröffentlichen. Auch wenn wir bereits fünf Tage intensiv gespielt haben, bleiben noch viele Fragen offen. Serverlast und Performance gehören auf der technischen Seite dazu.
Ziel ist es, in regelmäßigen Abständen, idealerweise jeden Montag, Mittwoch und Freitag ein neues Kapitel des Test-Marathons anzubieten und spätestens bis Ostern eine Wertung zu haben. Werden wir dabei auch auf die unterschiedlichen Erlebnisse in den verschiedenen Startgebieten eingehen? Nur eingeschränkt. Wir spielen zwar mit mehreren Redakteuren, tauschen uns aus und probieren auch ab und an neue Figuren aus, um ein Gefühl für deren Spielart zu bekommen. Detailliert beziehen sich die nachfolgenden Schilderungen und Einschätzungen jedoch in erster Linie auf einen Charakter: Einen Khajit-Templer auf Seiten des Aldmeri-Bundes.
Alte Bekannte?
Um eventuellen Geschehnissen aus den Offline-Elder-Scrolls aus dem Weg zu gehen, hat man sich bei Zenimax Online entschieden, sich ähnlich wie bei Star Wars The Old Republic auf eine Ära vor den bekannten Ereignissen zu konzentrieren. Sprich: Hier ist man im so genannten Zweiten Zeitalter unterwegs - Arena bis Skyrim spielen im Dritten Zeitalter.Das hält die Verantwortlichen aber nicht davon ab, ständig durch Bezüge auf bekannte Namen oder Orte eine Querverbindung zur Serie herzustellen: Bereits im Tutorial hilft man Lyris Titanenkind, einer Kämpferin aus Himmelsrand (Skyrim). Später erfährt man etwas über die Zitternden Inseln (Shivering Isles, ein Add-On zu Oblivion) und der Konflikt mit den Daedra ist auch hier allgegenwärtig. Der Dämonenprinz Molag Bal versucht, sich die politische Instabilität Tamriels zu Nutze zu machen und mit seinen Horden einzufallen. Und als Held hat man natürlich die Aufgabe, dies zu verhindern, während man gleichzeitig versucht, Tamriel unter dem Banner einer von drei Fraktionen zu einen - was die Grundlage für die in Cyrodiil stattfinden Eroberungsschlachten von Spielern gegen Spieler darstellt.
Elder-Scrolls-Aufstieg?
Nach dem Tutorial (das ab der zweiten Figur übersprungen werden kann) und den ersten Figurenaufstiegen wird vor allem eines deutlich: Hinsichtlich der Charakterentwicklung ist man deutlich näher an den Offline-Scrolls als an den normalen Online-Rollenspielen – kann aber nicht verheimlichen, dass man versucht, einen Hybrid herzustellen, der beiden Seiten entgegen kommt. Mit jedem Aufstieg bekommt man einen Punkt, den man auf Ausdauer, Mana oder Gesundheit legen kann. Und einen, den man auf Fähigkeiten verwendet. Zusätzliche Fähigkeitspunkte kann man durch das Finden und Sammeln von Himmelsscherben (3 für 1 Punkt) oder bestimmte Quests bekommen. Doch wohin mit den Punkten? Es gibt derart viele Fähigkeiten, die sich u.a. aus der Rasse, der Klasse, den Waffenvorlieben, angeschlossenen Gilden (Ingame, nicht Spielergilden) usw. ergeben, dass man wirklich überlegen muss, in welche Richtung man seine Figur entwickeln möchte.
Der Elder-Scrolls-Faktor?
Beim Kampf ist dies ebenfalls spürbar. Auf den ersten Blick ist es eine gelungene Variante des Echtzeit-Systems der Offline-Elder-Scrolls. Naturgemäß kann es online keine taktische Pause geben, um z.B. einen neuen Zauber oder eine frische, besser passende Waffe anzulegen.Doch auf den zweiten und dritten Blick bröckelt die Fassade. Sichtlinien z.B. sind nur beim Auslösen der Angriffsaktion wichtig. Nimmt man z.B. einen Feind mit einem magischen Geschoss ins Visier und bewegt sich nach dem Abfeuern nach rechts oder links (oder bewegt sich der Feind), wird die Flugkurve angepasst und man trifft auf jeden Fall. Gleiches gilt für feindlichen Beschuss. Ist man zum Zeitpunkt des Abfeuerns in der Sichtlinie und geht erst danach z.B. hinter einer Mauer in Deckung, wird man dennoch getroffen. Das ist sehr schade. Nicht nur, weil es Teile der Elder-Scrolls-Illusion zerstört. Sondern auch, weil z.B. NCsofts Wildstar zeigt, wie es anders gehen kann. Und weil es dadurch auch zeigt, dass man im Kern ein klassisches System verwendet, das sich hinter vermeintlichen Echtzeit-Schlägen versteckt. Und nicht zuletzt, weil dieses Gebilde im PvP (Spieler-gegen-Spieler) für einigen Frust sorgen könnte.
Wo geht's lang?
Es war hochinteressant: Mir als Spieler der Elder-Scrolls-Teile drei bis fünf (Arena und Daggerfall habe ich seinerzeit aus mir nicht mehr nachvollziehbaren Gründen ignoriert) waren die Symbole in der Kompassleiste am oberen Bildschirm ein Begriff. Dort geht es zu einem Auftraggeber oder einem Missionsziel, dort ist ein Dungeon, dort eine Sehenswürdigkeit - die Übersichtskarte hat sich mit jeder Neuentdeckung ebenso gefüllt wie das Erfahrungspunktekonto. Doch einige Nutzer, die offensichtlich noch nicht mit diesen Mechaniken vertraut waren, schienen überfordert. "Wo kriege ich denn jetzt Missionen her?" war eine der häufigsten Fragen in den ersten Tagen. Dabei kann man sich vor allem anfangs nicht über Aufträge beklagen. Ab Level 10 werden sie zwar weniger, dafür aber intensiver. Und wenn man sich nicht umschaut, nicht den Symbolen des Kompasses folgt und auch keine Bücher liest, wird man schnell sein Journal abgearbeitet haben.
Erzählerische Stärken?
Denn die Geschichten und Ankedoten, die man in Tamriel aufschnappt, sind aller Ehren wert und definitiv eines Elder Scrolls würdig. An der Oberfläche folgen sie Standard-Mustern wie "Verhindere das Attentat auf die Königin" oder "Finde heraus, was in der Grabstätte passiert". Doch wenn man sich auf die Erzählungen einlässt, bei denen sogar ein zufällig entdeckter Dungeon eine abgeschlossene Mini-Episode darstellen kann, gewinnt Tamriel an Tiefe. Man lernt über den Rassismus, mit dem sich z.B. die Khajit auseinandersetzen müssen. Man findet hinter vielen Antagonisten all zu menschliche Beweggründe, so dass die Entscheidung über ihr Schicksal mitunter sehr schwer fällt. Und im PvE (Spieler-gegen-Umgebung) der Kampagne sind es vor allem diese gut geschriebenen und häufig überraschenden Geschichten, die mich zum Weiterspielen animieren. Ich bin neugierig, was noch kommt. Und das sogar abseits der interessanten Hauptgeschichte, zu deren Fortsetzung mich der blinde Prophet, den ich im Tutorial befreit habe, immer wieder einlädt. Ich hoffe nur, dass die bislang getroffenen Entscheidungen sich irgendwann noch auswirken - und zwar nicht nur, um eine der spielinternen Errungenschaften abzusahnen.
Zwischenfazit, Teil 1
Die Stärken von The Elder Scrolls Online liegen bislang zweifelsfrei im erzählerischen Bereich. Mit bekannten Versatzstücken wie Büchern bekommt man optional viel Hintergrundgeschichte vermittelt. Und mit den guten deutschen bzw. wahlweise den sehr guten englischen Dialogen werden die spannenden Themen der Missionen optimal transportiert. Mit der Mischung aus instanzierten Bereichen und allgemeinen Gebieten versucht man, ein individuelles Erlebnis zu schaffen. Doch manche Online-Mechaniken vertragen sich schlichtweg nicht mit dem Erzähl-Fokus. Und auch TESO schafft es nicht, diesen gordischen Knoten zu lösen. Bei vielen anderen Bereichen hingegen schafft man den Spagat zwischen Elder-Scrolls-Assoziationen und Online-Bedürfnissen besser. Das Kampfsystem und die Charakterentwicklung gehen in Ordnung, die grundsätzliche Quest-Vielfalt und -Anzahl ebenso. In den nächsten Teilen des Test-Marathons beschäftigen wir uns u.a. mit Handwerkskunst, Wirtschaftsystem, Benutzerführung, Kulisse, Gruppendynamik, Gilden, PvP, Server-Performance usw.
Das erste freie Wochenende liegt hinter The Elder Scrolls Online. Das ist ein guter Moment, um einen Blick auf die Server-Performance zu werfen. Doch in unserem zweiten Teil des Test-Marathons schauen wir nicht nur auf die Kulisse, sondern beschäftigen uns auch mit der Missionsvielfalt.
Typisches Missions-Einerlei?
Dass die Quests, mit denen man in Tamriel konfrontiert wird, erzählerisch gut in die Welt integriert wurden, haben wir bereits im ersten Teil des Test-Marathons erwähnt. Doch wie sieht es mit der Vielfalt der Aufgaben aus? Der Spagat aus den Erwartungen der Offline-Spieler und den Verfplichtungen gegenüber bekannten Online-Mechanismen greift auch hier: Häufig drehen sich die Missionen um das, was man im Allgemeinen als "Fedex"- oder "Kill"-Quests bezeichnet. Entweder muss man Dinge besorgen oder irgendwo hinbringen (Kurierdienste, daher "Fedex") oder man wird aufgefordert, namentlich gekennzeichnete Gegner um die Ecke zu bringen - häufig werden diese Elemente auch verbunden. Diese Missionen sind zwar ein probates Mittel, um Erfahrung zu gewinnen, doch überraschend sind sie nur selten. Nicht nur, weil nahezu jedes Rollenspiel auf diese Mechaniken setzt, sondern auch weil sie für die jeweilig empfohlene Solo-Figurenstufe optimiert wurden. Die Bosse am Ende lassen sich normalerweise auch ohne fremde Hilfe schaffen. Mit den meist ebenfalls in den Höhlen oder auf der gleichen Questreihe befindlichen Mitstreitern sind diese Auseinandersetzungen meist ein Klacks.
Doch man kann auch Missionen erleben, in denen man ohne einen einzigen Schwerthieb oder ohne einen einzigen Angriffszauber zum Ziel kommt. In diesen ruhigen Momenten kann man sich auf die überzeugende Vertonung einlassen, die sich auch in Deutsch kaum eine Blöße gibt und die Geschichte genießen. Und man darf sich sogar ab und zu an Rätseln versuchen. In einer Gruft z.B. musste man die Bilder an den Wänden betrachten und entsprechende Schalter am Boden aktivieren. In einem anderen Verlies musste man herausfinden, wie man bestimmte Elementar-Kelche manipulieren kann - teilweise unter Zeitdruck. Wohl dem, der die Hinweiszettel gefunden hat, die einem mir Rat und Tat zur Seite stehen. Blöd nur, dass sie beim Betreten der Höhle gleich als nächstes markiert werden. Hier nimmt man den Spieler abermals zu sehr an die Hand. Ich möchte keinen Vorkoster - oder zumindest die Möglichkeit, mein Geschick optional selber in die Hand zu nehmen. Wenn ich den Zettel übersehe, weil er nicht markiert wurde, dann ist das eben meine Schuld und ich muss sehen, wie ich damit klar komme. Leider zieht sich auch bei The Elder Scrolls Online die Tendenz durch, den Spieler so wenig wie möglich an die Frustgrenze bringen zu wollen.
Zu gut zum Sterben?
Doch natürlich sollte man versuchen, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Das Balancing der Gegner in den jeweiligen Gebieten ist größtenteils gelungen. Auch bei Gruppen-Dungeons, den zwingend mit Mitspielern zu erkundenden Totenkopfzonen sowie Ereignissen in der Welt, in der man nur mit anderen Spielern erfolgreich aus den Gefechten gehen wird, wirken die Anforderungen ausgewogen.Ganz abgesehen davon, dass die Kämpfe um die dunklen Anker, mit den Molag Bal in Tamriel seine teuflische Brut absetzen möchte, auch beim x-ten Mal nur wenig von ihrem Reiz verlieren. Die hektischen Schlachten gegen die Dämonenmassen, die aus den Portalen materialisieren, sind intensiv und effektgeladen. Und hier ergibt der "Massively-Multiplayer"-Aspekt endlich einmal Sinn: Nur mit Gleichgesinnten lässt sich die Bedrohung bewältigen. Wenn die Anker sich in den Boden Tamriels bohren und von diesen Erschütterungen sowie den auslösenden Blutritualen die Spieler angelockt werden und sich schließlich zu zufälligen Grüppchen zusammenschließen, ergibt sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das man in Skyrim vergeblich sucht.
Mega-Server mit Mega-Problemen?
Ebenfalls problematisch sind die Lags bei Kämpfen, die bis heute zu spüren sind. Da das Kampfsystem (wie bereits beschrieben) nicht so Echtzeit ist, wie es gerne den Eindruck vermitteln würde, wirken sich diese Verzögerungen nicht so stark auf die Auseinandersetzungen aus wie z.B. bei einem Shooter - hier wären die gelegentlich auftretenden Latenzzeiten vollkommen indiskutabel. Natürlich ist es ärgerlich, wenn ein Lag dafür verantwortlich ist, dass man einen Angriff nicht blockt oder die Chance zum Konter verpasst. Doch nur selten sind die Auswirkungen so gravierend, dass man mit dem Ableben rechnen muss. Aber Verbessern geht natürlich immer - und so stolz die Entwickler auf ihre Arbeit sein dürfen, bleibt hier Luft nach oben.
Ein echtes Elder Scrolls?
Die Animationen der Figuren sind geschmeidig, bedingt durch die beschriebenen Lags kann es aber auch zu Charakteren kommen, die ohne Bewegung durch die Botanik geschoben werden - das sieht dann natürlich nicht mehr so eindrucksvoll aus. Gleiches gilt für Figuren, die urplötzlich bis zur Hüfte im Boden versinken. Ein Magier oder Bogenschütze, der aus dem Boden heraus angreift, ist zwangsläufig nicht mehr so beeindruckend. Neben der nur selten ausdrucksstarken Mimik in den Dialogsequenzen ist ärgerlich, dass die hochaufgelösten Kleidungs-Texturen der Figuren in diesen Sequenzen mit bis zu einer Sekunde Verspätung eingeladen werden. Hier liefert selbst die Unreal-Engine in der Anfangsphase der PS3 bessere Ergebnisse.
Zwischenfazit, Teil 2
Es bleibt dabei: Die Internet-Abenteuer in Tamriel versucht den gewagten Spagat zwischen Offline-Erwartungen und Online-Bedürfnissen. Beim Questdesign verlässt man sich in einigen Momenten zu sehr auf Hol-und-Bring-Aufgaben oder Finde-und-Töte-Missionen. Doch es gibt auch immer wieder ruhige Momente, die mal poetisch, mal spannend aufgelöst werden, so dass man immer wieder an die Offline-Elder-Scrolls erinnert wird. Gleiches gilt für die Kulisse. Stilistisch an Oblivion und Skyrim angelehnt, teilt man sich hier nicht nur visuelle Assoziationen, sondern auch gewisse technische Eigenheiten: Im Detail sind die Texturen nicht immer besonders hübsch, werden bei Gesprächspartnern einen Tick zu spät eingeladen und mitunter kann der Grafikaufbau nicht immer durch die Landschafts-Modellierung vertuscht werden. Doch der Gesamteindruck ist sehr stimmig und auch dank der gelungenen Lichteffekte sowie der wechselnden Tageslicht- sowie Wetterverhältnisse sehr ansehnlich – zumindest in den ersten Gebieten des Aldmeri-Bundes. Allerdings ist die zu sehr auf frustfreies Vorwärtskommen ausgelegte Mechanik beim weitgehend konsequenzfreien Ableben oder den lächerlich geringen Wiederbelebungszeiten vieler Dungeon-Bosse immer wieder ärgerlich.
Wir kämpfen, wir questen, wir steigen im Rang auf und lernen kontinuierlich neue Gebiete und Gefahren kennen. Für den dritten Teil unseres Test-Marathons zu The Elder Scrolls Online haben wir uns allerdings nicht auf die erzählerischen Inhalte, sondern auf Benutzerführung, Handwerk und Annehmlichkeiten gestürzt.
Einer für alle?
Nachdem man bereits bei den Missionen und Konsequenzen für meinen Geschmack etwas zu sehr an die Hand genommen wird, ist es nicht verwunderlich, dass man auch im Umfeld viel dafür tut, um den Spieler von Frust fernzuhalten. Denn nicht nur der Rucksack, sondern auch das Bankschließfach lässt sich in immer teurer werdenden Zehner-Schritten für bare Münze erweitern. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn man sich entschließt, mehrere Charaktere zu spielen. Denn das in der Bank gelagerte Inventar ist von allen zu erreichen, gleichgültig welcher Fraktion man angehört. Platzerweiterungen für das Gepäck sind jedoch figurenspezifisch, so dass man sich mit jedem Charakter das nötige Kleingeld erarbeiten muss, um das Inventar zu erweitern. Wer es damit nicht ganz so eilig hat oder sich die später kostspieligen Aufstockungen nicht leisten kann, immerhin kostet das Rucksack-Upgrade von 80 auf 90 Plätze bereits 5900 Gold, kann auch die Tragkraft seines Reittieres konsequent erhöhen.
Wer mit seinen Fähigkeiten oder Entscheidungen hinsichtlich der Figuren-Attribute (Leben, Magicka, Ausdauer) nicht zufrieden ist, hat die Möglichkeit, an bestimmten Schreinen für einen Obulus (je 100 Goldstücke pro investiertem Fähigkeits- bzw. Attribut-Punkt) seine Entscheidungen neu zu treffen. Der Haken dabei: Es gilt „Alles oder Nichts“. Sprich: Ist man z.B. bei Stufe 20 und hat auf dem Werg dorthin zahlreiche Himmelsscherben eingesammelt, kann man gut und gerne über 3000 Gold einkalkulieren, wenn man seine Fähigkeiten ändern möchte. Prinzipiell ist diese Idee des so genannten „Respecs“ ein ordentlicher Service. Dass man aber auch derart tief in den Geldbeutel greifen muss, wenn man z.B. nur eine der Fähigkeitslinien aufgeben und durch eine andere ersetzen möchte, ist nicht sehr benutzerfreundlich. Gleiches gilt für die Attribute. Warum kann man keine einzelnen Punkte oder zumindest nur einen Bereich gegen Gebühr umtauschen? Stattdessen für eine Runderneuerung tief in die Tasche greifen zu müssen, erschließt sich mir an dieser Stelle nicht.
Ein Königreich für ein Pferd?
Schaut man in die Foren der Community, erzürnen sich viele Gemüter an den Preisen, die man bei den Pferdehändlern für die edlen Rösser zahlen soll. Denn die geduldigen Vierbeiner kosten in der billigsten Version satte 17000 Goldstücke. Dafür muss man lange sparen - vor allem, wenn man ab und an auch Geld für Reparaturen ausgeben muss. Die Besitzer der limitierten Edition, die zum Start veröffentlicht wurde, haben einen massiven Bonus: Sie mussten nur ein symbolisches Goldstück auf die virtuelle Theke legen, um einen Klepper zu erstehen. Dementsprechend viele weiße Rösser waren in den ersten Frühstart-Tagen unterwegs.
Immerhin gibt es genug andere Möglichkeiten, sich schnell von Ort zu Ort zu bewegen. Denn hat man z.B. einen der zahlreichen Wegschreine entdeckt, kann man sich innerhalb dieses Netzwerks hin und her teleportieren. Mehr noch: Selbst wenn man nicht in der Nähe dieser Schnellreise-Stationen ist, kann man sich wie von Zauberhand zu einem der bereits gefundenen Orte rufen lassen. Das kostet zwar wiederum eine Gebühr, deren Höhe in erster Linie davon abhängig ist, wann man diesen Dienst zuletzt genutzt hat, aber bei „normaler“ Nutzung dieser Funktion unter 100 Goldstücke beträgt. Doch die meiste Zeit bin ich durch Tamriel gelaufen. Um die idyllischen Landstriche in mich aufzunehmen. Um keinen Dungeon und keine Quest zu übersehen. Und auch, weil das Ab- und Aufsteigen für mich als Ressourcen-Sammler auf Dauer noch nerviger war als das vielleicht etwas mehr Zeit in Anspruch nehmende Reisen zu Fuß.
Handwerk hat goldenen Boden?
Immerhin muss man beim Sammeln von Rohstoffen im Vergleich zu z.B. Guild Wars 2 keine Ernte-Werkzeuge mit sich führen. Sieht man eine Eisenader oder einen morschen Baum, wird automatisch die Axt oder die Spitzhacke gezückt und ein paar Schläge später kann man die Früchte seiner Arbeit in seinen Rucksack stecken. Dass mein Bankschließfach vor Rohstoffen unterschiedlichster Art überquillt, auch Nahrungsmittel wie Zwiebeln oder Wasser sind dort dutzendfach gelagert, liegt in der Natur der Sache. Immerhin kann ich so dafür sorgen, dass alle meine Spielfiguren die Möglichkeit haben, sich bei Bedarf Ausrüstung oder basierend auf Rezepten auch temporäre Steigerungen der Attribute oder deren Wiederauffüllraten herzustellen.Die Rohstoffe müssen dazu zwar erst in Zehnerbündeln veredelt, also aus Eisenerz z.B. Eisenbarren hergestellt werden.Doch wer will, kann auch als Beute gefundene Waffen verwerten, wobei man dabei mit Glück Veredelungsmaterialien „ernten“ kann.
Hat man im übersichtlichen Handwerksmenü die Art des Gegenstandes, das dafür zu verwendende Material (je mehr man nutzt, desto höher ist die Stufe der Waffe), einen Stil (kostet bestimmte Rohstoffe, wirkt sich nur optisch aus) sowie ggf. eine Eigenschaft gewählt, hält man kurze Zeit später das Objekt der Begierde in der Hand. Doch damit ist die Individualisierung noch nicht vorbei: Zusätzlich kann man so genannte Glyphen, die man ebenfalls als Beute findet, einarbeiten und damit weitere magische Fähigkeiten in die Ausrüstung einarbeiten. Selbstverständlich stehen einem mehr Möglichkeiten zur Verfügung, je höher man in jedem Handwerkszweig im Level aufsteigt – wobei man auch hier in bester Elder-Scrolls-Tradition über das Lesen bestimmter Bücher die Praxis durch Theorie ersetzen kann. Doch man muss einkalkulieren, dass handwerkswütige schließlich bei jeder gefundenen oder von anderen Spielern erworbenen Waffe in einen Gewissenskonflikt geraten: Verwerten, Erforschen oder doch lieber verkaufen, damit man irgendwann die über 40000 Goldis beisammen hat, die die fortgeschrittenen Reittiere kosten? Denn erst dann wird einem bewusst, wie umfangreich, dabei aber sehr übersichtlich sich das Handwerkssystem präsentiert.
Erschwerter Handel?
Stattdessen gibt es offiziellen Handel nur für Gildenmitglieder. Da hilft es auch nur wenig, dass man fünf Spielergilden beitreten kann. Denn vielleicht gibt es auch noch andere Spieler wie mich, die selbst auf zwangloses Gilden-Geplänkel keine Lust haben. Und die dürfen beim Handel dann in die Röhre schauen. Oder sich unnötig kompliziertem Chat-Hin-und-Her aussetzen, bei dem die Gesetze hinsichtlich Angebot, Nachfrage und Preis sich im Sekundentakt ändern können. Daher biete ich meine Erzeugnisse gar nicht erst an - oder verkaufe sie zum Schleuderpreis an die NPC-Händler. Oder besser noch: Ich nehme all das, was ich nicht mehr brauche, weil es zu niederstufig ist, wieder auseinander und wende mich den nächsten Missionen zu. Denn, um auf einer positiven Notiz den heutigen Eintrag zu beenden, laufen diese in den Bereichen um Level 20 erzählerisch wieder zur Hochform auf. Man wird Zeuge von Familientragödien, Meutereien und ich hoffe, mich bald mit dem gleichen Fluch auseinandersetzen zu müssen, der auch schon in Skyrim mein Abenteuer-Leben verschönt hat: Ich bin auf der Suche nach Hircines Jüngern...
Zwischenfazit, Teil 3
Es bleibt dabei: Abseits der erzählerischen sowie visuellen Qualität, die zweifelsfrei eines Elder Scrolls würdig ist und auch mit zunehmender Spieldauer nicht nachlässt, schickt mich TESO auch bei Benutzerführung und Handwerk durch ein Wechselbad der Gefühle. Dass ich bei Bedarf sowohl Fähigkeiten als auch Attribute an bestimmten Schreinen verändern kann ist gut. Dass es Gold kostet, ist nicht störend. Dass hier aber ein "Alles-oder-Nichts"-Prinzip angesetzt wird, ist unnötig kompliziert und steht im Gegensatz zum ansonsten benutzerfreundlichen Ansatz. Ähnlich gespalten bin ich beim Crafting-System: Bar jeglicher Beschränkungen kann man mit den entsprechenden Rohstoffen und Geduld seine Handwerksträume in allen Bereichen wahr werden lassen und so seine Figuren zusätzlich stärken und individualisieren. Doch um seine Rüstungen, Waffen oder Nahrungsmittel vernünftig an den Mann oder die Frau bringen zu können, muss man einer Gilde beitreten, da nur hier einigermaßen ordentliche Handels-Utensilien angeboten werden. Oder aber man nutzt wie so viele andere den Chat, bei dem aber kein funktionierendes von Spielern getriebenes Wirtschaftssystem entstehen kann – hier waren und sind andere Online-Rollenspiele weiter. Hinsichtlich Quest- und Erzählstrukturen gibt es weiterhin wenig Grund zur Klage.
The Elder Srolls Online hat zweifellos zahlreiche Qualitäten, die einen immer wieder motivieren können, in die Welt Tamriels abzutauchen: die Kulisse, die offene Charakter-Entwicklung oder die Erzählstrukturen. Doch man muss auch nicht lange suchen, um kleine und große Ärgernisse zu finden. Im vierten Teil unseres Test-Marathons wird der Text zum Mecker-Tagebuch.
30 Tage kostenlos?
Es ist einer dieser Tage. Es begann damit, dass der Mega-Server für Europa heute für Wartungsarbeiten geschlossen war. Und wo andere Online-Rollenspiele bereits im Launcher-Bildschirm darauf hinweisen, ob die Server laufen oder nicht, findet man hier die Auskunft erst auf dem Einlog-Bildschirm. Sicher: Das ist nur eine Kleinigkeit, ist aber dennoch ein Nervfaktor. Und auch, wenn man TESO zu diesem Zeitpunkt (im Wesentlichen gut zwei Wochen nach dem Frühstart) bescheinigen muss, dass das ganz große Desaster à la SimCity ausgeblieben ist, gibt es einige dieser Nickeligkeiten, die mitunter nicht nur temporär für mehr oder weniger Frust sorgen, sondern auch langfristig die Laune verderben können. Interessanterweise ist heute durch eine Beschwerde des Verbraucherschutzes (siehe News) auch ein Punkt ins Rampenlicht geraten, über den ich mit einem Kollegen vor ein paar Tagen gesprochen habe: Den Zwang, seine Kreditkartendaten eingeben zu müssen, um überhaupt die mit dem Spiel erworbene 30-tägige Probephase beginnen zu können.
Überall Käfer?
Daher kann ich mich nicht so sehr darüber echauffieren, wie es vielleicht nötig wäre. Wobei es ohnehin trotz aller positiver Aspekte Tamriels, die ich in den letzten Tagen besprochen habe, auch noch genug Aufreger gibt. Und damit meine ich nicht nur die penetranten Gold-Spammer mit ihrem Buchstabensalat als Namen, die sich mittlerweile auch bei installiertem Spam-Filter immer wieder unschön ins Chat-Fenster schieben. Oder die Spieler, die für jeden kleinen Schritt auf ihren Missionen fragen, was sie denn als Nächstes machen müssen. Oder die penetranten "Ich-versuch-es-im-Zweifelsfall-auch-zehn-Mal-dich-in-meine-Gruppe-einzuladen-und-schere-mich-nicht-drum-wenn-du-immer-und-immer-wieder-ablehnst"-Nervbolzen. Denn für das Verhalten der Spieler, die mitunter von anderen Online-Rollenspielen kommen, in denen dieses Verhalten an der Tagesordnung ist oder zumindest stillschweigend geduldet wird, kann TESO nichts.
Für die diversen kleinen und großen Bugs hingegen schon. Das beginnt bei den bereits angesprochenen Lags, die immer noch auftauchen und im Kampf mittlerweile zu Nervfaktoren werden. Denn mitunter begegnet man Gegnern, die einen per Zauber etc. verlangsamen können. Wenn man allerdings nicht genau weiß, ob jetzt der Gegner oder ein Lag für die nicht ausgeführten Schläge verantwortlich ist, wächst der Frust. Wenn man schließlich feststellt, dass es nicht am Gegner, sondern am Netzcode lag, ist der Ärger umso größer. Immerhin ist es mir (noch) nicht passiert, dass meine Figur am Ende eines Lags als Leiche zu Boden ging. Doch auch Kleinigkeiten wie Handwerks-Arbeiten, die partout nicht ausgeführt werden, können an den Nerven zehren. Man drückt den Knopf für Veredelung oder Auseinandernehmen und es passiert… nichts. Wieso? Das bleibt der Vorstellung jedes einzelnen überlassen. Was bei mir geholfen hat, war eine Bereinigung des Inventars. Aber wäre es denn zu viel verlangt, mir eine Anzeige zu geben, dass die gewonnenen Rohstoffe oder Materialien nicht verstaut werden können? Oder steckt vielleicht doch etwas anderes dahinter?
Gründe, Tamriel den Rücken zu kehren?
Auch die immer wieder auftauchenden Abstürze beim Laden eines neuen Gebiets oder beim Start des Spiels, wenn man nach der Figurenauswahl Tamriel betreten möchte, gefallen natürlich nicht. Gruppen haben Probleme, zueinander zu finden, obwohl die Mitglieder eigentlich in der gleichen Höhle sein sollten. Natürlich trifft man nicht immer auf alles, was
Zwar ist für uns und die Endabrechnung in erster Linie wichtig, was uns an Bugs und Fehlern begegnet, doch wir haben auch schon mit vielen dieser Probleme Bekanntschaft gemacht. Und sobald Missionsabläufe empfindlich gestört werden, gibt es keine „kleinen“ Probleme mehr. Immerhin kann ein Aus- und erneutes Einloggen hin und wieder für Abhilfe sorgen. Doch wenn TESO sich an diesem Punkt wieder einmal entscheidet, seinen Dienst zu verweigern, ist einem natürlich egal, dass die Mission letztlich abgeschlossen werden kann, sobald man wieder online ist. Insgesamt ist es bei mir zwar noch lange nicht so weit, dass ich die Tore nach Tamriel nicht wieder öffnen möchte, doch wenn ich zurückblicke und sehe, dass mit Guild Wars 2 ein Spiel ähnlicher Größenordnung mit weniger Bugs zu kämpfen hatte, gibt mir das zu denken.
Zwischenfazit, Teil 4
Natürlich ist mir bewusst, dass einem Spiel von der Größenordnung eine Elder Scrolls Online ein erhöhtes Bug-Potenzial innewohnt. Und man muss Zenimax Online zugute halten, dass es noch viel schlimmer hätte kommen können. Doch Missionen, die (Versionsstand: eso.live.1.0.0.964485) partout nicht erfüllt werden können, Gruppen, deren Mitglieder einfach nicht zueinander finden, oder Abstürze beim Laden eines neuen Gebietes können gewaltig an der Motivation nagen. Vor allem, wenn diese teilweise schon in der Betaphase von den Fans moniert wurden und diese sich natürlich mittlerweile verständlich darüber aufregen, dass diese Probleme doch lange bekannt seien. Auch die vermeidbare Diskussion um die 30-tägige Probephase, die bei vielen die Eingabe einer Zahlungsmöglichkeit erfordert, hilft nicht, um das Vertrauen der Endverbraucher zu stärken. Zenimax ist sich zwar der Problematik bewusst, doch all zu lange darf man nicht mehr mit der Behebung vieler Mankos und Bugs warten. Denn die Inhalte können noch so überzeugend, die erzählerische oder visuelle Qualität noch so hoch sein - wenn man es nicht schafft, Missions-Stopper auszumerzen, verliert man irgendwann das Vertrauen und die Lust, weiterzuspielen.
Bislang haben wir uns im Tagebuch nur mit den PvE-Inhalten in Tamriel beschäftigt. Doch TESO hat noch ein As im Ärmel, das für viele ein Ausschlag gebender Faktor sein könnte: Kämpfe von Spielern gegen Spieler. Allianz-Kriege in großem Ausmaß. Bieten die Auseinandersetzungen in Cyrodiil vielleicht endlich den lang ersehnten Ersatz für die Reichskriege eines Dark Age of Camelot? Im heutigen Abschnitt des Test-Marathons betätigen wir uns als Kriegsberichterstatter.
Eintrittskarte mit Stufe 10
Erreicht man mit seiner Figur die zehnte Stufe, bekommt man über das spielinterne Nachrichtensystem eine Mitteilung, dass man in den alles entscheidenden Schlachten in Cyrodiil gebraucht wird. Dahinter verbirgt sich nicht weniger als die Aufforderung, sich mit den Spielern anderer Fraktionen auf einem riesigen Schlachtfeld zu messen und Burgen sowie Ressourcen zu erobern. Natürlich trifft man dabei nicht nur auf Spieler, die ebenfalls gerade mal mit der erforderlichen Minimalstufe in dem riesigen Gebiet unterwegs sind. Um zumindest ansatzweise eine Chance gegen Gegner zu haben, deren Stufe eigentlich deutlich über der eigenen liegt, nutzt man einen Kniff, der z.B. auch in Guild Wars 2 angewandt wird: Man emuliert quasi die typischen Statistik-Werte eines Charakters mit Maximalstufe. Damit sich der Aufwand für die höherstufigen Spieler dennoch lohnt und diese nicht problemlos von Stufe-10-Anfängern weggeklatscht werden können,
Es gibt viel in Cyrodiil zu tun: Will man die Region für seine Fraktion vereinen und die Territorien der Gegner erobern, muss man nicht nur in erbittert geführten Belagerungsschlachten versuchen, die feindlichen Burgen und im Idealfall sogar die Schriften der Alten ("Elder Scrolls") zu vereinnahmen, die der eigenen Fraktion Boni verschaffen. Um die Effektivität der eigenen Angriffsversuche zu steigern, sollte man versuchen, vorher die Nachschublinien der Feinde abzuschneiden, indem man Rohstofflager einnimmt. Hat man Burgen erobert, schafft man so nicht nur neue Teleport-Stationen für die nachrückenden Kämpfer, sondern verlagert die Front mitunter direkt in das feindliche Gebiet, so dass man gleich den nächsten Schlag unternehmen kann.
Eine Welt in der Welt
Kaiser von Tamriel
Denn wenn man sich clever anstellt und im Rahmen der zeitlich begrenzten Kampagne die meisten Punkte sammelt, hat man die Chance, zum Herrscher ausgerufen zu werden, wenn die eigene Allianz die Imperiale Stadt einnimmt, was wiederum spezielle Boni mit sich bringt. Die Freude darüber könnte allerdings von kurzer Dauer sein, da das Geschehen ständig hin und her wogt. Darüber hinaus haben die spannenden Auseinandersetzungen aber ihre eigenen Probleme zu bewältigen. Häufig ist das Geschehen an der Front so hektisch, dass man wie wild auf die Tasten für Spezialangriffe prügelt, in der Hoffnung, einen Gegner im Visier zu haben, der den ausgelösten Angriff abbekommt. Zudem sind derzeit höchstens minimale Ansätze von konzentrierten sowie aufeinander abgestimmten Aktionen zu spüren. Die Möglichkeiten der taktischen Kriegsführung, die sich mit hunderten gleichzeitig auf dem Schlachtfeld befindlichen Spielern sowie den Versorgungslinien und einem Mehrfrontenkrieg andeuten, werden (noch) nicht genutzt. Jeder ist sich selbst der nächste. Wenn der Kamerad stirbt, ist das ein verschmerzbares Opfer – zumal man auch hier keinen Malus für den Fall des Ablebens befürchten muss. Ein langer Weg zurück an die Front ist die Maximalstrafe.
Zwischenfazit, Teil 5
Sind die Auseinandersetzungen in Cyrodiil, bei denen hunderte Spieler im Kampf um Burgen und Versorgungslinien aufeinandertreffen können, ein zeitgemäßer Nachfahre der Reichsschlachten aus Dark Age of Camelot? Auf dem Papier ja: Mit den "Elder Scrolls" als Ersatz für die Relikte Albions, Hibernias oder Midgards sowie dem mehrstufigen Einnehmen von Burgen baut man auf die gleichen Prinzipien. Und grundsätzlich schwebt auch ein Hauch von DAoC über das extrem groß angelegte Cyrodiil. Doch in der Umsetzung der hektischen Gefechte bzw. der gegenwärtigen Spielweise der PvP-Fans (Player-vs-Player, Spieler gegen Spieler) schaffen es die Geplänkel derzeit nicht, sich ultimativ von denen abzusetzen, die man z.B. in Guild Wars 2 erleben kann. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich noch mehr bei Mythics Online-Rollenspiel-Vorreiter zu bedienen und die Verzahnung von PvP und PvE (Player-vs-Environment, Spieler gegen Umgebung) zu intensivieren, so dass bestimmte Ereignisse in den Kampagnen-Questgebieten auch Auswirkung auf Cyrodiil haben und umgekehrt. Kurzum: Potenzial liegt in den Schlachten von Spielern gegen Spieler zuhauf und es blitzt auch immer wieder genug auf, um mich immer wieder in den Kampf um die Kaiserkrone zu rufen – selbst wenn ich kaum eine Chance auf den Thron habe. Doch wer sich schon an der Kampagne von TESO reibt, wird auch mit dem Fokus auf die hektischen Kämpfe um das politische Zentrum Tamriels derzeit nicht genug Gründe finden, um sich langfristig auf das Abenteuer einzulassen.
Seit fast drei Wochen waren wir täglich viele Stunden in Tamriel unterwegs. Wir sind auf gefährliche Missionen gegangen, haben Höhlen erforscht sowie Bosse bekämpft, sind gegen andere Spieler auf dem Feld der Ehre angetreten und haben geschmiedet, genäht oder gekocht, was das Zeug hält. Nun ist es an der Zeit, ein Fazit zu ziehen und vor allem zwei Fragen zu beantworten: Ist die Online-Variante ein "echtes" Elder Scrolls? Und lohnt sich die Abogebühr?
Als Offline-Spiel besser?
Immer wieder kam ein Kollege, schaute mir beim Spielen über die Schulter und sagte sinngemäß "Könnte Bethesda nicht den Online-Faktor streichen und das als Elder Scrolls 6 veröffentlichen? Ich hab's nicht so mit Online-Rollenspielen." Ein anderer meinte: "Als Offline-Spiel wäre es richtig gut." Und Jörg gähnte an dieser Stelle nur mit dem Verweis auf Fallout. Viel besser hätte ich das Dilemma auch nicht beschreiben können, in dem The Elder Scrolls Online steckt und in das mich das Abenteuer in Tamriel verwickelt. Denn die stärksten Momente erlebt man meist dann, wenn man alleine unterwegs ist und das Glück hat, dass sich möglichst wenige Spieler mit einem in der gleichen Questreihe befinden und im schlimmsten Fall mit einem auf den Bossgegner warten. Wenn man auf dem Weg zu seinem Ziel durch die abwechslungsreichen Landschaften läuft oder galoppiert, dabei quasi beiläufig durch neue Markierungen auf dem Kompass auf Missionsgeber,
Doch sobald man eine Höhle betritt, in der schon 20 andere Helden Tamriels darauf warten, dass der Boss wieder erscheint, sackt das Atmosphärelevel deutlich nach unten. Auch die Kämpfe um die "Dunklen Anker" verlieren irgendwann ihren Reiz - vor allem, wenn man schließlich alle auf einer Karte befreit hat und dennoch immer wieder die tiefe Bass-Sirene ertönt, die einen neuen Versuch Molag Bals kennzeichnet, in der Welt der Lebenden mit seinen Daedra Fuß zu fassen. Dabei hat man doch schon Techniken im Gepäck, mit denen man die Spannung aufrechterhalten könnte: Mit dem verwendeten Phasensystem wird z.B. gewährleistet, dass sich nach bestimmten Missionen die Umgebung ändert. Gegner sind nicht mehr aggressiv, Städte und Dörfer brennen nicht mehr, mitunter findet sogar eine große Metamorphose statt und auf einmal hat man Handelsstationen, wo vorher eine Ruine stand. Und dieses System hätte man auch für die Anker verwenden können: Hat man einmal alle befreit, wird man in eine Phase mit anderen Spielern gesteckt, die den gleichen Status haben - und schon hat man ein Problem eliminiert.
Falsche Instanz?
Auch für die für ein Online-Rollenspiel logischen anderen Spieler, die einem die Atmosphäre bei Quests kaputt machen, hätte man ein besseres Phasen- bzw. Instanzierungssystem nutzen können. Bei der Hauptquest, die einen immer wieder mit dem Propheten zusammenführt, ist man zumeist allein – der Fokus liegt hier auf dem Spieler und der Geschichte. Um
Gleiches gilt für die Bugs: Mittlerweile (Version: eso.live.1.0.0.968197) sind zwar einige der Fehler behoben, die ich im vierten Teil des Tagebuchs kritisiert habe. Doch es bleiben immer noch unschöne Momente zurück, die sich auch auf die technische Umsetzung auswirken, so etwa, wenn ein Auftraggeber zur Hälfte im Boden versunken ist. Oder wenn ein Zettel, der statt auf dem Tisch unter diesem auf dem Boden liegt und nicht markiert/genutzt werden kann, erst nach erneutem Aus- und Einloggen und damit in einer anderen "Phase" dort ist, wo er hingehört und die Quest weiter gehen kann. Natürlich kann man argumentieren, dass die Offline-Elder-Scrolls mit teils gewichtigen Bug-Problemen kämpfen mussten. Aber die boten im Gegenzug auch die beinahe komplette Interaktion mit der Umgebung.
Anschauen, nicht anfassen?
Hier ist sie nicht nur eingeschränkt, sondern auch nur dann erlaubt, wenn die Entwickler es vorgesehen haben. Viele der Waffen, Schilde oder Rüstungen sind nur optische Staffage. Anfassen oder gar mitnehmen ist nicht erlaubt. Das ist aus Online-Gesichtspunkten allerdings nachvollziehbar: Denn die hinsichtlich Zwischen-Spieler-Handel ohnehin fragile Wirtschaft (ein offenes Auktionshaus ist dringen benötigt) würde vollkommen auf den Kopf gestellt, wenn jeder Spieler alles mitnehmen könnte. Ganz abgesehen davon, dass ein Herrenhaus mit lauter leer geräumten Waffenständern albern aussähe.
Wie geht es weiter?
Fazit
Das Amalgam erfolgreicher Elder-Scrolls-Offline-Elemente und Online-Erfordernisse zu finden, ist eine schwierige Herausforderung. Und Zenimax gelingt nicht immer die Balance. Die Abstecher nach Tamriel sind letztlich nicht das ultimative Online-Rollenspiel. Dafür gibt es zu viele Brüche, zu viele Widersprüche. Es gibt Momente, in denen man sich wünscht, dass TESO das O einfach weglassen würde. Es gibt noch mehr Momente, in denen man sich wünscht, dass es bestimmte Online-Aspekte noch weiter verfolgen würde, die bei Spielen wie Dark Age of Camelot, Guild Wars 2, EverQuest 2 oder Star Wars The Old Republic besser umgesetzt wurden. Denn so würde das Erlebnis noch stärker fokussiert und noch "purer" sein, anstatt sich den Massenmarkt-Online-Rollenspiel-Spielern anzubiedern. Doch es gibt auch viele Momente, in denen Zenimax die Essenz von Elder Scrolls auf den Punkt bringt. Und in diesen Momenten demonstriert TESO, wie viel Potenzial Tamriel entgegen aller Befürchtungen auch als Online-Welt birgt. Es gibt Abstriche, aber es kann auch mit mehreren Spielern gelingen, eine auf einen Helden konzentrierte Geschichte zu erzählen. Und das sogar so gut, dass ich unter dem Strich keinen Tag bereue, den ich bisher in Tamriel verbracht habe.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Auch wenn nicht alles rund läuft und der Spagat zwischen Offline-Assoziation und Online-Verpflichtung manchmal nicht gelingt: Die Ausflüge nach Tamriel unterhalten richtig gut!
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