Harbinger03.07.2003, Bodo Naser
Harbinger

Im Test:

Action-Rollenspiele wie Diablo oder Dungeon Siege spielten bisher fast ausschließlich in Fantasy-Welten. In Harbinger (ab 21,95€ bei kaufen) von DreamCatcher ist alles etwas anders, denn in dem Science-Fiction-Abenteuer gibt es keine Magie. Stattdessen kommt es auf den richtigen Einsatz futuristischer Technologie an, um sich die teils fresswütigen Aliens vom Leib zu halten. Wie lange wir in den dunklen Korridoren des Schiffs durchhielten, erfahrt Ihr in unserem Test.

Überbevölkertes Raumschiff

Schauplatz ist ein riesenhaftes Raumschiff, das dem fiesen Overlord als Flaggschiff diente und dessen Stockwerke nun bizarre Aliens bevölkern. Zum Teil handelt es sich um liebenswerte Wesen, die mit ihrer skurrilen Art doch an irdische Charaktere erinnern.

Etwa die übergewichtigen Aliens, die vor der Glotze abhängen und sich mit dem Saft von Lotusblüten berauschen. Leider sind aber nicht alle Außerirdischen, die der Overlord einst versklavte, derart harmlos.

Die sich wie eine Seuche ausbreitenden Vantir etwa, die energetischen Scintilla oder die spinnenhaften Cimicidae machen den friedliebenden Bewohner das Leben schwer. Einzig Ihr könnt dem tödlichen Treiben Einhalt gebieten - als Mensch, Kampfroboter oder Culibine und nur im Singleplayer.

__NEWCOL__Drei verschiedene Charaktere

Die drei spielbaren Helden könnten unterschiedlicher nicht sein: Mensch und Kampfroboter Gladiator gehen offensiv gegen die zahlreich auftretenden Feinde vor, wobei Letzterer allerdings viel stärker ist. Die außerirdische Culibine hingegen ist ein energetisch begabtes Wesen, das eher defensiv agiert.

Trotz ihrer vergleichsweise geringen Feuerkraft spielt sich daher sehr ausgewogen. Wo Soldat und Roboter in einem Hinterhalt oft gegen die Massen von Feinden alt aussehen, besitzt die Culibine mit ihren "Rundumangriffen" ein wirksames Mittel.

Dafür darf der Gladiator bewaffnete Sonden zur Erkundung gefährlicher Areale absetzen und der Erdling Minen legen, in welche die Feinde unvermutet tappen.

Kampfbetonte Quests

Die im Logbuch angezeigten Quests der Charaktere unterscheiden sich leider nur ganz zu Beginn. Danach müssen alle drei dieselben kampflastigen Aufträge absolvieren, bei denen Ihr etwa bestimmte Ersatzteile finden oder einen verloren gegangenen Bekannten suchen müsst. Aufgrund der aggressiven Gegner sind die Quests stets eine Herausforderung, jedoch nicht immer wirklich abwechslungsreich.

Denn die teils großen Areale, in denen Ihr Euch vorwärts kämpfen müsst, sind viel zu linear angelegt. Gespräche mit den NPCs laufen als eingeblendete Texte mit gelegentlicher Auswahlmöglichkeit ab. All zu viel Einfluss auf das teils verwirrende Geschehen könnt Ihr also nicht nehmen.

Rollenspiel light

Zu finden gibt es genug: Waffen, Ausrüstung, Medizin und Geld liegen in Kisten, auf Tischen und werden von besiegten Gegnern abgeworfen. Verkaufen lässt sich alles bei Händler Ona, zu dem Ihr leider immer weit zurücklatschen dürft.

__NEWCOL__Auch beim Blick ins übersichtliche Inventar wird die Anlehnung an Diablo mehr als deutlich. Die sehr simple Charakterverwaltung hingegen beschränkt sich auf vier Eigenschaften, die Nah- und Fernkampf, Lebensenergie sowie Technikfähigkeit umfassen.

Anstatt mit Edelsteinen und Magie lassen sich die Kampfwerte mit Hilfe von Elektronik manipulieren. Durch die richtige Waffe lassen sich so Werte erreichen, die weit über den normalen Fähigkeiten liegen. Wofür genau welche Waffe gut ist und warum, bleibt aber oft recht unklar.

Ungenaue Steuerung

Wie schon in unserer Preview moniert, ist vor allem die Zielfindung von Harbinger alles andere als akkurat. Schießen aus sicherer Entfernung ist leider kaum möglich, da sich jeder Kampf schnell zum Nahkampf entwickelt. Ein automatischer Wechsel in den Nahkampf-Modus existiert nicht, so dass Treffer letztlich Glücksache bleiben.

Für ein Action-Rollenspiel, bei dem es auf schnelle Reaktion und genaues Treffen ankommt, ist das ein ziemlich schwerwiegendes Manko. Blindlings in einen Korridor zu feuern, wie das mit dem Bogen bei Diablo die Regel war, ist auch nicht möglich. Insgesamt ist daher eine defensive Vorgehensweise anzuraten, bei der soweit möglich einzelne Gegner herausgelockt werden.

Düstere 2D-Optik

Das entfernt an Fallout erinnernde, postmoderne Design der Spielgrafik unterstreicht die mysteriösen Geschehnisse auf der Harbinger noch. Grafischer Höhepunkt ist eindeutig die schaurig schöne Darstellung der Behausungen der menschenfressenden Cimicidae, die mit den Skeletten ihrer Opfer dekoriert sind und an einigen Stellen teuflisch rot aufglühen.

Effekte wie Strahlen, Pulsieren oder Energieentladungen vermögen ebenfalls zu gefallen, bringen das Spiel aber zum Ruckeln. Ansonsten wirkt das zweidimensionale Gewirr der Gänge eher etwas eintönig, weil sich die von den Aliens besetzten Sektoren allenfalls farblich unterscheiden.

__NEWCOL__Weniger gelungen sind auch die Zwischensequenzen, die in Spielgrafik mit Text gehalten sind. Die Menüs von Harbinger fallen zu schlicht aus, was dem Spiel letztlich einen fast billigen Touch verleiht.

Passender Sci-Fi-Sound

Für einen Budget-Titel besitzt Harbinger eine recht beachtliche Musik- und Geräuschkulisse. Die Geräusche scheinen allesamt aus der passenden Sci-Fi-Soundfile-Kiste zu stammen.

Untermalt wird das alles von der unvermeidlichen Mystery-Musik, die seit Akte-X obligatorisch für alles aus dem Bereich Science-Fiction zu sein scheint. Viel zu selten ertönt sogar eine deutsche Sprachausgabe, die zumindest stimmlich gelungen ist.

Weniger gelungen ist leider die Übersetzung der Texte, die teils recht lieblos ins Deutsche übertragen wurden und bei der sogar einzelne Buchstaben (wie das "i" von "ich") verloren gingen.

Fazit


Auch für einen Budget-Titel schöpft Harbinger sein Potential leider nur zum Teil aus. Zwar macht die abgefahrene Science-Fiction-Geschichte Lust auf mehr, sie wird aber nur allzu schnell von der üblichen Action-Rollenspielroutine überdeckt. Trotz witziger Einfälle wie etwa die Kamerasonden oder die Minen, sind viele der Levels einfach zu lang und zu sehr auf Kampf ausgelegt, um dauerhaft zu fesseln. Spielerisch krankt das Action-Rollenspiel aber vor allem an seiner ungenauen Maussteuerung, die Treffer aus der Ferne zur Glückssache werden lässt. Warum nicht alle Levels des Raumschiffs grafisch so abwechslungsreich gestaltet sind wie die Areale der schwarz schimmernden Cimicidae, bleibt ungelöst. Harbinger ist also weit davon entfernt, ein würdiges Sci-Fi-Diablo zu sein. Für Genre-Fans bleibt es dennoch aufgrund des ungewöhnlichen Szenarios interessant.

Pro

<li>SciFi-Hintergrund</li><li>drei unterschiedliche Charaktere</li><li>abgefahrene Story</li><li>düstere Korridore</li><li>grafische Effekte</li><li>passender Sound</li><li>preisgünstig</li>

Kontra

<li>hakelige Steuerung</li><li>wird rasch eintönig</li><li>nur am Anfang verschiedene Quests</li><li>sehr kampflastig</li><li>Wirkung der Waffen oft unklar</li><li>viel Gelatsche</li><li>Spiel ruckelt gelegentlich</li><li>kaum Sprachausgabe</li><li>keine Filme</li><li>Buchstaben fehlen</li><li>kein Multiplayer</li>

Wertung

PC

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