Im Test: Zurück zu alter Rätselstärke?
Getrennte Wege
Wir erinnern uns: Im ersten Akt verweigerte sich die kämpferische Vella dem Opferritual, sondern pustete das hungrige Monster Mog Chothra lieber vom Himmel. Zur Überraschung aller kletterte danach Shay aus dem Wrack – also der Junge, den man parallel zu der aufmüpfigen Dame steuerte und von dem man glaubte, er befindet sich wohlbehütet (oder besser: übertrieben behütet) an Bord eines Raumschiffs. Und so wurde am Ende der Schauplatzwechsel eingeleitet, nachdem Vella ins Innere des Wracks stolperte, Shay am Strand landete und beide erneut durch eine Wand voneinander getrennt wurden.
Der zweite Akt steht ganz im Zeichen dieses Wechsels: Während Shay sich durch das idyllische Fischerdorf und die Wolken-Gemeinde rätselt, um die nötigen Teile für ein Ersatzraumschiff aufzutreiben, setzt Vella im Inneren des verhassten „Mog Chothra“ alles daran, diesem Hightech-Gefängnis wieder zu entkommen. Dieser Austausch, der beide Protagonisten aus ihrer vertrauten Welt reißt, ist ohne Zweifel interessant und hat durchaus seine Reize. Doch er bringt leider auch einen gewaltigen Nachteil mit sich: Fast alle Räume, Schauplätze und Figuren kennt man bereits aus dem ersten Akt und angesichts des massiven Recyclings darf man sich zurecht die Frage stellen, woran Schafer und sein Team so lange gearbeitet haben. Ja, vor allem an Bord der vermeintlichen Raumschiffs wurden einige Bereiche schon alleine aufgrund der visualisierten Beschädigungen leicht umgestaltet, aber der Aufwand dürfte sich in
Mehr Kopfarbeit
Auf der anderen Seite ist es faszinierend zu sehen, wie viele weitere Rätsel man in diese beschränkte und überwiegend bekannte Umgebung gepackt hat. War der erste Akt nicht nur von einer kurzen Spielzeit, sondern auch den viel zu leichten Rätseln geplagt, läuft Double Fine hier punktuell zur Hochform auf und präsentiert clever designte Kopfnüsse, deren oft kreative Lösungen sich trotz der weiterhin simplen Point'n'Click-Mechanik nicht länger auf den ersten Blick zu erkennen geben. In diesem Zusammenhang gefällt es mir auch gut, dass die beiden Protagonisten aufgrund ihrer räumlichen Trennung zwar nicht so effektiv zusammenarbeiten können wie etwa das Team aus Day of the Tentacle, sich einige wertvolle Hinweise für Shay-Aufgaben aber nur durch bestimmte Untersuchungen mit Vella ergeben und umgekehrt – toll!
Von Frodo bis Wil Wheaton
Fazit
Broken Age ist sicher kein schlechtes Abenteuer und wurde vor allem in diesem zweiten Akt über weite Strecken mit viel Liebe zum Detail designt. Selbst die Geschichte, die auch von den teils herrlich geschriebenen Dialogen und den erstklassigen (englischen) Sprechern lebt, ist im Großen und Ganzen gelungen und sorgt noch für die eine oder andere Überraschung. Aber Broken Age erreicht leider nur selten das herausragende Niveau und den Humor, den man von Schafer kennt und deshalb als Fan erwartet. Und so schwingt trotz der deutlich gestiegenen Qualität bei den Rätseln und des gestiegenen Umfangs doch immer ein kleiner Hauch der Enttäuschung mit, der sich vor allem angesichts des starken Recyclings bei Figuren und Schauplätzen bemerkbar macht. Ich bereue es zwar nicht, das Projekt als Backer unterstützt zu haben, doch insgesamt werde ich das Gefühl nicht los, mehr von Broken Age erwartet zu haben als das, was ich am Ende bekommen habe.
Fazit Akt 1:
Ein charmanter erster Akt mit interessanten Erzählsträngen, doch aufgrund der mageren Rätselkost und kurzen Spielzeit ruhen die Hoffnungen auf der zweiten Hälfte.
Wertung: 72%
Pro
Kontra
Wertung
PC
Endlich wieder anspruchsvollere Rätsel! Trotzdem bleiben Humor sowie Geschichte hinter der gewohnten Schafer-Qualität zurück. Das massive Recyceln bereits bekannter Schauplätze und Figuren ist für das Gesamtwerk enttäuschend.
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