Fahr-Simulator 201231.05.2012, Mourad Zarrouk
Fahr-Simulator 2012

Im Test:

Kaufe eines und bekomme neun, könnte man meinen wenn man die Packung des Fahr-Simulators 2012 sieht. Astragon spendiert seinem drei Jahre alten Vorgänger eine Fortsetzung und erlaubt neben der regulären freien Fahrt jetzt auch einen Einblick in die Welt der Berufskraftfahrer. Bekommt man hier wirklich neun Simulationen zum Preis von einer?

Neun Fahrzeuge, neun Missionen

Das Bus-Szenario gehört noch zu den besten im Spiel
Das Bus-Szenario gehört noch zu den besten im Spiel.
Die Verpackung lügt schon mal nicht: Sämtliche abgebildeten Fahrzeuge sind im Spiel fahrbar. Nach der Installation lassen sich die drei fiktiven Städte mit einer Limousine frei erkunden oder ich wähle direkt eines der neun frei wählbaren Szenarien. Vernünftigerweise müssen diese nicht erst umständlich freigespielt werden.  Reizt mich die Welt der Berufskraftfahrer, so kann ich mich gleich als Fahrer eines Abschleppdienstes, als Busfahrer, Polizist, Rettungssanitäter oder Auslieferungsfahrer versuchen. Ich kann aber auch als Privatperson agieren und ein Reisemobil zum Campingplatz chauffieren oder Geländerennen gegen die Zeit mit einem  SUV absolvieren. Schließlich darf ich noch meine ganz sportliche Seite ausleben und auf Oval- sowie Streckenkursen und auch innerhalb der Städte Rennen absolvieren. Aber immer nur gegen die Zeit, nie gegen die KI und schon gar nicht menschliche Gegner - das ist schade und unzeitgemäß.

Unterwegs in Mittstedt und Umgebung

Die Polizei ist ebenfalls mit von der Partie.
Die Polizei ist ebenfalls mit von der Partie.
Die Entwickler zeichnen nicht nur für den Vorgänger verantwortlich, in dem lediglich die freie Fahrt möglich war - sie haben vor drei Jahren auch den  Abschleppwagen-Simulator verbrochen. Die gute Nachricht: Der integrierte Abschleppwagen spielt sich nicht schlechter als jener von damals. Die schlechte Nachricht: Er spielt sich auch nicht viel besser! Immerhin fällt diesmal der überflüssige "Wirtschaftsteil" weg und die Spielwelt ist deutlich größer. Zu der fiktiven Stadt Sommerbach sind Mittstedt und das (eigentlich real existierende) Hohenkirchen hinzu gekommen. Letzteres hat aber mit dem echten Ort genauso wenig gemeinsam wie die Fahrzeuge mit ihren realen Vorbildern, denn Original-Lizenzen suche ich hier vergebens. Kurzum: Das Abschleppen ist sehr einfach simuliert, auf die wichtigsten Funktionen reduziert (Kran ausfahren, ausrichten, PKW "andocken", Aufladen, sichern, zur Werksatt fahren), aber auch nur einer von acht Szenarien im Spiel.

Neun "Simulationen" in einer?

Die Cockpitperspektive vermittelt den höchsten Grad an Realismus.
Die Cockpitperspektive vermittelt den höchsten Grad an Realismus.
Klingt komisch, ist aber so. Zumindest Busfahrer, Sanitäter, Polizisten, Abschleppwagenfahrer und Lieferanten müssen den Vergleich nicht scheuen.  Wenngleich das Einhalten bestimmter Zeitpläne oder das Kassieren des Fahrgeldes nicht mit von der Partie sind, so ist den Entwicklern das Bus-Szenario sogar am besten gelungen. Haltestellen müssen in der korrekten Abfolge angefahren werden, Passanten steigen aus und zu, grobe Fehler wie Rotlichtverstöße oder übertreten der Geschwindigkeitsbegrenzungen werden geahndet und führen im schlimmsten Fall zum Abbruch der Fahrt. Damit  kommt man natürlich nicht an die deutlich besseren Bus-Simulationen von TML oder MR-Software heran, kann aber locker mit einen Bus-Simulator 2009 mithalten!

Fast acht mal besser als der Notartz-Simulator

Zu-spät-zu-spät! Oder doch nicht? Jedenfalls liegt da jemand auf dem Bordstein und benötigt Hilfe.
Zu-spät-zu-spät! Oder doch nicht? Jedenfalls liegt da jemand auf dem Bordstein und benötigt Hilfe.
Der integrierte Rettungsdienst übertrumpft den katastrophalen Notarzt-Simulator sogar in jeder Hinsicht  und auch den Vergleich mit dem besseren Rettungswagen-Simulator muss man nicht scheuen. Negativ fällt auf, dass zwar bei der Fahrt zum Patienten eine motivierende Zeitvorgabe besteht, ich mir auf der Rückfahrt zum Krankenhaus dann alle Zeit der Welt lassen kann. Beim integrierten "Polizei-Simulator" verhält es sich ähnlich: Die Fahrt mit Blaulicht und Sirene macht auch hier durchaus Laune, schon weil die übrigen Verkehrsteilnehmer tatsächlich artig Platz machen, bzw. anhalten sobald das Martinshorn aktiviert ist (auf der Autobahn wird sogar die Mittelgasse frei gemacht, wie in der Fahrschule gelernt). Doch der Spaß geht verloren sobald man realisiert, dass die Verkehrssünder immer nur an Ort und Stelle der Spielwelt verharren, um brav wie die Lämmer auf die Hüter des Gesetzes  zu warten. Rasante Verfolgungsjagden, Abdrängen von der Fahrbahn? Alles Fehlanzeige…Schade. Auch die "Renn-Szenarien" lassen den direkten Wettkampf schmerzlich vermissen. Es wird immer nur gegen die Zeit gefahren, das ist auf Dauer viel zu langweilig.

Statt Fahrschule? Ganz sicher nicht!

Auf der Haben-Seite steht eine recht große verbundene Spielwelt, die zwar grafisch nicht mehr zeitgemäß ist (häufige Fade-Ins aus dem "Blauen" fallen hier besonders negativ ins Gewicht),  aber - vorausgesetzt man kann alles auf maximal stellen - noch einigermaßen passabel aussieht und zumindest glaubwürdig daher kommt. Das Fahrmodell der Vehikel kann als soeben akzeptabel bezeichnet werden, wenngleich der Bremsweg bei so ziemlich jedem Modell viel zu lang ausfällt - Unfälle sind daher oft unvermeidbar. In Ermangelung eines Schadensmodells sind die Auswirkungen aber nicht sichtbar – eine Prozentanzeige informiert mich über den Grad der Beschädigung, außerdem nimmt die B

Wer mag darf auch wieder fröhlich abschleppen.
Wer mag, darf auch wieder fröhlich abschleppen.
eschleunigungsleistung des Fahrzeugs mit zunehmendem Schaden ab, bis hin zum Zwangsabbruch des Einsatzes. Positiv ist hervorzuheben, dass Lenkräder und Gamepads unkompliziert erkannt und zugewiesen werden können.  Dynamisches Wetter oder eine Sprachausgabe suche ich vergebens, dafür ist immerhin Tageszeitenwechsel (Dämmerung) an Bord (wenn auch sonderbarerweise ohne Nachtfahrten). Acht Kameraperspektiven lassen die ansprechend modellierten Fahrzeuge im rechten Licht erscheinen und die Cockpitperspektive mit seitlicher Blickfunktion und aktiven Außenspiegeln rechtfertigt noch den Simulationsanspruch – warum die Entwickler dann aber Details wie die Blinkeranzeige im Armaturenbrett "unterschlagen", muss ich nicht verstehen. Ansonsten gibt  man sich durchaus Mühe, tatsächlich die Fahrschule ersetzen, oder zumindest unterstützen zu wollen. Signal- und Geschwindigkeitsverstöße werden ebenso moniert wie fehlende Fahrtrichtungsanzeigen…warum dann aber das Überfahren von Passanten ohne Sanktionen bleibt, aber beim Überholen das Fahren auf der "falschen Fahrspur" geahndet wird, bleibt ein weiteres Geheimnis der Entwickler. Über die unterirdische Soundkulisse mit viel zu dünnen Motor- und Fahrgeräuschen hülle ich an dieser Stelle besser den Mantel des Schweigens. Alles in allem keine Mogelpackung, aber Deutschlands  Fahrschulen müssen sich ganz sicher keine Sorgen machen.

Fazit

Man kennt das aus dem Restaurant: Man wird skeptisch, wenn die Karte allzu voll ist mit unterschiedlichen Gerichten. Der Italiener kann Pizza & Pasta, der Grieche Gyros und der Spanier Paela. Vor diesem Hintergrund kann man den Entwicklern ebenfalls vorhalten zu viel gewollt zu haben. Aber überraschenderweise verursachen deren neun "Fahr-Menüs" nicht zwangsläufig eine Magenverstimmung. Einiges ist ihnen sogar besser gelungen als anderen "Spezialisten" zuvor. Nun darf man aber auch nicht vergessen, dass wir hier ganz sicher nicht von der Haute-Cuisine sprechen, sondern vielmehr von Katinen-Allerweltsdurchschnittskost. Was bleibt ist ein akzeptables Simulatiönchen, das immerhin einen recht großen Umfang bietet und Einsteiger, Kinder oder Senioren unter Umständen durchaus für ein paar Tage beschäftigt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Umfang und der niedrige Preis retten den Fahr-Simulator 2012 mit Ach und Krach ans "ausreichende" Ufer.

Wertung

PC

Ambitionierte Fahr -Simulation mit recht großem Umfang, aber deutlichen Schwächen in Darstellung, Fahrphysik und Geräuschkulisse.

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