Im Test:
Herrscher der Welt
Gleich in der ersten Mission wird das deutlich, wo man Afrika ins Informationszeitalter bringen soll. Der Kontinent ist in Nord und Süd eingeteilt, zwei der zwölf spielbaren Regionen. Südafrika ist schon etwas weiter als der Norden, wo es am Nötigsten fehlt. So rekrutiert man erste Agenten, die Geld kosten. Allerdings versetzen sie einen in die Lage zu agieren, denn nur wenn man genug Agenten hat, darf man Karten spielen. Man kauft den Armen ein Sozialbüro und für den Süden eines für Umwelt, was weitere Optionen freischaltet. So kann man im Norden in der nächsten Runde etwas für Gesundheit und Wasserversorgung tun, während man den Süden vor Stürmen schützt. Leider lässt es sich nicht vermeiden, dass es in Nordafrika zum Krieg kommt. Wie bekommt man das in den Griff?
Komplexe Herausforderung
Die Komplexität entspringt daraus, die verschiedenen Regionen mit ihren speziellen Vor- und Nachteilen über die Spieldauer zu bringen. Der Anspruch richtet sich nach dem Ziel, das variieren kann. Ein einstellbarer Schwierigkeitsgrad fehlt zwar, es gibt aber die Möglichkeit zum vereinfachten Spiel. Meist geht‘s darum, die Entwicklung voranzutreiben, was durch den Human Development Index (HDI) symbolisiert wird. Hierfür kann man Bildungsprogramme starten, aber auch die Wirtschaft stärken. Eine denkbare Strategie ist, fortschrittliche Staaten weniger zu fördern und sich ganz auf die „Dritte Welt“ zu konzentrieren. Soll man ein Klimaziel erreichen, muss man wiederrum anders vorgehen. Zur Ausgleich gibt‘s auch „Spaßszenarien“, wo man den Klimawandel sein lässt und alles tut, um der guten alten Erde einzuheizen.
Clevere Karten-Orgie
Man sollte dabei immer die Meldungen im Auge behalten, damit man auch weiß, was die Bevölkerung eines Landes möchte. Sonst spielt man lauter Sachen, die die Leute nur mehr auf die Palme bringen. In einem Land, das ohnehin schon Gasförderung hat, ist es nicht ratsam, diese auf Teufel komm raus auszubauen, obwohl das Fortschritt bringt. Viel Geld spült die „Tobin-Steuer“ in die Staatskasse, die aber die Finanzwirtschaft auf die Barrikaden bringt; man sollte sie daher höchstens eine Runde beibehalten. Allseits beliebt sind hingegen Schutzprogramme für Tiere. Wer nicht weiß, was hinter Phänomen wie „El Nino“ steckt, kann in der Enzyklopädie nachschlagen, die stilecht als Wikipedia integriert wurde.
Moderne Technologie
Allerdings gibt es auch Schwächen, da die Technikentwicklung zu wenig Abwechslung bietet. Zwar handelt es sich durchweg um zeitgemäße Technologien, aber ihre Einführungszeit steht meist schon vorher fest. Es gibt zwar einen Prognosezeitraum, wann sie kommen, aber der lässt sich leicht ausrechnen. So kommt etwa immer ab 2040 der Quantencomputer, so dass man auch nicht wie sonst Forschungspunkte verteilt, was zu starr ist. Zudem gibt es wenige Erfindungen, die man im Technologiebaum nachlesen kann. Hier wäre mehr Flexibilität wünschenswert, auch weil man eigentlich immer gleich beginnt, nämlich mit den fortgeschrittenen Bohrtechniken.
Wiederholungen statt Abwechslung
Klar, dass im Spiel manches verkürzt wieder gegeben wird, um die Spielbarkeit nicht zu bremsen, aber manches ist zu simpel. Man muss lediglich die Forderungen der Leute erfüllen und schon sind alle zufrieden. Hier vermisst man weitere und komplexere Auswirkungen. So sind alle Ökokarten fast ohne negative Folgen, was zur Belehrung vielleicht gewollt ist, aber auch diese scheinbar naturschonenden Technologien haben ihre Nebenwirkungen. So sorgt Biosprit auch in der Realität dafür, dass Regenwälder abgeholzt werden, um neue Plantagen zu bauen.
Fazit
Mir gefällt der Ansatz von Projekt Erde: Wendepunkt. Es beschäftigt sich mal nicht mit der Welteroberung, sondern mit der Lösung von aktuellen Problemen wie Überbevölkerung, Rohstoffknappheit oder Klimawandel. Zwar könnte das britische Runden-Strategiespiel zugänglicher sein, aber die Suche nach genau der richtigen Karte ist zunächst angenehm fordernd. Allerdings bietet es dann zu wenig, wenn man sich mühsam eingearbeitet, alle Situationen erlebt und endlich das Spielprinzip verinnerlicht hat. Dann merkt man leider, dass jede Partie im Grunde gleich läuft, auch wenn man mal eine andere Region managt. Die Routine ist fürs ungewöhnliche Kartenspiel auch deshalb lähmend, weil die Forschung das nicht ausgleichen kann, obschon sie derzeitige Technik bietet. Es steht schon vorher fest, wann welche Technologie kommt und man muss nur noch die Karte spielen. Zudem ist es auf Dauer zu leicht, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Hat man einmal kapiert wie der Hase läuft, sind selbst Kriege kein Problem mehr. Die richtige Karte gespielt – fertig!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Ehrbarer Ansatz zur Weltrettung per Spielkarte, der fordend beginnt, sich aber dann rasch abnützt.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.