Injustice: Götter unter uns28.11.2013, Mathias Oertel
Injustice: Götter unter uns

Im Test:

Superman kämpft gegen Batman, der Joker streitet sich mit Catwoman und Flash duelliert sich mit Green Arrow: "Injustice - Götter unter uns" stellte die Welt der DC-Comichelden auf einigen Systemen bereits im April dieses Jahres auf den Kopf. Jetzt können mit der "Ultimate Edition" auch PS4-, PC- und Vita-Spieler in die Dimensionen umspannenden Kämpfe eingreifen - mit dem gleichen Erfolg wie auf PS3 oder 360?

Dimensionsübergreifende Streitlust

Metropolis liegt in Schutt und Asche. Millionen Menschen sind tot. Darunter auch Lois Lane und Clark Kents Sohn, die einem geschicktzen Schachzug Jokers zum Opfer fielen. Getrieben von Schuldgefühlen rächt sich Superman am Erzfeind Batmans, übernimmt die Kontrolle über die globalen Regierungen und ruft sich zum totalitären Herrscher aus. In einer Paralleldimension kommt es beinahe zu einer ähnlichen Katastrophe, doch bevor Joker seine Massenvernichtungswaffe zünden kann, werden er und Batman in die von Superman beherrschte Dimensionszone gezogen, in der sich zahlreiche Superhelden und –Bösewichte dem Sohn Kryptons angeschlossen haben. Weitere finden sich ebenfalls in dieser Dimension wieder und müssen sich dem Kampf stellen, um nicht nur diese, sondern viele weitere Welten zu retten.

Die Geschichte der zwölf Kapitel sowie knapp 50 Prügeleien dauernden Kampagne wurde von den Netherrealm Studios um Ed Boon zusammen mit DC Comics (und dort vor allem den Autoren Justin Gray und Jimmy Palmiotti) entwickelt. Man braucht ein paar Minuten, um die Dimensionswechsel und die dahinter liegenden Theorien zu verinnerlichen. Doch sobald man das Konzept begriffen hat und sich auf die aufwändig vertonten Zwischensequenzen einlässt, erlebt man Superhelden-Unterhaltung, die sich hinsichtlich Spannungsaufbau, Dramaturgie und Action nicht hinter den einschlägigen Hollywood-Filmen verstecken muss. Sie zeigt aber wie Iron Man oder Green Lantern einen Hang zur Oberflächlichkeit, bei der Effekte häufig wichtiger sind als charakterlicher Tiefgang und die Autoren hin und wieder ideenlos Gründe suchen, wieso der nächste Kampf zustande kommt. Schade ist zudem, dass es trotz gelungener Übergänge zwischen den Cutscenes und den Duellen eine visuelle Diskrepanz gibt: Es wäre besser gewesen, auch die Story-Szenen so krisp und sauber zu produzieren wie die Auseinandersetzungen, anstatt durch den leicht verwaschenen Eindruck das Gesamtbild immer wieder aufzubrechen.

Zwei Stunden zum Finale

Was ist neu in der Ultimate Edition?

Die Ultimate Edition von Injustice wird parallel zu den neuen Systemen auch auf PS3 und 360 veröffentlicht und beinhaltet das Original-Spiel sowie die bislang veröffentlichten Downloadinhalte (sechs neue Figuren, 60 neue S.T.A.R.-Labs-Missionen, über 30 neue Skins).

Auf Vita und PS4 wurden die Minispiele mit Touchscreen- bzw. Touchpad-Funktionalität ausgestattet. Nicht, dass es unbedingt eine Story benötigt hätte, um die Gefechte der dank bereits integrierter Download-Inhalte mittlerweile 30 zur Verfügung stehenden Helden von Batman über Superman bis hin zu Aquaman oder Green Arrow und Bösewichten wie Joker, Killer Frost, Solomon Grundy oder Sinestro zu erklären. Doch sie hilft ungemein, um eine Grundmotivation aufzubauen. Wobei der Spaß hier zwar hoch, aber letztlich von kurzer Dauer ist: Nach etwa zwei Stunden hat man das Finale hinter sich gebracht. Doch dann hört der Spaß noch nicht auf. Man kann sich in klassischen Arcade-Duellen gegen insgesamt zehn Kontrahenten versuchen oder eines der zahlreichen Modifikationsturniere bestreiten. In der Liste finden sich z.B. Optionen, dass sich die Gesundheitsleiste nach einem Gefecht nicht wieder auffüllt; Gift sorgt dafür, dass man nicht nur mit dem Gegner, sondern auch mit einem ständigen Abnehmen der Leiste zu tun hat; man muss gegen zwei Kämpfer antreten usw.  Nicht vergessen sollte man auch die „S.T.A.R. Labs“, die das heldenhafte Gegenstück zum Challenge Tower des letzten Mortal Kombat darstellen: Hier warten in der Ultimate Edition satte 300 statt der bisherigen 250 Herausforderungen, die den Spieler vor dem Pad bis aufs Letzte fordern. Schade ist hier allerdings, dass die rudimentären Story-Ansätze, die mit jedem Charakter verbunden werden, nur textuell dargestellt werden. Hätte man hier eine qualitativ ähnlich gute Sprachausgabe wie in der Kampagne, würde der Ausflug ins Kampflabor noch mehr fesseln als es die abwechslungsreichen Aufgaben ohnehin schaffen.

Und natürlich kann man sich offline duellieren oder online mit der ganzen Welt messen. Bei Letztgenanntem stehen neben Ranglistenmatches, die sich allerdings auf 1-vs-1-Duelle beschränken, auf PC und PS4 auch "Spaß"-Kämpfe in drei Modi zur Auswahl, wobei die normalen Auseinandersetzungen wie auch die Offline-Duelle leider keine der freigespielten Modifikationen zulassen. Das ist insofern bedauerlich, da die zusätzlichen für Solisten zugänglichen Optionen die ohne Lags ablaufenden Kämpfe hätten aufwerten können. Immerhin kann man im Vorfeld Gegner ablehnen und nach einem Kampf direkt eine Revanche starten - sehr schön!

Auf PC und PlayStation 4 profitiert man höher aufgelösten Texturen, dennoch bleibt die Kulisse unter dem Strich nur gehobener Durchschnitt.
Auf PC und PlayStation 4 profitiert man höher aufgelösten Texturen, dennoch bleibt die Kulisse unter dem Strich nur gehobener Durchschnitt.
Mit den "Survival"- und "King of the Hill"-Modi kommt trotzdem etwas Salz in die ansonsten herkömmlich gewürzten Auseinandersetzungen. Hier findet man sich nämlich jeweils in einer Lobby wieder, in der man nach und nach in einer Warteliste nach oben rutscht, um den König oder Überlebenden herauszufordern. Die Wartezeit kann man sich nicht nur damit vertreiben, indem man dem gegenwärtig laufenden Kampf zuschaut und sich damit vielleicht schon eine Strategie zurecht legt. Zusätzlich kann man auf den Sieger wetten oder den Kontrahenten zusätzliche Standard-Herausforderungen geben, für die sie Extra-Erfahrung bekommen.

Prügler alter Schule

All die Modi, die Story und die Online-Duelle wären nichts wert, wenn die Kampfmechanik nicht funktionieren würde. Doch das Team um Mortal Kombat-Altmeister Ed Boon lässt sich auch auf Vita, PS4 und PC nicht lumpen. Anstatt sich auf dem Bewährten auszuruhen, hat man das Kampfsystem überarbeitet. Dabei wird nicht nur die Tasten-Anordnung der leichten, mittleren und schweren Angriffe viele Mortal Kombat-Veteranen zur Neuorientierung zwingen. Es ist vor allem der Umbau des Blocksystems, an den man sich gewöhnen muss: Statt wie bisher auf einer Taste zu liegen, muss man ähnlich Capcoms Street Fighter den Stick nach hinten (oder unten) drücken, um gegnerische Angriffe abzufangen und damit den Schaden zu minimieren. Dadurch kommt eine neue Dynamik in die Duelle, die mit dafür sorgt, dass die in den letzten Jahren aufkommende Trägheit nahezu komplett ausradiert wird.

Der Rest ist im Wesentlichen klassisches kombinationsbasiertes 2D-Gekloppe in einer zweckmäßigen und sauberen, aber auch nur selten jenseits des Durchschnitts liegenden dreidimensionalen Kulisse. Dabei liegen die PC- und PS4-Versionen im Vergleich zu den "alten" Versionen dank der hohen Auflösung zwar leicht vorne, doch wer bereits die PS3- oder Xbox-360-Fassung besitzt, muss nicht zwangsläufig aufrüsten, da der Gesamteindruck weiterhin durchschnittlich bleibt. Schade ist allerdings, dass die Superhelden auf Vita visuelle Rückschritte machen:

Die dynamischen Kämpfe werden wuchtig inszeniert.
Die dynamischen Kämpfe werden wuchtig inszeniert.
Die Bildrate kann auch nach Patch auf Version 1.01 immer wieder abrutschen, die Figuren sehen im Detail nicht so gut aus und findet man tatsächlich Spieler, die online antreten, werden die Kämpfe von Lags geplagt.

Combobreaker und Ebenenwechsel

Im Gegensatz zu einigen frühen Teilen oder den letzten Tekken-Spielen verzichtet man wie gehabt auf das Ausweichen in den Raum – eben ganz traditionelles Prügeln. Dennoch hat man sich ein paar Elemente einfallen lassen, um die Gefechte abwechslungsreich zu gestalten und die enorme Wucht einzufangen, die man von kämpfenden Superhelden erwartet. So geht im Laufe der Gefechte nicht nur die Kulisse zunehmend zu Bruch, man kann z.B. an bestimmten Stellen die Umgebung der 15 Kampfschauplätze (u.a. Supermans Höhle der Einsamkeit, Batcave) manipulieren und gegen den Feind einsetzen. Das Repertoire reicht dabei vom Zünden der Batmobil-Raketen über das Werfen diverser Gegenstände wie riesige Marmorkugeln oder durch die Gegend fliegende Roboter bis hin zum Zerfetzen von Rohren, deren flüssiger Stickstoff den Gegner kurzzeitig einfriert. Weiterhin kann man an bestimmten Positionen einen Ebenenwechsel initiieren, was zum Ergebnis hat, dass man den starken Schaden nehmenden Gegner durch Wände oder sonstige Hindernisse hindurch in einen neuen Kampfbereich befördert.

Interessant sind auch die Wetten, die den „Combobreaker“ des letzten Mortal Kombat ersetzen, die einmal pro Runde aktiviert werden können und eine weitere interessante Dynamik hinzufügen: Basierend  auf den ausgefüllten Feldern der für den Supermove notwendigen Spezialanzeige kann man wie der Kontrahent einen geheimen Einsatz abgeben. Nach einem kurzen Verbalduell rasen die beiden aufeinander zu, bevor sie sich in einer gleißenden Explosion im wahrsten Sinne des Wortes in der Mitte treffen. Siegt man, bekommt man basierend auf der Höhe seines Einsatzes Gesundheit zurück.

Mit insgesamt 30 Kämpfern ist eine ansprechende Auswahl geboten.
Mit insgesamt 30 Kämpfern ist eine ansprechende Auswahl geboten.
Verliert man, nimmt man basierend auf der Höhe des gegnerischen Einsatzes Schaden. Aber natürlich kann es auch ein Unentschieden geben, weswegen man kalkuliert abwägen sollte, wie hoch der eigene Einsatz ausfällt und ob es nicht vielleicht doch besser ist, zu sparen.

Ausgewogene Kämpferriege?

Denn ein besonderes Highlight sind die fantasievollen figurenspezifischen Super-Angriffe, die enormen Schaden anrichten, wenn sie nicht geblockt werden. Superman z.B. schnappt sich sein Gegenüber, schleudert es in die Stratosphäre, fliegt hinterher und schmettert es wieder zurück. Joker hingegen wirft seinem Kontrahenten erst eine Torte ins Gesicht, um ihn dann mit einem wahren Arsenal an Waffen bis hin zum Raketenwerfer aus nächster Nähe zu malträtieren. Aquaman wiederum beschwört eine Flutwelle, bevor er seinem Feind  den Dreizack in den Körper rammt und ihn damit nach oben schleudert – genau in das geöffnete Maul eines riesigen Weißen Hais. Jeder dieser Moves ist gleichermaßen mächtig wie ansehnlich und wird auch nach dem x-ten Betrachten nicht langweilig.

Weiterhin hat jede Figur eine Besonderheit, die aktiviert werden, allerdings auch mit einem Abkühltimer versehen sein kann. Wonder Woman und Nightwing z.B. können ihre Bewaffnung ändern, während Superman kurzzeitig mehr Schaden anrichtet oder Batman sich mit drei Batarangs umgibt, die als Projektile genutzt werden können. So kommt eine interessante Vielfalt in die Charakterauswahl, so dass man keine Probleme haben sollte, einen Kämpfer zu finden, der seinen Vorlieben entspricht. Hinsichtlich der Balance vor allem in Online-Duellen scheinen Kämpfer mit potenten Fernangriffen wie Superman und sein Hitzeblick oder wuchtige Figuren wie Solomon Grundy und Bane allerdings bevorteilt.

Neben der kurzen Kampagne warten auf Solisten 300 Herausforderungen.
Neben der kurzen Kampagne warten auf Solisten 300 Herausforderungen.
Solo spielt dies natürlich weniger eine Rolle, wobei hier wie da durch leichte Unstimmigkeiten mit der Kollisionsabfrage framegenaues Blocken und dementsprechendes Kontern gelegentlich torpediert werden. Ebenfalls nur den Solomodus betrifft die Tendenz, in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad mit Knopfhämmern sein Ziel erreichen zu können. Online hingegen sind Kombo-Kenntnisse natürlich Pflicht, wenn man auch nur ansatzweise eine Chance haben möchte. Immerhin rücken dadurch der Trainingsmodus sowie das Studieren der überschaubaren Movelisten in den Fokus. Interessant für Hardcore-Prügler: Die Bewegungsübersicht zeigt sogar den damit anzurichtenden Schaden, die Anzahl der Vorlauf- oder Erholungsframes sowie den damit verbundenen Treffer- und Blockvorteil, damit man sich bis ins kleinste Detail mit der Figur anfreunden und sein Spiel perfektionieren kann.

Fazit

High Voltage hat für die Netherrealm Studios eine saubere Portierung des unterhaltsamen Superhelden-Prüglers abgeliefert. Die "neuen", auf den alten Systemen bislang nur als DLC erhältlichen Inhalte sorgen mit sechs neuen Figuren, zahlreichen Kostümen und 60 frischen S.T.A.R.-Labs-Missionen zwar für mehr Umfang. Doch das Spiel wird auf PC oder PS4 dadurch nicht so viel besser, dass man unbedingt auf die Ultimate Edition aufrüsten müsste, wenn man schon auf PS3 oder 360 mit Superman & Co kämpfte. Wer noch nicht das Vergnügen hatte, sich durch die Dimensionen zu prügeln, bekommt schnelle sowie wuchtige Duelle, als Solist eine kurze Kampagne mit interessanter Story und insgesamt 300 Herausforderungen sowie weitgehend saubere Online-Matches, bei denen das Balancing weiterhin nicht komplett ausgewogen scheint. Gleich mit übernommen hat man die gelegentlich nicht hundertprozentig zufrieden stellende Kollisionsabfrage. Leider bleibt die Kulisse trotz guter Animationen und viel Zerstörung auch auf den neuen Systemen größtenteils durchschnittlich. Es gilt jedoch weiterhin, dass Injustice durchaus Potenzial hat, sich mit Tekken oder Street Fighter messen zu können – zumindest auf PC und PlayStation 4. Die Vita-Version bietet zwar offline die gleiche Kampfdynamik, hat aber trotz reduzierter Textur-Details mit Bildratenproblemen zu kämpfen und läuft auch online deutlich schlechter.

Pro

interessante Story aus der Feder von DC-Autoren
zahlreiche On- und Offline-Modi bzw. Kampfmodifikatoren (PS4, PC)
gut reagierende Steuerung
freispielbare Extras und Modi, ein Erfahrungssystem motiviert zusätzlich
saubere Kulisse (PS4, PC)â€Å 
30 spielbare Figuren
Umgebungsinteraktion im Kampf
Abschnitte bestehen aus mehreren Ebenen
gute englische sowie passable deutsche Sprachausgabe
gut gelungene unauffällige Touch-Einbindung (PS4, Vita)

Kontra

Kollisionsabfrage mitunter ungenau, framegenaues Blocken und Kontern wird dadurch erschwert
deutliche visuelle Unterschiede von Zwischensequenzen und Spielgrafik
abhängig vom Schwierigkeitsgrad reicht Solisten mitunter Buttonmashen
â€Å  die aber meist durchschnittlich bleibt
Vita-Version mit visuellen Defiziten (Bildrate, Texturdetails)
in Versus
oder Online-Duellen keine Modifikatoren zuschaltbar
Figurenbalance in Online-Gefechten unausgewogen

Wertung

PS_Vita

Die Kampfdynamik wurde auf Vita gut umgesetzt, die Kulisse zeigt jedoch Schwächen.

PlayStation4

Gelungene Umsetzung eines unterhaltsamen Prüglers mit leichten visuellen Verbesserungen.

PC

Gelungene Umsetzung eines unterhaltsamen Prüglers mit leichten visuellen Verbesserungen.

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