Im Test:
Bitte knacken sie mit den Synapsen!
Das kann unmöglich euer Ernst sein! Anhalten! Nach Space Giraffe, Rez & Co bin ich einiges gewohnt, aber manche Levels von Dyad lassen mich an der Zurechnungsfähigkeit der Entwickler zweifeln. Zu Beginn eines Levels bewegt sich der Tunnel derart schnell, dass ich nur noch ein leichtes Flackern wahrnehme. Es handelt sich um Gegner, welche mit mehreren tausend km/h als kleine Punkte an mir vorbeizischen. Auch die Wände bewegen sich derart schnell, dass es aussieht, als fliege ich rückwärts. Fast so, als würde ich auf eine flott rotierende Felge schauen. Meine Aufgabe: Innerhalb einer Minute bis zum Stillstand abbremsen.
Also wackele ich meinen Gleiter ein wenig nach links und rechts, um per Zufall ein paar der bremsenden Schutzschilde zu erwischen. Plötzlich werden schemenhaft erste Gegnerketten sichtbar. Sofort versuche ich, mit ihnen zu kollidieren, damit sie mich weiter abbremsen. Geschafft: Jetzt bin ich nur noch gefühlte 2000 km/h schnell und kann die Kollisionen bereits besser einschätzen. Zum Schluss wird es knifflig. Wenn ich nicht oft genug in ein Hindernis krache, erlischt der Schild und verliere beim nächsten Unfall ein Leben.
Knallbunte Wundertüte
Im Gegensatz zum sperrigen Einstieg von Jeff Minters Werken führen die Kanadier den Spieler ganz behutsam in die Regeln der Welt ein. Die ersten Levels sind noch sehr einfach gestrickt. Zunächst hangele ich mich vorsichtig durch den Tunnel. Einfach die glühende Leine an Gegnern befestigen und schon bekomme ich eine kleinen Temposchub. Nach und nach erhöhen die Entwickler behutsam die Komplexität. Erwische ich zwei gleichfarbige Gegner, entsteht zwischen ihnen ein Turbopfeil, welcher mir einen Extraschub verschafft, wenn ich mein Gefährt geschickt dorthin steuere. Auch die stacheligen Biester hinterlassen solch eine Bahn – allerdings erst, nachdem sie eine Attacke auf mich gestartet haben. Andere schneiden sie mit einem tödlichen Laserstrahl in die Röhre.
Schlichtes Design, viele Ideen
Analog zu den Regeln werden auch die Aufgabenstellungen immer vielschichtiger. Zu Beginn muss ich lediglich möglichst schnell ans Ziel kommen, lange überleben, eine Höchstgeschwindigkeit überbieten oder eine bestimmte Anzahl von Gegner-Pärchen erwischen. Später ist eine geschickte Kombination der Fähigkeiten gefragt. Dazu gehört auch der Lanzenstoß, mit dem ich kurze Zeit lang wie ein Berserker durch meine Feinde schieße. Den Sprit für die Attacke lade ich auf, indem ich markierte Gegner streife. Habe ich einen mit meinem Leuchtstrahl getroffen, breitet er seine Flügel aus und ich kann ein wenig Energie „ernten“, indem ich haarscharf an ihm vorbeigleite.
Keine Zeit für Raum
Gesteuert wird wahlweise mit dem 360-Controller oder der Tastatur – wobei Ersteres deutlich präziser funktioniert. Wer nach rund drei Stunden die gewöhnlichen Levels gelöst hat, kann sich in jedem davon an einer knackigen, leicht abgewandelten Herausforderung versuchen, um Trophäen abzustauben. Zusätzlich darf man in einer dritten Missions-Variante an ein paar Bildfiltern herumspielen oder man versucht sich an der Punktejagd. Passend zum Arcade-Konzept gibt es weltweite Bestenlisten mit einem Filter für Freunde. Einen Mehrspielermodus oder spezielle Freundes-Herausforderungen wie in Forza Horizon haben sich die Entwickler aber gespart.
Fazit
Was bei Dyad auf dem Bildschirm abgeht, spottet jeder Beschreibung. Wenn man mit Überschallgeschwindigkeit durch den Farbtunnel zischt, wird man regelrecht ins Sofa gepresst und schießt reflexartig durch Gegner und Schild-Symbole. Zum Glück haben Rez und Space Giraffe mich abgehärtet, sonst würde ich vermutlich mit zuckenden Augenlidern in der Zimmerecke kauern. Die einfach designten Gegner sehen nicht so fantasievoll aus wie in den Vorbildern von Minter und Mizuguchi, doch bunte Muster und Grafikfilter sorgen trotzdem für einen stimmungsvollen Farbrausch. Außerdem machen die clever aufeinander abgestimmten Regeln das schlichte Design mehr als wett. Jedes Level besitzt seine eigenen motivierenden Feinheiten. Anders als in Llamasoft-Spielen wird man zu Beginn behutsam an die Materie herangeführt. In der Hitze des Gefechts soll der Spieler schließlich verstehen, was vor ihm herum wuselt - und wie er es am besten für die eigene Beschleunigung nutzt. Lasst euch also nicht von den simplen ersten Aufgaben täuschen – später wird es vor allem in den Trophäen-Missionen richtig anspruchsvoll. Für noch mehr Dramatik sorgt der experimentelle Soundtrack. Schade, dass die Stereo-Abmischung so flach und bassarm klingt. Darüber hinaus gibt es nur wenige Kritikpunkte wie den Umstand, dass es manchmal arg unübersichtlich wird. Freunde psychedelischer Arcade-Action sollten sich Dyad auf keinen Fall entgehen lassen!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Clever aufeinander abgestimmte Regeln machen Dyad zu einem berauschenden Mix aus Action, Puzzle und Rennspiel.
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