Im Test:
Es ist wieder Zeit, böse zu sein...
Ausbau unterirdischer Höhlen, Rekrutierung von Schergen und Vernichtung von plündernden Helden, die das Gold aus der Schatzkammer stehlen wollen: Anno 1997 konnte Peter Molyneux mit Dungeon Keeper quasi ein neues Subgenre der Echtzeit-Strategie aus der Taufe heben. 1999 folgte die Fortsetzung, bei der er zwar nicht mehr beteiligt war, die dem Ganzen aber nochmals die Krone aufsetzte und mich seinerzeit zahllose Stunden kostete. Und seitdem? Viele Titel haben versucht, das Prinzip zu kopieren oder zu modifizieren. Doch gleichgültig ob man sich Evil Genius anschaut oder Dungeons zu Gemüte führt: Kein Spiel konnte bislang den Humor und den strategischen Tiefgang replizieren.
Mit Impire versucht Cyanide Montreal den klassischen, eher auf Verteidigung ausgerichteten Dungeonaufbau um ein paar interessante Mechaniken zu ergänzen. Dazu gehört z.B., dass man nicht gottgleich über dem Geschehen schwebt, sondern mit dem Imp-Lord Baal eine physische Spielfigur durch die Gewölbe steuert. Der wurde übrigens im Rahmen der nur leidlich unterhaltsamen, schwach inszenierten sowie gezwungen komisch wirkenden Story vom bösen Hexer Oscar van Fairweather beschworen, um ihm beim Versuch zu unterstützen, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Blablabla. Meinethalben hätte man auch auf die drögen Zwischensequenzen mit den nur spartanisch animierten Figuren und platten Dialogen verzichten können.
Offensive Dungeon Defense
Nach den ersten Videos hatte ich mit einer mehr oder minder modernen Umsetzung von Dungeon Keeper gerechnet. Also einem Fokus auf den cleveren Ausbau meiner unterirdischen Höhlenanlage, damit die sporadisch auftauchenden Helden, die nach meinem Gold trachten, von meinen Schergen der ewigen Ruhe zugeführt werden. Womit ich nicht gerechnet hatte, war die vergleichsweise offensive Ausrichtung von Impire. Zwar hält man immer noch am Prinzip fest, dass man seinen Dungeon nach allen Regeln der Kunst mit zahlreichen Räumlichkeiten ausbaut, die alle ihren Zweck in der fragilen Infrastruktur haben. Dort finden sich einige Zimmer (die Größe ist vorgegeben und beeinflusst nicht wie bei Dungeon Keeper die Effektivität), in denen man Kreaturen beschwören kann. Hier ist eine Trainingsanlage, gegenüber können Fallen und Rüstungen erstellt werden, in einem Gefängnis kann man Helden gefangen nehmen und quasi Gold aus ihnen herausquetschen. Das Ressourcen-Management spielt vor allem in der Anfangsphase eine wichtige Rolle. Mit Pilzen als Nahrung, Rohstoffen und Gold stehen vergleichsweise wenige Grundelemente zur Verfügung, doch zu diesen gesellen sich noch die so genannten DEC-Punkte. Dahinter verbergen sich quasi Upgrade-Punkte, die man für besondere Leistungen erhält und die im Index Dungeonis für das Freischalten von neuen Einheiten, Räumen sowie Optionen eingesetzt werden können.
Raus aus der Höhle
Als ob Cyanide geahnt hat, dass diese Elemente wohl auf lange Sicht nicht ausreichen, hat man noch zwei Mechaniken hinzugefügt. Wenn man z.B. über Rohstoffknappheit klagt, kann man seine Truppen auf der Weltkarte zum Plündern schicken - das ist gut und erinnert leicht an Evil Genius vom Molyneux-Protegé Demis Hassabis.
Die zweite offensiv ausgelegte Mechanik, das Verlassen des Dungeons durch bestimmte Tore, um in fremden Höhlen Bosse zu finden (und sie zu erlegen), Türen zu öffnen, Schalter zu aktivieren und ggf. Jäger- oder Sammler-Nebenmissionen zu erledigen, ist besser gelungen. Es macht Spaß, sich durch unbekannte Gebiete vorwärts zu tasten, hinter der Ecke lauernde Feinde zu entdecken oder Fallen auszulösen, die die Truppen rösten, vergiften usw. Doch leider krankt das offensive Kämpfen wie das defensive am "Masse-statt-Klasse"-Prinzip. Zudem stellt sich hier das Teleportsystem ein Bein: Denn stellt man fest, dass die Attacke keinen Erfolg verspricht, kann man seine Schergen schnell an einen sicheren Ort teleportieren, wo ein Heiler alle wieder zusammenflickt, bevor es wieder ins Krisengebiet geht, in dem die Feinde im Lebenspunkt-Status stehen, wie man sie zurückgelassen hat. So kann es unter Umständen zwar langwierig sein, bis man alle Aufgaben erfüllt, alle Wege erforscht und alle Feinde geplättet hat. Doch Gefahr kommt zu selten auf, der Spannungsbogen bleibt dürftig. Einzig der zeitlich vorhersehbare Einfall von Helden in den eigenen Dungeon könnte einem einen Strich durch die Rechnung machen und die evtl. geschwächten Einheiten komplett aufreiben. Doch wenn man auf die Ansage reagiert, dass neue Leitern aufgetaucht sind (die das Nahen der Helden kennzeichnen) und diese geistesgegenwärtig zerstört, sind sie auf den Haupteingang angewiesen. Dumm nur für sie, dass ich nicht nur meine Schatzkammern mit Fallen gesichert, sondern auch den Eingang systematisch vermint habe. Also schnell die fehlenden Einheiten wieder aufgefüllt und weiter...
Mehr Spieler, aber nicht mehr Spaß
Doch die Probleme mit optimierten Truppenzusammenstellungen, die man kaum besiegen kann oder die zumindest eine Patt-Situation heraufbeschwören, bleiben weiterhin bestehen. Zumal man immer ins kalte Wasser, sprich: In den Kampf mit menschlichen Kontrahenten geworfen wird. Auf eine Möglichkeit, sich über Scharmützel mit der KI Strategien zu überlegen, mit der man dies oder jenes auf den acht Karten kontern kann, wird ebenso verzichtet wie auf kooperative Modi. Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass derzeit nicht allzu viele Spieler online zu finden sind.
Fazit
An der Oberfläche macht Impire vieles richtig: Der Dungeonausbau ist umfangreich und von zahlreichen Faktoren abhängig. Die Schergenauswahl ist gelungen. Die Benutzerführung mit ihren Komfortmechanismen wie Truppenteleport sowie übersichtlichem Mikro-Management ebenso. Die Mischung aus defensivem Ausbau und Verteidigung der eigenen Anlagen sowie offensiver Gebietserforschung und Kämpfen kann sich ebenfalls sehen lassen - zumindest theoretisch. Denn in der Praxis kommt das Prinzip immer wieder ins Straucheln. Und das ist in erster Linie dem fehlenden Spannungsbogen zuzuschreiben. Hat man erst einmal ein paar grundsätzliche Truppenzusammenstellungen optimiert, ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis man alle Haupt- und zumindest die meisten der Nebenaufgaben erfüllt hat. Zumal sie sich ohnehin nur wenig unterscheiden. Der große Wurf ist Cyanide Montreal hier nicht gelungen. Wie bei fast allen Spielen der Franzosen finden sich viele gute Ideen, die nur halbgar umgesetzt werden. Als offensiv ausgerichtete Hommage an den großen Bullfrog-Klassiker sorgt Impire trotz viel verschenkten Potenzials für einige unterhaltsame Stunden.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Impire bietet viele ansprechende Ideen, doch die Hommage an Dungeon Keeper stolpert immer wieder über fehlenden Anspruch.
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