Castle Strike20.01.2004, Bodo Naser
Castle Strike

Im Test:

Related Designs stimmungsvolles Echtzeit-Strategiespiel Castle Strike (ab 24,99€ bei kaufen) zeigt, dass das Leben eines mittelalterlichen Burgherrn doch unangenehmer sein kann, als man gemeinhin annimmt. Neben Missernten, verheerenden Feuersbrünsten und den bösen Nachbarn muss der Edelmann dabei zu allem Überfluss noch seine völlig desorientierten Recken im Zaum halten.

Hartes Ritterleben

Verglichen mit den Leibeigenen, die für ihren gnädigen Herrn Frondienste leisten mussten, hatte es der Adel doch besser: Statt schuften zu müssen, durfte er zur Jagd ausreiten, die holden Edelfräulein belästigen oder sogar ein Ritterturnier veranstalten.

Darüber hinaus sollte der Fürst von Welt auch den Ausbau seiner Verteidigungsanlagen nicht ganz außer Acht lassen, denn ansonsten hatten Feinde nur allzu leichtes Spiel mit der Einnahme der Burg. Das musste auch das fiktive Adelsgeschlecht der Rabenhorsts leidvoll erfahren, deren deutsches Herrschaftsgebiet in Castle Strike von bösen Raubrittern überfallen wird. Ihr sollt dem tapferen Thorwald helfen, seine Familie zu rächen!

Ritter Thorwald sieht natürlich auch wie ein echter Held aus.

Drei Kampagnen

Der Rachefeldzug des an Jung Siegfried erinnernden Ritters bildet die erste von drei Kampagnen, die zeitlich im 100-jährigen Krieg angesiedelt sind. Neben den Deutschen, die beim historischen Gemetzel um Frankreich eigentlich gar nicht dabei waren, könnt ihr aber auch Engländer oder Franzosen wählen, die ihren eigenen, durch eine wenig einfallsreiche Handlung verbundenen Feldzug führen. Ein dreigeteiltes Tutorial führt gekonnt ins Strategiespiel ein. Per LAN oder Internet (GameSpy-Unterstützung) können bis zu vier menschliche Burgherren gegenseitig ihre Festungen belagern, wozu auch schweres Gerät bereitsteht. Trotz Zufallsgenerator für eigene Partien fehlt leider ein richtiger Editor.

Spannende Missionen

Das hört alles sich verdammt nach einer Art 3D-Stronghold an? Ist es im Prinzip auch. Und die 27 Missionen sind genau so abwechslungsreich wie beim großem Vorbild aus dem Hause Firefly: Im Kampf mit einer vorgegebenen Anzahl von Truppen könnt ihr euch ebenso beweisen wie beim Erstürmen einer Burg, wobei nur das recht knapp bemessene Einheitenlimit euren Eroberungsdrang bremst, das sich mit dem Ausbau der richtigen Gebäude aber erweitern lässt. __NEWCOL__Bisweilen gibt es sogar echte Schleichaufträge, bei denen ihr wie bei Commandos mit nur einer Einheit in eine Festung eindringen müsst. Einige der Missionen sind ein bisschen linear geraten, da ihr immer wieder an ganz bestimmten Stellen geskriptete Ereignisse der Story auslösen müsst.

Burgenbacken – simpel gedacht!

Im Prinzip funktioniert der Bau der Festungsanlagen recht einfach: In einem extra Menü im Bildschirm, über das ihr Gebäude errichten, Forschung betreiben und Soldaten ausheben könnt, wählt ihr aus, ob ihr Mauer, Tor oder Turm errichten wollt. Dann zeichnet ihr den Bau direkt auf der Karte an und drückt nur noch die Schaltfläche für die Ausführung und schon sprießt wie von Geisterhand eine steinerne Mauer aus dem Boden. Holzpalisaden wie im Frühmittelalter von Stronghold gibt es zwar nicht, die frühe Mauer besitzt aber noch einen Wehrgang aus Holz. Beim Skizzieren der Burg kommt es aufgrund der hakeligen Bedienung leider bisweilen zu Fehlplanungen – gut, dass es eine Löschtaste gibt.

Nützliche Einheiten

Zum einen könnt ihr allgemeine Einheiten wie Schwertkämpfer, Lanzenträger oder Kurzbogenschützen in die Schlacht führen, die jedes Volk hat. Zum anderen besitzt jede Nation noch ganz spezielle Einheiten: So verfügen die Deutschen über Ritter, die mit einem Zweihandschwert kämpfen, die Engländer über Langbogenschützen und die Franzosen über Paladine. Sappeure treiben wie in Stronghold Stollen unter die Erde, um die Mauern zum Einsturz zu bringen. Saboteure sind quasi Pioniere, die Barrikaden errichten und Maschinen sprengen können.

Mit dem Menü links könnt ihr schnell Einheiten produzieren, ohne erst auf ein Haus klicken zu müssen.

Jede Einheit gewinnt langsam an Erfahrung und kann von einem Priester oder Krankenzelt geheilt werden - in die nächste Mission lassen sich die Veteranen allerdings nicht mitnehmen. Darüber hinaus existieren jede Menge mehr oder minder zeitgenössische Belagerungsmaschinen wie Ballisten, Steinschleudern, Trebuchets oder Kanonen, die eure Truppen auch erobern können. Ist die Festung erst einmal von der deutschen Riesenwumme Hohle Hanna sturmreif geschossen, kommen Türme und Leitern für die Erstürmung zum Einsatz.

Verwirrte Truppe

Leider verhalten sich eure Einheiten nicht immer so, wie ihr euch das von eurem Feldherrnhügel aus vorgestellt habt. Eure Helden können die Kämpfer zwar zu einem Banner zusammenfassen, das sogar drei Formationen annehmen kann. Das Vorgehen der Mannen im Gefecht ist aber weniger ausgeklügelt: Die Truppe hat Probleme bei der Wegfindung und macht oft überflüssige Umwege. Beim Kampf preschen die Leute nassforsch vor, was sich auch über die drei Stufen der Aggressivität kaum bremsen lässt. Immerhin reagieren die Macher prompt und bessern mit einem ersten Patch nach, der die KI deutlich aufwertet und kleinere Bugs beseitigt. Die Soldaten lassen sich nun auch auf Stellung halten einstellen. Weitere Updates sollen folgen, die dann wohl auch das Einheitenlimit verändern werden.

Diese gefährliche Bresche in der Burgmauer sollte schleunigst geschlossen werden.

Simple Wirtschaft

Lobenswert, dass die Macher einen großen Unterschied zwischen eigentlicher Burg und dem Dorf machen, da das tatsächlich so im Mittelalter war. Die Verteidigungsanlagen sind also getrennt von den Bauten für die Rohstoffverarbeitung von Erz, Steine und Holz, die von den euren Leibeigenen abgebaut werden. Nahrung haben sich die Macher gleich ganz gespart. Gold bekommt ihr, indem ihr einen Steuereintreiber errichtet, bei dem ihr an der Steuerschraube drehen könnt. Den Einsatz der Arbeiter beim Abbau, Errichten von Gebäuden und Löschen von Bränden könnt ihr ganz einfach per Schieberegler vornehmen, der deren Verhältnis angibt. Wer den Großbrand bekämpfen will, schiebt einfach die Anzeige ganz auf diese Seite und schon löschen alle freien Leibeigenen.

Bauwerke und Upgrades

Das vom Handling ebenfalls einfache Menü an der Seite, ermöglicht es euch ohne großes Hin– und Hergeklicke Gebäude zu errichten, Truppen auszuheben und Upgrades zu erforschen. Die Gebäude werden dann von den zugeteilten Leibeigenen errichtet. __NEWCOL__Nach und nach lassen sich derart weitere Bauten freispielen. Oftmals könnt ihr die Fachwerkhäuser aufwerten, was wie in der Holzfällerhütte mehr Ertrag bringt. Bei militärischen Bauwerken erhaltet ihr damit einen neuen Einheitentyp wie etwa Armbrustschützen oder die Bauzeit einer Einheit verkürzt sich deutlich. Leider lassen sich die Mauern und Türme im Gegensatz zu den normalen Bauten nicht reparieren, was bei starker Beschädigung einen Neubau nötig macht.

Filme in 3D-Spielgrafik

Die farbenfrohe 3D-Grafik von Castle Strike erfüllt ihren Dienst, obwohl sie keinesfalls überragend ist. Die Landschaft ist zwar nicht ganz so kahl wie etwa bei Highland Warriors, vor Details strotzt sich auch nicht gerade, was besonders beim stufenlosen Zoomen deutlich wird. Obwohl frei drehbar, ist es nicht möglich richtig weit herauszuzoomen, worunter in großen Schlachten die Übersicht leidet. Insbesondere die animierten 3D-Charaktere machen eine schlechte Figur und bewegen sich abgehackt. Das macht sich vor allem bei den in Spielgrafik gehaltenen Zwischensequenzen bemerkbar, die oft nicht mit der Dramatik der erzählten Story mithalten können, was sie beinahe lächerlich wirken lässt. Dennoch geben sich die Macher mit der kinoreifen Inszenierung viel Mühe, was auch honoriert werden sollte.

Eure Leibeigenen kümmern sich um den Wiederaufbau eines abgebrannten Gebäudes.

Stumme Handwerker

Auch die professionelle Sprachausgabe besitzt manch bekannte Stimme, vermeidet peinliche Dialektschnitzer wie bei KnightShift und kann sich daher insgesamt hören lassen. Ein englischer Soldat antwortet aber im Kolorit seiner Muttersprache. Sporadisch erklingt auch heroische Musik, die sich sogar je nach Situation ändert: Werdet ihr angegriffen, so ertönen dramatische Klänge, die euch zu den Waffen rufen sollen. Ein paar mehr Geräusche hätten dem Echtzeit-Strategiespiel noch mehr Atmosphäre eingehaucht, da der Bau von Häusern ohne Hämmern oder Sägen abläuft. Auch wenn ihr die Kriegstrommel schlagt, um eure Leibeigenen vor dem Feind in die schützende Burg zu holen, ertönt leider nichts als Stille.

Fazit

Hut ab vor den deutschen Machern der 3D-Burgenbausimulation! Ohne großes Budget und mit viel Liebe zum Detail ist es ihnen dennoch gelungen ein überzeugendes Echtzeit-Strategiespiel abzuliefern, das auch einen Vergleich mit dem großen Vorbild Stronghold nicht zu scheuen braucht. Die Probleme mit der KI werden durch den ersten Patch zumindest teilweise behoben und weitere Updates sollen folgen, weshalb das motivierende PC-Spiel letztlich recht mühelos die 80er-Schwelle überwindet. Es sind in erster Linie auch die in einem glaubwürdig dargestellten Szenario spielenden Missionen, die immer wieder für Abwechslung sorgen. Die übrigen angesprochenen Mängel sind alle nicht derart gravierend, dass euch dadurch der Spielspaß vermiest würde. Castle Strike ist daher vor allem etwas für diejenigen Spieler, die nicht so sehr auf komplizierte Rohstoffverwaltung stehen, und die sich mehr auf die mittelalterlichen Schlachten und Belagerungen konzentrieren möchten.

Pro

drei Kampagnen
mittelalterliche Atmosphäre
27 abwechslungsreiche Missionen
extra Menü an der Seite
Einsatz von schwerem Belagerungsgerät
prinzipiell einfacher Burgenbau
einfache Rohstoffverwaltung
Dorf und Burg getrennt
viele Zwischensequenzen
erster Patch beseitigt v.a. KI-Mängel
gelungene Sprachausgabe

Kontra

durchsichtige Story
schwache KI
Einheitenzahl begrenzt
Burgenbau hakt etwas
Burg lässt sich nicht reparieren
schlecht animierte Figuren
Performanceprobleme
kaum Geräusche
kein Karteneditor

Wertung

PC

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