World of Chaos16.04.2007, Bodo Naser
World of Chaos

Im Test:

Oberflächlich betrachtet könnte man World of Chaos (ab 1,80€ bei kaufen) für eine Art Baldur's Gate mit einem Ork als Helden halten. Wohl gemerkt nur oberflächlich, denn bei näherer Betrachtung hält das bei Xider (bhv Software) erschienene Simpel-Rollenspiel dem Vergleich mit dem ehrwürdigen Klassiker nicht stand. Nicht einmal ansatzweise.

Zwielichtige Wälder

Normalerweise ist ein düsterer Wald etwas, in das sich ein noch schwächlicher Held nicht unbedingt gleich zu Anfang eines Fantasy-Abenteuers wagen sollte. 

Ja steh ich im Wald hier? Der Hauptdarsteller ist zwar ein Ork, stirbt aber schon mal den vorzeitigen Heldentod beim Einsatz im Grünen.
Dort lauern Gefahren, die ihn schnell Kopf und Kragen kosten können. Also immer hübsch auf der Straße bleiben, wo es stets etwas sicherer ist, wie man das von anderen Rollenspielen kennt. Leider ist es bei World of Chaos so, dass die Gefahr in Form von Wölfen, Wildschweinen und Echsen gerade auf der gepflasterten Straße lauert. Durchs Dickicht zu streifen ist da fast sicherer, da die Entwickler dort die Monster so gut wie vergessen haben.

Dumm nur, wenn ihr eine Quest bekommt, die euch genau auf diese Straße führt. Gleich in der ersten Stadt sollt ihr für den Schmied nämlich ein "Eisending" holen, das eigentlich schon längst da sein sollte. Mit einem Transport kam es durch den Wald, ist aber verschollen. Leider lauern vor der Stelle mit dem Wagen vier Wölfe, die wahrlich nicht zu schaffen sind. Zwei notfalls, aber vier sind ohne Heiltränke, Magie und gescheite Rüstung nicht zu killen. Hier mangelt es einfach an Balance. Zu Beginn nützen euch die über 200 Zauber nichts, da euer Held noch nichts davon beherrscht - weder Kampfsprüche noch Kräuterwissen oder Alchemie. Nicht das letzte Mal, dass es Probleme mit den Quests gibt.

Gottgesandter Unhold

Wie schon in unserer Vorschau berichteten, entspricht der Hauptcharakter Skandar Graun nicht dem üblichen Schema eines strahlenden Helden, da er ein tätowierter Ork ist. Ein Halb-Ork, um genau zu sein, wie er immer wieder betont. In seiner Umgebung stößt er aufgrund seiner Abstammung auf Reserviertheit, Spott bisweilen sogar auf pure Ablehnung. Was niemand weiß: Skandar ist der Abgesandte des Gottes des Chaos, der ihn mit einem speziellen Auftrag nach Worluk schickte. Er soll das Artefakt World of Chaos sichern. Für einen Gottgesandten hat er allerdings recht wenig auf der Pfanne, da er sich schon mit einfachsten Gegnern schwer tut.

Seinen Job als Leichtmatrose auf einem Segler ist Skandar schon zu Beginn los, da er unfreiwillig ins Wasser plumpst. Eiskalt geschasst, weil er sich mit dem elfenfreundlichen Vorgesetzten angelegt hat. Der Ork rettet sich ans Ufer und steht nun recht verloren im Hafen herum. Immerhin habt ihr so die Möglichkeit, ihn von der Pike an aufzupäppeln, wie ihr das wollt. Soll er ein Krieger, Dieb oder Magier sein? Wenn ihr Erfahrungspunkte im Kampf erringt, könnt ihr die frei auf 36 verschiedene Eigenschaften verteilen, die von Nahkampf über Schlösser knacken bis zu magischen Fähigkeiten reichen. Außerdem gibt es eine Widerstandsfähigkeit gegen die vier Elemente .

Kaum Orientierung

Dafür müsst ihr zunächst die Stadt erkunden, was ihr möglichst bis in die allerletzte Ecke tun solltet. Wer weiß, ob es da nicht was zu finden gibt. Trotz der miesen Steuerung, der unübersichtlichen Iso-

Ist Kobold gaga? Nicht jeder NPC weiß aufschlussreiche Dinge von sich zu geben, was ziemlich Verwirrung stiftet.
Darstellung und der herumirrenden NPCs, die fast nichts zu sagen haben. Das Raus- und Reinzoomen ist ein Graus, da ihr beim ergebnislosen Mausradrollen den Finger brecht. Ihr könnt auch ruhig alles klauen, was ihr so in den Kisten der hässlichen Innenräumen der Häuser findet, denn auch wenn der Hausbesitzer schreit, drohen euch kaum Konsequenzen. Anders als in der Preview-Fassung ist die Stadtwache in der Vollversion anscheinend mit anderen Dingen beschäftigt. Ein betrunkener Kobold auf der Straße faselt unverständliches Zeug, was wieder den Eindruck des Unfertigen bekräftigt.

Ganz gelegentlich entspinnt sich so etwas wie ein Dialog, bei dem ihr per Multiple-Choice was sagen dürft. Meist geht es um eine Quest, die ihr übernehmen könnt. Die Aufgaben drehen sich um fiese Hunde, zu rettende Katzen und andere ähnlich "spannende" Sachen. Oft bleibt unklar, was zu tun ist, was leider auch für die Hauptquest gilt. Wer den Ork ausfindig macht, der die Katze verspeisen will, und ihn im Zweikampf plättet, findet das Tierchen dann doch nicht. Wo steckt es nur? In der Küche keine Spur. Ein paar eindeutigere Hinweise wären schon gut gewesen. Orte zu finden ist trotz Karte eine Qual, da es keine Namensschilder gibt. Das Journal wird nicht aktualisiert und ist somit unbrauchbar.

                          

Lahme Kämpfe

Die 3D-Kämpfe sind rundenbasiert, wenig abwechslungsreich

Zu viele Wölfe sind des Helden Tod, was leider öfters vorkommt. Den 3D-Rundenkämpfen fehlt es an Fairness.
und starten immer automatisch, wenn ihr auf einen Feind trefft. Einem Fight auszuweichen,  ist aufgrund der unübersichtlichen Darstellung faktisch unmöglich. Ein rotierendes Totenkopfemblem ist zu sehen und los geht's. Ihr habt eine bestimmte Anzahl von Aktionspunkten, die ihr darauf verwenden könnt, euch zu nähern, anzugreifen, zu zaubern oder euch zu verdünnisieren. Ihr kämpft meist gegen allerhand Getier, Räuber und Wachen. Eine Flucht ist übrigens immer möglich, was ein Pluspunkt ist, da die Gegner teils recht heftig sind. Insbesondere wenn sie massenhaft auftreten.

Da es anfänglich recht schwer ist, an gescheite Waffen zu kommen, ist der Tod ein regelmäßiger, wenn auch nicht gerngesehener Gast. Es kommt auch vor, dass der Kampf einfach stehen bleibt, weil der Bugteufel zuschlägt. Da hilft nur der bewährte "Drei-Finger-Griff", der euch aus dem Spiel entlässt. Unfreiwillig entlassen werdet ihr bisweilen, wenn das Spiel ganz abstürzt. Allerdings halten sich die Abstürze gerade noch in Grenzen.

Grafik ohne Leben

Optisch ist World of Chaos natürlich auch keine Schönheit mit seinen unbelebten Städten und Landschaften. Zwar sind nun ein paar mehr Leutchen unterwegs wie noch in der Vorschau aber was

Die Städte wirken trotz einiger Bewohner steril, was auch daran liegt, dass kaum einer mit euch reden will.  
bringt das wenn die bloße Staffage sind, die wie angestochen durch die Gassen hetzen. Das alles ist weit entfernt vom lebendigen Eindruck eines Gothic. Von realistischer Physik trotz 3D-Grafik keine Spur - die Personen laufen durch andere durch, als wäre das das Normalste der Welt. Immerhin sorgen gerenderte Zwischensequenzen für ein bisschen Abwechslung, die für ein Billigspiel ziemlich beachtlich sind. Wenn ihr den Baum mit den Raubvögeln entdeckt, ist das szenisch umgesetzt.

Inkomplette Sprachausgabe

World of Chaos wurde mit einer deutschen Sprachausgabe versehen, die zumindest in Teilen von Professionalität zeugt. Immerhin ist die deutsche Synchronstimme von Samuel L. Jackson zu hören, der mit seinem behäbigen Bass recht gut zum Helden passt. Leider ist aber bei weitem nicht alles vertont und das was gesagt wird, oft nicht der Rede wert. Wie oft bekommt ihr ein vielsagendes "Verschwinde!" oder "Wie hieß noch mal der Song zu hören?". Manches ist auch gar nicht übersetzt wie den "boar" (Eber), den ihr besiegen müsst. So hinterlässt auch der Sound wie das ganze Spiel einen recht unfertigen Eindruck.

              

Fazit

World of Chaos macht insgesamt einen unfertigen Eindruck. Trotz des ungewöhnlichen Einfalls mit dem Ork als Helden, schafft es das simple Rollenspiel keine Sekunde, daraus auch wirklich Kapital zu schlagen. Die anfänglich neugierig machende Story verläuft ähnlich uninspiriert wie bei vielen anderen Spielen mit einer 08/15-Hintergrundgeschichte. Die Quests sind dünn gesät, wenig spannend und bleiben oft unklar. Wo ist bitte genau was zu tun? Warum geht es nicht weiter, wenn ich schon einen Teil gelöst habe? Oblivion ist hier als vorbildlich zu nennen mit seinem stets aktualisierten Questjournal, das keine Zweifel aufkommen lässt. Leider ist es auch nicht so, dass die schleppend verlaufende Entwicklung bzw. Ausrüstung des eigenen Charakters großartige Anziehungskraft entfalten könnte. Trotz des freien Ausbaus des Helden und der vielen Zauber der verschiedensten Sphären. Die Rundenkämpfe laufen stets nach demselben Schema ab und sind oft schlecht ausbalanciert. Auch optisch bestätigt sich leider der negative Gesamteindruck, da die 3D-Grafik nicht nur unübersichtlich ist, sondern auch wenig Leben und schon gar keine Highlights bietet. Anders als zuletzt bei Ascension to the Throne gibt es hier also nichts, das einen motivieren könnte, länger als fünf Minuten die Keule zu schwingen.

Pro

Held außerhalb des üblichen Schemas
Ork frei entwickeln
viele Zauber der unterschiedlichsten Gebiete
jederzeit aus Kampf fliehen

Kontra

macht unfertigen Eindruck
unfaire Kämpfe
wortkarge NPCs
misslungene Steuerung
oft unklare Quests
Journal wird nicht aktualisiert
unübersichtliche Darstellung

Wertung

PC

Der Einfall mit dem Ork ist zwar ganz nett, das Rollenspiel macht aber einen unfertigen Eindruck.

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