Im Test:
Blick in die Vergangenheit
Noch vor dem überwältigenden Erfolg von Tim Schafers Kickstarter-Aktion versuchten sich auch die Phoenix Online Studios an der Schwarmfinanzierung. Bisher hat das kleine Team mit The Silver Lining lediglich ein Fan-Adventure zur King’s Quest-Reihe entwickelt. Für ihr neues Projekt sicherten sie sich dagegen prominente Unterstützung: Krimiautorin Jane Jensen machte die Finanzierung zu einem Erfolg . Zu Beginn der Neunziger wirkte sie an Sierras Gabriel Knight-Reihe mit. Bei Cognition hat sie allerdings nur als „Beraterin“ an Story und Dramaturgie mitgewirkt.
Die Geschichte beginnt mit einem hektischen Prolog. Erica hetzt auf einen Friedhof, um eine Geisel aus den Fängen eines Serienkillers zu befreien. Die dramatische Inszenierung geht aber nach hinten los: Da ich ohne Zeitdruck nach Seitenschneider, Schaufel und anderen Gegenständen suchen kann, passt die aufgekratzte Musik überhaupt nicht und nervt schon nach wenigen Minuten.
Umständliche Handhabung
Nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, funkte die hakelige Bedienung nicht mehr so oft dazwischen. Während des Prologs streckte sie aber die eigentlich leichten Rätsel unnötig in die Länge. Warum überhaupt diese hektische Erzählweise? In einem Film oder Kriminalroman mag das funktionieren, doch hier hatte ich zu Beginn überhaupt keinen Bezug zu den Figuren. Mangels Identifikation war mir ihr Schicksal also noch ziemlich egal.
Wer bist du, John Doe?
Ähnlich wie in Das Testament Sherlock Holmes-Spielen ist Ericas Aufgabe, Informationen zu sammeln, Zeugen und Kollegen zu befragen und durch Indizien zu Schlussfolgerungen zu gelangen. Anders als beim englischen Meisterdetektiv gibt es hier keine vorformulierte Liste zum Vervollständigen. Stattdessen mache ich mir auf dem eingebauten Block Notizen. Ab und zu verlangen Gesprächspartner wie ihre Vorgesetzte eine Schlussfolgerung von mir. Sie lässt sich aus mehreren Optionen auswählen: Was führte zum Tod? War es Mord? Was lässt sich aus den Symptomen schließen?
Fluch oder Gabe
Am meisten Spaß macht es, mit den übernatürlichen Fähigkeiten der Agentin herumzuspielen. Klicke ich auf eine Aura, beginnen wichtige Objekte blau zu glühen. Zunächst kann ich mir damit schemenhafte Szenen aus der Vergangenheit anschauen. Später lernt die Heldin, ihre Gabe zu verfeinern. Klicke ich z.B. in der richtigen Reihenfolge auf drei Gegenstände, baumelt plötzlich wieder das blau schimmernde Abbild der Leiche am Strang – obwohl sie in der Realität längst abtransportiert wurde.
Kennen wir uns?
Ihr FBI-Kollege John überredet Erica dazu, mit einer Bekannten über ihre Visionen zu sprechen. Die nette esoterische Tante im Antiquariat wirkt genau so eindimensional wie die meisten Charaktere. John ist ihr bulliger, aber gutmütiger FBI-Partner und Terence aus der Kriminaltechnik übernimmt die Rolle des leicht pummeligen Tech-Geeks mit fettem Brillengestell, Pferdeschwanz und lockeren Sprüchen. Auch Ericas Vorgeschichte um einen alten, sehr persönlichen Fall wirkt bekannt. Die großartigen englischen Sprecher hauchen den Figuren trotzdem viel Leben und Persönlichkeit ein (Deutsch gibt es nur in Menüs und Untertiteln).
Freund oder Kollegenschwein
Wurde ich mit der Frage konfrontiert, lässt sich das Spiel nicht mehr vorher speichern. Ich sollte mir die Antwort also gut überlegen – oder es hinterher noch einmal mit meinem letzten Speicherstand versuchen. Je nach Entscheidung lassen sich ein paar der Rätsel schneller oder umständlicher lösen. Im genannten Beispiel kann ich mich z.B. ins Büro meines Vorgesetzten schleichen, mich in ihren Rechner einloggen und die neue Raumaufteilung per Mail anordnen. Auch an Ericas eigenem Computer löse ich einige Puzzles. Nachdem ich z.B. ein Foto mit der Lupe abgesucht und eine Namen gefunden habe, kann ich einen dazugehörigen Fall in der FBI-Datenbank recherchieren.
Fazit
Wer über den Kauf von Cognition nachdenkt, sollte sich nicht von der Demo abschrecken lassen. Nach dem hektischen Prolog wäre mir beinahe die Lust vergangen, doch danach steigert sich der Adventure-Krimi. Als ich mich an die Macken der Bedienung gewöhnt hatte, bekam ich immer mehr Lust darauf, tiefer in geschlossenen Fällen des FBI herumzuschnüffeln, Verbindungen herzustellen und mit Ericas Visionen zu spielen. Ihre übernatürlichen Fähigkeiten sind das Highlight des Rätseldesigns: Es fühlt sich richtig frisch und motivierend an, alte Gegenstände und Leichen „herbeizuzaubern“, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Der Großteil der gewöhnlichen Puzzles ist aber ziemlich einfach gestrickt. Ein weiterer Nachteil sind die klischeebehafteten Charaktere, von denen einige dank der erstklassigen englischen Vertonung aber trotzdem sympathisch wirken. Mit der ersten Episode von Cognition ist zwar kein rundum gelungener Serienstart geglückt, trotzdem hat mich der unterhaltsame Rätsel-Krimi neugierig auf den Nachfolger gemacht.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Magische Experimente machen das Krimi-Abenteuer spannend - trotz einiger Mankos wie der fummeligen Steuerung und flachen Charakteren.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.