Besieger20.07.2004, Bodo Naser
Besieger

Im Test:

Mit seinem innovativen The I of the Dragon konnte das russische Studio Primal für eine kleine Überraschung im Fantasy-Genre sorgen. Jetzt gibt es Nachschub in Form von Besieger (ab 4,99€ bei kaufen), das jedoch eher die altgedienten Echtzeit-Burgherren anspricht. Darin kämpft ihr nicht nur gegen gefährliche Monster, sondern auch gegen Widersacher, die sich in 3D-Festungen verschanzen.

Modifizierte Geschichte

In Besieger sind die Wikinger recht friedliebende Leute, denn sie lebten über Jahrhunderte problemlos mit ihren Nachbarn aus Kimmeria zusammen. Doch dann gelingt es Mara, der Schwester des heldenhaften Königs Korin, während dessen Abwesenheit einen Aufstand gegen ihren Bruder anzuzetteln. Einmal an der Macht, vernichtet die wohlproportionierte Schwarzmagierin mit einem Schlag die Hauptstadt der Nordmänner. Allein der zwergenhafte Wikingerfürst Barmalay überlebt, um ihr die Stirn zu bieten. Verwechslungsgefahr: Manches hat sich seit der Preview verändert; der Bösewicht war damals noch männlich und hieß Koran. Die Story ist erzählerisch allerdings kaum eingebunden, da ihr oft noch nicht einmal wisst, gegen wen ihr da gerade kämpft.  

Zwei Völker spielbar

Neben Barmalay könnt ihr während der aus 12 Missionen bestehenden Kampagne auch König Korin spielen, der natürlich seine verlorene Krone zurückerobern möchte. Nur zwei Völker sind spielbar: Kimmerier und Wikinger. Diese leben allerdings in einer ganz eigentümlichen Fantasy-Welt, wo mächtige Hexen, grüne Monster und fliegende Transportschiffe nebeneinander existieren. So ist es kein Wunder, dass ihr zunächst erst einmal gegen einen Stamm grobschlächtiger Oger antreten dürft. Ein umfangreiches Tutorial führt in das für Echtzeit-Strategiespiele typische Gameplay mit verschiedenen Kameraperspektiven und stufenlosem Zoom ein. Darüber hinaus könnt ihr ein freies Spiel wagen oder im LAN bzw. Internet gegen menschliche Gegner antreten.

Der Bau der Festungsmauern geht flott von der Hand, vorausgesetzt ihr habt genug Rohstoffe.

Bauen, belagern, kämpfen

Der Titel "Besieger" ist etwas irreführend, denn das Belagern steht zumindest bei der Kampagne nicht im Vordergrund. Vielmehr existieren zwei Typen von Schlachten: Bei der einen müsst ihr, wie ihr das von vergleichbaren Spielen kennt, ein befestigtes Dorf aufbauen. Meist gilt es dabei auch eine feindliche Befestigung einzunehmen, wobei ihr auch Belagerungsmaschinen einsetzen dürft.__NEWCOL__Luftschiffe fliegen eure Armee über hohe Bergrücken hinweg. Bei den anderen habt ihr eine festgelegte Anzahl von Soldaten, mit denen ihr beispielsweise ein Höhlensystem säubern müsst. Letzteres erfordert eher die richtige Taktik, während bei Belagerungen meist die Größe der Armee entscheidet.

Eure kleine, aber feine Truppe aus der Entfernung. Eine Zauberin heilt die Krieger automatisch.

Bürger zu den Waffen!

Trotz ihrer Unterschiede im Bereich der Gebäude, der Einheiten und des Aussehens spielen sich beide Völker ähnlich. Die Wikinger setzen mehr auf kernige Axtschwinger, die zu Fuß unterwegs sind, während die Kimmerier auch über gepanzerte Berittene verfügen, die rasch vorstoßen können. Größere Unterschiede wie bei WarCraft 3  gibt es dennoch nicht. Im Verlauf der Kampagne ist das allerdings weniger schlimm, da ihr dabei immer wieder Soldaten und Helden anderer Völker erhaltet. Der Bau der nur 15 verschiedenen Kämpfer gestaltet sich zudem umständlich: Zwar kommen die Arbeiter von alleine, wenn ihr Wohnhäuser errichtet, die Kämpfer müsst ihr aber erst einzeln zur Ausbildung in die Kaserne schicken.

Formationen & Co

Neben der Bildung von Gruppen und Formationen, wie sie mittlerweile im Genre obligatorisch ist, finden sich noch weitere nützliche Features. So könnt ihr die Formationen wie in Rise of Nations drehen, wodurch eure Schützen auch auf den herannahenden Feind zielen und ihnen nicht den Rücken zukehren. Sogar eigene Aufstellungen sind möglich. Auch die Höhenunterschiede spielen bei den Fernkämpfer eine gewisse Rolle, denn Speerwerfer, die ihre tödlichen Geschosse von oben herab schleudern, verursachen mehr Schaden. Natürlich steigen die Soldaten von selbst auf, wodurch sich ihre Angriffswerte verbessern; außerdem werden sie automatisch in die nächste Missionen mitgenommen. Die Helden sorgen dafür, dass sich die Verteidigung der Streiter verbessert, sie sich besser erholen oder schnell geheilt werden.

Schwere Schlachten

Wie in der Preview berichtet, sind die Missionen zu Beginn machbar. Leider mangelt es dann in den höheren Levels an der Ausgewogenheit, denn die Kampagne wird schwer und ihr müsst gegen wahre Horden von kampfstarken Feinden wie Werbären und noch Schlimmerem bestehen. So kommt es ziemlich oft vor, dass euer Held umringt von Gegnern das Zeitliche segnet, wodurch die Kampagne leider ein vorzeitiges Ende findet. Das ist auch insofern nervig, da sich der Schwierigkeitsgrad nur bei  freien Partien einstellen lässt. Die Computergegner sind aggressiv und attackieren gleich schon zu Beginn, was dazu führen kann, dass ihr angegriffen werdet, obwohl ihr noch keinen einzigen Streiter habt. Für Veteranen eine Herausforderung, für Anfänger eher niederschmetternd!

Bauwerke erstellen

Viele der insgesamt 40 Gebäude lassen sich nicht nur selbst ausbauen, sie bieten auch noch Ausbauten, welche die Schlagkraft und Schnelligkeit eurer Einheiten deutlich verbessern. Auch die Wohnhäuser lassen sich verbessern, um noch mehr Arbeiter zu produzieren. Mit drei Rohstoffen ist das Management recht überschaubar gehalten. Auch der Bau von Mauern ist ziemlich einfach, da ihr dafür nur die Maustaste gedrückt halten und ziehen müsst. Wie bei allen Verteidigungsanlagen müsst ihr auch hier die Richtung festlegen, in die eure Wachen von ihren Wehrgängen blicken sollen. Die Holzmauer ist allerdings ein Witz, denn sie fliegt euch schon nach wenigen Axthieben um die Ohren.

Die Wohnhäuser der Kimmerier sehen etwas anders aus als die der Wikinger. 

Sture Arbeiter

Leider offenbaren eure Arbeiter, wenn sie denn gehäuft auftreten und dasselbe Sägewerk beliefern, unnachgiebiges Verhalten: Sie wollen partout nicht ausweichen und blockieren sich so gegenseitig! Das findet seine Entsprechung bei der Wegfindung der Einheiten, die sich lieber mal die eingebaute Minikarte anschauen sollten. Noch nicht einmal durch in die Mauer gebaute Falltore lassen sich die Streiter von weiten Umwegen abhalten. __NEWCOL__

Das ist gerade dann ärgerlich, wenn der Feind anrückt und ihr einen Ausfall organisieren wollt: Nur eine Hand voll Krieger statt der ganzen Truppe kommt dann rechtzeitig und wird natürlich schnell vom Gegner zusammengehauen. Hier hilft auch die integrierte Pausenfunktion nicht viel.

Auch richtige Burgen aus Stein dürft ihr errichten, verteidigen und belagern.

Übliche Multiplayerkost

Besieger umfasst auch einen Multiplayer-Modus, der mit verschiedenen, teils bekannten Modi aufwartet. Auch hier bietet das  Strategiespiel nur die übliche Unterhaltung für mehrere Spieler. Im eher taktischen Belagerungs-Modus stehen sich zwei Kontrahenten samt Burg gegenüber. Beim Deathmatch- und Capture the Artifact-Modus können gar bis zu neun Burgherren im LAN oder übers Internet gegeneinander kämpfen. Beim taktischen Modus dürft ihr gar keine neuen Einheiten bauen und müsst den Feind mit dem besiegen, was ihr von Beginn an zur Verfügung habt.

3D-Schlachten

Wie schon bei The I of the Dragon hat Primal auch Besieger wieder über eine komplette 3D-Grafik verpasst, die sich allerdings nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit befindet. Gerade die fantasievollen Monster, Bäume und Figuren wirken vor allem aus der Nahansicht recht grob texturiert und unglaubwürdig animiert. Die Arbeiter fällen z.B. Bäume nicht, sondern hauen Stücke heraus, ohne dass der Baum dabei verletzt wird. Leider dürft ihr nicht wie beim Drachen-Rollenspiel alles kaputt machen, was viel Spielspaß kostet. Die atemberaubende Kulisse von The I of the Dragon erreicht Besieger nicht, obwohl die Tag- und Nachtwechsel für Leben sorgen. Die Story wird mittels Zwischensequenzen in Spielgrafik erzählt, die ab und an das Geschehen auflockern.

Vertrauter Sound

Auch in punkto Klang bietet Besieger eigentlich nur längst Vertrautes: Die Musik klingt ein bisschen so, als wäre sie aus einem Ritterfilm vergangener Tage. Auch Geräusche gibt es, die allerdings insgesamt keine richtige Kulisse bilden. Schön, dass Besieger eine deutsche Sprachausgabe besitzt, bei der die wichtigsten Passagen professionell vertont wurden.

Fazit

Besieger bietet solide Echtzeit-Strategenkost aus der zweiten Reihe, die freilich nicht an WarCraft 3 oder vergleichbare Spiele heranreicht. Dazu fehlt es dem mit einem Standard-Gameplay ausgestatteten Titel einfach an wirklich Neuem sowie an spielerischer Tiefe. Auch von einem Stronghold ist es trotz seiner 3D-Grafik weit entfernt, da ihr euch so gut wie gar nicht um euer Volk kümmern müsst und auch das Ressourcenmanagement eher simpel gestrickt ist. Nur im taktischen Bereich bietet Besieger einige Möglichkeiten, die vor allem das Interesse erfahrener Hobby-Generäle wecken könnten. Allerdings haben die Streiter ein paar Wegfindungsprobleme, die sie bisweilen unbrauchbar machen. Von den spannenden Gefechten lebt letztlich auch der Multiplayer, der außer ein paar neuen Modi allerdings auch nichts Berauschendes bietet. Trotzdem: Wer sich in einer einfallsreichen Welt mit bärbeißigen Wikingern, allmächtigen Zauberern und gepanzerten Rittern austoben will, sollte sich das Spiel aus Russland mal anschauen.

Pro

buntes Fantasy-Szenario
simpler Aufbauteil
nützliche Ausbauten
verschiedene Formationen
drehbare Aufstellungen
eigene Formationen
Höhenunterschiede im Kampf
erfahrene Einheiten mitnehmen
einfacher Mauerbau
deutsche Sprachausgabe

Kontra

nebensächliche Story
nur zwei Völker
zu wenig Einheiten
Völker sind sich ähnlich
später zu schwere Schlachten
Probleme bei der Wegfindung
umständliche Einheitenproduktion

Wertung

PC

Nach The I of the Dragon ist das Primals neuer Streich. Ich bin gespannt, was alles noch kommt.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.