Im Test:
Sammelwütiger Überlebenskampf
Wie viele Tage kann man in der Wildnis überleben? Vor allem, wenn man keine Ausrüstung hat? Das ist die existenzielle Frage, die Don’t Starve wagemutigen Spielern stellt. Man hält sich erst gar nicht mit Erklärungen oder gar einem Tutorial auf: Man erwacht mit einem schräg frisierten Wissenschaftler namens Wilson in einer noch schräger inszenierten Welt. Zwar wirkt das Vogelgezwitscher ebenso idyllisch wie kreischende Kaninchen niedlich, aber die düsteren Farben deuten bereits an, dass das kein normaler Spaziergang wird.
Monster im Dunkeln? Augen auf zwei Beinen? Wurmlöcher im Gras? Schweine in Holzhäusern? Alptraum-Sprit und Bischöfe mit Elektroschockern? Diese charmante Mischung aus Horror und Humor würde auch Tim Burton gefallen. Trotz der süffisant vor sich hin geigenden Musik und schielend davon stelzender Truthähne geht es knallhart zur Sache. Das ist zwar keine realistische Lebenssimulation wie etwa Lost in Blue, aber auch hier kämpft man gegen die tickende Uhr und die Witterung jeden Tag ums Überleben. Der Tod begleitet einen statistisch in Form dreier stetig sinkender Anzeigen für Hunger, Gesundheit und Geist.
Jede Nacht ist eine Gefahr
Schon dort ist das Überleben nicht leicht: Man muss sammeln, was das Inventar mit seinen fünfzehn Plätzen hergibt und so klickt man sich endlos voll. Egal ob Blumen, Samen, Beeren, Pilze, Karotten, Zweige, Gras oder Flint – alles ist irgendwie nützlich. Und sobald es „Bling!“ macht, wurde irgendetwas zum Bauen freigeschaltet. Ganz wichtig sind die Zutaten für eine Axt und ein Lagerfeuer, denn dort kann man nahrhaftes Essen zubereiten und die Nacht mit dem geschlagenen Holz überstehen: Einfach an eine Tanne ran, linke Maustaste gedrückt halten und loshacken! Die Steuerung ist denkbar simpel und nach einigen Spielen nimmt man auch den Sammelautomatismus gerne an, der Wilson beim Halten der Maus- oder Leertaste von alleine pflücken lässt.
Täglich grüßt das Maschinentier
Kaum hat man die Düsternis hinter sich gebracht und den Magen mit gerösteten Karotten beruhigt, sollte man sich eine Strategie überlegen: Was entwickelt man als Nächstes? Dazu blättert man durch die thematisch sortierten, aber zu Beginn verwirrenden Menüs mit Waffen, Werkzeugen, Strukturen etc. und stellt bald fest, dass ohne eine Wissenschafts-Maschine gar nichts geht – und dass sich der Technologiebaum erst danach weiter verzweigt. Aber nur wenn man Gold findet, kann man diese erste Maschine bauen. Dafür muss man wiederum eine Spitzhacke herstellen sowie Steinbrüche mit den glitzernden Adern finden. Leider wiederholt sich dieser Einstieg linear bei jedem neuem Spiel. Da die Welt zufällig generiert und die Karte zunächst per Nebel verhüllt wird, muss man die lukrativen Plätze immer aufs Neue finden…
Am besten baut man sich ein Lager, platziert zwei, drei Fallen an den Kaninchenlöchern und sammelt auf dem Weg zum Ziel fleißig Beeren, Karotten und Holz. Moment, kein Platz mehr im Inventar? Dann sollte man einen Rucksack anfertigen. Oder eine Kiste. Darf es ein Kühlschrank sein? Dann vergammelt das Essen nicht so schnell! Trotz seines locker leichten Arcade-Charakters stecken erstaunlich realistische Abläufe im Spiel: Neben dem Tag- und Nachtwechsel, der sich z.B. auf das Wachstum von Pilzen sowie das Erscheinen von Kreaturen auswirkt, spielt auch das Wetter eine Rolle; es kann heftig schütten, Blitze können für Waldbrände sorgen, Feuer breitet sich aus, wenn man es zu nah an Gras entfacht, fast alles wächst zudem nach oder nutzt sich ab – selbst Beil, Hacke & Co sind irgendwann kaputt.
Charmante Kleinigkeiten
Sehr nervig ist hingegen, dass man das Sattmachen nie richtig einschätzen kann – es kann passieren, dass man sich nach dem Verzehr von drei Kaninchen, fünf gerösteten Samen und Beeren auf die Strohmatte legt, um zu schlafen, und plötzlich ausgehungert aufwacht; kurze Zeit später ist man tot. Hat man bis dahin nicht den Ritualplatz mit den Schweineköpfen gefunden, der als einziger Zwischenspeicher dient und wie in Online-Rollenspielen am Ort des Todes auch die Hinterlassenschaften sichert, muss man komplett von vorne in einer neu generierten Welt anfangen - ohne bisherige Technologien, Maschinen und Rohstoffe. Und das frustriert, weil man dann immer wieder dieselben Sammelroutinen abspulen muss; irgendwann will man einen Bot programmieren, der das
Der Tod kommt in der Nacht
Der Tod lauert nicht nur bei Nacht ohne Feuer oder leerem Magen, sondern auch nach sehr simpel inszenierten Kämpfen, in denen man einfach draufhaut: Wer sich zu früh mit Bienen, Raubtieren oder den humanoiden Schweinen anlegt, kann dabei schnell das Zeitliche segnen. Heilsalbe? Kostet Asche, Steine und Spinnenschleim! Und je weiter man kommt, desto häufiger wird man auch angegriffen – vor allem nachts. Es kann sein, dass Monster brüllend heran stürmen und einen alleine aufgrund ihrer Überzahl fertig machen. Um das zu verhindern, sollte man zum einen fortschrittlichere Waffen wie Speere, Blasrohre, Bienen-Minen, Schlaf- oder Feuerpfeile erstellen. Zum anderen sollte man sein Lager mit Holz- oder Stein-Palisaden ausbauen sowie Fallen platzieren. Aber bis man die Mittel dazu hat, vergehen viele Tage zwischen repetitiver Langeweile, neugierigem Ausprobieren und plötzlicher Gefahr.
Fazit
Ich mag Survival-Spiele. Und Don’t Starve habe ich in den letzten Tagen mit einem Permaschmunzeln verschlungen. Es inszeniert mit einfachen Mitteln eine ebenso stimmungsvolle wie skurrile Welt – schräge Figuren, makabrer Humor und süffisanter Horror erinnern an Tim Burton. Zwar vermisst man eine Story sowie einen Adventure-Modus, der den Namen verdient hätte, aber gerade in den ersten Sitzungen wird man von all den Sammel- und Baureizen sowie den glaubwürdigen Abläufen immer wieder in den Überlebenskampf gelockt: Tag, Nacht, Klima, Gift, Feuer, Eis - alles wirkt sich spürbar aus, alles wächst und vergeht, es gibt seltsame Maschinen und bekloppte Kreaturen. Trotzdem verliert das Abenteuer nach dutzenden Partien an Reiz. Denn irgendwann wird das Pflücken, Hacken und Bauen zur Routine, weil man vor allem im Einstieg ständig dasselbe machen muss. Der lauernde Tod ist nicht das Problem, denn er garantiert die Anspannung, aber der totale Verlust sorgt für Frust: In Demon’s Souls & Co behielt man zumindest seine Fähigkeiten und freigeschaltete Gebiete, konnte sich also weiter entwickeln. Hier verliert man alles, wird trotz zufallsgenerierter Welt ständig zur monotonen Klickarbeit verdonnert, bevor sich der Entwicklungsbaum weiter öffnet. Trotz dieser Hürde lässt mich die Neugier auf das bisher nicht Entdeckte nicht los. Don't Starve ist ein gutes Spiel für disziplinierte Zocker mit Highscore-Ehrgeiz und Freude am Skurrilen.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Gnadenloser Kampf gegen Hunger und Monster in Tim Burton'scher Horrorwelt. Das Öko- & Bausystem ist cool, der Wiederholungszwang nervt.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.