Landwirtschafts Gigant31.10.2012, Bodo Naser
Landwirtschafts Gigant

Im Test:

Argarsimulationen gibt’s jede Menge und dort kann man aktiv den Bauern spielen. Jetzt versucht sich UIG an einer Wirtschaftssimulation, die neben Anbau und Bauernhof auch den Vertrieb thematisiert. Taugt der Landwirtschafts Gigant (ab 1,00€ bei kaufen) was oder ist es wieder der übliche Billigmist?

Landleben, bleib mir gestohlen!

Pflügen braucht man diesmal nicht, denn das übernimmt Kollege Compi.
Pflügen braucht man diesmal nicht, denn das übernimmt Kollege Compi.
Ich konnte den derzeitigen Hype um die Bauern nie so ganz verstehen. Da verkaufen sich Landwirtschaftsspiele ungesehen, aufm Volksfest verkleiden sich viele als Bauer und im Fernsehen suchen tumbe Farmerssöhne eine ebensolche Frau. Ist es wirklich so toll aufm Hof? Da stinkt es meist gewaltig, die Milch ist warm, fett und schmeckt auch nicht wie aus dem Supermarkt. Zudem muss man sich als Landwirt noch mit allerhand Unangenehmem rumschlagen wie niedrige Preise, EU-Bürokratie oder Hofsterben. Kann das ernsthaft jemand toll finden? Immerhin suchen viele alte Bauern vergeblich einen Nachfolger.

Die schnöde Realität kann freilich die Flut an Produkten nicht bremsen, da die Spielebranche bekanntlich die Kuh melkt, bis sie tot umfällt. So erscheinen mit schöner Regelmäßigkeit Biligsims, bei denen man mal selbst die virtuelle Scholle pflügen kann. Mit solchen Spielen hat Landwirtschafts Gigant nur das Szenario gemein, denn hier pflügt die KI. Ein bisschen mehr als bei Farmville muss man sich schon anstrengen, damit was aufm Acker spießt. Denn von alleine wächst eigentlich nur Gras, mit dem sich kein Gewinn machen lässt. Also verfüttert man es lieber an Kühe, von denen man Fleisch oder Milch erntet.

Umfang hui, Gegenspieler pfui

Dieses Mal muss man sich nicht mit einem einzigen Modus begnügen.
Dieses Mal muss man sich nicht mit einem einzigen Modus begnügen.
Es gibt zwei Spielmodi plus Tutorial, was für ein Spiel von UIG schon eine ganze Menge ist, denn meist muss man sich mit nur einem Modus begnügen. Dieses Mal gibt’s eine Kampagne, bei der man sich vom einfachen Bauern bis zum Großproduzenten hocharbeitet. Das macht mehr Spaß als gedacht, auch weil es mal eine Herausforderung ist. Auch wenn es nicht komplex zugeht, muss man sich schon anstrengen, um Geld zu machen. Da immer neue Fahrzeuge, Bauten, Pflanzen und Tiere hinzukommen, ist sogar für eine gewisse Abwechslung gesorgt. Anfangs  kann man nur eine eingeschränkte Zahl von Produkten verkaufen, was man natürlich ändern will. Das sorgt sogar für so etwas wie  mittelfristigen Spielspaß.

Daneben gibt‘s Szenarien, bei denen man Probleme lösen kann. Hier muss mit einer Milchschwemme klarkommen, den Fitnessboom ausnutzen oder für genug billiges Fastfood sorgen, was durchaus interessante Themen sind. Einen Multiplayer hat man sich wieder mal gespart, was insbesondere schade ist, da man da mal echte Konkurrenz gehabt hätte. Im Solomodus managt man alleine vor sich hin, da es auch keine vom Computer gesteuerten Bauern gibt – schade. Hier ist es dann der schiere Wille, vorwärts kommen zu wollen, der einen antreibt und sich erstaunlicherweise trotz Billiglook einstellt.

Bauernkampagne

Man beginnt mit dem Landkauf, allein die Platzierung der Bauten könnte besser flutschen.
Man beginnt mit dem Landkauf, allein die Platzierung der Bauten könnte besser flutschen.
In der Kampagne beginnt man stets damit, einen Hof zu gründen. Man hat etwas Geld, das für Grundstück, Wohnhaus, Fahrzeugschuppen und einen ersten Stall reicht. Die Platzierung der pixligen Bauten könnte besser flutschen: So muss man umständlich die Kartenansicht drehen. Die Gebäude sind aber wichtig, da man nur Fahrzeuge haben darf, wenn man das entsprechende Bauwerk besitzt. Zwischen den Bauten gibt’s Straßen, die ziemlich blöd verlegt werden müssen, da durch Bauten keine Traktoren fahren dürfen. So lässt man am besten genug Raum für das Gewirr, das wichtig für die Verbindung ist. Anbindung an Überlandstraßen sorgt dafür, dass man in die hässliche Stadt kommt.

Gebäude alleine reichen freilich nicht, da man auch Fahrzeuge braucht, die Aufgaben übernehmen. Hier gibt es allerhand aus dem Bauernhandel wie Traktoren, Laster und Pflüge. Will man etwa, dass das Gras im Kuhstall landet, muss man recht umständlich den Befehl erteilen, dass der Traktor samt Grasernter das grüne Zeug schneidet und ins Lager bringt. Auf den Feldern lässt sich auch Korn anbauen, sie sind unterschiedlich fruchtbar und können gedüngt werden. Das braucht wieder eine Anweisung an den Traktor, so dass man ganz allmählich raus bekommt, wie die Befehle funktionieren. Arbeiter stellt man einfach ein, indem man die Zahl erhöht, was wenig prickelnd ist

Manager des Kuhstalls

Ganz allmählich fährt man die erste Ernte ein, die man in der Stadt verkaufen kann.
Ganz allmählich fährt man die erste Ernte ein, die man in der Stadt verkaufen kann.
Als Bauer startet man auf Stufe eins, um sich allmählich hochzuarbeiten. Dafür muss man einen funktionierenden Kuhstall aufbauen, wozu man Tiere braucht, die es in der Stadt gibt. Zwar tragen die Orte deutsche Namen wie Berlin, mit Deutschland hat die erfundene Karte aber nix zu tun. Zwei Kühe reichen, damit die Viecher sich bei Grasversorgung ganz langsam vermehren. Nach geraumer Zeit, die sich durch spulen verkürzen lässt, hat man ein paar Rinder zusammen, die man in die Stadt fährt. Hier sollte man darauf achten, dass der Preis hoch ist. Preisschwankungen sind die einzige wirtschaftliche Veränderung, die vorkommt.         

Wer die erste Ernte eingefahren hat, bekommt weitere Optionen. Er kann etwa Fleisch produzieren, indem er eine Metzgerei baut, was mehr Geld als die bloßen Rinder bringt. Im Laufe des Spiels werden immer mehr solcher besserer Produktionsstätten frei, die jedoch teuer sind. Eine Fleischerei kostet 250.000 Euro, wofür eine alte Bäuerin einige Jahre stricken muss. Immerhin kann man sich hier problemlos Geld von der Bank leihen und nicht nur zurückzahlen wie zuletzt bei Planer 5. Bei UIG sind ohne Sicherheiten sogar an die eine Million möglich, wofür man auch ordentlich Zinsen zahlt.

Aufs Schwein gekommen

Frisst das Hausschwein auch Gras? In den Szenarien kann man es ausprobieren.
Frisst das Hausschwein auch Gras? In den Szenarien kann man es ausprobieren.
Die zehn sonstigen Szenarien sind ganz ähnlich, allerdings gibt es hier klare Ziele. So muss man etwa der Schweinefleischpapst von Deutschland werden, indem man eine große Menge von Schweinen verkauft. Seltsam ist, dass die Sauen neben Kartoffeln und Kürbissen auch Gras fressen, was nun wirklich nicht deren bevorzugte Nahrung ist – das weiß sogar ich als Laie. Hier wäre Kraftnahrung oder Mais besser gewesen, die es aber nicht zu kaufen gibt. Das ist komisch, da sich das Spiel sonst eigentlich schon an der tatsächlichen Landwirtschaft orientiert.                   

In einem anderen Szenario geht’s um Wasser und Strom, das man sparen sollte. Sonderlich ökologisch ist das Ganze aber nicht, da man lediglich beides fördern muss. Man muss selbst auf eine bestimmte Menge Wasser kommen, wofür es Entnahmestellen gibt, und Strom etwa durch Windräder produzieren. Klar dass dabei schon alle wichtigen Technologien vorhanden sind, da man sonst zu lange brauchen würde. Besonders anders spielt sich das nicht, was auch daran liegen könnte, dass die Karte immer dieselbe wie in der Kampagne ist.     

Fazit

Was ist bloß los? Zuerst Landwirtschaftssimulator 2013 und dann das hier. Werden die Billigsimulationen jetzt etwa seriös?  Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal über ein Spiel von UIG schreiben würde, aber Landwirtschafts Gigant macht auf einem geringen Level ausreichend Spaß. Das liegt daran, dass der Aufstieg in der Kampagne zwischendurch unterhaltsam ist. Man will vorankommen, mehr Produkte anbauen und wissen, wie es weiter geht. Dazu muss man expandieren, was trotz fehlender Konkurrenz nicht ganz einfach ist. Das liegt aber weniger daran, dass der Anbau wirtschaftlich so komplex wäre, sondern dass die Zusammenhänge im Tutorial nicht gescheit erklärt werden. Auch die Befehle für die Fahrzeuge könnten intuitiver sein. Und leider schafft  es das Spiel nicht, das Hofleben auch äußerlich adäquat umzusetzen – die Kulisse wirkt einfach billig. Auch wer auf der immer gleichen Karte Grundstücke, Gebäude oder Straßen platziert, wird sein wackeliges Wunder erleben. Dennoch hält der Landwirtschafts Gigant länger bei der Stange als der übliche Softwaremist.

 

Pro

einigermaßen unterhaltsamer Aufstieg
Tiere und Produkte freispielen
Fahrzeuge richtig einsetzen
eigene Produktion aufbauen

Kontra

keine KI-Konkurrenz
zu wenig Spieltiefe
keine wirtschaftliche Dynamik
viel Verwirrung trotz Tutorial
umständliche Bedienung
billige Kulisse
nur eine Karte
kein Multiplayer

Wertung

PC

Immer noch billig, aber es ist ein gewisser Trend nach oben festzustellen. Das profitorientiere Landleben macht sogar stellenweise Spaß.

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