DCS: P-51D Mustang23.11.2012, Mourad Zarrouk
DCS: P-51D Mustang

Im Test:

Dass die Entwickler von Eagle Dynamics etwas von waschechten Simulationen verstehen, haben sie mit A-10 C  eindrucksvoll demonstriert. Dieses Jahr wollen sie mit DCS: P-51D Mustang (ab 7,83€ bei kaufen) beweisen, dass sie ihr Handwerk auch bei einer Propeller betriebenen und in diesem Fall historischen Maschine beherrschen.

Eine Legende ...

Die 1942 in dienst gestellte North American P-51D Mustang gehörte zu den erfolgreichsten

Highlight: Das voll bedienbare Cockpit der P-51D Mustang
Highlight: Das voll bedienbare Cockpit der P-51D Mustang
amerikanischen Jagdflugzeugen des Zweiten Weltkriegs. Der Einsitzer verfügte über einen zwölf Zylinder Reihenmotor von Rolls Royce mit 1650 PS, der die Maschine auf etwa 700 km/h beschleunigen und  in einer Flughöhe von bis z u 12.500 einsatzfähig machte. Mit Reservetanks konnte man 3.300 Kilometer überwinden, was sie zum idealen Begleitschutzjäger für die B-17- und B-24- Bomberstaffeln im Luftkrieg über Deutschland und im weiteren Kriegsverlauf auch über Japan machte.  Die Mustang war mit sechs 50-Kaliber MG bestückt und konnte anstelle der Reservetanks auch zwei Bomben mit bis zu 907 Kg oder wahlweise bis zu zehn ungelenkte Raketen mit sich führen. Insgesamt wurden annähernd 16.000 Exemplare gebaut und die letzten Modelle wurden in einigen lateinamerikanischen Ländern bis in die achtziger Jahre eingesetzt. Es war das erste Jagdflugzeug des Zweiten Weltkriegs mit modernem motorgetriebenem Kreiselvisier und verfügte als erster Typ über eine Vollglaskanzel sowie ein einzigartiges Heck-Radarwarnsystem.

Siebzig Jahre alt - flugtauglich und gut in Form

Ich empfehle an dieser Stelle einen Blick auf die ersten beiden Seiten des Tests zu A-10C

Das erste automatische Visier in der Geschichte der militärischen Luftfahrt.
Das erste automatische Visier in der Geschichte der militärischen Luftfahrt.
Warthog. Warum? Weil alles (wirklich jedes Detail) auch hier zutrifft. Auch hier reicht die integrierte „Schnellstartanleitung“ mal gerade für einen holprigen Start und so will auch hier ein 200 Seiten starkes Handbuch ausgedruckt werden. Auch hier geht ohne vernünftigen Steuerknüppel mit Schubkontrolle nichts und der Einsatz eines Track-IR-Systems ist absolut zu empfehlen. Und genau wie beim Warthog ist die Absolvierung sämtlicher Übungseinheiten nicht verpflichtend aber unbedingt anzuraten. Wer nämlich der irrigen Vermutung aufsitzt, weil die Mustang ja „nur“ Propeller betrieben und auch nicht über das komplette Waffenarsenal eines afrikanischen Schwellenlandes verfügt, sei sie deshalb  leichter zu fliegen, der erlebt sein blaues Wunder! Natürlich wird bei der P-51 noch deutlich mehr „von Hand“ gemacht, der einzige „Bordcomputer“ befindet sich im Kreiselvisier und in der Tat gibt es außer den MG, den Raketen und Bomben keine Waffensysteme – aber das macht es nicht minder anspruchsvoll! Denn wieder haben die Entwickler bei DCS an jedes erdenkliche Detail gedacht. Jedes einzelne Rädchen, jeder Schalter und jeder Knopf im Cockpit ist bedienbar und will eben auch bedient werden. Beispiel gefällig? Die Piloten der Mustang verfügten über den ersten „Zielcomputer“ in der Geschichte des Luftkrieges...so weit,so gut. Aber dieses Kreiselvisier benötigte eben auch einiges an Input, um zuverlässig zu arbeiten. So muss die Flügelspannweite des Gegners über einen Schieberegler eingegeben werden und die Entfernung zum Ziel über ein Drehrad am Gashebel links. Selbstständig...manuell...während oder zumindest unmittelbar vor dem Luftkampf. Fürwahr Teufelskerle, diese Piloten vor siebzig (!) Jahren!

Unbelehrbarer Fluglehrer inklusive

Der nette Amerikaner mit der sonoren Stimme, der uns in die Grundlagen der A-10C

Die Rolle als Bomber-Zerstörer ist für die Mustang eher untypisch.
Die Rolle als Bomber-Zerstörer ist für die Mustang eher untypisch.
eingewiesen hat, ist auch hier wieder mit von der Partie. Geduldig erklärt er dem geneigten Flugschüler das aufgeräumte, aber eben doch umfangreiche Cockpit der Mustang. Er weist auf Besonderheiten hin und sagt auch, welche Schalter und Hebel wann in Bewegung zu setzen sind. So ist zum Beispiel ein besonderes Zick-Zack-Manöver notwendig, wenn man mit der P-51 am Boden rangiert, da der Pilot auf der Rollbahn nach vorne keine Sicht hat. Doch schon bei der damit einhergehenden Übung werden zwei Dinge klar: Erstens soll ich einem „Humvee“ folgen, um die Übung zu absolvieren. Solche Fahrzeuge gab es im Zweiten Weltkrieg  noch nicht...zumindest keine Hummer. Zweitens: Auch nachdem ich beim ersten Anlauf meinen Vogel gegen das Fahrzeug habe rauschen lassen und das Ganze im Fiasko endet, palavert der nette Sergeant Fluglehrer weiter als wäre nichts gewesen. Und erklärt mir, welcher Teil der Übung als nächstes zu absolvieren sei … während ich brenne! Lichterloh! Ergo: Man hat es immer noch nicht verstanden, den Fluglehrer wirklich interaktiv zu programmieren. Genau wie letztes Jahr reagiert der Mann nicht auf Fehler meinerseits; nach wie vor gibt er keine Korrekturhinweise, immer noch verstummt er einfach komplett, wenn ich nicht innerhalb bestimmter Zeitparameter das mache, was er von mir erwartet. Das ist schwach!

Eine P-51 D Mustang im Georgienkonflikt?

Der Humvee hat es angedeutet - aus der Beschreibung der Packung geht es mit keiner

In voller Pracht: Eine P-51D Mustang unterwegs bei bestem Wetter.
In voller Pracht: Eine P-51D Mustang unterwegs bei bestem Wetter.
Silbe hervor: Typische Begleitschutzsmissionen, in denen ich „meine“ B-17 vor heran rauschenden Focke Wulf Fw 190 oder Messerschmidt Bf 109 verteidige, suche ich hier vergebens. Angriffe auf Panzer wie jener legendäre in der Schlussszene von „Der Soldat James Ryan“? Fehlanzeige! Stattdessen bilden moderne russische Flakstellungen, Fahrzeuge, Treibstoffdepots oder bestenfalls andere Mustangs meine Kontingente an Gegnern. Enttäuschend!  Mir ist bewusst, da,s es erheblichen Mehraufwand bedurft hätte, ein glaubwürdiges historisches Szenario zu implementieren, aber nicht weniger hatte ich erwartet! Zumindest hätte man auf der Packung klar stellen sollen, dass es sich um dieselbe neuzeitliche Kampagne handelt, in der auch A-10C angesiedelt war. Ob da unter mir nun georgische Kreisstädte liegen oder Dresden und Berlin ist zweitrangig. Dass ich es aber nur mit dem eigenen Flugzeugtyp zu tun bekomme und auch am Boden nicht mit zeitgenössischen Gegnern, ist schwer bis gar nicht nachvollziehbar.

Technisch über jeden Zweifel erhaben, aber...

Nachtflüge sind wunderbar inszeniert, aber auch eine besondere Herausforderung.
Nachtflüge sind wunderbar inszeniert, aber auch eine besondere Herausforderung.

Neben dem stoischen Fluglehrer wurde ein weiteres Manko des „Vorgängers“ nicht

behoben: Die extrem unkomfortable Einrichtung der Flugsteuerungssysteme, die sich anscheinend  nur an absoluten Simualtionsfetischisten orientiert. Selbst die hätten sicher nichts einzuwenden gegen ein vom Start weg korrekt erkanntes und entsprechend vorkonfiguriertes (sündhaft teures) Flugsteuerungssystem. Mein Thrustmaster HOTAS hatte mir letztes Jahr schon gute Dienste geleistet, aber erst nachdem ich mich stundenlang mit der Einrichtung beschäftigt hatte. Das ist dieses Jahr keinen Deut besser! Zwar verfügt das Flugzeug nicht über ein derartig umfangreiches Waffensystem wie das Warzenschwein, so dass die Belegung nun etwas zügiger von statten geht, doch es ist nach wie vor nicht zu begreifen, wieso die Entwickler nicht zumindest die wichtigsten Funktionen dem System automatisch zuordnen - was heutzutage Standard ist. Da sind Achsen von Beginn doppelt belegt und müssen erst zwingend gelöscht werden, vermeidbare Übersetzungsfehler (die bis dato noch immer nicht korrigiert wurden) stiften zusätzlich Verwirrung. Viele Einstelloptionen bedürfen einer zusätzlichen Recherche im Handbuch oder  Internet, damit man weiß, was man da überhaupt konfiguriert. Hilfreiche Tooltipps? Nach wie vor Fehlanzeige. Auf der Haben-Seite (und das ist natürlich auch ein Pfund) findet sich einmal mehr die technisch beeindruckendste, akurrateste und detailgetreueste Simulation einer P-51 D Mustang, die man bisweilen für Geld erwerben konnte. Inklusive technisch glaubwürdiger Spielwelt mit Nachtflügen, Regen, Sturm und allem was dazu gehört...nur eben nicht den richtigen „Spielkameraden“.

Fazit

Beim Test machte sich Ernüchterung breit. Kämpfte das Warzenschwein letztes Jahr noch um „Platin“, wackelte   hier zunächst sogar das „Gut“. Was ist geschehen? Technisch haben sich die Entwickler nichts zu schulden kommen lassen, aber konnte ich im Vorgänger den stoischen Fluglehrer noch als Fauxpas durchgehen lassen, so muss ich nun Vorsatz attestieren. Auch dass man an der Erkennung des Flugsteuerungssystems nichts verbessert, sondern sogar es eher verschlechtert hat, ist ärgerlich. Hinzu kommt das Szenario: Georgien? So passend es für die A-10C noch war, so unpassend ist es für die Mustang - vermutlich hat der Himmel über dem Kaukasus niemals eine P-51D gesehen! Eine trockene und nicht wirklich dynamische Kampagne ist schon nicht besonders motivierend, aber wenn auch das Szenario nicht passt wird man der Sache nicht gerecht. Der Mehrspielerpart mit über 200 Teilnehmern ändert auch nichts daran, dass außer der Mustang kein anderes Propeller-Jagdflugzeug zu sehen ist. Was diese Simulation rettet, ist ihre unbestrittene, schon fast wahnsinnige technische Genauigkeit. So handelt es sich bei DCS: P-51D trotz aller Kritikpunkte um nicht weniger als eine weitere Perle für Fans authentischer Flugsimulationen.

Pro

akkurate Umsetzung der P-51D Mustang
umfassende Vermittlung von Wissen zum Flugzeugtyp
Unterstützung von Track IR & Multi Displays
Arcade-Modus der Einsteigern eine Chance gibt
authentischer realer Sound
dynamisches Wetter, Tag/Nachtwechsel
Super umfangreiche Dokumentation...

Kontra

Tutorials ohne Feedback
unpassendes Szenario
Kampagne nicht voll dynamisch
keine Hintergrundgeschichte
kein korrektes Automapping des Flighsticks
Übersetzungsfehler bei wichtigen Punkten
...die aber selbst ausgedruckt werden muss

Wertung

PC

Technisch einwandfreie Simulation der P-51D Mustang, allerdings vor historisch unpassender Kulisse.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.