Street Racing Syndicate22.04.2005, Michael Krosta
Street Racing Syndicate

Im Test:

Seit Electronic Arts den nächtlichen Underground als Schauplatz illegaler Autorennen und protziger Selbstdarstellung von Tuning-Freaks wiederentdeckt und äußerst erfolgreich ausgeschlachtet hat, wollen auch andere Hersteller ein Stück vom lukrativen Oktan-Kuchen abstauben. Mit SRS schickt Namco einen dreisten NFS-Underground-Klon ins Rennen, der neben lizenzierten Boliden und Tuning-Teilen auch mit leicht bekleideten Damen aufwarten kann. Kann da überhaupt noch etwas schief gehen?

Racing nur im ersten Gang

Es ist Nacht. Los Angeles, USA. Auf dem nassen Asphalt spiegelt sich die Straßenbeleuchtung, während die Motoren von vier hoch getunten Flitzer aggressiv aufheulen. In einem dieser PS-Monster sitzt ihr und wartet nervös auf den Start des illegalen Rennens, bei dem auch eine ganze Menge Wett-Kohle auf dem Spiel steht. Endlich schwingt ein sexy Mädel ihren nicht weniger aufregenden Hintern an die Startlinie, wirft euch noch einen Kuss zu und gibt anschließend das Signal. Ihr drückt

Meistens seid ihr bei den Rennen nachts unterwegs.
das Gaspedal voll durch und freut euch schon auf den Geschwindigkeitsrausch, den der heiße Schlitten verspricht. Aber was ist das? Seid ihr nur im ersten Gang unterwegs oder warum zieht die Umgebung nur in einem solch gemächlichen Tempo an euch vorbei? Um euch zu vergewissern, dass ihr tatsächlich hinter dem Steuer eines über 500 PS starken Skyline sitzt und nicht etwa in einem Trabbi, schaltet ihr von der Motorhauben- über die Stoßstangen bis hin zu den beiden Außenperspektiven. Und tatsächlich: Ihr steuert einen voll aufgemotzten Nissan Skyline, nur leider schafft es Namco zu keinem Zeitpunkt, die enorme Power der Boliden auch auf dem Bildschirm rüber zu bringen. Dabei zeigte der Hersteller doch gerade bei der Ridge Racer-Serie, wie man den Spieler in einen wahren Geschwindigkeitsrausch versetzt. Als wäre der Mangel an Speed nicht schon schlimm genug, wird das Renngeschehen zudem immer wieder von starken Einbrüchen der Framerate heimgesucht, während sich deutliche Pop-Ups am Horizont nicht nur bei Zuschauern in die Augen brennen. Während sich PC, Xbox und PS2 in technischer Hinsicht (bis auf die längeren Ladezeiten bei den Konsolen) kaum etwas geben, sackt die Cube-Fassung mit unscharfen Texturen und der ruckelanfälligsten Darstellung deutlich ab. Nicht alle Rennen in SRS finden bei Nacht statt, sondern auch am Tag wird fröhlich Gas gegeben, was für etwas Abwechslung vom illegalen Rennalltag im dunklen Untergrund sorgt. In manchen Rennen seid ihr sogar zu beiden Tageszeiten unterwegs. So startet ihr nachts, fahrt irgendwann durch einen Tunnel und sobald ihr diesen wieder verlasst ist es plötzlich taghell. Lächerlich, oder?!

Gelungene Fahrphysik

Dabei bietet SRS einige wirklich gute Ansätze: Die Fahrphysik etwa schafft eine ordentliche Balance zwischen Arcade und Simulation, wodurch sich jede der insgesamt über 40 lizenzierten Karossen verschiedener Hersteller

Ein VW Golf eignet sich hervorragend als Anfängerauto.
(darunter VW, Nissan, Toyota) etwas anders, aber dabei durchaus anspruchsvoll steuert. So driftet ihr kontrolliert durch die Kurven oder brettert haarscharf am Gegenverkehr vorbei. Für besonders gelungene Aktionen gibt es Punkte, mit denen ihr eure Respekt-Score erhöhen könnt. Allerdings gestaltet sich die Punktvergabe sehr inkonsequent: Mal gibt es z.B. für einen Drift massig Punkte, ein anderes Mal geht ihr leer aus. Beim Punktabzug macht ihr übrigens die gleiche Erfahrung. Prinzipiell werden Punkte abgezogen, wenn ihr die Bande küsst oder Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmern verursacht. Manchmal scheint diese Regel dagegen keinen Bestand zu haben und ihr rast in andere Fahrzeuge, ohne bestraft zu werden. Im Gegensatz dazu gibt es bei Rempeleien mit euren drei Konkurrenten fast immer Punktabzüge – selbst dann, wenn ihr gar nicht an den Unfällen Schuld seid. Gut gelungen ist den Entwicklern das Schadensmodell, auch wenn dieses nur von optischer Natur ist und keine Auswirkungen auf das Fahrverhalten hat. Allerdings müsst ihr bei den Reparaturen tief in die Tasche greifen - es sei denn, ihr fahrt gerne mit einem völlig ramponierten Wrack durch die Gegend.

Gute KI, schlechte KI

Die KI der Gegner macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck und ist immer wieder für eine Überraschung gut. Stures Fahren auf der Ideallinie gibt es hier nicht und so scheren die Fahrzeuge immer wieder unerwartet aus und blocken eure Überholversuche. Das führt sogar so weit, dass die CPU-Fahrer selbst Fehler machen, in Unfälle verwickelt werden und zeitweise sogar in die falsche Richtung fahren. Klingt alles ganz gut, doch hat die KI einen entscheidenden Fehler: Egal, wie übermotorisiert euer Geschoss auch sein mag, bleiben euch die Gegner trotz schwächerer Maschinen meistens auf den Versen. Liegen sie dagegen vorne, scheinen sie plötzlich mit angezogener Handbremse weiter zu fahren und warten brav auf euch. 

In der Garage motzt ihr eure Karre gehörig auf.
Natürlich habt ihr dadurch auch nach groben Fahrfehlern noch die Chance auf einen Sieg, doch verlieren das Renngeschehen und der Tuning-Aspekt damit deutlich an Glaubwürdigkeit.

Power unter der Haube

Um die Leistung eures Wagens zu steigern, findet ihr in der Garage einige Tuning-Teile namhafter Hersteller wie Bosch oder AEM, die von Motormodifikationen über Bremsen und Fahrwerke bis hin zur Lachgas-Einspritzung reichen. Das dafür notwenige Geld erhaltet ihr in diversen Rennveranstaltungen, bei denen ihr zusätzlich auch noch Wetten abschließen und dabei mächtig absahnen könnt. Die Menüführung im Tuningbereich ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Entscheidet ihr euch beispielsweise für ein Motor-Tuning, bekommt ihr anhand von Icons eine ganze Reihe von Herstellern aufgelistet. Was genau der jeweilige Hersteller im Programm hat, wird jedoch nicht gezeigt. So müsst ihr jeden Hersteller einzeln anklicken, um zu erfahren, was er für euch auf Lager hat. Ganz schön umständlich. Neben reinen Leistungsupdates dürft ihr natürlich auch rein kosmetische Veränderungen an eurem Schmuckstück vornehmen und Vinyl-Folien sowie diverse Sticker an der Karosserie anbringen. Und fette 18 Zoll BBS-Felgen machen sich bestimmt auch ganz gut, um bei den Mädels zu landen, oder?           

Motorsport=Männersport?

Genau wie im echten Leben, müsst ihr auch im Videospiel einen mächtigen Eindruck mit eurer Kiste hinterlassen, wenn ihr mit den heißen Tuning-Girls anbandeln wollt. Dabei wird schnell deutlich, dass SRS in erster Linie für Männer und ihren

Die Tuning-Girls tanzen in knappen Outfits - und das nur für euch!
Testosteron-Gehalt konzipiert wurde, da die Frau in freizügigen Videoclips schnell zum reinen Sexobjekt degradiert wird.

Und das läuft so: In verschiedenen Respect Challenges verdient ihr euch zunächst die Aufmerksamkeit der Angebeteten, indem ihr einen kleinen Test für sie besteht. Dieser besteht z.B. daraus, innerhalb eines Zeitlimits eine bestimmte Anzahl an Checkpoints abzufahren oder mit einem gewagten Fahrstil für Furore zu sorgen. Habt ihr’s geschafft, bieten euch die Mädels an, eure feste Freundin zu werden und stimmen euch gleich mit einem real gefilmten, mehr oder weniger erotischen Tänzchen darauf ein. Legt ihr euch auf eines der insgesamt 18 Mädels fest, werden bis zu zwei weitere Videos freigeschaltet, bei denen die Kleidungsstücke immer knapper werden. Dazu müsst ihr lediglich die aus drei Rennen bestehenden Serien der Crew Meetings als Sieger verlassen und schon gibt es neben Geld und Respektpunkten einen neuen Clip als Belohnung. Doch Vorsicht: Versagt ihr in der Serie, werdet ihr blitzschnell zum Loser gestempelt und von eurer zukünftigen Ex-Freundin abgeschossen. Frauen können ja soooo grausam sein! Auf dem PC wirken die Videos aufgrund der geringen Auflösung sehr grob, während auf dem Cube anscheinend eine stärkere Kompression verwendet wird, die in deutlicherer Artefakt-Bildung und einer Unschärfe resultiert. So sexistisch es auch klingt, sind es doch hauptsächlich die Videos, die zum Weiterspielen von SRS motivieren, denn bezüglich Streckendesign, Tuning und Abwechslung hat Namcos Racer leider nicht allzu viel zu bieten.

Viel zu einfach

Da ihr jede Serie so oft wiederholen dürft, wie ihr wollt, kommt ihr sehr schnell zu sehr viel Geld und könnt euch damit schon recht früh im Spiel ein Auto aufbauen, mit dem ihr - auch unterstützt durch die wartende

Mit den Cops liefert ihr euch haarsträubende Verfolgungsjagden.
Gegner-KI - einen Sieg nach dem anderen einfahrt. Auch die Strecken in L.A., Miami und Philadelphia wiederholen sich zu oft, so dass sich schnell Langeweile breit macht. Einzig die wilden Verfolgungsjagden mit den Cops sorgen hin und wieder für Abwechslung, wenn ihr gerade zu schnell durch die Stadt düst oder bei einem illegalen Rennen erwischt wurdet. 

Arcade & Online

Neben dem zentralen Street-Modus beinhaltet SRS zusätzlich einen Arcademodus, mit dem ihr in verschiedenen Modi schnell in die Action einsteigen könnt. Meistert ihr sogar die Iron Man-Herausforderungen, bekommt ihr als Belohnung drei Bonuswagen, die euch anschließend auch im Hauptspiel zur Verfügung stehen. Auch online dürft ihr euch Auseinandersetzungen mit bis zu drei weiteren Mitstreitern liefern. Neben Einzelrennen habt ihr auch die Möglichkeit, eine kleine Meisterschaft im Internet auszutragen oder euch in Zweierteams zu verbünden. Besonders spannend und risikoreich sind die Pink Slip- Herausforderungen, bei denen nicht weniger als euer eigener, mühsam aufgebauter Wagen auf dem Spiel steht. Verliert ihr das Rennen, müsst ihr die Schlüssel abgeben und seht euren Flitzer nie wieder. Entscheidet ihr das Match dagegen für euch, dürft ihr den Wagen eures Kontrahenten anschließend in eurer eigenen Garage parken. Hopp oder Topp heißt hier die Devise. Leider kam es bei unseren Online-Testfahrten immer wieder zu unangenehmen Lags und nicht nachvollziehbaren Ergebnissen. Obwohl wir (laut Karte) mit einem deutlichen Vorsprung die Zielllinie überquerten, landeten wir am Ende doch nur auf dem zweiten oder einem noch schlechteren Platz. Zwar sind solche Vorkommnisse eher

Driftet durch die Kurven und lasst dabei die Reifen qualmen.
die Ausnahme, aber besonders während eines Pink Slip-Rennens äußerst ärgerlich! Offline-Zocker dürfen zusätzlich noch via Splitscreen gegeneinander antreten. Während sich auf dem Cube und der PS2 maximal zwei Spieler den Bildschirm teilen, erlaubt die Xbox bis zu vier Teilnehmer. Selbst PC-Spieler haben die Möglichkeit, zu zweit ein Rennen im Splitscreen auszutragen.

Deutsch oder Englisch?

Zwischen den einzelnen Versionen existieren einige Unterschiede, was die Lokalisierung betrifft. Während die über Flashpoint vertriebene PC-Fassung komplett in Englisch auf den Markt gebracht wird, hat Nintendo der Cube-Version wenigstens deutsche Untertitel und Texte verpasst. Die Versionen für Xbox und PS2 erscheinen dagegen im Vertrieb von Codemasters und wurden komplett eingedeutscht, wobei auf Wunsch auch andere Sprachen eingestellt werden können. Doch egal, ob auf Deutsch oder Englisch: Die Synchronisation ist in beiden Fällen äußerst mies ausgefallen. Gerade bei den Boxenludern drängt sich euch schnell der Verdacht auf, als verfügen die heißen Bräute über den IQ einer Scheibe Brot. Auch der Hip-Hop-Gangsta-Soundtrack bewegt sich eher auf mittelmäßigem Niveau und kann bei den EA Trax eines Need For Speed Underground nicht mithalten.

        

Fazit

Schon in den ersten Minuten wird deutlich, dass sich SRS rücksichtslos an den Elementen der erfolgreichen NFS Underground-Serie bedient. Doch ebenso schnell wird klar, dass Namco diese Klasse einfach nicht erreichen kann. Grafisch hinkt man der Konkurrenz stellenweise deutlich hinterher und auch die Tuningmöglichkeiten, egal ob bei der Leistung oder Optik, fallen längst nicht so umfangreich aus wie beim Vorbild. Hinzu kommt ein Gegnerverhalten, das auf der einen Seite aggressiv und auf der anderen Seite viel zu gutmütig ist und den Rennausgang eher zur Glückssache oder meistens viel zu einfach für euch macht. Größtes Manko ist allerdings das viel zu niedrige Geschwindigkeitsgefühl, das euch wirklich nie den Eindruck vermittelt, einen PS-starken Boliden zu kontrollieren. Da helfen auch leider nicht mehr die gute Fahrphysik, das Schadensmodell, die röhrenden Motorensound oder die Clips der teilweise sehr attraktiven Girls, an denen Alice Schwarzer sicherlich ihre Freude hätte: SRS bleibt im Mittelfeld stecken und ist höchstens für solche Spieler interessant, die sich die Wartezeit auf Midnight Club 3 DUB Edition oder Juiced verkürzen wollen. Da die Cube-Version technisch deutlich schlechter ausfällt, solltet ihr in diesem Fall aber besser zu den anderen Konsolenfassungen oder der PC-Variante greifen.

Pro

gute Fahrphysik
röhrende Motorensounds
(optisches) Schadensmodell
nette Girls-Clips
lizenzierte Autos & Tuningteile
Verfolgungsjagden mit Cops
z.T. gute Gegner-KI
Online-Modus

Kontra

<P>
zu einfach (durch Über-Tuning+KI)
Pop-Ups
ruckelanfällige Grafik (vor allem Cube)
durchschnittlicher Soundtrack
kaum neue Ideen (NFSU-Klon)
Strecken wiederholen sich zu oft
verwaschene, unscharfe Optik (Cube)
grobe Videos (PC)
mangelhaftes Geschwindigkeitsgefühl
Lags im Onlinemodus
miese Synchronisation / Sprachausgabe
lange Ladezeiten (Konsolen)</P>

Wertung

XBox

GameCube

PC

PlayStation2

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