Schach im Zweiten Weltkrieg
Obwohl Alliierte und Achse unterschiedliche Ziele und ganz andere Truppenstärken haben, ist die Spielbalance erstaunlich. Sie wird auch dadurch gewährleistet, dass maximal drei Einheiten pro Feld erlaubt sind. Das führt wiederum zu mehr Überlegung bei der Routenplanung. Das Spiel ist alles andere als unzugänglich, sondern aufgrund des knackigen Tutorials und der einfachen Steuerung sehr intuitiv. Trotz der üppigen Statistik im Hintergrund fühlt sich diese Rundentaktik nicht wie eine trockene Kriegssimulation, sondern eher wie ein Schachspiel an. Schön ist, dass man im Kampf gegen die KI zwischen jeweils zwei alliierten und deutschen Generälen wählen kann, die spürbar unterschiedlich vorgehen.
Leider gibt es nur zwei Spielmodi, wobei man zwischen zwei KI-Gegnern wie etwa hier Montgomery oder Patton wählen kann.
Spielt man die Achse, hat man es entweder mit dem eher defensiven Montgomery zu tun, der sich geschickt zurückzieht, oder mit dem etwas offensiveren Patton, der auch schonmal aggressiver zurückschlägt und böse kontert. Spielt man die Alliierten, hat man es entweder mit Von Rundstedt zu tun, der seine Panzer erst sammelt und konzentriert an einzelnen Punkten zuschlägt, oder mit Dietrich, der seine Panzer schonmal weiter streut und höheres Risiko geht. Egal wie oft man spielt: Man wird selbst im Kampf gegen die KI immer einen unterschiedlichen Verlauf erleben.
Auf dem iPad wirkte die Präsentation edler: Man hat die PC-Version quasi 1:1 umgesetzt, ohne sie nochmal gezielt en detail zu verbessern, zumal es auch keinerlei Grafikeinstellungen gibt und man nicht mal die komplette Karte anzeigen kann, sondern umständlich mit der Maus nach unten scrollen muss. Außerdem wirkt die Topographie im totalen Zoom etwas ausgefranst. Trotzdem ist die Inszenierung okay. Das authentische Archivmaterial wird zudem gekonnt mit dem dezenten Artdesign verbunden. Im Zuge der deutschen Veröffentlichung
Noch eine Besonderheit: Je nach Kampftag sorgen historisch (zum größten Teil) authentische Ereignisse für frische Truppen, Boni oder mali bei Angriff oder Treibstoff.
mussten schon auf dem iPad einige Symbole nachträglich verwischt werden, was man bei einigen Dokumenten der Wehrmacht noch erkennt. Die Präsentation beschränkt sich auf das Wesentliche, aber die Rundentaktik wird akustisch prägnant untermalt. Da hört man den Wind über das Schlachtfeld pfeifen, Panzerketten schleifen oder Lili Marleen singt im Hintergrund, während man sich durch das Archivmaterial wühlt. Dafür gebührt den Entwicklern ein großes Lob, denn sie ordnen nicht nur die militärische Ausgangslage sehr gut ein und stellen Einheiten sowie Generäle vor, sondern vergessen auch nicht den Hinweis auf die Kriegsverbrechen der in dieser Schlacht beteiligten Waffen-SS.
Die Schwachpunkte
So fantastisch sich diese Rundentaktik spielt, gibt es auch Schwachpunkte. Schade ist neben den rein englischen Texten, dass man sich nicht anzeigen lassen kann, wohin bzw. wie weit der Gegner theoretisch ziehen könnte; außerdem vermisst man eine genauere Info zur Einheit, wenn man deren Icon auf der Gefechtskarte anklickt – dazu muss man erst ins Menü. So vorbildlich KI-Typen mit unterschiedlichen Verhaltensweisen sind, erlebte man auf dem iPad zudem einige unverständliche Fehler, wenn z.B. der sonst so wachsame Monty sichere Stellungen in Städten verließ, die man dann viel zu einfach einnehmen
Schade ist: Die KI ist recht wankelmütig, es gibt nur eine Karte bzw. einen Spieltyp sowie keine permanente Offline-Rangliste. Dafür kann man sich online bekriegen.
konnte. Oder wenn der aggressive Dietrich nicht erkanngte, dass er an einer Stelle durchstoßen konnte. PC-Spieler profitieren natürlich nach zwei Jahren von einigem Feintuning sowie von den Bugfixes der Version 1.15, die nicht alle, aber einige relevante Patzer der KI ausmerzt.
Militärpuristen wird aufstoßen, dass es nur drei Einheitentypen gibt und dass man Luft- und Artillerie-Unterstützung quasi nur als statistische Boni, nicht als eigene Truppen erlebt. Schade ist auch, dass es nur zwei Spielmodi auf einer Karte gibt, wobei „Race to Meuse“ nur eine kurze Variante des wesentlich umfangreicheren „Battle of the Bulge“ darstellt. Man kann per Hotseat entweder an einem rechner gegeneinander oder noch besser online loslegen, wobei auf dem PC die neue Multiplayer-Technik von Slitherine (PBEM) zum Einsatz kommt, die übrigens auch systemübergreifende Spiele zwischen iPad, Mac und PC erlaubt. Schließlich vermisst man immer noch eine Offline-Rangliste für die eigenen Leistungen gegen die KI: Man bekommt ja Siegpunkte für jede Schlacht, die man gerne sichern würde, um seinen Fortschritt zu erkennen.