Aber Hofmeier geht es gar nicht um den offensichtlichen Realismus. Ihm gelingt etwas verdammt Cleveres: Er kommt in meinem Kopf an. Während ich anderswo nämlich Szenen nachspiele, fühle ich hier, was mein Charakter fühlt. Genau wie er oder sie muss ich mich auf eine dröge und langwierige Tätigkeit konzentrieren, die sich noch dazu fast – aber eben nur fast – von alleine erledigt, weil ich sonst um meine Existenz fürchte. Hofmeier ist daran interessiert, was sein Spiel mit mir macht. Er bleibt nicht dort stehen, wo es sich gut spielt.
Leider lässt die Einführung unnötige Fragen offen, während viele Programmfehler die Illusion einreißen.
Dafür würde ich ihm wahnsinnig gerne eine Medaille umhängen!
Kaputtprogrammiert
Und trotzdem kann ich ihm beim besten Willen keine Auszeichnung verleihen. Denn bei aller Liebe für sein Vorhaben und noch mehr für die ausgezeichnete Umsetzung: Sein Spiel ist voller grober Fehler, das Verstehen der Spielelemente ist anfangs über weite Strecken die eigentliche Herausforderung und einige Schwächen in der Steuerung sind völlig unnötig.
Wenn mir mein Protagonist etwa seinen Hunger mitteilt oder hustet, wird das aktuelle Menü geschlossen und ich muss von neuem in den Optionen wühlen. Es ist gut, dass die natürlichen Bedürfnisse drängeln und den Spielfluss unterbrechen. So wie es hier geschieht, erfüllt es allerdings keinen Zweck. Einen ähnlichen Makel trägt die ungenügende Einführung, denn während mir das Zurechtfinden im Alltag natürlich schwer fallen soll, vermittelte mir Cart Life zu Beginn den Eindruck, ich könne keinen Fuß vor den anderen
Außwärts essen, selber kochen oder einen Snack aus dem Supermarkt naschen? Cart Life bietet große Handlungsfreiheit.
setzen.
Ein Albtraum
Am schlimmsten sind jedoch die Fehler, die die Illusion des Spiels glatt zerreißen. Ein Programmabsturz war leicht zu verkraften. Viel ärgerlicher ist es, wenn mich ein Passant dreimal hintereinander mit demselben Anliegen anspricht, wenn mir ein Polizist auf diesem Weg z.B. zwei- oder dreimal eine Geldstrafe aufbrummt – ein massiver Verlust, den ich in der kurzen Spielzeit nicht wiedergutmachen konnte.
Es kommt auch vor, dass Kunden stehenbleiben, mich aber nicht ansprechen. Melanies Tochter sollte angeblich Zuhause sein, tatsächlich war sie noch in der Schule. Es kann passieren, dass ich mich morgens mit ihr auf den Weg machen will, sie aber partout nicht ansprechen kann. Irgendwann geht sie dann alleine, was sich natürlich schlecht auf meinen Kampf um das Sorgerecht auswirkt – genau darum dreht sich Melanies Geschichte aber. Eine Nacht erlebte ich schließlich den Traum eines anderen Charakters. Und das sind noch längst nicht alle Fehler.