Loadout26.02.2014, Michael Krosta

Im Test: Kostenloser Comic-Shooter

Lustiger Comic-Stil, Shooter und Free-to-play: An dieser Dreier-Kombination haben sich schon einige Hersteller versucht – allen voran Valve mit dem großartigen Team Fortress 2, aber auch EA hat mit Battlefield Heroes auf diese Mischung gesetzt. Loadout von Edge of Reality schlägt in die gleiche Kerbe, will sich aber mit einem umfangreichen Waffenbaukasten von der Konkurrenz absetzen. Wir haben uns ein paar Wummen gebastelt und uns in die Mehrspieler-Action gestürzt...

Eine Prise blutiger Humor

Loadout erfindet den Ballerspaß sicher nicht neu: Wie in Team Fortress erlebt man hier einen Comic-Shooter, bewegt sich  allerdings in der Schulterperspektive fort, visiert seine Gegner in der Zielansicht etwas präziser an, schmeißt Granaten oder weicht mit einer schwungvollen Hechtrolle dem feindlichen Beschuss aus. Nahangriffe finden sich neben einer Sprint-Funktion ebenfalls im Repertoire. So weit, so bekannt.

Was man eher nicht alle Tage sieht, sind die expliziten Verstümmelungen und Blutfontänen, mit denen die Kämpfer zerfetzt werden. Edge of Reality inszeniert ein wahres Gemetzel, das durch die  völlig übertriebene Darstellung für den einen oder anderen Lacher sorgt. So humpeln die Figuren z.B. mit abgetrennten Gliedmaßen weiter über die Karte oder haben auch schon mal ein Loch im Torso, das einen Blick auf die Eingeweide gewährt. Verkohlte Haut nach einer Feuerattacke gehört ebenso zum Alltag wie zermatschte Köpfe, bei denen nur noch die Augen hervorstehen. Keine Frage: Hätten die Entwickler nicht den Comic-Stil gewählt und die Gewalt völlig überzogen inszeniert, hätte Loadout sicher keine Freigabe für Deutschland bekommen. So aber kann man sich das Schmunzeln kaum verkneifen, wenn sich das halbierte Opfer bei seinem letzten Atemzug noch mit einem ausgetreckten Mittelfinger von seinem Häscher verabschiedet. Eher unfreiwillig komisch ist die deutsche Lokalisierung ausgefallen: Die Texte strotzen nur so vor Grammatikfehlern und seltsamen Umschreibungen, bei denen man oft gar nicht so recht weiß, was einem das Spiel hier überhaupt sagen will. Das ist zwar peinlich, aber trotzdem irgendwie lustig.

Gute Auswahl an Modi

Bääääm! Volltreffer!
Abgesehen von der Darstellung ist die Action zwar gewöhnlich, doch dafür hat man sich bei den Spielmodi ein paar nette Variationen einfallen lassen: Das klassische Capture the Flag heißt hier z.B. Presslufthammer – und im Gegensatz zu einer Flagge kann man mit dem Objekt der Begierde hier auch noch ordentlich austeilen, sobald man den Hammer in Händen hält. Bei der Deathmatch-Variante Death Snatch orientiert man sich dagegen an Kill Confirmed von Call of Duty und bekommt den Punkt nur dann gutgeschrieben, wenn man nach der Vernichtung auch noch einen kleinen Leuchtstab bei seinem Opfer aufsammelt. Ist einer seiner Teamkollegen schneller, kann man den fast schon sicheren Punkt abhaken. Der dritte Modus hört auf den Namen Gewinnung: Hier wird ein Spieler des Teams in der Rotation als Sammler bestimmt, der zum Punkten möglichst viele Blutonium-Kristalle aufnehmen und an aufgestellten Behältern abladen sollte. Die Variante „Blitz“ erinnert dagegen an Conquest aus Battlefield – mit dem Unterschied, dass hier nur ein einziger Flaggenpunkt aktiv ist, um den sich die beiden Teams fetzen. Hält eines lange genug erfolgreich die Stellung, taucht kurze Zeit eine weitere Basis auf und das Duell geht in die nächste Runde.

Nach dem Gewinn einer Runde darf ein Siegestänzchen aufgeführt werden.
In allen vier Modi darf man sowohl in freien als auch gewerteten Ranglisten-Spielen um Punkte kämpfen. Karten und Varianten werden per Abstimmung festgelegt - neben zwei vorgeschlagenen Optionen kann man sich dabei auch für das Zufallsprinzip entscheiden. Eigene Partien mit individuell festgelegten Regeln und Karten soll es erst in Zukunft geben. Hoffentlich kommen auch ein paar neue Maps dazu, denn an den gebotenen Schauplätzen hat man sich schnell satt gesehen und auch das Design der Arenen kommt nicht über den Durchschnitt hinaus. Immerhin lässt sich bereits eine eigene Gruppen-Lobby anlegen, zu der man Freunde einladen kann. Neben den 4v4-Mehrspieler-Kämpfen stehen optional auch kooperative Einsätze gegen ein KI-Team zur Auswahl. Für Solisten wird bis auf ein kleines Testgelände für die Waffen allerdings nichts geboten: Loadout ist als reiner Mehrspieler-Shooter konzipiert und darf auch nur online gespielt werden. Eine LAN-Option gibt es genauso wenig wie Ballern am geteilten Bildschirm.

Meine Krawumm-Wummediwumm-Wumme

Teilt man nicht gerade auf den solide designten Schlachtfeldern wie einer Schlucht, einer Brauerei oder einem Wohnwagenpark aus, tüftelt man in der Schmiede an neuen Waffendesigns, bei denen man erfreulich viele Freiheiten besitzt. Das geht schon beim Namen für die eigene Wunderwaffe aus und erstreckt sich über Anpassungen an den sieben Modulen, aus denen die Wummen bestehen. Dabei entscheidet man sich zunächst für ein „Fahrwerk“, das die generelle Grundausrichtung bestimmt. Soll es ein Gewehr oder ein Raketenwerfer sein oder setzt man lieber auf futuristische Puls- und Strahlengeschosse? Die Wahl der Ladung ist ebenfalls wichtig: Neben Standardmunition kann man der Waffe mit einer Tesla- oder Pyro-Erweiterung Extra-Power verleihen oder man entscheidet sich, das gute Stück in eine Heilungskanone umzufunktionieren, mit deren Hilfe man seine Mitstreiter unterstützt. Auch das Baden in der grünen Suppe von Heil-Granaten füllt die Energieleiste wieder auf – alternativ hält man neben Munitionskisten Ausschau nach Erste-Hilfe-Paketen, die auf der Karte verteilt werden und nach Verwendung kurze Zeit später wieder auftauchen. Aber zurück zu den Waffen: Auslöser (Trigger), Magazin, Lauf (z.B. Scharfschütze), Vorrat (z.B. Rückstoßdämpfung) und Umfang (z.B. optischer Zoom oder Röntgenblick) dürfen ebenfalls nach eigenen Wünschen zusammengebaut bzw. modifiziert werden. Selbst die Charakteristik der Geschosse lässt sich festlegen.

Bis zu zwei Waffen werden mit in die Schlacht genommen. Zusätzlich ist ein weiterer Slot für Ausrüstung wie Handgranaten, Schutzschild, Springstiefel, eine Tarn

In der Waffenschmiede baut man sich seine eigene Wumme zusammen.
vorrichtung, Geschützturm oder andere Gimmicks reserviert. Zu Beginn darf man sich lediglich ein Loadout zusammenstellen – weitere zwei sind mit Levelaufstiegen möglich, für die man allerdings einige Zeit investieren muss. Wer schneller mehr Platz haben und alternativ zahlen will, darf sich außerdem bis zu sieben Slots dazu kaufen, wobei man pro Loadout 6000 Spacebux zahlen muss, was umgerechnet knapp acht Euro entspricht. Ganz schön stolze Preise...

Teure Mikrotransaktionen

Aber das ist nur der Anfang: Wie bei fast allen Free-to-play-Titeln gibt es auch hier mehr als genug Möglichkeiten, sein Echt-Geld loszuwerden – vor allem, um das Aussehen der Figuren zu verändern. Selbst für die günstigste Gesichtsmaske legt man schon knapp zwei Euro hin. Soll es ein fesches T-Shirt oder eine schicke neue Hose sein, muss man auch schon mal sechs oder mehr Euro berappen. Und wer seine Gegner per Tastendruck richtig schön verspotten möchte, muss für die eine oder andere Beleidigung schon mal über zehn Euro löhnen. Unfassbar – auch wenn man die Spacebux optional in Sparpaketen erwerben kann. Das teuerste von ihnen kostet bei einer Ersparnis von 24 Prozent 15,99 Euro, für das man im Gegenzug 16000 Spacebux bekommt. Und es versteht sich quasi von selbst, dass die Mikrotransaktionen immer schön mit ungeraden Beträgen verrechnet werden: Ein dämlicher Zahnstocher kostet z.B. 999 Spacebux, eine Schweißerbrille 1499 Spacebux und Arm-Tattoos bekommt man für 6499 Bux. Wer übrigens das Maximum an Plätzen für Loadouts und Waffen freischalten möchte, ist mit knapp über 80 Euro dabei. Das sind unverschämte Wucher-Preise, aber okay: Man muss für diesen Unsinn ja kein Geld ausgeben und verschafft sich keine Vorteile. Das gilt auch für die Avatare, die man gegen Bezahlung freischalten darf.

Die Preise für Items sind völlig überzogen.
Anders sieht es bei den Boosts aus: Doppelte Erfahrungspunkte für einen Tag, ein oder zwei Wochen oder gar 30 Tage lasse ich mir noch gefallen, aber darüber hinaus werden auch Kombinationen mit Blute-Boosts oder sogar separate Blute-Verdoppler angeboten. Und hier hört der Spaß auf, wenn man erst einmal weiß, wofür diese Ingame-Währung neben den Spacebux genutzt wird. Mit dem Blute-Vorrat schaltet man Ausrüstungen und Upgrades im Techbaum frei, um sein Arsenal aufzuwerten. Zwar bekommt man auch nach jeder gespielten Partie Blute-Punkte gutgeschrieben, aber mit Hilfe der Boosts peppt man seine Wummen entsprechend schneller auf und verschafft sich damit durchaus Vorteile, auch wenn man weitere Ausbaustufen nur mit XP und damit spielerischen Fertigkeiten erreicht. Trotzdem ist ein Pay-to-Win-Ansatz hier nicht von der Hand zu weisen, auch wenn es hier unterm Strich fairer zugeht als in den meisten anderen Free-to-play-Abzockereien. Hier kann man durchaus viel Spaß haben, ohne auch nur einen Cent zu zahlen. Die gute Online-Stabilität trägt ihren Teil dazu bei: Zwar kam es vereinzelt zu Abstürzen vor Match-Beginn, doch startet die Partie erst, kann man sich auf ein lagfreies Ballervergnügen freuen. Hatte man in der Anfangsphase noch mit massiven Problemen und Wartezeiten beim Match-Making zu kämpfen, fluppt es jetzt und man landet flott in der Partie, die in der Regel mit einem unterhaltsamen Shootout beginnt, in der sich alle Spieler direkt gegenüberstehen.

Fazit

Für eine kleine Baller-Runde zwischendurch macht mir Loadout tatsächlich Spaß! Karten und Spielmodi sind zwar weder zahlreich vorhanden noch übermäßig gut designt, doch das Zusammenbauen und die individuelle Namensgebung der Waffen sorgt zusammen mit der blutigen Comic-Präsentation für einige Lacher. Das gilt auch für die grottenschlechten deutschen Übersetzungen, für die die Entwickler scheinbar eine Billigvariante von Babelfish bemüht haben. Im Kern ist Loadout allerdings nur ein weiterer generischer Shooter, der abgesehen von der Gore-Inszenierung und dem Waffenbaukasten spielerisch nichts Außergewöhnliches zu bieten hat. Aber manchmal braucht es eben nicht mehr als eine fette Wumme und ein bisschen Kanonenfutter, um den Tag zu genießen. Für ein kleines Intermezzo eignet sich Loadout perfekt, zumal das Ganze kostenlos ist. Zum Glück beschränkt sich das Angebot an preislich völlig überzogenen Mikrotransaktionen überwiegend auf optische Gimmicks, doch verschafft man sich durch Investitionen in Boosts durchaus auch spielerische Vorteile, da man der Zugang zu stärkeren Upgrades beschleunigt wird – und das stinkt mir gewaltig!  

Pro

charmanter Comic-Look
blutiger Cartoon-Humor
Mikrotransaktionen nicht zwingend nötig
gute Online-Performance
viele individuelle Anpassungen an Waffen und Figuren
simples Matchmaking
Koop-Spiele gegen Bots möglich
optionale Controller-Steuerung
zahlreiche Statistiken
kostenlos

Kontra

völlig überzogene Preise im Store
katastrophale Lokalisierung
(noch) keine privaten Spiele mit eigenen Regeln möglich
Pay-to-Win-Ansätze
müßiges Freischalten, wenn man nicht bezahlen möchte
vereinzelte Abstürze
wenige Karten
keine Splitscreen-Option
keine LAN-Unterstützung

Wertung

PC

Loadout ist ein netter und kostenloser Comic-Shooter für zwischendurch, doch Pay-to-Win-Ansätze und überzogene Item-Preise erweisen sich als Spielverderber.

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