Harry Potter: Quidditch-Weltmeisterschaft12.12.2003, Jens Bischoff
Harry Potter: Quidditch-Weltmeisterschaft

Im Test:

Electronic Arts melkt weiterhin kräftig die äußerst lukrative Harry Potter-Lizenz. Dieses Mal jedoch nicht mit einem neuen Action-Adventure, sondern in Form eines skurrilen Sportspiels. Fans wissen allerdings schon lange, dass in Hogwarts nicht nur gezaubert, sondern auch Quidditch gespielt wird. Ob uns EAs Harry Potter: Quidditch-Weltmeisterschaft (ab 62,80€ bei kaufen) verzaubern konnte?

Fußball war gestern

Wenn Harry Potter zwischen all seinen Abenteuern mal eine sportliche Herausforderung sucht, spielt er nicht Fußball, sondern Quidditch. Und genau das könnt nun auch ihr tun - zumindest virtuell, denn wer hat schon Flugbesen, Quaffel, Klatscher und Schnatz zuhause. Wer jetzt nur Bahnhof versteht, keine Angst! Wir fangen ganz langsam an, denn schließlich kann man auch im Spiel nicht gleich an der Weltmeisterschaft teilnehmen...

Quidditch für Anfänger

Eigentlich unterscheidet sich Quidditch gar nicht allzu sehr von anderen Ballsportarten. So gibt es statt einem eben vier Bälle und statt zwei einfach sechs Tore. Zudem ist das Spielfeld nicht rechteckig, sondern oval und man ist nicht zu Fuß, sondern auf einem Besen unterwegs. Ansonsten hat aber auch beim Quidditch jeder eine bestimmte Position und jedes Team versucht, den Hauptball - Quaffel genannt - in eins der gegnerischen Tore zu befördern. Den Kontakt mit den beiden umherschwirrenden Klatscher-Bällen gilt es hingegen zu vermeiden. Insgesamt besteht ein Team aus sieben Spielern: einem Hüter, zwei Treibern, drei Jägern und einem Sucher. Der Hüter ist so etwas wie der Torwart, die Jäger bilden den Sturm, die Treiber die Abwehr und der Sucher ist quasi der Joker, der nach seiner Einwechslung in der Regel über Sieg oder Niederlage entscheidet.

Gleich hab ich dich: Wer den goldenen Schnatz fängt, hat das Spiel so gut wie gewonnen (PC).

Fang den Schnatz

Haben beide Mannschaften nämlich genügend Spezialenergie gesammelt, beginnt die Jagd nach dem vierten Ball im Spiel - dem goldenen Schnatz, dessen Fang so viele Punkte bringt wie 15 Tore und dadurch fast jede Partie entscheidet.__NEWCOL__

Alternativ kann man seine Spezialenergie aber auch für fiese Steals, rasante Sprints oder unhaltbare Torschüsse einsetzen - selbst nicht zu verteidigende Team-Angriffe mit doppeltem oder gar dreifachem Torerfolg sind möglich. Füllen lässt sich die Spezialenergieleiste aber nur durch erfolgreiches Passspiel und regulär erzielte Tore. Und wer sparsam mit seiner Energie umgeht, hat bei der Schnatzjagd, ohne die im Übrigen keine Partie endet, die besseren Karten, da die bis zu diesem Zeitpunkt gesammelte Spezialenergie dann als Turboenergie zur Verfügung steht.

Objekt der Begierde: Die diesjährige Weltmeisterschaft ging an die spanischen Besenreiter (PS2).

Ohne Fleiß kein Preis

Nun aber genug der Theorie. Nach einem umfassenden Tutorial und dem damit verbundenen Gewinn des Hogwarts-Pokals kann man sich jederzeit alleine oder zu zweit bei einem Freundschaftsspiel vergnügen (auf dem GameCube dank GBA-Link sogar kooperativ) oder als Einzelkämpfer bei der Weltmeisterschaft antreten. Dabei könnt ihr zwischen vier Schwierigkeitsgraden bzw. Spielgeschwindigkeiten wählen. Die dafür benötigten Sammelkarten müsst ihr euch aber erst verdienen. Auch einige Spezialmanöver, Teams und Stadien stehen euch erst zur Verfügung, wenn ihr genügend Sammelkarten vorweisen könnt. Von diesen Karten gibt es insgesamt 104 Stück, die ihr in der Regel für besondere Leistungen wie zehn erfolgreiche Pässe in Folge, den Gewinn der Weltmeisterschaft oder einen Sieg ohne Gegentor erhaltet. GameCube- und GBA-Spieler können gesammelte Karten sogar untereinander tauschen - auch wenn es angesichts der wenig aufregenden Motive kaum einen Grund dafür gibt. Alle freispielbaren Extras hängen nämlich einzig von der Zahl der gesammelten Karten ab.

Einfache Handhabung

Auf dem Spielfeld steuert ihr immer einen eurer drei Stürmer, tackelt Gegenspieler, werft Pässe und schießt Tore. In der Abwehr könnt ihr den Gegner auch mit Klatscher-Bällen attackieren, wobei ihr für kurze Zeit die Kontrolle über einen der eigensinnigen Kugeln übernehmt. Der Torwart versucht selbst seinen Kasten bzw. seine Ringe sauber zu halten und der Sucher kommt ja ohnehin nur am Ende des Spiels zum Zug - aber das dafür meist mit entscheidender Wirkung. Ansonsten könnt ihr schnelle Zwischenspurts hinlegen, Ausweichmanöver fliegen, Pässe miteinander kombinieren sowie Volleys, Steals und eine Reihe unhaltbarer Schüsse vom Stapel lassen - ausreichend Spezialenergie bzw. Fingerspitzengefühl vorausgesetzt. Die Steuerung geht - sofern man als PC-User nicht auf die umständliche Maus-/Tastatursteuerung angewiesen ist - schon nach kurzer Zeit gut von der Hand. Lediglich das Passspiel wirkt teils zu chaotisch und in der Verteidigung wäre es wünschenswert gewesen, den aktiven Spieler manuell wechseln zu können, da die automatische Spielerwahl nicht immer die beste ist.

Hektik im Strafraum: Mit einer Klatscher-Attacke versuchen wir die Notbremse zu ziehen (GC).

Magerer Umfang

Die einfache Handhabung hat aber auch ihre Tücken. So mangelt es nicht nur an Dynamik, Spieltiefe und Bewegungsfreiheit (2D-Steuerung trotz 3D-Spielfeld), auch das Spieltempo lässt zu wünschen übrig. Gegen das, was Harry Potter Fans aus dem Kino kennen, wirkt EAs Quidditch-Variante jedenfalls fast wie Zeitlupe.__NEWCOL__

Zudem sind manche Stadien viel zu farbenfroh, so dass man den aktiven Spieler leicht einmal aus den Augen verlieren kann, da die entsprechenden Markierungen mit dem Hintergrund verschwimmen. Weit ärgerlicher ist allerdings der geringe Spielumfang. Freundschaftsspiele und WM-Liga verlieren alleine schnell an Reiz und auch zu zweit (mehr Spieler sind nicht möglich) ist das Angebot mehr als dürftig. Zudem sind die freispielbaren Boni alles andere als prickelnd und die KI-Routinen nicht besonders anspruchsvoll.

Buntes Chaos: Bei manchen Arenen haben die Entwickler zu tief in die Farbtöpfe gelangt (Xbox).

Erstklassige Präsentation

Technisch wurde das Ganze hingegen vorbildlich inszeniert. Auf der PS2 ist die grafische Darstellung dank erstklassigem Unschärfefilter überraschenderweise sogar am besten gelungen. Auf PC und Xbox hat die Grafik-Engine hingegen mit Problemen bei der Kantenglättung und Tiefenunschärfe zu kämpfen. Der PC kann dies zwar mit höherer Auflösung relativ geschickt kaschieren, aber auf der Xbox bilden sich zum Teil Pixel-Treppchen wie man sie sonst nur von schlampig programmierten PS2-Titeln kennt. Dafür bietet die Xbox-Fassung als einzige einen 60Hz-Modus sowie Dolby-Digital-Sound. Breitbild-Format und Dolby Surround gibt‘s hingegen auch für die anderen. Die multilinguale Lokalisierung ist tadellos und die deutsche Synchro mit eine der besten. Die Kommentatoren sind zwar sehr wiederholungsanfällig, aber die Stadionatmosphäre ist sowohl grafisch als auch akustisch top. Schade nur, dass das Spielgeschehen da nicht annähernd mithalten kann.

Fazit

Reine Lizenz-Abzocke ist Harry Potter: Quidditch-WM sicher nicht. Die skurrile Besenreiterei spielt sich - ein Gamepad vorausgesetzt - anfangs sogar erstaunlich gut und scheint sich mit einsteigerfreundlichem Gameplay und moderatem Schwierigkeitsgrad durchaus an die Bedürfnisse der jungen Zielgruppe anzupassen. Die Präsentation ist gewohnt erstklassig und glänzt vor allem auf der PS2 mit überzeugendem Unschärfefilter à la Prince of Persia. Der geringe Spielumfang und die mageren Mehrspieleroptionen sind jedoch alles andere als überzeugend - auch wenn man auf dem GameCube dank GBA-Link wenigstens kooperativ antreten kann. Zudem mangelt es auf Dauer an Abwechslung und Spieltiefe, wodurch der anfängliche Zauber schnell wieder verfliegt. Auch bei der Steuerung offenbaren sich immer mehr Einschränkungen. Kinogänger werden überdies die Rasanz und Dynamik der Leinwandvorlage vermissen. Absolute Potter-Fans werden‘s wohl trotzdem kaufen - alle anderen dürften mit einer virtuellen Partie Fußball, Basketball oder Eishockey jedoch wesentlich mehr Spaß haben.

Pro

60Hz-Modus (Xbox)
makellose Präsentation
einsteigerfreundliches Gameplay
erstklassiger Unschärfefilter (PS2)
Kartentausch & Koop-Matchs via GBA-Link (GC)

Kontra

geringer Spielumfang
chaotisches Passsytem
fehlende Rasanz & Spieltiefe
kein manueller Verteidigerwechsel
ausgelassene Multiplayer-Möglichkeiten
unhandliche Maus-/Keyboard-Steuerung (PC)

Wertung

PC

PlayStation2

XBox

Rasanter Reaktionstest rund um den populären Zauberersport.

GameCube

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