Battle Worlds: Kronos07.11.2013, Marcel Kleffmann
Battle Worlds: Kronos

Im Test: Rundenstrategie à la Battle Isle

King Art Games konnte zwar keinen Publisher für ein rundenbasiertes Strategiespiel à la Battle Isle begeistern. Aber im Gegensatz zu risikoscheuen Großgeldgebern überzeugten sie über 7.500 Leute bei Kickstarter und sicherten sich mehr als 260.000 Dollar. Und jetzt steht das fertige Spiel in den Startlöchern: Lohnen sich die taktischen Hexfeldschlachten oder ist Battle Worlds: Kronos (ab 4,15€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) bloß ein Schnellschuss?

In der Klemme

Runde beendet. Mein Gegner ist aber auch nicht untätig. Er umfährt meinen Einheitenhaufen an der Front und attackiert die vermeintlich sicher im Hintergrund stehende Artillerie …

Starke Gefechte

Die rundenweise ablaufenden Gefechte auf Hexfeldern à la Battle Isle sind die große Stärke von Battle Worlds: Kronos. Und das liegt nicht nur am cleveren „Klemmensystem“, das zu einer aggressiven Vorgehensweise zwingt, um Angriffsboni zu erhalten, sondern ebenso an den Doppelaktionen. Jede Einheit kann pro Runde zwei Aktionen durchführen: Angreifen, Bewegen, Spezialaktion (z.B. Artillerie aufbauen) oder Joker. Solch ein Joker kann eine zweite Bewegung oder erneute Attacke sein. Mit einem Bandit, der über zwei Jokeraktionen verfügt, könnte man zum

Höhenunterschiede im Gelände spielen für die Kampfstärke bzw. die Sichtweite der Einheiten keine Rolle, beeinflussen aber die Bewegungsreichweite.
Beispiel zweimal hintereinander angreifen, während der Praetorian nur einmal attackieren und sich einmal bewegen kann, da dieser keine Jokeraktion in petto hat. Generell ist die Reihenfolge der Aktionen egal - also ob ihr die Einheit zuerst angreifen oder bewegen wollt.

Insgesamt gibt es knapp 40 Einheiten in den Kategorien Infanterie, Luft, Wasser sowie leicht, mittelschwer und schwer gepanzert - und je nach Klasse sind sie mehr oder weniger durchschlagskräftig gegen andere Typen. So ist der schwere Panzer Cerberus effektiv gegen andere dick gepanzerte Einheiten, aber nicht so toll gegen mittelschwere Feinde. Gegen Lufteinheiten kann der Panzer gar nichts machen. Das Kampfsystem orientiert sich an einem erweiterten Schere-Stein-Papier-Prinzip, das dank der umfangreichen Einheiten-Informationen gut nachvollziehbar ist.

Darüber hinaus gibt es Spezialfunktionen, die das Kampfsystem interessanter machen. So können sich Infanterie-Truppen zum Beispiel durch Wälder bewegen und Gebäude wie Nachschubdepots, Häfen oder Produktionsstätten auf der Karte erobern, weswegen es von zentraler Bedeutung ist, sie zu beschützen und nicht zu verheizen.

Begrenzte Munition, Erfahrung und Gegenangriffe

Alle Einheiten gewinnen durch Kämpfe an Erfahrung und können (nur) zwei Ränge aufsteigen. Jedes Mal darf man sich für eine von zwei Fähigkeiten entscheiden. Zur Auswahl stehen meist ein Panzerungsbonus, mehr Schaden, eine erhöhte Sichtweite oder ein verbesserter Gegenangriff. Bei Letzterem führt die Einheit jedes Mal eine Attacke aus, wenn sie angegriffen werden würde – sonst passiert dies nur einmal pro Runde. Alternativ kann sich die Einheit bei einem Level-up um einen bestimmten Prozentsatz heilen.

Mehr Taktiktiefe kommt durch die Begrenzung von Treibstoff bei Lufteinheiten und endliche Munition bei der Artillerie ins Spiel. Der Weg zur erneuten Einsatzbereitschaft dauert meist mehrere Runden, je nachdem wo das nächste Depot bzw. die nächsten Versorgungsgüter auf dem Schlachtfeld sind. Beim Großteil der Einheiten entfällt dieses Mikromanagement, weswegen das Kampfsystem einerseits leicht verständlich ist und andererseits durchaus ordentliche taktische Herausforderungen bietet – jedoch nicht ganz so viel wie bei Battle Isle oder Panzer Corps.

Häufig ist es nötig, auf der Karte mehr oder weniger versteckt gelegene Depots zu übernehmen, um eine Chance gegen die Gegnerübermacht zu haben, denn nur selten lassen sich Truppen nachbauen.

Der Kampf gegen den Computer

Das Kampfsystem hat der Computergegner in der Kampagne bzw. in den Herausforderungen erstaunlich gut verinnerlicht – jedenfalls für eine KI, die zumindest abseits vom Schach niemals an die Finesse eines menschlichen Spielers herankommen dürfte. Sie spielt ziemlich aggressiv, macht exzessiven Gebrauch von der Klemmtaktik und attackiert gezielt abseits stehende Einheiten, die weniger gut geschützt sind – z.B. eine Artillerie, die hinter der Front steht. Angeschlagene Einheiten werden bevorzugt angegriffen und es kommt sogar vor, dass der KI-Gegner angeschlagene Truppen zurückzieht. Ab und an vergisst der Kontrahent zwar seine Fernkampfeinheiten zu beschützen und stürzt gelegentlich etwas forsch voran, doch grundsätzlich ist der Feind ein überraschend würdiger Gegner.

Seltsam ist nur, dass die Entwickler vergessen haben, eine Option für den Schwierigkeitsgrad einzubauen. In der Kampagne kann man zwar einmalig Verstärkung rufen, aber Abstufungen wie "Einfach", "Mittel" oder "Schwer" wären durchaus hilfreich, gerade bei einem aggressiv anrückenden Gegner.

Müde Kampagne und öde Präsentation

Gegen den Computer dürft ihr in drei Herausforderungen oder in der 13 Missionen langen Kampagne antreten. Allerdings sollte man hier seine Ansprüche an Story und Präsentation niedrig halten, denn die Hintergrundgeschichte ist alles andere als packend. So tobt auf dem Planeten Kronos traditionell ein Erbfolgekrieg zwischen drei Fraktionen, die „Invaders“ genannt werden. Zwischendurch sind Videos eingestreut, in denen hakelig animierte Charaktere über

Die Präsentation der Kampagne (hier ein Ausschnitt einer Cutscene) motiviert nicht unbedingt zum Weiterspielen. Treibende Kraft sind vielmehr die tollen taktischen Gefechte.
den Krieg sprechen, während es in den Missionen immer wieder Hick-Hack zwischen den Kommandanten, der Presse und anderen Beteiligten gibt. Diese Story-Sequenzen in den Einsätzen werden in staubtrockenen Textfenstern mit Dialogwahlmöglichkeiten und starren Charakter-Portraits erzählt. Und da auf diesem Weg sowohl Einstellungen als auch Emotionen der Charaktere kaum dargstellt werden können, hat sich King Art Games entschieden, diese Regungen ebenfalls in Textform zu präsentieren. Sympathischer macht dies die Charaktere nicht und im Gedächtnis bleiben sie auch nicht haften.

Und selbst als ein Verrat die zweite Kampagne startet und man an der Seite der eigentlichen Bewohner von Kronos kämpft, nimmt Geschichte nicht wirklich Fahrt auf – was aber mindestens genauso auf die schnarchige Präsentation geschoben werden kann. Ich hätte es besser gefunden, wenn die Entwickler die Video-Zwischensequenzen weggelassen oder reduziert und stattdessen Sprachausgabe bei den Dialogen eingebaut hätten. Apropos Soundkulisse: In diesem Bereich schwächelt das Spiel deutlich. Die musikalische Untermalung geht zwar in Ordnung, aber die Einheiten- und Kampfgeräusche fallen ziemlich mau aus. Die Fahrgeräusche vieler Truppen klingen nach einer schlecht frisierten Zwiebacksäge und wenn die Artillerie feuert, hab ich das Gefühl, als würde sie mit Tischtennisbällen feuern und nicht mit großkalibrigen Geschossen.

Stärken und Schwächen der Truppen können in einer praktischen Einheiten-Datenbank nachgeschlagen werden.

Große Karten und gute Missionen

In Sachen Story und Präsentation kann Battle Worlds: Kronos nicht punkten, dafür sind die Missionen in der Kampagne weitgehend gelungen und vor allem eines: lang. Schon der erste Einsatz kann durch das weitläufige Schlachtfeld und das gemächliche Spieltempo eine Stunde dauern. Und wenn die Karten größer bzw. die Aufträge umfangreicher werden, können pro Karte mehrere Stunden draufgehen, gerade weil es oft mehrere Angriffswege gibt und zugleich sekundäre Ziele erfüllt werden wollen – daher ist eine Spielzeit von 30 bis 40 Stunden durchaus realistisch. Erwähnenswert ist ebenfalls, dass einige Einheiten von Mission zu Mission mitgenommen werden dürfen.

Zusätzlich zu den typischen Zerstörungseinsätzen gibt es Begleitmissionen, bei denen man Transporter beschützen darf oder gar einen Einsatz mit Scharfschützen, den man in Stealth-Manier lösen kann, da sich die Sniper getarnt bewegen können. Zusätzliches Leben versprechen die geskripteten Ereignisse in die Missionen, vor allem wenn überraschend ein Überfallkommando aus dem Nichts auftaucht; manchmal sogar so unerwartet, dass man die Mission gleich neu starten oder einen Spielstand laden kann.

Mehrspieler-Modus

Trotz der guten Computerintelligenz gibt es die intensivsten Gefechte natürlich im Mehrspieler-Modus - zehn Karten für maximal vier Spieler stehen zur Verfügung, wobei die Mehrzahl der Schlachtfelder für zwei Spieler ausgelegt ist. Gekämpft wird im Hot-Seat-Modus (zwei Spieler abwechselnd an einem Rechner) oder via Internet. An dieser Stelle soll der asynchrone Multiplayer-Modus nicht vergessen werden, bei dem der vollzogene Spielzug auf dem Spielserver gespeichert und dann an den Gegner geschickt wird. Anschließend hat der Kontrahent in Ruhe Zeit, sich seinen Zug zu überlegen. Auf diese Weise kann man sogar mehrere Mehrspieler-Gefechte nebeneinander laufen lassen; vergleichbar mit Play-by-mail.

Fazit

Battle Worlds: Kronos hat mich unter dem Strich gut unterhalten. Dank des Klemmsystems, der offensiven Vorgehensweise sowie ausbalancierter Truppenklassen geht es auf dem Schlachtfeld ziemlich schnell zur Sache und dennoch verlangen die Gefechte ruhige Planung. Auf den gigantischen Karten kann das Taktieren problemlos mehrere Stunden dauern. Dass das nicht langweilig wird, liegt an den cleveren computergesteuerten Gegnern - spaßiger sind natürlich die Matches gegen menschliche Spieler. Aber das rundenbasierte Strategiespiel hat auch einige Macken: Die Story der Kampagne ist langweilig und ihre Präsentation einfach öde. Hinzu kommt, dass sich die Fraktionen kaum voneinander unterscheiden, dass der Soundkulisse die Wucht fehlt, dass das Gelände zu wenig Einfluss auf die Kämpfe hat und dass es keine Schwierigkeitsgrade gibt. Nichtsdestotrotz weiß das Herz, also das Kampfsystem, von Battle Worlds: Kronos zu überzeugen.

Pro

durchdachtes Kampfsystem mit Offensiv-Fokus
ausbalanciertes Einheitendesign (Schere-Stein-Papier)
gut agierender Computergegner
lange Kampagne
Einheiten dürfen von Mission zu Mission mitgenommen werden
2D-Karte mit Icons zur Übersicht
Missionsdesign birgt Überraschungen
ausführliche Einheiten-Datenbank
asynchroner Multiplayer-Modus
Editor

Kontra

schwache Story und öde Texttafel-Präsentation
mau klingende Soundeffekte, wenig Sprachausgabe
Fraktionen unterscheiden sich kaum
mageres Tutorial
keine Schwierigkeitsgrade
umständliche Reparatur von Einheiten
Gelände hat zu wenig Einfluss (Sichtweite, Reichweite etc.)

Wertung

PC

Ein umfangreiches und gutes rundenbasiertes Strategiespiel mit tollen Kämpfen, aber Schwächen bei Präsentation und Kulisse.

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