Reef Shot - Die Tauch-Expedition08.04.2013, Mourad Zarrouk
Reef Shot - Die Tauch-Expedition

Im Test:

Das letzte Tauch-Abenteuer ging im Sommer vergangenen Jahres baden. Mit Reef Shot - Die Tauch-Expedition (ab 7,99€ bei kaufen) testen wir ein Spiel von Astragon ohne das obligatorische "Simulator" im Titel. Das war in der Vergangenheit meist ein gutes Omen. Auch diesmal?

Fotografieren statt töten

Auf der Rückseite der Verpackung kann man es  doch wieder nicht lassen. Von einer

Erst 1966 wurde die "Isla Más a Tierra" in "Isla Robinson - Crusoe" umbenannt.
Erst 1966 wurde die "Isla Más a Tierra" in "Isla Robinson - Crusoe" umbenannt.
"faszinierenden Mischung" aus "Tauch-Simulation und First-Person-Adventure" ist da die Rede. Mal sehen, ob man der drei Jahre älteren Referenz "Aquanauts Holiday" (Test: 82%) das Wasser reichen kann. Zunächst fällt positiv auf, dass es hier nicht  darum geht Fische zu erlegen (ein Tabu für jeden leidenschaftlichen  Taucher), sondern sie zu fotografieren. Im eher etwas sonderbaren "Depth Hunter" (Test: 40%)  ging es ja vornehmlich darum. Der gewaltfreie Ansatz ist mir schon mal  sympathisch. Überhaupt scheinen sich die Entwickler stark an "Endless Ocean 2" für die Wii (Test: 77%) orientiert zu haben, doch der Reihe nach...

Sprachausgabe! Gute Sprachausgabe!

Als junger Nachwuchsarchäologe Scott soll ich einer Kollegin, die wohl keinen Tauchschein hat, bei der Erforschung der Unterwasserwelt der Robinson-Crusoe-Inseln weiterhelfen. Die gibt es übrigens wirklich und die wahre Geschichte um den 1704 dort

Auch Meeresschildkröten begegnet Scott auf seinen Tauchgängen.
Auch Meeresschildkröten begegnet Scott auf seinen Tauchgängen.
ausgesetzten Seeman Alexander Selkirk, der dort vier Jahre und vier Monate allein überlebte, hat Daniel Defoe zu seinem weltberühmten gleichnamigen Roman inspiriert. Das Archipel liegt  etwa 600 Kilometer vor der Küste von Chile. Kollegin Renée steht bei den Tauchgängen in ständigem Funkkontakt mit mir und zwar per lupenreiner deutscher Sprachausgabe! Das ist insoweit bemerkenswert, als dass dies in diesem "Segment" noch immer die absolute Ausnahme darstellt.

Nach einer ganz kurzen und sehr allgemeinen Einweisung, die nichts mit technischem Gerätetauchen zu tun hat, sondern ausschließlich mit der Hintergrundgeschichte um das sagenumwobene Eldorado, bin ich schließlich unter Wasser. Schade: Es gibt keine Tauchvorbereitungen. Kein Prüfen des Atemreglers, kein Buddy-Check (überhaupt tauche ich stets alleine, was absolut verpönt ist beim Gerätetauchen), kein Check des Tauchcomputers … überhaupt: kein Tauchcomputer (!)...nichts. So viel zum Thema "Simulation". Dann wollen wir mal sehen, was es mit "First-Person-Adventure" so auf sich hat.

Simulation? Fail! Adventure? Ok...

Wahlweise kann ich meine Tauchgänge per Tastatur und Maus oder Gamepad

Die Unterwasserlandschaften sind recht ansehnlich inszeniert.
Die Unterwasserlandschaften sind recht ansehnlich inszeniert.
durchführen, wobei die Unterstützung für Letzteres für ein Spiel dieser Art vorbildlich ist. So werden sämtliche Symbole des 360-Gamepads verwendet, sogar die korrekten Farben wurden berücksichtigt und alle Tasten finden Verwendung. Bedauerlicherweise wird das Nvidia-3D-System aufgrund der reinen OpenGL-Architektur der Engine nicht unterstützt, obwohl insbesondere eine Unterwasserwelt ungemein davon profitiert hätte.

Ansonsten ist die Kulisse zwar nicht umwerfend, aber doch ansehnlich. Zu Beginn tauche ich  Wegmarken ab und soll Fische fotografieren. Dabei spielen Dinge wie Winkel oder auch die Bewegung der Fische durchaus eine Rolle. Es reicht also nicht, einfach blind drauflos zu knipsen. Natürlich wäre eine "Tarieroption" der Königsweg, denn darauf kommt es bei der Unterwasserfotografie vor allem an: Sich perfekt auszutarieren, um wirklich scharfe verwacklungsfreie Fotos zu schießen. Das hätte man ähnlich der "Atem anhalten-Funktion" bei Sniper-Spielen lösen können - wenngleich das beim Tauchen tödlich sein kann, das Austarieren aber nicht.

Schon bald entdecke ich auch erste Wracks: Zwei Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg. Zwar hat eine P-51 Mustang mit der D-Day-Lackierung in dieser Gegend des Pazifik noch weniger zu suchen als das zweite Wrack (eine japanische Zero), aber Letztere war zumindest im  Pazifik unterwegs; wenn auch niemals 600 Kilometer vor der Küste Chiles. Später soll ich dann noch "Fischschwärme" fotografieren und dazu ausgerechnet Clown-Fische vor die Linse bekommen, die niemals in Schwärmen auftreten, sondern sich immer in Pärchen in "ihrer" Anemone aufhalten oder maximal einen Meter daneben. Fassen wir zusammen: Historiker waren an der Entwicklung ebenso wenig beteiligt wie Biologen oder Taucher.

Die Maya und das Eldorado

Leute mit viel Fantasie waren aber augenscheinlich an Bord: So wird

Im Spielverlauf entdecke ich  versunkene Maya-Kultstätten.
Im Spielverlauf entdecke ich versunkene Maya-Kultstätten.
ab dem zweiten Tauchgang eine kontinuierlich fortlaufende Story über die Maya, die spanischen Konquistadoren und das sagenumwobene  Eldorado erzählt. Da entdecke ich alte Säulen mit einer antiken Schrift, die meine Kollegin dann praktisch simultan entziffert, während ich bestimmte Symbole für sie fotografiere und ihr schicke (vom Meeresboden!). Ich entdecke versunkene Städte, Galeonen und komme so dem "Geheimnis" immer weiter auf die Spur. Das Ganze hat dann häufig den Charme eines Wimmelbild-Adventures unter Zeitdruck, wenn ich genau dieses oder jenes Artefakt fotografieren soll, es aber partout nicht auszumachen ist. Zwar bekomme ich für gute Fotos „Sterne“, die ich dann in Boni wie "Luft auffüllen" (unter Wasser!) oder "Extra Fotos" (im Zeitalter von 10GB-SD-Karten!) eintauschen kann. Doch diese Boni sind auch irgendwann mal aufgebraucht. Habe ich die Bilder dann nicht im Kasten, gilt der Tauchgang als gescheitert - das nervt. Die angenehme Sounduntermalung und die besonders bei tieferen Tauchgängen mit UW-Lampe stimmige Atmosphäre entschädigen aber ein wenig.

Fazit

Mich hat dieser Ausflug in die Unterwasserwelt mit dem komplett gewaltfreien Ansatz ausreichend unterhalten. Sicherlich nicht zehnmal mehr als Depth Hunter, aber eben zehn Prozent besser. Hier kann man auch mal die Kids ran lassen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass die sich im nächsten Urlaub unbedingt eine Harpune zulegen wollen. Trotzdem wird auch hier wieder so unglaublich viel Potential verschenkt: Gerade das Thema Unterwasserfotografie lässt unermesslich viel Raum für eine gute Inszenierung. Im Übrigen wäre zumindest eine Aussage über die aktuelle Tiefe das Mindeste gewesen, was man als Taucher hätte erwarten dürfen, wenn man die Karte „Simulation“ auf der Packungsrückseite ausspielt. Hier gibt’s unterm Strich ein seichtes Unterwasser-Abenteuer, aber simuliert wird hier null Komma gar nichts!

Pro

ansehnliche Darstellung der Unterwasserwelt
komplett gewaltfreies Setting
abenteuerliche Geschichte
gute Sprachausgabe
sehr angenehme Musikuntermalung
vorbildliche Unterstützung von Gamepads

Kontra

keinerlei Simulationsanspruch
inhaltliche Fehler
keine Nvidia-3D-Unterstüztung
keine externe Ansicht des Tauchers

Wertung

PC

Ein Ausflug in die Unterwasserwelt des Südpazifik inkl. abenteuerlicher Geschichte, aber ohne einen Hauch von Realismus.

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