Bridge Project05.04.2013, Eike Cramer
Bridge Project

Im Test:

Die Seile sind bis zum Zerreißen gespannt und die Stahlträger ächzen bereits bedrohlich. Langsam rumpelt der schwere Panzer auf den kritischen Punkt in der Mitte meiner Brücke. Wird sich die Mühe dieses Mal auszahlen? Wird das Kriegsgerät dieses Mal vor dem Sturz in den klaffenden Abgrund verschont? Ob es sich lohnt mit dem ersten echten Nachfolger zur Independent-Perle Bridge Builder Abgründe zu überwinden, klärt der Test.

Abgründige Unternehmungen

Panzer stellen die Brücken vor besonders schwere Herausforderungen.
Panzer stellen die Brücken vor besonders schwere Herausforderungen.
Wie im Vorgänger geht es bei Bridge Project darum, mit einer bestimmten Anzahl vorgegebener Materialien eine Brücke zu errichten, die dann zig Gefahren standhalten muss. Vom normalen PKW bis zum Panzer überqueren viele Fahrzeuge die teils arg wackligen Gerüste und auch die Widrigkeiten der Natur stellen die Bauwerke vor statische Herausforderungen. So müssen teilweise auch Stürme und heftige Erdbeben überstanden werden, bevor das nächste Level freigeschaltet wird.  Zudem finden sich neuerdings auch Klappbrücken-Elemente und Schiffdurchfahrten, mit weiteren statischen Herausforderungen.

Beim Bau der Brücke ist man immer auf der Suche nach der höchstmöglichen Stabilität zum möglichst günstigen Preis. Dieser ist abhängig von Menge und Art des eingesetzten Materials. Diese finanzielle Tüftelei ist neben dem erstmaligen Überwinden des Abgrundes die größte Motivation. In lokalen und Online-Ranglisten kann man seine Erfolge mit denen der anderen Spieler vergleichen und so entsteht ein Wettlauf um die niedrigsten Kosten, den geringsten Materialeinsatz und gleichzeitig die höchstmögliche Stabilität. Mit dem umfangreichen Editor sowie der unkomplizierten Möglichkeit, seine Karten über Steam Workshop zu teilen oder sich bei den hochgeladenen Levels anderer Spieler zu bedienen, hat man theoretisch eine endlose Spieldauer.

Auf Sand gebaut?

Ingenieurskunst vor Abendrot. Hier besonders gut zu erkennen: das Netz aus Hilfslinien.
Ingenieurskunst vor Abendrot. Hier besonders gut zu erkennen: das Netz aus Hilfslinien.
Die deutliche Aufwertung der Kulisse des eher minimalistisch gehaltenen ersten Teils ist ein Pluspunkt, auch wenn Grafik in diesem Fall wohl auch für die Entwickler eher Beiwerk als Hauptelement ist. Diese befindet sich trotz der Überarbeitung und vollständigen Umstellung auf 3D eher im unteren Mittelmaß. Sowohl die Umgebungen, Fahrzeuge als auch die Testobjekte zeigen verwaschene Oberflächen und mittelmäßige Lichteffekte. Wichtiger hingegen sind die Physikeffekte wie zum Beispiel das bedrohliche Biegen und Bröckeln bei Panzerüberfahrten oder die mit Wucht zusammenstürzenden Träger, wenn es mal wieder nicht gereicht hat. Diese sind hübsch und wirken schlüssig.

Viel schwerer als die grafischen Unzulänglichkeiten wiegen jedoch die mit der dreidimensionalen Ansicht einhergehenden Probleme in Bedienung und Kamerakontrolle. Wie bereits im Vorgänger orientiert man sich bei seinen Planungen an einem Gitternetz, welches über die Baustelle gelegt wird. Allerdings ist die Spitze des Mauszeigers nicht immer der anvisierte Punkt im Gitternetz, der stattdessen durch eine kleine rote Markierung angezeigt wird. Dies ist mehr als gewöhnungsbedürftig und führt in vielen Momenten zu Frust, da sich gesetzte Brückenteile nur sehr unkomfortabel verschieben oder entfernen lassen. Dies geschieht nämlich durch umständliches Auswählen über eine separate Funktion, die eher schlecht als recht funktioniert. Die hakelige Kameradrehung per Maus erschwert zusätzlich den Blick auf bestimmte Brückenabschnitte.

abc
Die vier Szenarien gestalten sich angenehm unterschiedlich. Es hätten allerdings mehr sein können.
Besonders ärgerlich ist, dass durch diese Steuerungsdefizite viele der von Bridge Project angebotenen Bauoptionen ungenutzt bleiben. So könnte etwa jede Brückenseite einzeln angelegt werden, wenn die automatische Spiegelung im entsprechenden Baumenü deaktiviert wurde. Theoretisch eine tolle Sache, aber praktisch ein Ding der Unmöglichkeit, welches nur sehr frustresistente Spielernaturen einsetzen werden. Dass die präzise Verlegung von Hängebrückenkabeln eher ein Glücksspiel ist und man nur indirekt mitgeteilt bekommt wie viel eine Gitternetzfeldlänge Stahl kostet oder welche Farbe der Belastungsskala eigentlich kritisch ist,  fällt da weniger schwer ins Gewicht.

Der Drang nach Perfektion kehrt zurück

Diese Steuerungsmängel sind sehr bedauerlich, weil Bridge Project das Flair des Vorgängers sehr gekonnt einfängt und mit modernen Spielelementen angenehm erweitert, ohne überladen zu wirken. So erwischt man sich oft dabei, eine Brücke bereits zum dritten Mal abzureißen und neu zu gestalten, obwohl der Vorgänger bereits den Tests

Versionsüberblick

Bereits im letzten Jahr erschien Bridge Project als DVD-Version in Deutschland unter der Bezeichnung Bridge Builder 2. Seit kurzem gibt es auf Steam die inhaltlich identische, aber Bridge Project genannte Version auch auf dem digitalen Markt. Es gibt keine zusätzlichen Bonusinhalte oder weiteren Features, von der Steam Workshop Anbindung einmal abgesehen. standgehalten hat. Man könnte ja vielleicht mit noch weniger Verbindungsschäden oder geringerem Materialaufwand eventuell doch noch einen Ranglistenplatz gutmachen.

Es gibt insgesamt 48 Level, aufgeteilt auf vier Szenarien. So knobelt und grübelt man sich durch ländliche, urbane, felsige und „gemischte“ Gegenden. Leider hat jedes der vier Szenarien ähnliche Einstiegslevel und Lernkurven. So spielt sich das nächste Szenario zunächst viel einfacher als das gerade absolvierte und man denkt sich „Moment mal, das habe ich doch gerade schon erledigt.“

Fazit

Bridge Project schafft es, mich durch die geschickte Einbindung der Online-Ranglisten und den Wettlauf um die höchste Punktzahl für den Moment gut zu unterhalten. Der Editor ist solide und man kann die eigenen Level über Steam Workshop anderen Spielern zur Verfügung stellen. Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Umfang hinsichtlich der Szenarien größer sein könnte. Leider steht sich das Spiel außerdem auch oft genug durch steuerungstechnische Unzulänglichkeiten selbst im Weg. Zudem trüben mangelhafte Designentscheidungen wie die verkorkste Kamerasteuerung und wenig motivierende Lernkurven den langfristigen Spielspaß. Zwar sind die Physikeffekte schön anzusehen, aber die Kulisse krankt an Schwächen im Detail. Letztendlich bleibt ein solider, aber etwas zu schnell durchschauter Puzzler.

Pro

gute Modernisierung des bekannten Spielprinzips
Abwechslung durch unterschiedliche Belastungsszenarien
starker Editor und einfache Community-Anbindung
gute Physikengine und Darstellung
motivierende Einbindung der Online-Ranglisten

Kontra

hakelige Kamera
und Auswahlsteuerung
generell undurchdacht wirkendes Bedienkonzept
nicht mehr zeitgemäße Grafik
geringer Umfang mit wenig motivierenden Lernkurven
nach kurzer Zeit nervende Hintergrundmusik
fehlende Materialerläuterungen bei Auswahl und Platzierung

Wertung

PC

Unterhaltsame Physik-Basteleien mit etwas zu geringem Umfang und hakeliger Bedienung

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