Hate Plus16.09.2013, Jens Bischoff
Hate Plus

Im Test:

In Hate Plus führt Autorin Christine Love die textbasierten Ermittlungsarbeiten aus Analogue: A Hate Story fort. Was passierte an Bord der Mugunghwa vor der eigentlichen Katastrophe? Welche Rolle spielte die verantwortliche Sicherheits-KI? Welche Schicksale verbergen sich in den noch zu rekonstruierenden Logbüchern? Ob und für wen es sich lohnt, diesen Fragen nachzugehen, verrät der Test.

Zurück in die Zukunft

Bei den Ermittlungsarbeiten hat man Zugriff auf zwei künstliche Intelligenzen im Manga-Look.
Bei den Ermittlungsarbeiten hat man Zugriff auf zwei künstliche Intelligenzen im Manga-Look.
Der Einstieg in Hate Plus fällt ohne Kenntnis des Vorgängers, dessen Abschlussspielstand sogar importiert werden kann, nicht gerade leicht. Doch auch ohne Analogue: A Hate Story gespielt zu haben, nimmt das im Jahr 4989 verortete Szenario um das havarierte koreanische Megaraumschiff Mugunghwa nach und nach Kontur an: In der Rolle eines Ermittlers versucht man digitale Tagebücher, Protokolle und andere Datenüberbleibsel zusammen mit einer KI-Assistentin, die selbst an Bord aktiv war, schrittweise zu rekonstruieren.

Bei einer davon handelt es sich um die ehemalige Sicherheitschefin Mute, die sich ihres Speichers beraubt jedoch an nichts erinnern kann und wie ihre Manga-Kollegin Hyun-ae erst neu gestartet und konfiguriert werden muss, um persönlichen Kommunikationsvorlieben gerecht zu werden. Sogar virtuelle Kleiderwünsche können geäußert werden. Aktives Sprachmodule oder deutsche Übersetzungsprogramme sind allerdings nicht mit an Bord. Die Ermittlungsarbeiten sind wie im Vorgänger komplett Englisch und rein textbasiert.

Häppchenweise Recherche

Die Rekonstruktion der Ereignisse erfolgt über das schrittweise Extrahieren von Textdateien.
Die Rekonstruktion der Ereignisse erfolgt über das schrittweise Extrahieren von Textdateien.
Aufgrund knapper Energieressourcen lässt sich auch immer nur eine bestimmte Menge an Dokumenten wiederherstellen. Auslassen muss man dabei allerdings nichts und die Reihenfolge kann frei gewählt werden. So entscheidet man selbst, wann man von sphärischen Klängen begleitet lieber legislative Sitzungsprotokolle, persönliche Tagebücher oder historische Archive wälzen möchte. Die jeweiligen Texte sind entsprechend vielseitig und auf sehr unterschiedliche Arten interessant.

Da wird nicht nur über Politik, Datensicherheit, Kultur und Moralvorstellungen informiert, sondern auch Trauer, Abhängigkeit, Liebe und Sexualität thematisiert. Beim Studieren ergeben sich so immer tiefere Einblicke und Zusammenhänge über Leben, Alltag, Probleme und Machtverhältnisse an Bord der Mugunghwa. Zwar bemühen die Texte mitunter auch regelrechte Belanglosigkeiten, erscheinen dadurch aber auch sehr authentisch. Figuren und Autoren sind trotz der Kürze der Texte jedenfalls gut ausgearbeitet und werden anhand von Fotos noch greifbarer. Nur das künstliche Flackern und Flimmern der Texte ist beim Lesen eher störend.

Selten aufbrechende Passivität

Trotz kleinerer Interaktionen mit der KI-Assistentin verlaufen die Recherchen sehr passiv.
Trotz kleinerer Interaktionen mit der KI-Assistentin verlaufen die Recherchen sehr passiv.
Darüber hinaus meldet sich auch die KI-Assistentin immer wieder zu Wort, sucht teils sogar das persönliche Gespräch. Die Kommunikation ist zwar nur sehr eingeschränkt möglich, lässt mit bis zu drei verschiedene Antwortoptionen aber mehr Freiheiten als im Vorgänger zu. Insgesamt gibt es aber einfach viel zu wenig Wahl- und Interaktionsmöglichkeiten. Spieleranweisungen wie in klassischen Text-Adventures gibt es ebenso wenig wie Rätsel jeglicher Art. Man ließt die vorgegebene Texte, wenn auch in beliebiger Reihenfolge, beantwortet ein paar persönliche Fragen mit vorgegebenen Antworten und folgt dem trotz unterschiedlicher Enden sehr linearen Spielverlauf.

Dieser ist in insgesamt drei Tage unterteilt, zwischen denen man zu zwölfstündigen Ermittlungspausen in Echtzeit gezwungen wird. Zwar kann man sich per Cheat dagegen sträuben, wird von der Autorin anschließend aber entsprechend dumm angemacht, die vermutlich möchte, dass man länger über das Gelesene reflektiert. Über die Methode dies zu erwirken, kann man allerdings geteilter Meinung sein...

Fazit

Hate Plus knüpft zwar an die Ereignisse aus Analogue: A Hate Story an, kann mit Abstrichen aber auch ohne Vorkenntnisse konsumiert werden. Solide Englischkenntnisse sind aber auf jeden Fall Pflicht, da 99 Prozent des Spielerlebnisses aus dem Lesen englischer Textdokumente bestehen - zumindest, wenn man die drei zwölfstündigen Echtzeitpausen zwischen den einzelnen Ermittlungstagen nicht mit einrechnet. Ansonsten stehen lediglich noch eine Reihe kurzer, meist belangloser Multiple-Choice-Plaudereien mit der KI-Assistentin seiner Wahl auf dem Programm. Szenario und Figuren sind zwar ohne Frage interessant, aber vermutlich wäre ein solch passives und interaktionsarmes Abenteuer als Roman oder Graphic Novel letztendlich weit besser aufgehoben

Pro

interessantes Szenario
freier Rechercheverlauf
konfigurierbare KI-Assistentin

Kontra

kaum Interaktionsmöglichkeiten
unschönes Textflimmern
keinerlei Sprachausgabe
Spiel nur auf Englisch verfügbar
mehrstündige Ermittlungspausen

Wertung

PC

Interessante, aber ungemein passive Ermittlungsarbeit für geduldige Leseratten.

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