Im Test:
Folter im 8-Bit-Design
Es ist eine Gratwanderung: Theoretisch müsste ein Spiel zur Show das fieseste und unfairste Game-Design besitzen, das man sich vorstellen kann. Andererseits gibt es vermutlich nur wenige Masochisten, die sich im Jahre 2013 freiwillig durch solch eine spielbare Folter quälen würden. Zum Glück hat sich Indie-Entwickler FreakZone für einen Kompromiss entschieden, bei dem harte aber meist faire Retro-Action im Vordergrund steht.
Als Vorbilder dienen die Klassiker Castlevania und Mega Man. Ähnlich wie die Remakes von Capcoms Jump-n-Shoot ist das Spiel bockschwer aber meist fair. Nur ab und zu wurden absichtlich hinterhältige Gemeinheiten eingebaut, welche sich nur durch Auswendiglernen meistern lassen. Dazu gehören z.B. Plattformen, welche plötzlich unter meinen Füßen verschwinden, obwohl sie haargenau gleich aussehen wie die stabilen Exemplare davor.
What were they thinking?
Als Held des Spiels leidet der Nerd schließlich mit, wie das Intro im trashigen NES-Stil erklärt: Nachdem er und seine Freunde beim Zocken in den Fernseher gesogen werden, hüpfe ich mit James durch das alptraumhafte Abenteuer. Viel mehr als hüpfen oder mit dem Zapper ballern kann er allerdings nicht. Von ein paar Smart-Bombs und Extrawaffen wie im Bogen geworfene Kügelchen abgesehen ist er auf sich allein gestellt. Die Steuerung fühlt sich zwar präzise, aber bei weitem nicht so flott und dynamisch an wie in Rayman Legends oder Super Meat Boy. Als Hommage an die NES-Ära soll sie das offenbar auch gar nicht. Also laufe ich im gemächlichen Tempo durch die bizarre Welt, hüpfe schweißgebadet über knifflig platzierte Totenköpfe und ballere auf mit Diarrhöe attackierende Vögel.
Welche Hölle darf's sein?
Ob Unmengen bizarrer Gegner, eine NES-Panzerfaust als Extrawaffe oder Bierflaschen als Energielieferant: Jedes noch so kleine Detail wurde mit Zitaten aus der Show vollgestopft. Bleibe ich ein paar Sekunden stehen, streckt James z.B. entnervt den Mittelfinger aus – natürlich stilecht im grauen Power-Glove. Cool auch die „Hommage“ an die Pausenmusik aus Battletoads: Nach dem Druck auf die Start-Taste des 360-Controllers wiederholt sich ein und derselbe dämliche Loop alle sieben Sekunden. Der Rest des Soundtracks ist übrigens ein echtes Highlight. Im Gegensatz zu
Speichern ist für Weicheier!
Schade, dass die zehn Levels so schnell vorbei sind. Wer sie ohne Bluthochdruck und seelische Schäden in einem Rutsch durchzocken will, sollte sich zunächst am Easy-Modus versuchen. Dort gibt es unendlich viele Leben und mit etwas Ausdauer kämpft man sich auch in kniffligen Situationen von einem Checkpoint zum nächsten. Auf Normal spendieren die Entwickler immerhin ganze 30 (bitter nötige) Leben, auf „Old School“ muss man sich mit drei Bier-Punkten, 15 Leben, fünf Continues sowie unsichtbaren Checkpoints durchboxen. Außerdem wird auf dem höchsten Grad nicht zwischen den Levels gespeichert.
Fazit
Mit der Entscheidung für den Indie-Entwickler FreakZone hat James Rolfe ein glückliches Händchen bewiesen. Das Jump-n-Shoot im Pixel-Gewand fängt den albernen Humor und das Leid des entnervten Trash-Testers prima ein. Zum Glück wird es nur selten so unfair wie in den zitierten Vorbildern – in erster Linie orientiert sich der Spielablauf an Klassikern wie Mega Man oder Castlevania. Ohne Fluchtiraden lässt sich das Abenteuer trotzdem nicht durchstehen. Schön, dass auch der Schimpf-Generator nach jedem Ableben einen von James‘ typischen Sprüchen erzeugt. Das simple Spieldesign passt zwar zum Thema, geht aber zu Lasten der Abwechslung. Im Vergleich zu einem Ideenfeuerwerk wie Rayman Legends oder Fly’n wirkt der Nerd ziemlich altbacken. Wer einen lustigen und knackig schweren Trip in die Vergangenheit unternehmen will, ist aber an der richtigen Adresse.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Kurzer, bockschwerer und erfreulich durchgeknallter Retro-Plattformer.
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