The Crew05.12.2014, Mathias Oertel

Im Test: "Driver USA" mit Online-Zwang

The Crew (ab 6,75€ bei kaufen) ist ambitioniert. Es möchte mehr sein als nur ein einfaches Rennspiel in einer offenen Welt. Es will ein "Online-CaRPG" sein und PS-Freuden mit der Jagd nach Erfahrung und neuer Ausrüstung kreuzen. Und es möchte eine Geschichte erzählen. Kann das Team von Ivory Tower etwas Besonderes anbieten?

PS-Spielplatz Amerika

Nach etwas weniger als 25 Stunden war es soweit: Ich habe in der Rolle des PS-Junkies und "Lenkrad-Wunderkinds" Alex Taylor den Tod meines Bruders Dayton gerächt - und damit gleichzeitig die fünf Jahre Knast, die ich wegen eines korrupten FBI-Agenten aufgebrummt bekam. Ich habe dabei die gesamten USA kennen gelernt, von Ost nach West, von Nord nach Süd. Ich habe meine Runden in Detroit gedreht und habe in Chicago, New York oder Miami die 5-10s, eine Auto-Gang, die mein Bruder geleitet hat, wieder auf Vordermann gebracht. Ich habe in Las Vegas, Nashville, San Francisco und Los Angeles Gummi auf den Asphalt gebrannt, während ich ständig neue Teile für meine Fahrzeuge gesammelt und eine Crew an zuverlässigen und vertrauenswürdigen Kumpanen zusammen gestellt habe. Und obwohl ich mittlerweile den Maximallevel 50 erreicht habe, gibt es noch zahlreiche blinde Flecken auf der stufenweise zoombaren Karte der Vereinigten Staaten von Amerika. Zig weitere Stunden in der gut 5000 Quadratkilometer großen sowie mit tausenden Straßenkilometern bepflasterten Welt warten auf mich. The Crew ist ein Monster.

Die Spielwelt ist riesig: Es warten über 5000 Quadratkilometer komprimierte USA auf ihre Erkundung.
Das Team von Ivory Tower setzt sich aus einer Reihe von Rennspiel-Veteranen zusammen, die als Eden Studio bereits Titel wie die V-Rally-Serie oder Test Drive Unlimited 1 und 2 veröffentlicht haben. Und die Erfahrung, die sie vor allem mit den Letztgenannten hinsichtlich offener Rennspiel-Welten gesammelt haben, zahlt sich hier aus. Im Vergleich zum deutlich größeren, aber erschreckend leeren Motor-Rummelplatz Fuel haben sie das komprimierte Amerika gut gefüllt. Man hat fast 70 Story-Missionen zu bewältigen und darf hunderte Fähigkeitsprüfungen in neun Kategorien ablegen, für die man je nach Ergebnis neue Verbesserungen für seinen Fuhrpark erhält. Es gibt über 200 Sehenswürdigkeiten, man kann Bauteile für "geheime" Fahrzeuge finden, darf sich an Missionen probieren, die mit den fünf übergeordneten Fraktionen der 5-10s zusammenhängen und einiges mehr. Bleifüße mit Entdeckerdrang oder dem Hang zum Jagen und Sammeln finden hier viel Stoff vor. Eines jedoch hätte man sich sparen oder zumindest anders lösen dürfen: Die Satellitenantennen, die so eindeutig wie kein anderes Element dem Griff in den Open-World-Baukasten von Ubisoft entstammen. Sie sind das Gegenstück zu den Türmen, die man in Assassin’s Creed oder den letzten Far-Cry-Titeln erklimmt. Einmal gefunden, wird die Gegend um die Schüssel aufgedeckt und eine Kamerafahrt gibt einem Hinweise auf visuelle Höhepunkte des Gebiets.

The Fast and the (Online-)Crew

Ab Level 50 kann man alle Herausforderungen und Missionen auch mit Platin-Auszeichnung und besonderen Belohnungen bestehen.
Und wo wir gerade dabei sind: Was soll der Online-Modus in dieser Form? Wieso "always on"? Nicht nur, dass mir beim initialen Laden auf der Karte der USA die Spieler-Bilder angezeigt werden, die in diesem Moment mit mir in einer Session durch Amerika rasen. Selbst beim Cruisen flirren immer wieder Symbole auf den Bildschirm, die mir anzeigen, wer gerade in meiner Nähe oder wie weit er entfernt ist. Das ist mir zu penetrant. Zwar finde ich es gut, dass man die Story- und Fraktionsmissionen mit bis zu vier Fahrern in Angriff nehmen darf, so dass man im Zweifelsfall "um Hilfe rufen" und Unterstützung anfragen kann - oder natürlich, wenn man mit seinen Freunden durch die Staaten rasen möchte. Doch eigentlich lässt sich die gesamte Story auch solo bewältigen. Bei zwei Missionstypen, die glücklicherweise nicht allzu häufig vorkommen, ist jede Hilfe zwar eine ordentliche Frustminimierung, doch letztlich geht es auch ohne. Darüber hinaus gibt es Balancing-Probleme. So kann man in der Anfangsphase bereits Hilfe von hochstufigen Spielern bekommen, für deren hochgezüchtete Karren die meisten Aufgaben natürlich superleicht sind. Andererseits gab es auf meine Anfragen häufig keine Antwort und auch ich habe mich ab und zu geweigert, mit meinem Auto, das einen hohen Leistungsindex besitzt (möglich sind 1 bis 1200+), Anfängern unter die Arme zu greifen. Hier wäre es sinnvoller gewesen, eine Abfrage einzubauen, so dass ad hoc zusammengewürfelte Crews in etwa den gleichen Fahrzeugindex haben, so dass der Spaß und die Belohnungen für alle weitgehend identisch sind.

Die Satelliten-Antennen sind das Gegenstück zu den Türmen aus Far Cry oder Asssassin's Creed - ein klares Versatzstück aus Ubisofts Standard-Open-World-Baukasten.
Und die anderen Online-Features? Die bestehen aus üblichen Wettbewerben, die man entweder für eine Rangliste oder nur zum Spaß, öffentlich oder privat starten kann. Doch sowohl die Duelle zu viert (Jeder-gegen-Jeden) als auch die Crew- bzw. Fraktions-Auseinandersetzungen (Vier-gegen-Vier) hätte man auch losgelöst von der "Solo"-Karte anbieten können – so, wie es z.B. Assassin's Creed Unity vorgemacht hat. In dieser Form wirkt es auf mich, als ob es am Anfang ein interessantes Konzept gab, das On- und Offline-Welt nahtlos miteinander verknüpfen sollte. Dann wurden die Online-Komponenten Stück für Stück zurückgefahren, bis der jetzt verfügbare Rest übrig blieb. Doch dieser "Rest" wirkt wie auf ein Einzelspieler-Erlebnis getackert und ergibt so weniger Sinn als in Driveclub. Zumal es auch nicht dem Gedanken des MMO-Rennspiels entspricht: Schaut man sich einschlägige Online-Rollenspiele an (auf die das Wortspiel "CaRPG" verweist), konzentriert man sich als Spieler auf eine Klasse und versucht, diese so gut wie möglich auszufüllen – das hat übrigens auch das leider wenig erfolgreiche Auto Assault von NCsoft schon besser beherzigt. Hier hingegen kann jeder eigentlich alles, die Aufgaben laufen auf kompetitive Standard-Kost hinaus, so dass sowohl die Crew-Mitglieder als auch letztlich deren Karossen austauschbar wirken. Wer den heißesten Schlitten hat, ist meist der Star. Nee, danke. Ich spiel The Crew in erster Linie "solo". Zwar kann ich mit dieser Einstellung bei der freien Erforschung auch nicht den Vollpfosten aus dem Weg gehen, die nur darauf aus sind, das Spiel der anderen zu (zer-)stören und die trotz polizeilicher Überwachung als Geisterfahrer und Bremsblöcke versuchen, die Geschicklichkeitsprüfungen anderer zu behindern. Doch in den Missionen habe ich meine Ruhe. Das scheinen in dieser Form bislang relativ viele Spieler zu beherzigen. In der gesamten Testwoche ist es nur wenige Male gelungen, genug Fahrer für ein PvP-Fraktionsrennen zusammen zu trommeln - die teils dann aber in der Lobby wegen Sync-Problemen wieder gegangen sind oder rausgeschmissen wurden. Und damit scheint das Konzept des Online-Rennspiels auch aus technischer Sicht auf verlorenem Posten zu stehen. Denn auch während der Rennen hat man nicht nur mit den aggressiv fahrenden Gegnern, sondern zusätzlich mit Lags zu kämpfen, die dafür sorgen können, dass die Fahrzeuge der anderen wie wild auf der Fahrbahn hin und her springen. Und das gilt sowohl für Duelle von zwei Vierer-Teams als auch bei den reduzierten Jeder-gegen-Jeden-Jagden mit einem Spieler-Quartett.

The Crew and the Furious

Solo allerdings macht die Raserei entgegen meiner ersten Befürchtungen richtig Laune und könnte mit einem nur leicht veränderten Fokus und ein paar Optimierungen erfolgreich als "Driver USA" durchgehen - was vermutlich auch dem Mitwirken von Reflections zu verdanken ist. Zwar muss man die dröge Anfangsphase überstehen, in der einem die Karre in fast jeder Kurve unter dem Hintern wegbricht und enorm schwammig auf die Kontrolleingaben reagiert. Doch mit jedem gewonnenen (und eingesetzten) Bauteil wird das Fahrgefühl besser. Und wenn man nach und nach die fünf Fahrzeuggrundtypen freischaltet, in die man die Basis-Modelle umbauen lassen kann, diese hochzüchtet und schließlich auch verschiedene Untergründe beackert, stellt man fest, dass die auf Arcade getrimmte Fahrphysik deutlich mehr kann, als nur Glatteis in verschiedenen Intensitäts-Stufen zu simulieren. Ein auf Rennstrecken und Asphalt zurecht geschnittener "Circuit"-Wagen lässt sich ganz anders kontrollieren wie ein "Raid"-Bolide, der für brachiale Überlandfahrten geeignet ist oder ein "Performance"-Schlitten, der zu einem kleinen Allrounder mutiert. Welche der Spezialisierungen für die gut 50 lizenzierten Fahrzeuge vom Ford Fokus oder VW Golf über zahlreiche amerikanische Muscle Cars bis hin zum Leferrari möglich sind, hängt vom Wagen ab - der Golf z.B. lässt nur die Erweiterung zum "Street"-Car zu.

Die Geschichte wird über ordentlich vertonte, aber uneinheitlich animierte Einblendungen sowie sehr gute CG-Sequenzen erzählt.
Doch nicht nur die ständigen Verbesserungen, die man seinem Fuhrpark zu Gute kommen lässt, halten die Motivation auf einem ordentlichen Niveau. Auch die Story schafft es immer wieder, kleine Akzente zu setzen. Dabei ist sie weder tiefschürfend noch besonders clever. Doch für ein Rennspiel macht sie trotz zahlreicher Stereotypen einiges richtig und baut sowohl die Antagonisten als auch die Crew-Mitglieder plausibel auf, die man sich nach und nach ins Hauptquartier holt. Zumindest nach den Maßstäben der "Fast-and-Furious"-Serie, von deren rasanten Schnitten und Kamerafahrten man sich bei Ivory Tower auch für die Intro-Sequenzen zu den einzelnen Missionen hat inspirieren lassen. Die Präsentation ist damit im Wesentlichen auf dem gewohnt hohen Ubisoft-Niveau, wenngleich die eingeblendeten Porträts bei Telefonaten bzw. Funksprüchen uneinheitlich umgesetzt wurden: Mal sind sie überzeugend animiert, mal starrt man auf ein Standbild - merkwürdig. Wer des Englischen mächtig ist, sollte im Menü (löblich, dass es über das Spiel und nicht über die Konsoleneinstellung geht) die entsprechende Option wählen. Nicht, weil die deutsche Lokalisierung schlecht ist - ganz im Gegenteil. Doch für die Rolle des Alex wurde Troy Baker hinter des Mikrofon gezerrt, den die meisten vermutlich als Stimme von Joel in der Originalfassung von The Last of Us kennen, und der auch hier die Figur mit mehr Leben füllt, als das Drehbuch eigentlich hergibt.

Abwechslungsreiches Wunderland

Man stattet auch dem Rennspielfans hinlänglich bekannten Kurs von Laguna Seca einen Besuch ab - und wird angesichts des nicht akkuraten Layouts überrascht.
Es ist erstaunlich, wie fantasievoll innerhalb der Karriere die Rennen gegen Konkurrenz, die Wettbewerbe auf Zeit, die Verfolgungen, Duelle oder die Fluchtversuche erzählerisch begründet werden. Bis auf wenige Ausnahmen ergibt nichts davon wirklich Sinn  aber es funktioniert und motiviert größtenteils. Es gibt allerdings zwei Missionstypen, vor denen ich am liebsten die Flucht ergreife. Nicht etwa, weil sie nicht passen. Sowohl die Jagd auf Gegner als auch die Flucht vor Gesetzeshütern oder konkurrierenden Fahrergruppen geht thematisch und konzeptionell in Ordnung. Nur in der Umsetzung hapert es. Das eine (Jagd), weil der KI-Gegner in 99 Prozent der Fälle immer den gleichen Weg fährt und man ihn sich mit einigen Neustarts quasi zurechtlegen kann - Trial&Error in Reinkultur. Und das andere (Flucht), weil die Cops ungeachtet der Stärke meiner Motorisierung ständig meine Beschleunigung mitgehen können und mitunter schneller aus den Kurven herauskommen als ich mit einem hoch performanten Vehikel - hier wird von den Gegnern gecheatet. Selbst für einen Arcade-Raser sind diese Verhaltensweisen höchst unglaubwürdig. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Fall, wo eine Jagd in eine Flucht übergeht oder man jemanden stoppen muss, während man selbst gejagt wird. In diesen Momenten wird der ansonsten moderate Schwierigkeitsgrad vollkommen ad absurdum geführt, was letztlich viel Frust auf dieser Seite des Bildschirms zur Folge hat.  

Schön: Man hat an eine Cockpitsicht gedacht. Schlecht: Die Spiegel (insofern es welche gibt) sind vollkommen unbrauchbar.
Doch trotz aller Unfairness in diesen Momenten, bleibt der Anreiz groß, die USA fahrend zu erforschen und der Rachemär zu folgen - und nicht nur durch die Story-Missionen gegeben. Denn auch die kleinen Nebenmissionen motivieren, die ab Level 50 sogar noch bessere Belohnungen versprechen, wenn man die ab dann freigeschalteten Platin-Auszeichnungen zwischen Stufe 40 und 50 erhält. Auch weil mit jedem gewonnenen Bauteil die Spirale weiter gedreht wird: Man wird besser, hat Chancen auf hochwertigere Teile, hat ein erfolgreicheres Ergebnis, wird einfach schneller, usw. Dazu kommt, dass man sich bei diesen selten länger als eine Minute dauernden Mini-Herausforderungen ebenfalls variantenreich zeigt. Mal muss man nur wie der geölte Blitz mit Höchstgeschwindigkeit durch den mitunter dichten Verkehr rasen. Dann wiederum muss man Slalom fahren, der immer schmaler werdenden Ideallinie folgen oder durch stets kleiner werdende Tore fahren. Möglichst weite Sprünge über Rampen gehören ebenso dazu wie das Erklimmen von Hügeln und Bergen. Da die Belohnungen sofort helfen und diese Herausforderungen häufig auf oder kurz neben der Straße liegen, auf der man ohnehin von A nach B unterwegs ist, nimmt man sie gerne wahr - oder kehrt zu ihnen zurück, um mit einer besseren Bewertung eventuell bessere Ausrüstung einzuheimsen, die im Zweifelsfall auch im Hauptquartier eingelagert werden kann. Mal fühlt sich The Crew an wie Rockstars Smuggler's Run, dann wieder wie Burnout Paradise.  Löblicherweise wurde auch an ein Schnelltransport-System gedacht, das auch jenseits der Bahnstationen und Flughäfen funktioniert. Nicht nur jeder Missions-Startpunkt, jede Herausforderung oder die zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die man in kurzen Kamerafahrten wie ein Tourist betrachten darf, darf man direkt anwählen. Jede Straße, in deren Umfeld man unterwegs war oder die man direkt befahren hat, steht als Zielpunkt zur Verfügung - vorbildlich, auch wenn es natürlich ein schöneres Gefühl ist, die Kilometer zu fressen und die Landschaft dabei auf sich wirken zu lassen!

"From sea to shining sea"

Denn die kann sich durchaus sehen lassen - vor allem an einem halbwegs potenten PC. Die unterschiedlichen Landstriche von Großstädten über die Prärien in Texas, der Yellowstone Nationalpark bis hin zu den Küstengebieten der Florida Keys oder die San Francisco Bay wurden mit ihren visuellen Eigenheiten und Lichtstimmungen sehr schön sowie überzeugend eingefangen. Und die Boliden liegen hinsichtlich ihrer Qualität mit allen ihren Lackspiegelungen nicht weit von Forza Motorsport 2 oder DriveClub entfernt. Man hat sogar an eine passable Cockpitkamera gedacht! Und ich habe auch kein großes Problem damit, dass innerhalb der teils stark komprimierten USA Entfernungsverhältnisse mitunter missachtet wurden und selbst in Relation der Weg von Santa Monica zum Basket Center (Staples Center) in Los Angeles eher unbekannt wirkt. Entscheidende Orte sind am richtigen Platz, wenngleich der Weg dorthin nicht über die Straßen führt, die man als Städtekenner evtl. erwartet. Doch wenn ich schon die Option habe, auf dem Kurs von Laguna Seca meine Runden zu drehen, dann bietet mir den doch in Originalgröße an und nicht als halbwegs akkurate, aber geschrumpfte Version, die nicht mehr viel mit dem Kurs gemein hat, den man vielleicht aus Gran Turismo oder Forza Motorsport kennt.

Am PC macht die Kulisse den besten Eindruck.
Doch dies ist nicht das einzige Problem, das die Kulisse mit sich herumschleppt. Vor allem auf Konsolen gibt es zwei Hemmschuhe: Kanten und Slowdowns. Im Vorfeld der Veröffentlichung wurde von 30 Bildern pro Sekunde in einer 1080p-Auflösung gesprochen. Das wird auf dem PC auch problemlos erreicht, auch 60 Bilder pro Sekunde sind auf entsprechenden Rechnern kein Problem. Auf Konsolen jedoch (und dabei auf PS4 etwas häufiger) kommt es immer mal wieder zu Bildrateneinbrüchen. Das ist insofern schade, da das Geschwindigkeitsgefühl ungeachtet der gewählten Kameraposition eigentlich sehr hoch ist und keine Probleme hat, z.B. Burnout Paradise Paroli bieten zu können. Auf Konsolen hat The Crew sogar noch etwas gemeinsam mit dem Arcade-Racer von Criterion: Kanten. Mitunter sehr fiese Kanten. Es verwundert allerdings, dass es neben Gebieten, in denen einem beinahe die Augen angesichts der flimmernden Treppchen tränen, auch Gebiete wie z.B. den Grand Canyon gibt, die ohne diese Kanten auskommen und einen guten bis sehr guten Eindruck hinterlassen. In diesen Momenten habe ich mich dabei ertappt, wie ich einfach nur geparkt und die Aussicht genossen habe. Dennoch: Die Diskrepanz zwischen visuellen Glanzlichtern und Tiefpunkten ist bei The Crew hoch. Vielleicht wäre es besser gewesen, wie bei den letzten Saints Rows dem Spieler in den Optionen eine Alternative zur Verfügung zu stellen, bei der er Anti-Aliasing einschalten kann, aber dafür evtl. stärkere Geschwindigkeitseinbußen in der einen oder anderen Situationen in Kauf nehmen muss. Oder einen Schalter, bei dem man zwischen einer 720p-Auflösung und Kantenglättung und der normalen 1080p-Variante wählen kann. Denn in dieser Form beraubt sich The Crew seines eigentlich verdienten Lohns.

Detailfragen

Zu den zahlreichen Nebenbeschäftigungen gehört auch das Finden von Autowracks.
Wobei es im Detail noch weiteren Gesprächsbedarf gibt. Denn allzu weit darf man seine Blicke nicht immer schweifen lassen. Auch wenn der Gesamteindruck weiterhin positiv bleibt, findet man auch an Sehenswürdigkeiten immer wieder schwache Texturen. Am Fahrbahnrand geparkte Autos werden mit deutlich weniger Polygonen gebaut und mit niedriger aufgelösten Tapeten bezogen. Bei einem Unfall überschlagen sich NPC-Boliden und offenbaren eine flache, unifarbene Unterbodenschicht. Die Sichtweite wird gelegentlich von deutlichen Pop-ups getrübt. Und während mit Fauna und allerlei maschinellen Hilfsmitteln (Hubschrauber, Flugzeuge, Ballons etc.) die Umgebung mit Leben gefüllt wird, hat sich die menschliche Bevölkerung zurückgezogen – beinahe so, als ob die Zivilisten sich angesichts ihrer unterdurchschnittlichen Gestaltung oder Animationen nicht auf die Straße trauen. Selbst Straßen von Tourismus-Hochburgen wie Miami oder New York City sind leerer als Norderstedt Sonntagnacht.

Und so effektiv ein Tag-/Nachtwechsel auch eingesetzt wird, so sehr vermisse ich dynamisches Wetter. Wo ist der Regen in Seattle? Wo sind die Stürme oder Tornados des Mittleren Westens? In Yellowstone schneit es zwar, aber das ist ein permanenter Zustand. Zugegeben: Die Welt von GTA 5 ist kleiner als die USA von The Crew. Doch in vielen Punkten wie Bevölkerungsdichte, Wetter und Umgebungsdetails ist die Nextgen-Fassung von Rockstars Gangster-Epos dennoch weiter.  Das gilt übrigens auch für die Rückspiegel in der Cockpit-Ansicht. Konnte man in Los Santos die hinter einem liegende Umgebung wenigstens schemenhaft erkennen, sind die reflektierenden Gläser hier vollkommen blind - autsch. Und wenn wir schon bei Grand Theft Auto sind, hätte sich Ivory Tower durchaus anschauen bzw. anhören können, wie man mehrstündigen Hörgenuss erschafft. Die sieben Radiosender, die hier aufgeboten werden, sind nicht nur numerisch schwach, sondern auch inhaltlich. Bei einem Titel, in dem man Missionen von einer Stunde oder mehr bewältigen kann, wäre ein umfangreicheres Musikprogramm Pflicht gewesen – wenngleich man zahlreiche Stilrichtungen mit einigermaßen aktuellen Songs abrufen kann. Doch mit den Rocksmith- und Just-Dance-Spielen im gleichen Haus wäre zumindest theoretisch mehr Material vorhanden. Immerhin kann man das Radio stumm stellen und dann seine eigene Musik laufen lassen, um die mitunter zu schrill klingenden Motorengeräusche zu übertönen.

Geldfrage

Es gibt umfangreiches visuelles Tuning, wahlweise gegen Bucks oder Crew Credits, die auch per Mikrotransaktion erstanden werden können.
Auch in The Crew hält Ubisoft an Mikrotransaktionen und Zusatzkäufen fest. Während ein Season Pass mittlerweile selbst bei Titeln wie Lego Batman eingeführt wurde und natürlich auch hier wieder zusätzliche Inhalte spendiert, hat man mit den Crew Credits (CC) eine spielinterne Währung, die über Echtgeldzukäufe in den entsprechenden Stores aufgestockt werden kann. Doch hat man dadurch einen nennenswerten Vorteil? Nein. Denn zum einen dienen die CC nur als Abkürzung, wenn man nicht genügend Bucks (die reguläre Spielwährung) auf der hohen Kante hat.

Zwar dauert es relativ lange, bis man z.B. eine Million erfahren hat, um sich den Koenigsegg Agera R kaufen zu können. Aber mit entsprechendem Zeiteinsatz hat man keinen Nachteil gegenüber den Schnellspur-Käufern mit ihren CC. Und zum anderen bekommt man beim Beitritt zu einer der fünf Fraktionen im Spiel von dieser einen Willkommensbonus in Höhe von satten 100.000 CC (entspricht etwa zehn Euro), die man bei Bedarf für Ausrüstung oder neue Karren ausgeben kann. Wenn man zu den über 50 durch neue Stufen erreichbare „Perk-Punkte“, die man für kleinere  Verbesserungen (z.B. ein Prozent verbesserte Kontrolle der Fahrzeuge, leicht erhöhte Beschleunigung bei Turbonutzung, bessere Preise bei Händlern) ausgeben kann, weitere hinzukaufen möchte, kann man dies ebenfalls per CC erledigen. Da man die Perks jedoch auch gegen einen geringen Buck-Obulus neu verteilen kann, erübrigt sich diese Option eigentlich.

Fazit

Im Kern ist The Crew ein solides, meist sogar gut unterhaltendes Arcade-Rennspiel, das sich hinsichtlich Inszenierung und Story an Filmen wie der Fast-and-Furious-Serie orientiert. Mit mehr als 5000 Quadratkilometer komprimierten USA ist der offene Abenteuerspielplatz groß, abwechslungsreich und auch abseits der gut 20 bis 25 Stunden dauernden Kampagne mit Aufgaben zugepflastert. Die Fahrphysik kommt nach anfänglicher Schwäche irgendwann in Schwung, so dass die Boliden sich immer besser in der Spur halten lassen, wobei der Untergrund und der Fahrzeugtyp ebenso wichtig sind wie die verbauten Teile. Die Kulisse ist schnell, mitunter bildschön, lebendig und sehr stimmungsvoll.  Allerdings haben die Konsolen hin und wieder mit Bildraten-Einbußen und häufig mit fiesen Kanten zu kämpfen, während sich auf allen Systemen hier und da Texturschwächen einschleichen. Tja, und dann gibt es noch den Online-Modus. Man ist ständig "on" und kann bei Bedarf alle relevanten Missionen auch mit bis zu vier Spielern angehen oder in Fraktions-Auseinandersetzungen mit bis zu acht Fahrern antreten. Nur die Frage nach dem "Wieso?" erschließt sich mir nicht. Klar: Die häufig nervigen Verfolgungsjagden sind mit mehreren Spielern leichter zu erledigen. Doch sowohl die Standard-Online-Rennen als auch die Gruppen-Auseinandersetzungen hätte man auch als "ausgelagerten" Modus ähnlich Assassin’s Creed Unity lösen können. Und die ständig auf dem Bildschirm schwirrenden, nicht abstellbaren Anzeigen der anderen Spieler haben mich auf Dauer genervt. In dieser Form ist das offensichtlich am Reißbrett entstandene Konzept nichts Halbes und nichts Ganzes. Schade, denn The Crew macht vieles richtig und hätte als Offline-Spiel mit optionalen Mehrspieler-Duellen sowie optimierter Kulisse als "Driver USA" hohe Wellen schlagen können.

Pro

riesige Spielwelt
stimmungsvolle Kulisse mit sauberem Geschwindigkeitsgeühl...
Tag-/Nachtwechsel
lebendige Umgebungen
Karrieremissionen sowohl solo als auch kooperativ spielbar
abwechslungsreiche Story-Aufgaben
passable, wenngleich stereotype Story auf Fast-and-Furious-Niveau
Radiosender...
abseits der Story Unmengen an Aufgaben
ordentliche Physik, die vom Fahrzeugtyp, Bauteilen und Untergrund abhängt
saubere Präsentation
umfangreiches visuelles und Performance-Tuning
Schnellreise zu entdeckten bzw. bereits befahrenen Straßen
Gefühl für Weite der Landschaft wird gut transportiert
diverse Kameraperspektiven, u.a. Cockpitsicht
ordentliche Lokalisierung
Sprachausauswahl aus dem Spiel heraus verfügbar
Mikrotransaktionen nur "Pay-to-Shortcut"

Kontra

Online-Modus wirkt aufgesetzt und nur konzeptionell gut
... auf Konsolen stören fiese Kanten und seltene Bildrateneinbrüche
kein dynamisches Wetter
schwammige Kontrolle in der Anfangsphase
Balance hängt bei Koop-Spielen mitunter in den Seilen
Jagd und Flucht zu sehr von Zufall bzw. Trial-and-Error abhängig
... die aber nicht so zahlreich oder umfangreich sind wie woanders
Rückspiegel sind komplett unbrauchbar
Städte sind unterbevölkert
Motorengeräusche mitunter zu kreischend
Mikrotransaktionen (Cash für Ingame-"Crew-Credits")
nur visueller Schaden
immer wieder Detailschwächen bei Texturen

Wertung

PC

Solides Story-basiertes Arcade-Rennspiel mit riesiger Spielwelt, haufenweise Aktivitäten und einem in dieser Form unpassenden Online-Modus.

PlayStation4

Solides Story-basiertes Arcade-Rennspiel mit riesiger Spielwelt , haufenweise Aktivitäten und einem in dieser Form unpassenden Online-Modus. Auf der PS4 stören die instabile Bildrate und mitunter fiese Kanten.

XboxOne

Solides Story-basiertes Arcade-Rennspiel mit riesiger Spielwelt, haufenweise Aktivitäten und einem in dieser Form unpassenden Online-Modus. Auf der One stören die instabile Bildrate und mitunter fiese Kanten.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.