Im Test:
Tag eins...
In den ersten Minuten war ich ernüchtert: Man merkt dem Pausenfüller zwischen Staffel eins und zwei an, dass er kein Teil des großen Abenteuers ist. Die meisten Szenen finden an engen Schauplätzen statt und selbst wenn sich die Akteure bewegen, scheinen sie sich in kleinen Räumen zu befinden. Ihre Unterhaltungen wirken zudem weniger lebensnah: Man lernt die Figuren in den kurzen Auftritten kaum kennen und es fehlt eine nachvollziehbare emotionale Entwicklung. Manche Gewaltausbrüche überspannen den Bogen, weil sie zu plötzlich kommen.
Es wäre allerdings unfair, 400 Days auf den Vergleich mit den vorangegangenen Episoden zu reduzieren. Im Kleinen macht Telltale nämlich erneut viel richtig. Da ist zum einen die fast greifbare Verzweiflung einer unerbittlichen Realität, in der nur das nackte Überleben zählt – egal um welchem Preis. Zum anderen überlappen sich die fünf Kurzgeschichten so geschickt, dass ich bis zum Ende immer neugieriger wurde, welchen Abschluss die Entwickler suchen würden. Und ihr ruhiger Ausklang hat mich nicht enttäuscht.
... bis 400
Alle Erzählungen drehen sich um eine Tankstelle irgendwo im Niemandsland, irgendwann zwischen dem Ausbruch der Zombieseuche und dem 400. Tag ihres Bestehens. Eine Gruppe Überlebender nistet sich dort ein, zwei Unglücksraben finden dort ihr
Als besonders gelungen empfinde ich die Geschichte der Gruppe, die dort ihr Lager aufschlägt. Denn als Teil dieser Gemeinschaft musste ich schwere Entscheidungen treffen: Da ging es nicht "nur" um Leben oder Tod der Überlebenden, sondern auch um das Abschirmen eines Kindes vor dem grausamen Alltag dieses erbarmungslosen Lebens. Ist das überhaupt möglich?
Stark ist auch das vielschichtige Wesen einiger Charaktere: Wer böse aussieht und herablassend spricht, führt vielleicht gar nichts Böses im Schilde - darauf verlassen konnte ich mich aber nie. Viele Entscheidungen fallen dadurch besonders schwer. Umso bedauerlicher, dass die Figuren nicht über eine
Es ist meine Geschichte
Wie in Staffel eins wirken sich meine Entscheidungen nicht immer, aber oft genug in wichtiger Weise aus. Und wie in Staffel eins macht mich Telltale zu einem Teil des Erlebten, weil meine kleinen Entscheidungen ständig die Geschichte beeinflussen. Ich lenke nicht das Schicksal – ich nehme einfach daran teil. Und sei es, indem ich schweige. Das ist auch in 400 Days die große Stärke von The Walking Dead!
Außerhalb der Dialoge ist meine Handlungsfreiheit allerdings begrenzt; meist muss ich lediglich eine geforderte Aktion anklicken oder mit dem Zitterfinger eine Taste malträtieren. Auf Rätsel und damit auch auf spielerisch ruhige Momente verzichtet die Bonusepisode leider komplett.
Fazit
400 Days ist genau dort stark, wo schon die erste Staffel glänzte: Die schweren Entscheidungen tun richtig weh! Telltale fängt die brutale Erbarmungslosigkeit des Überlebenskampfes ohne Schnörkel ein, stellt den emotionalen Konflikt aber stets in den Mittelpunkt. Weil man häufig in Dialoge und Aktionen eingreift, ist man ein ergriffener Teilnehmer jeder Szene, anstatt als Regisseur nur Anweisungen zu geben. Die fünf Kurzgeschichten sind zudem geschickt miteinander verbunden und weisen vielleicht schon einen Weg in die zweite Staffel. Die Klasse der ersten fünf Episoden erreicht der erzählerische Einschub allerdings nicht. Dazu fehlen eine größere Handlungsfreiheit und spielerische Herausforderungen wie Rätsel. Abgesehen davon handelt die Figurenzeichnung Einführung, Höhepunkt und Auflösung zu schnell ab – eine geradlinige Geschichte hätte auch diesem Abstecher in die Comicwelt besser gestanden.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Erzählerisch interessante, emotional weniger packende Bonusepisode der ersten Staffel.
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