Im Test:
Welches Gebrechen hätten’s gern?
Entscheide ich mich z.B. für die kurzsichtige Erzmagierin Lady Prescilla, wird der Rand des Bildschirms unscharf. Ihr Bruder besitzt dagegen eine krankhafte Hühner-Phobie: Statt Energie spendende Hähnchenschenkel zu verspeisen, muss er vor wild gewordenen Exemplaren flüchten. Ein großer Held erreicht die schwebenden Kapuzenwesen leichter mit seinem Schwert. Plagt ihn zusätzlich eine neuronale Krankheit, erscheint aber der Text in spiegelverkehrter Form – oder es wird gleich das komplette Bild auf den Kopf gestellt.
Die Entscheidung für einen neuen Helden steht immer dann an, wenn man gestorben ist. Das Spiel übernimmt einige Elemente aus dem Genre der Rogue-likes: Der Held erforscht zufallsgenerierte Kerker, besteht extrem knifflige Kämpfe gegen Monster und rafft jede Menge Schätze zusammen. Anders als im rundenweise gespielten Vorbild Rogue wird das Abenteuer aber nicht aus der Vogelperspektive gezeigt, sondern inszeniert das Abenteuer als Plattformer - ähnlich wie Spelunky oder Castlevania. Der Protagonist versucht, seinen Geschwistern zuvor zu kommen und den sagenhaften Schatz aus dem Spukschloss zu erobern. Dazu hüpft er über fiese Stachelfallen und kämpft mit allerlei Waffen wie Schwertern, Wurfäxten und magischen Attacken gegen Geister, Skelette und andere aufdringliche Biester.
Nur die Harten kommen an die Beute?
Auch Unmengen rollenspieltypischer Extras erleichtern die Streifzüge der Nachfahren. Statte ich die Familien-Burg mit einem Trainingsraum aus, bauen die Nachkommen stärkere Muskeln auf. Siedle ich einen Schmied und eine Zauberin an, kann ich das ergatterte Gold meiner Streifzüge fortan in bessere Ausrüstung und magische Tricks wie einen Doppelsprung investieren. Auch mein Gesamt-Level wird quasi vererbt. Äußerst nützlich ist auch die Zeitlupe. Sie saugt den Mana-Balken zwar blitzschnell leer, hilft aber bei Bosskämpfen und im hektischen Projektilhagel.
Alte Schule
Die schlichten Angriffsmuster lassen die Kämpfe auf Dauer aber fade werden. Das pixelige Design steht den Rittern, Wölfen und schwebenden Dämonen zwar gut, aber solch eine Oldschool-Aufmachung muss nicht bedeuten, dass Gegner und Bosse nur simple Bahnen abklappern dürfen. Zugegeben: das Studieren verlässlicher Bewegungen ist ein elementarer Bestandteil von Rogue-likes, doch die Entwickler hätten deutlich mehr Abwechslung in die Kämpfe bringen können.
Sammelwahn
Dass es trotzdem auch nach Stunden nicht langweilig wird, liegt an den vielen kleinen Boni und Geheimnissen: Es warten verwunschene Wälder, geheime Durchgänge und vor allem viele lustige Extras zum Aufmotzen der Nachfahren. Schade, dass keine analoge Steuerung unterstützt wird. Der Stick des 360-Controllers wird zwar unterstützt, aber nur digital abgefragt: Es gibt nur Vollgas oder Stillstand. Wer möchte, kann aber immerhin die Tasten von Joypad oder Tastatur frei belegen.
Fazit
Verdammt, schon wieder tot! Wer sich in die Kerker von Rogue Legacy wagt, muss eine hohe Frusttoleranz mitbringen. Ganz so erbarmungslos wie in Spelunky oder klassischen Genre-Vertretern wird es aber nicht. Cellar Door Games lockert seinen gnadenlosen Plattformkampf geschickt mit rollenspieltypischen Upgrades und anderen motivierenden Extras auf. Das Salz in der Suppe sind natürlich die vererbten Gebrechen und Fähigkeiten der Nachfahren. Wer einmal über Kopf durchs Gegnerchaos gehüpft ist, wird vermutlich nicht mehr so schnell zu einer Figur mit neuronalen Störungen greifen – auch wenn sie noch so viele Schläge einstecken kann. Schade, dass die Entwickler beim Gegner-Design nicht ähnlich kreativ waren. Die vielen kleinen Pixel-Biester sehen zwar knuffig aus, attackieren aber mit schrecklich altbackenen Angriffsmustern. Das Erforschen von Extras und Gesetzmäßigkeiten macht die knifflige Entdeckungsreise trotzdem spannend.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Knackiger Plattformer mit Unmengen lustiger Extras für Freunde zufallsgenerierter Action.
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