Gods Will Be Watching28.07.2014, Benjamin Schmädig

Im Test: Das Dark Souls der Managersimulationen

Wir haben über ihre Schläge gelacht. Provoziert haben wir sie. Das Spiel hat einfache Regeln: So lange wir nützliche Informationen haben, lassen sie uns am Leben. Doch am nächsten Tag kamen sie wieder. Um mit Werkzeugen zu schlagen, heiße Eisen in unsere Haut zu brennen, die Zähne heraus zu reißen. Irgendwann konnten wir nicht mehr lügen, wenn wir überleben wollten. Und jetzt reißen sie Jacks an die Wand geketteten Körper einfach auseinander, falls ich nicht die Wahrheit sage. Dabei bleibt mir doch keine Wahl: Gebe ich nur noch eine Information preis, sterben wir beide...

Die Qual

Habe ich wirklich keine Wahl? Immer wieder konfrontiert mich das Spiel mit dieser Frage. Häufig geht es dabei um Leben und Tod. Soll ich einem Mitglied meines Teams eine tödliche Dosis eines experimentellen Impfstoffs injizieren oder nehme ich die längere Entwicklungszeit eines sicheren Heilmittels in Kauf? Bringe ich einen Begleiter um, damit die anderen etwas zu essen haben, oder riskiere ich ihren Hungertod?

Gods Will Be Watching versetzt mich in ungewöhnliche Situationen, in drastisch zugespitzte Gefahren. Dass ich mich als Geiselnehmer um das Wohlergehen meiner Leute und das der Gefangenen kümmern muss, dient als seichter Einstieg. Später muss ich Folter überstehen und auf menschenfeindlichen Planeten überleben.

Die Wahl

Als Sergeant Burden leite ich ein Team, in dem jede Person verschiedene Aufgaben übernimmt – könnten alle Mitglieder voll durchziehen, wären unsere Herausforderungen spielend lösbar. Doch zum einen dürfen wir mit

Die Geiselnahme führt recht harmlos in das Spiel mit den schweren Entscheidungen ein.
jedem Zug nur eine begrenzte Anzahl Aktionen ausführen. Zum anderen muss ich Moral und Gesundheit aller Beteiligten aufrecht halten: Meine Leute müssen je nach Szenario schlafen, Medizin herstellen und Nahrung suchen. Sie benötigen aufmunternde Worte und mehr.

Den vier Geiseln des ersten Kapitels muss ich z.B. einzeln drohen, damit sie nicht revoltieren. Manchmal muss ich sie auch beruhigen, damit sie nicht erschrocken aufspringen. Jedes Besänftigen, jedes Schreien oder Treten wirkt sich dabei auf alle Gefangenen aus. Wie reagiere ich also, wenn ein Einzelner schon panisch zittert, während die anderen gelassen an der Wand lehnen? Später greifen viel mehr Variablen ineinander – dieses Hin und Her vielseitiger Wechselwirkungen, das zeichnet Gods Will Be Watching aus.

Millimeter um Millimeter

Auch wenn ich wie in einem altmodischen Adventure auf ein zweidimensionales Bild klicke: Im Kern ist dieser Überlebenskampf eine Managementsimulation. Und eine verdammt harte dazu, die zum häufigen Neustart eines Kapitels führt. So häufig, dass gerade mal sechs, meist nur einen Bildschirm große Episoden eine Spielzeit von etwa zehn Stunden bedeuten. Wer den leichten Schwierigkeitsgrad wählt, der könnte das Abenteuer in einer Stunde beenden. Er würde allerdings den Sinn verfehlen; zurecht raten die Entwickler davon ab.

Denn was das Spiel stark macht, ist die vermeintliche Ausweglosigkeit. Variablen wie Moral, Vorankommen und Gesundheit sind so eng miteinander verknüpft und der Nachhall wichtiger Entscheidungen so unvorhersehbar, dass es immer ein Tanz auf des Messers Schneide ist: Trifft Burden die falsche Entscheidung, könnte die Mission mit einem Schlag scheitern. Trifft er die richtige, ist er seinem Ziel vielleicht wenige Millimeter näher. Der clever

Gods Will Be Watching entstand ursprünglich als Beitrag einer Herausforderung für Entwickler: "Minimalismus" war das Motto der Herausforderung, für die Deconstructeam zunächst ein einziges Kapitel erschuf .
eingestreute Zufall hat mir dabei etliche Schweißperlen auf die Stirn getrieben. Als Burdens Peiniger ihm etwa die mit einer Kugel geladenen Pistole an den Kopf setzte, hatte er nach einer Lüge eine Chance von eins zu sieben. Eigentlich eine gute Quote. Und ich brauchte jede Lüge...

Es ist eng. Es ist immer eng. Es ist ein Abwägen, ein Rechnen – und ein Hoffen auf Glück. Es ist im Moment des Spielens einer der spannendsten Überlebenskämpfe!

Stark und schwach

Die Folter geht an die Grenzen des Erträglichen.

Ein ganz großes Spiel gelingt Independent-Studio Deconstructeam dennoch nicht; dazu sind sechs Kapitel einfach zu wenig. Dazu fehlen auch Konsequenzen, wenn Verletzte und vermeintlich Tote im nächsten Abschnitt wieder topfit sind. Meine Entscheidungen haben einen starken Einfluss auf den Verlauf einer Episode. Über deren Grenzen hinaus entscheide ich jedoch gar nichts.

Eine ganz andere Schwäche ist kurioserweise der hohe Anspruch, als eine Stärke des Spiels. Denn um die sechs Herausforderungen zu bestehen, muss ich die komplexen Zusammenhänge vollständig durchdringen. Und so spannend das Managen des engen Netzwerks auch ist, so sehr blicke ich irgendwann mehr auf das Zahlenspiel im Hintergrund als auf die Akteure des Dramas. Emotionen werden dadurch gelegentlich in den Hintergrund gedrängt, langfristige Folgen fehlen umso dringender.

Fazit

Welch ein Bangen und Zittern! Gods Will Be Watching simuliert im kleinen Stil eine komplexe Gruppendynamik, Entscheidungen über Leben und Tod sind an der Tagesordnung. Im kleinen Stil, weil sechs kurze Kapitel trotz vieler Neustarts kein großes Abenteuer machen und weil sich tragische Ereignisse nicht auf den Verlauf der Geschichte auswirken. Weil das Verwalten von Zahlenwerk mitunter stärker im Vordergrund steht als das emotionale Schicksal der Figuren. Ein starkes Spiel ist es aber, weil es auf ungeschönte Weise Extremsituationen darstellt und vor krassen Konsequenzen innerhalb der Episoden nicht zurückschreckt. Ständig unter Hochdruck wiege ich Für und Wider ab. Kleine Erfolge bedeuten nur, dass ich noch nicht versagt habe. Gods Will Be Watching ist ein packender Thriller – ein kleines Dark Souls unter den Managerspielen.

Pro

komplexes Zeitmanagement mit vielen verbundenen Variablen
gut dosierter Zufall erhöht Spannung
Herausforderungen sind ohne schwere Opfer kaum zu bestehen
Körperhaltung verrät Moral und Gesundheit
kurze, aber spannende Geschichte

Kontra

keine Konsequenzen über Kapitelende hinaus
hartes Managen stört emotionales Erleben
nur sechs schwere, aber kurze Levels

Wertung

PC

Ein packender Thriller um überlebenswichtige Entscheidungen in Extremsituationen.

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