Test: Blitzkrieg 3 (Taktik & Strategie)

von Eike Cramer



Blitzkrieg 3: Company of Heroes light
Zurück an die Front!
Entwickler:
Publisher: Nival Interactive
Release:
02.06.2017
02.06.2017
Erhältlich: Digital, Einzelhandel
Jetzt kaufen
ab 89,95€
Spielinfo Bilder Videos

Die Entwicklungsgeschichte von Blitzkrieg 3 ist chaotisch: Erst als Free-to-play-Titel mit Mehrspieler-Fokus geplant und nach mehreren darauf folgenden Jahren im Early-Access-Fegefeuer bei Steam, haben Nival jetzt ein Spiel veröffentlicht, bei dem vor allem die drei Kampagnen für Solisten im Fokus stehen. Wir haben uns auf die Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs begeben und an einen Klassiker erinnert gefühlt.



Blitzkrieg never changes?

„Hey, das ist ja wie Company of Heroes in alt und nicht so hübsch!“- Kritischer könnte der erste Eindruck für ein Echtzeit-Strategiespiel im Jahr 2017 kaum sein. Nicht nur, weil Relics Taktik-Hammer bereits mehr als zehn Jahre auf dem Buckel hat, sondern auch, weil Blitzkrieg viele seiner ursprünglichen Kernwerte abgestriffen hat: Statt großer Armeen führt man eher kleinere Trupps ins Gefecht, die zwar etwas umfangreicher sind als bei den eher auf Squad-Taktik ausgelegten Schlachten von Relic, aber dennoch kaum mit den Streitmächten aus dem 2003 erschienen Klassiker mithalten können. Zudem merkt man dem Titel zumindest optisch seinen Free-to-play Ansatz deutlich an – zwar wiegen sich Gräser sacht im Wind und Explosionen sowie Artillerieschläge richtigen wuchtige Schäden an. Aber insgesamt bleibt man deutlich hinter dem Effektgewitter von Company of Heroes 2 zurück, zumal sich Straßenzüge nicht einäschern lassen und auch die Panzermodelle nicht ganz so detailgetreu sind wie bei der Relic-Konkurrenz.

Explosionen sind wuchtig und recht hübsch - sehen aber auf Screenshots besser aus als in Bewegung!
Explosionen sind wuchtig - sehen aber auf Screenshots noch besser aus als in Bewegung!
Spielerisch ist Blitzkrieg 3 zunächst ebenfalls eine Art Company of Heroes light – so gibt es zum Beispiel kein vernünftiges Deckungssystem an Mauern oder Wracks, so dass sich die Infanterie meist stupide von Maschinengewehren niedermähen lässt, ohne in Deckung zu gehen. Selbst der Hinlegen-Befehl muss manuell erteilt werden, was oftmals sinnlose Verluste zur Folge hat. Es gibt einige wenige Sonderfähigkeiten wie Sturm auf Gebäude mit Nahkampf-Infanterie oder das Ausheben von Schützengräben, aber auch hier bleibt man auf der Mikromanagement-Ebene deutlich hinter dem Vorbild zurück. Ebenfalls ärgerlich: Es gibt keine Möglichkeit, Soldaten auf Transportfahrzeuge zu verladen, so dass sie jederzeit dem Sperrfeuer der Feinde ausgesetzt sind und in offenem Feld zu oftmals nutzlosem Kanonenfutter degradiert werden – die Kontrollpunkte an Missionszielen der dreigeteilten, mit insgesamt rund 30 bis 40 Stunden angenehm umfangreichen Kampagne, können nämlich auch immer von Fahrzeugen erobert werden. Warum man für die hauptsächlich auf Einzelspieler ausgerichteten Feldzüge zudem immer online sein muss, erschließt sich nicht auf den ersten Blick.

Der Ex-und-hopp-Tiger

Nachdem man mit einer der drei Fraktionen (West-Alliierte, Achsenmächte, Sowjetunion) die Auftakt-Operation mit Tutorial-Charakter abgeschlossen hat (die sich danach aber auch bei den übrigen Feldzügen nicht überspringen lässt) und im Falle des Dritten Reiches die historische, von der SS inszenierte False-Flag-Operation am Sender Gleiwitz durchführte, die Hitler im Anschluss als Grund für den Überfall auf Polen vorschob, werden allerdings die Unterschiede zu den Genre-Kollegen deutlich. So wählt man die kommenden Einsätze über eine Europakarte aus, bei denen u.a. zwischen Hauptmissionen und wiederholbaren Nebeneinsätzen unterschieden wird. Die Zeitlinie ist dabei in drei Epochen (Beginn, Mitte und Ende des Krieges) unterteilt, in denen sich die Frontlinien historisch akkurat verschieben. Schön: Truppen gewinnen in Einsätzen an Erfahrung, was sie in kommenden Operationen zu unverzichtbaren Veteranen macht, die mehr Schaden austeilen und etwas mehr Beschuss standhalten können. Blöd nur, dass man keine Einheit dauerhaft verlieren kann: Wird ein Panzer oder Infanterie-Trupp im Gefecht zerstört oder aufgerieben, erhält er nicht nur trotzdem Erfahrungsboni, sondern kann auch ohne Malus in der nächsten Schlacht wieder aufgestellt werden. Eine echte Bindung zu Elite-Panzern entsteht so nicht – wird das wertvolle Ding bei einem meiner unvorsichtigen Vorstöße zerschossen, gibt es ja keine relevanten Auswirkungen. Da wäre deutlich mehr drin gewesen!

Die Kampfentfernung ist meist unrealistisch kurz.
Die Kampfentfernung ist meist unrealistisch kurz.
Basenbau in den Missionen gibt es übrigens nicht: Vor Start des Einsatzes wählt man neben einem (historischen) Kommandanten, der ebenfalls im Rang aufsteigt und so neue Boni für Fahrzeuge und Einsatzgerät erhält, ein kleines Startkontingent aus Truppen. Diese können in der Schlacht über die Investition von Verstärkungspunkten, die zumeist über das Erfüllen von Missionszielen erlangt werden, Unterstützung erhalten. Truppen-Engpässe im Nachschub-Menü gibt es dabei allenfalls in den ersten paar Missionen – spätestens in der zweiten Phase des Konfliktes hat man so viele, im Anschluss an Missionen als Beute in Rollenspiel-Seltenheitsgraden ausgeschüttete Panzer gesammelt, dass man gar nicht mehr weiß wohin mit den ganzen Stuarts, Panzerkampfwagen 38(t) und Co. Auch hier hätte man eher auf Klasse statt Masse setzen können. Wenn ich z.B. statt fünf nur einen einzigen Tiger oder Jagdpanther als Nachschub zur Verfügung hätte, wäre der Wert der damals eher selten auf den Schlachtfeldern zu findenden Stahlkolosse deutlich höher. So werden Hetzer, Churchill und Co. zu schnell ein Raub der feindlichen Panzerabwehr – einfach, weil es oft egal ist, wie hoch die Verluste in einer Mission sind; vorsichtiges Taktieren rückt so in den Hintergrund. Immerhin kann man die Gefechte per Leertaste pausieren und Befehle verteilen, denn auf den mitunter recht großen Karten mit verschiedenen Frontabschnitten verliert man ansonsten schnell den Überblick.

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Kommentare

Skynet1982 schrieb am
Hab die SuSt 4 Beta angespielt und auch BK3 in meiner Steam Bibliothek. ganz ehrlich, man muss 2x hinschauen, ob man nun gerade BK 3 oder SuSt 4 spielt.... Wobei BK3 sogar noch den komplexeren Eindruck macht....
tormente schrieb am
ronny_83 hat geschrieben: ?07.07.2017 13:43 Sehr schade. Die ersten Blitzkrieg-Teile fand ich sehr gut. Leider hab ich schon relativ früh erahnt, dass der 3. Teil kein würdiger Nachfolger ist. Dann setzen wir die Hoffnung mal in Sudden Strike 4.
Die Hoffnung steht auf einem sehr wackeligen, morschen Jengapodest. SuSt4 wird für PC und PS4 erscheinen, und es hat sich ja leider eingebürgert, zugunsten Padsteuerung bei RTS Kompromisse einzugehen. Es würde schon an ein Wunder grenzen, wenn es sich besser machen würde als HaloWars2.
Kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass es annähernd so mirkomanagementlastig wird, wie die Vorgänger. Was es wiederum auch nicht sein sollte.
James Dean schrieb am
Das stimmt, eine Singleplayer-Kampagne fällt mir ad hoc auch nicht ein. Schade eigentlich, wäre sicher mal interessant.
Imperator Palpatine schrieb am
Billy_Bob_bean hat geschrieben: ?07.07.2017 19:40
James Dean hat geschrieben: ?07.07.2017 18:59
Es gibt tatsächlich Shooter, in denen man auch als Wehrmacht an der Ost- und Westfront spielt.
dann sag mal ein paar
Ich vermute er bezog sich auf den Multiplayerpart diverser WW2 Shooter wie das erwähnte Red Orchestra 2 oder Call of Duty: World at War. Was Shooterkampagnen auf der deutschen Seite betrifft so gibt es wie gesagt keine. Ganz gleich ob an der Ost- oder Westfront.
Billy_Bob_bean schrieb am
James Dean hat geschrieben: ?07.07.2017 18:59
Es gibt tatsächlich Shooter, in denen man auch als Wehrmacht an der Ost- und Westfront spielt.
dann sag mal ein paar
schrieb am