Lego Minifigures Online10.07.2015, Mathias Oertel
Lego Minifigures Online

Im Test: Offline-Spiel mit Online-Zwang

Während Lego-Fans offline mit zahlreichen Lizenzspielen rund um die dänischen Bauklötze Spaß haben können, hatte das Online-Abenteuer Lego Universe nur kurzzeitig Bestand – es wurde nach gut 15 Monaten im Livebetrieb abgeschaltet. Die Spezialisten von Funcom (Secret World, Age of Conan) unternehmen mit Lego Minifigures Online einen weiteren Versuch, die sympathischen Figuren in einer Online-Welt zu etablieren. Ob das Vorhaben gelungen ist, klärt der Test.

Plan B kurz vor dem Start

Ursprünglich war Lego Minifigures Online (LMO), das sich in erster Linie an jüngere Spieler richtet ein Free-to-play-Titel mit Mikrotransaktionen bzw. optionalem Mini-Abosystem. Die Inhalte, die einem als "Sparfuchs" vorenthalten blieben, waren in erster Linie bestimmte Dungeons - und damit auch Figuren bzw. Bauteile, an die man nicht gelangen konnte. Doch irgendwann zwischen Betaphase und der immer wieder verschobenen finalen Veröffentlichung (der Titel war einst für Ende 2014 geplant) fand ein Umdenken statt. Nicht nur, dass die Online-Welt auch auf Mobilsysteme (Android, iOS) ausgeweitet werden sollte. Es sollte zudem sichergestellt werden, dass auch über Systemgrenzen hinweg miteinander gespielt werden kann, also dass z.B. Papa am PC mit Sohn oder Tochter am Tablet oder Smartphone spielen und gemeinsame Abenteuer erleben kann. Damit einhergehend wurde auch das ursprüngliche Preismodell über den Haufen geworfen.

Fünf Themenwelten wie Piraten, Weltraum oder Mythologie warten darauf, erforscht zu werden.
Statt gratis spielbar muss man jetzt für den Erwerb zahlen, hat aber dafür auch keinerlei Beschränkungen mehr. Es stehen alle Welten und alle Dungeons zu Verfügung, um sie mit einem Dreierteam der beliebten Figuren unsicher zu machen. Auf Mobilgeräten ist nach Angaben von Funcom allerdings nur die erste Welt der Lego-Piraten enthalten. Die anderen (Mittelalter, Weltall, Mythologie, Dino-Höhlen) sind bereits als In-App-Käufe verfügbar (iOS) bzw. werden in den nächsten Monaten erhältlich sein (Android). Für den Test haben wir uns auf die vollständige PC-Version konzentriert. Bei der Erstellung des Kontos wird erneut deutlich, dass sich der Titel an Kids richtet: Man muss die E-Mail-Adresse eines bestätigenden Erwachsenen eingeben. Dafür jedoch können sich Eltern sicher sein, dass ihre "Kleinen" nicht von irgendwelchen Trollen belästigt werden. Die Namensvergabe für den Avatar ist nicht frei - stattdessen kann man einen dreiteiligen Namen aus den zur Verfügung stehenden Bausteinen zusammensetzen. Und der Chat wird von einer Software überwacht, die sicherstellt, dass entsprechend aggressive Inhalte herausgefiltert werden.

Warum weiter online?

Die farbenfrohe Kulisse schafft eine angenehme Mischung aus Bauklotz-Modellen und fantsievoller Umgebungen.
Doch obwohl ich mir der Zielgruppe bewusst bin und diese Sicherheitsvorkehrungen zu schätzen weiß, schießt mir eine Frage von Beginn an durch den Kopf: Warum hat Funcom nach der Umstellung auf das so genannte Pay-to-play-System (initialen Kaufpreis bezahlen, dann ohne weitere Kosten spielen) an der Online-Komponente festgehalten? Nicht nur, dass man mit seinem Dreierteam (man kann jederzeit zwischen den Figuren umschalten und jede freigeschaltete Minifigur ins Team integrieren) beim Laufen durch die mitunter erstaunlich üppigen, wenngleich linearen isometrischen Welten, Abschnitte und Dungeons nur selten Mitspieler trifft. Auch die Inhalte sind bis auf sehr wenige Ausnahmen nicht auf Teamspiel oder gemeinsame Abenteuer ausgelegt, so dass sich das Festhalten am Online-Status nicht vollends erschließt. Es wirkt, als ob die Entscheidung hin zum "normalen" Vertriebsweg vergleichsweise kurzfristig kam und das Fundament mit Serverstrukturen etc. sowie den typischen rudimentären  MMO-Optionen wie Chat etc. nicht ohne weiteres auf Offline-Betrieb umgestellt werden konnte.

Der Reiz liegt vor allem darin, alle 100 Minifiguren zu sammeln.
Während man bei den lizenzierten Offline-Abenteuern von Traveller’s Tales eine weitgehend ausgewogene Mischung aus Kämpfen, Objekt-Zerstörung sowie Rätseln vorfindet, liegt der Fokus bei Minifigures Online zweifellos auf dem Kampf. Selbst die optionalen Nebenmissionen sind in erster Linie darauf ausgerichtet, die ebenso zahl- wie abwechslungsreichen Gegner zu attackieren, die auch in regelmäßigen Abständen wieder auftauchen („Respawn“). Dabei zeigt sich die Steuerung extrem kindgerecht und einfach: Man kann sowohl mit reiner Maussteuerung als auch mit Pad sehr komfortabel seine Figur kontrollieren. Einzig bei den Menüs zickt die Padsteuerung und reagiert bei scrollbaren Menüs oder der Übersichtskarte sehr sensibel.  Mit einem Standard-Angriff sowie einer Spezialattacke, die ggf. vor dem nächsten Einsatz „abkühlen“ muss, werden auch die jüngeren Spieler nicht überfordert. Rätsel gibt es sehr wenige, diese sind optional und erfordern ebenfalls keinerlei Kooperation.

Großer Spaß mit kleinen Figuren?

Insofern ist man eigentlich mit vielen der mittlerweile zum Budget-Preis erhältlichen Offline-Legospiele besser aufgehoben, die auch allesamt kindgerechte Unterhaltung bieten. Allerdings gibt es auch ein paar Bereiche, in denen sich die Online-Minifiguren angenehm von den zahlreichen Lego-Spielen von TT unterscheiden und es damit dennoch zu einer zumindest in kleineren Dosen interessanten Alternative für junge Bauklotz-Fans machen.  Da wäre z.B. das charmante sowie knallbunte Artdesign, bei dem die Unterschiede zwischen den Bauklotzmodellen und der "normalen" Umgebung deutlich geringer ausfallen als z.B. bei Lego Harry Potter. Man kokettiert mit dem Plastikmodellbau-Dasein, indem man z.B. im Tutorial über haufenweise reguläre Verkaufsboxen mit dem roten Logo springt. Dass die Mimik starr bleibt, fällt in den mit sauberen Texten unterlegten Zwischensequenzen (Sprachausgabe gibt es keine) zwar auf, wiegt aber nicht schwer. Denn die restlichen Animationen sowie Effekte sind sauber, wenngleich nur zweckmäßig designt.

Die Kämpfe gegen die zahlreichen Bosse verlaufen auf Dauer nach Schema F.
Und natürlich ist die Hundertschaft an freispielbaren Minifiguren, die alle auf echten Modellen basieren, eine Motivationsfeder. Zu Beginn hat man gerade mal drei magere Figürchen. Neue bekommt man zum einen im Rahmen der Storymissionen. Für andere Charaktere wiederum muss man erst einmal jeweils drei Teile (Kopf, Körper, Beine) finden und diese dann per Klick zusammensetzen, bevor man sie ins Team aufnehmen kann. Und für alle, die auch echte Lego-Figuren sammeln, hat man auch noch eine Bonus-Überraschung: Einige Minis kann man über einen Code freischalten, den man in der Packung findet. Interessant wird die Zusammenstellung der Gruppe vor dem Hintergrund der verschiedenen Eigenschaften. Damit sind in diesem Fall nicht nur Lebensenergie oder Angriffskraft gemeint, sondern auch Charakteristika wie Laufgeschwindigkeit oder das Tempo, in dem man die wenigen zur Verfügung stehenden Minimodelle wie Hinweisschilder oder Geschwindigkeitsplattformen selber zusammensetzen kann. Zusätzlich wird jede Figur einer von fünf „Elementargruppen“ wie z.B. Natur oder Dunkelheit zugeordnet. Dies spielt vor allem bei den kleinen Dungeon-Abenteuern eine Rolle. Denn ähnlich wie bei Skylanders hat man mit einer Figur, deren Element dem der Höhle entspricht, Angriffsvorteile.

Das kleine Grinding-Einmaleins

Ein weiterer Weg, um an Figuren zu kommen: Belohnungen in Form von Einzelteilen.
Da die Kämpfe auf Dauer eintönig ablaufen, man die im Normalfall reichlich ausgeschütteten Heiltränke eigentlich nicht benötigt und es hinsichtlich der Missionen nahezu null Vielfalt gibt, ist für mich der Hauptgrund zum Weiterspielen die Komplettierung der Minifiguren-Liste gewesen. Es ist beinahe entspannend, sich durch die mitunter stattlich gefüllten Gegnergruppen zu kloppen, dabei im Umfeld einige zerstörbare Gegenstände zu demolieren und die als Belohnung ausgeschütteten Sterne einzusammeln. Die kann man übrigens einsetzen, um die Figuren aufzurüsten, wenn sie bestimmte Stufen erreicht haben. Acht Mal kann eine Aufrüstung stattfinden, bei der Hälfte davon hat man die Wahl zwischen zwei Optionen. Will man alle im Besitz befindlichen Minifiguren auf die höchste Stufe hieven, muss man allerdings Geduld mitbringen. Die Aufrüstungen werden kontinuierlich teurer, Sterne werden aber nicht so üppig ausgeschüttet, so dass man immer wieder in besuchte Abschnitte zurückkehren muss, um die Währung sammeln zu können.

Jede der Figuren kann in acht Stufen aufgerüstet werden.
Oder aber man stattet nach den gut 15 bis 18 Stunden in den "Story-Welten" der "Verlorenen Schöpfung" einen Besuch ab. Dahinter verbirgt sich eine immer schwerer werdende Folge zufällig generierter Höhlen, in der es etwas leichter fällt, das nötige Kleingeld zu sammeln. Ein zusätzlicher Anreiz, sich dieser Herausforderung zu stellen, sind abermals die Figuren, von denen man einige nur über diesen Umweg in seine Sammlung aufnehmen kann. Doch das kann leider nicht darüber hinweg trösten, dass Funcom es nicht ganz geschafft hat, den Lego-Spielen von Traveller’s Tales Paroli zu bieten. Denn auch und gerade wenn sich Minifiguren Online an die jungen Spieler richtet, sind nicht nur die Bugs nervig. Ich rege mich schon darüber auf, wenn eine Figur partout nicht angreifen will, wenn man sie dazu auffordert und erst ein "Raus-aus-dem-Team-wieder-rein-ins-Team" nötig ist. Oder wenn man sie (in einem Bosskampf!) millimetergenau positionieren muss, damit überhaupt Anstalten unternommen werden, einen Lebensenergie-Spender zu bauen. Kinder machen an dieser Stelle erst einmal aus und wenden sich einem Titel zu, der funktioniert.

Fazit

Die Umstellung von Free-to-play samt Mikrotransaktionen hin zum Pay-to-play ohne Nebenkosten (zumindest auf PC) ist für Lego Minifigures Online Fluch und Segen zugleich. Zum einen bekommt man jetzt alle Inhalte, die alleine in der Kampagne gut 15 bis 18 Stunden Unterhaltung für jüngere Lego-Fans (bzw. jung Gebliebene) ergeben, auf einen Schlag. Und das bedeutet u.a. ein charmantes Artdesign, das sich über fünf thematisch sehr unterschiedliche Welten erstreckt, die man mit seinem Dreier-Team erforscht. Und eine nicht zu verachtende Kurzzeit-Motivation, die sich vor allem aus dem Sammel- und Aufrüsttrieb ergibt und die sich gegen das redundante Kämpfen, die mangelnde Missionsvielfalt sowie das auch für die junge Zielgruppe sehr weit unten angesetzte Anforderungsniveau stemmt. Doch gleichzeitig muss man sich nun mit der eingesessenen Konkurrenz in Form der nahezu zahllosen Offline-Legotitel von Traveller's Tales auseinandersetzen. Und man muss erklären, wieso sich Lego Minifigures im Wesentlichen wie ein Offline-Titel anfühlt. Man merkt eigentlich nur anhand des in der Lego-Hauptstadt leicht erhöhten Figurenaufkommens, dass man sich mit anderen Spielern eine Welt teilt - und an dem Respawn von zerstörbaren Gegenständen sowie Gegnern. Doch darauf hätte man auch verzichten und stattdessen die Inhalte verfeinern und abwechslungsreicher gestalten können.

Pro

100 Spielfiguren
jeweils acht Aufrüstungs-Stufen
einfache Steuerung
charmantes Artdesign
kindgerechtes Lego-Abenteuer
fünf thematisch unterschiedliche Welten

Kontra

kaum Missions-Variation
redundante Kämpfe
sehr wenige Rätsel
Bugs
erzwungene Online-Anbindung ergibt seit Wegfall der Free-to-play-Option keinen Sinn

Wertung

PC

Kurzzeitig unterhaltsames Action-Adventure für jüngere Lego-Fans, bei dem allerdings der Online-Zwang nach dem Wegfall des Free-to-play-Systems sauer aufstößt.

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