Shelter11.09.2013, Eike Cramer
Shelter

Im Test:

Die Natur ist grausam! Kein Kampf ist dramatischer als der, der täglich in den Wäldern, Wüsten und Steppen dieser Welt stattfindet. Shelter (ab 8,41€ bei kaufen) versetzt den Spieler in die Rolle einer Dachsmutter. Das Ziel: Überleben. Kann der Ausflug in die Wildnis im Test überzeugen?

Alltag eines Dachses

Ich wache in meinem Bau auf. Um mich herum wuselt der Nachwuchs: vier kleine und hungrige Dachsjunge, jedes mit eigener Fellzeichnung. Aber was ist das? Nummer fünf sieht gar nicht gesund aus. Sein Fell ist ganz bleich und er bewegt sich kaum noch. Jetzt aber fix: ich muss schnell etwas finden, was ihn wieder auf die Beine bringt. Die Zwiebel aus der Nachbarhöhle tut es und mit den fünf jetzt putzmunteren Kindern im Schlepptau geht es hinaus in die Wildnis, in der Hunger, Tod und Verderben auf die kleinen Nachwuchsmarder warten.

Es gilt, so viele der kleinen Dachse wie möglich bis zum Schluss am Leben zu erhalten. Dazu müssen Waldbrände, Überschwemmungen, fiese Raubvögel und nicht zuletzt der eigene Hunger überwunden werden. Während bei den externen Gefahren meist nur Weglaufen oder Verstecken hilft, müssen die hungrigen Mägen des Nachwuchses schnellstmöglich gefüllt werden. Bekommen die Kleinen nämlich länger nichts in den Magen werden sie bleicher und bleicher – bei stetiger Fütterung hat das Fell stets eine

Das Artdesign ist markant und surreal, steht der Immersion aber im Wege.
Das Artdesign ist markant und surreal, steht der Immersion aber im Wege.
satte Färbung. Als Nahrung dienen dabei Äpfel, Karotten oder Zwiebeln, aber auch Frösche, kleine Nagetiere oder gar Füchse stehen auf dem Speiseplan der Allesfresser.

Stilsicher?

Shelter zeichnet sich besonders durch seinen markanten Grafikstil aus. Die gesamte Kulisse ist in pastellfarbene Töne getaucht, die Oberflächen bestehen aus künstlerisch anmutenden Texturtapeten und alle Objekte sind eher kantig und angedeutet als fein ausgearbeitet. So entsteht einerseits ein stimmiges und kunstvolles Gesamtbild. Gerade aufgrund der surrealen Oberflächengestaltung und sehr einfach gehaltenen Umgebung will aber andererseits kein Gefühl von Wildnis und Bedrohung aufkommen. Dieser ambivalente Eindruck der Kulisse hat auch Auswirkungen auf meine emotionale Verbindung zu den Dachsen. Die fünf etwas eckigen, zweifarbigen Tierchen sind mir nämlich ziemlich egal.

Es berührt mich nicht, wenn im Laufe des ungefähr eine Stunde langen Abenteuers eines nach dem anderen von Raubvögeln verspeist wird oder in Springfluten

Es fehlt an Interaktion und Kommunikation mit dem Nachwuchs.
Es fehlt an Interaktion und Kommunikation mit dem Nachwuchs.
verschwindet.  Stattdessen ärgert mich fast, dass ich mich auf meiner Reise ständig um die Kleinen kümmern muss, sie im Dunkeln wieder einsammeln und ihnen alle zehn Schritte neues Futter vor die Schnauzen legen muss, denn ich kann nicht mit ihnen kommunizieren. Zwar geben die Jungen ab und an rudimentäre Fieplaute von sich, ich als fürsorgliche Mutter kann aber in keiner Weise mit meinem Nachwuchs in Kontakt treten. Dies steht einer engen emotionalen Bindung im Weg. Schade ist außerdem, dass keine einzelnen Charaktere erkennbar sind: Alle fünf Dachskinder agieren genau gleich. Es gibt keinen Angsthasen, keinen Draufgänger, keinen Ruhepol, die Jungen lassen sich nur durch die individuelle Fellzeichnung voneinander unterscheiden; das ist zu wenig. Zudem nutzen sich die Mechaniken des Versteckens sowie die wenig abwechslungsreiche Umgebung ziemlich schnell ab. Man wünscht sich mehr Interaktion, ein paar Rätsel oder einfach umfangreichere Geschicklichkeitseinlagen.

Fazit

Shelter ist ein Experiment: Wie fühlt es sich an, als Dachs in der brutalen Natur zu überleben? Wie bringe ich meinen Nachwuchs durch? Was kommt danach? Der Ansatz ist spannend und auch das Artdesign ist interessant. Letzteres zerstört durch seine surreale und vereinfachte Darstellung für mich aber die Immersion und damit auch jede emotionale Verbindung zu den kleinen Mardern. Dies wird durch die Charakterlosigkeit sowie fehlende Kommunikationsoptionen zwischen den Tieren bestärkt, zumal Journey gezeigt hat, wie großartig wortlose Kommunikation funktionieren kann. Zudem sind die Spielmechaniken zu starr und repetitiv. Das macht Shelter zu einer Geduldsprobe. Zu oft wünscht man sich mehr Interaktion mit der Umgebung oder dem Nachwuchs, komplexere Rätsel oder Geschicklichkeitseinlagen, die das Muster  „Verstecken, Rennen, Verstecken“ etwas auflockern. Das dramatische Ende versöhnt dann wieder etwas, kann aber die spielerischen Schwächen des experimentellen Kurztrips nicht übertünchen.

Pro

künstlerisch wertvolle Kulisse....
interessanter Ansatz
dramatisches Ende

Kontra

... die aber die Immersion zerstört
keine Kommunikation zwischen den Tieren
der Nachwuchs hat keine individuellen Charakterzüge
starre Spielmechaniken, wenig Abwechslung
wenig Interaktion mit der Umgebung

Wertung

PC

Kurztrip in die Wildnis mit interessanten Ansätzen, aber großen Schwächen hinsichtlich Spielmechanik und Immersion.

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