Doorways27.09.2013, Michael Krosta
Doorways

Im Test:

Es sind gute Zeiten für Freunde des gepflegten Horrors und fieser Schockmomente: Amnesia, Outlast und Slender sind die prominentesten Vertreter der letzten Wochen und Monate, in denen der Puls ordentlich nach oben getrieben wurde. Mit Doorways wollen die unabhängigen Saibot Studios ebenfalls einen atmosphärischen Überlebenskampf inszenieren und setzen dabei auf das Episodenformat. Ist die Jagd auf vier Psychopathen der nächste Härtetest für die Nerven?

Immer schön ruhig bleiben

Einsamkeit und schummrige Beleuchtung, aber Angst empfindet man hier nicht.
Einsamkeit und schummrige Beleuchtung, aber Angst empfindet man hier nicht.
Was habe ich in letzter Zeit gezuckt, mich erschreckt und gefürchtet. Vor allem Outlast und Slender haben mein Nervenkostüm übel strapaziert und selbst den finsteren Abstieg des ersten Amnesias habe ich immer noch nicht ganz verdaut. Als der Steam-Code von Doorways in meinem Postfach landete, wurde ich schon nervös: Ich sah mich schon wieder in einem dunklen Zimmer angespannt und mit pochendem Herzen vor dem Bildschirm sitzen. Wartet hier bereits der nächste Horror-Schocker, um mich in den Wahnsinn zu treiben?

Wenn man den Entwicklern glaubt, dann ja: In der Beschreibung zu den ersten beiden bisher erhältlichen Episoden von Doorways fallen Schlagworte wie „Survival Horror“, „immersive Atmosphäre“ oder „ausgeklügelte Rätsel“. Klasse, das klingt doch nach dem nächsten Furcht einflößenden Trip! Die Hintergrundgeschichte, mich als Special Agent Thomas Foster an die Fersen von vier Psychopathen zu heften und dabei die Spuren ihrer abscheulichen Taten zu verfolgen, hat ebenfalls Grusel-Potenzial.

Dunkle Wälder und Folterkeller

Das gilt auch für die Wahl der Schauplätze und Spielmechaniken: Dunkle Wälder, Folterkeller mit entsprechend präparierten Maschinen sowie unterirdische Gewölbe bringen eigentlich alles mit, um für eine Gänsehaut zu sorgen. Hinzu kommt, dass auch Foster keine Waffen trägt, um sich gegen potenzielle Bedrohungen zur Wehr zu setzen. Fackeln, die nur für eine kurze Zeit Licht spenden, wecken zudem schnell Erinnerungen an Amnesia: The Dark Descent. Wer zu lange in der Dunkelheit hockt, wird von einer mysteriösen Macht getötet, die sich durch wirre Stimmen bemerkbar macht.

Das soll ein Folterkeller sein?
Das soll ein Folterkeller sein?
Klingt gruselig? Ja. Ist es aber nicht! Doorways gelingt es leider zu keinem Zeitpunkt, eine packende Atmosphäre aufzubauen und mir das Gefühl einer Bedrohung zu vermitteln. Bei meinen Streifzügen durch den Wald stellte sich mir z.B. eine weiße Mädchengestalt in den Weg, die ich zunächst gar nicht als Gefahr wahrgenommen habe, da sie einfach nur regungslos an ihrer Position verharrte. Erst als ich sie berührte und anschließend an den letzten Checkpunkt zurückversetzt wurde, war mir klar, dass ich stattdessen auf eine Holzplanke neben ihr hätte springen sollen, um an ihr vorbeizukommen. Von Spannung keine Spur! Im Gegenteil: Sprungeinlagen wie diese, die leider viel zu häufig gefordert werden, sind oft frustrierend, weil man nie ein Gefühl für den richtigen Absprung entwickeln kann – entsprechend oft landeten meine Versuche im tödlichen Abgrund. Spätere Begegnungen mit übernatürlichen Mächten laufen meist nach dem gleichen Prinzip ab: Man ist sicher, so lange man „Geister“ oder Figuren nicht berührt.

Die große Langweile

Gucken: Ja. Aber bitte nicht anfassen!
Gucken: Ja. Aber bitte nicht anfassen!
Verglichen mit Amnesia wurde das Fackel-Element hier nur amateurhaft umgesetzt, da es z.B. keinen Indikator gibt, wie lange sie überhaupt brennt. Musste man in Alan Wake oder Outlast noch die Batterieanzeige im Auge behalten oder bei Amnesia mit seinem Ölvorrat für die Lampe haushalten, ist hier klar, dass sich die nächste Feuerquelle schon in unmittelbarer Nähe befinden muss, da die Fackel nur für kurze Zeit die Umgebung erleuchtet. Aber selbst wenn man hier durch die Dunkelheit irrt und sich die Stimmen schließlich kurz vor dem Tod zu einer hässlichen Fratze manifestieren und mich ein lauter Schrei offenbar erschrecken soll, lässt mich der „Schockeffekt“ aufgrund der billigen Inszenierung völlig kalt.

Die meiste Zeit latscht man durch eine leere, dunkle Welt, in der eine Ecke aussieht wie die andere. Dabei vergeben die Entwickler die Chance, zumindest durch das Design der Kulissen ein Gefühl des Unbehagens auszulösen – das gelingt ihnen im Ansatz höchstens durch die Musikbegleitung mit ihren dumpfen Bässen und plötzlichen Trommelschlägen. Es gibt Spiele, die alleine durch das richtige Arrangement von Instrumenten und Klängen gruseln können – Doorways gehört allerdings nicht dazu, denn dafür leistet der Komponist zu wenig, auch wenn er insgesamt einen besseren Job macht als der Grafikdesigner. Die Soundeffekte wiederum sind durch die Bank weg schwach, weil man auch hier das Potenzial nicht nutzt, durch Atemgeräusche, eine zitternde Stimme, Schreie oder Kleinigkeiten wie knackende Äste für eine beklemmende Atmosphäre zu sorgen. So hätte man zumindest eine Bedrohung in der Dunkelheit suggerieren können, wenn man es schon nicht schafft, mit dargestellten Gegnern ein Angstgefühl auszulösen. Die Furcht vor dem Ungewissen kann so mächtig sein, wenn man den Spannungsbogen richtig aufbaut. Doch auch in dieser Hinsicht versagt Doorways komplett. Und wo sind z.B. die blutverschmierten Wände, verstörende Bilder oder ein bedrohlich wirkendes Spiel mit Licht und Schatten? Selbst der Besuch in der Folterkammer wirkt so, als sei man in einem Fitnessstudio gelandet, in dem gerade frisch durchgeputzt wurde. Alles wirkt sauber, fast schon steril. Selbst die Flashbacks, in denen z.B. kurz aufgespießte Menschen oder die Folteropfer gezeigt werden, erscheinen völlig harmlos und alles andere als schockierend.   

Umständliche Bedienung

Manche Türen öffnen sich erst, wenn man Hebel gefunden und umgelegt hat.
Manche Türen öffnen sich erst, wenn man Hebel gefunden und umgelegt hat.
Auf Waffen wird zwar verzichtet, doch dafür landen Gegenstände wie Schlüssel, Notizen oder anderes Zeug im Inventar, die man meist für die simpel gestrickten Rätseln benötigt. Diese drehen sich meist nur um das Finden oder Verschieben von Objekten, dem Betätigen von Schaltern sowie dem Einprägen von Symbolen, um Fallen zu überwinden - „Jehova“ aus Indiana Jones und der letzte Kreuzzug lässt grüßen. Leider fällt die Bedienung des Inventars umständlich aus: Zum einen ist es auf die drei Bereiche Notizen, Items und Relikte unterteilt. Das wäre okay, wenn man jeden von ihnen durch die angegeben Tastenkürzel (N, I oder R) sofort aufrufen könnte, was aber nicht funktioniert. Stattdessen muss man erst den gewünschten Bereich mit den Richtungstasten anwählen, wobei man standardmäßig immer zunächst auf den Notizen landet anstatt den wesentlich wichtigeren und häufiger verwendeten Items. Hier wäre es außerdem komfortabler gewesen, die wenigen Gegenstände direkt aus der Egoansicht heraus über das Mausrad durchzuschalten, anstatt immer den Umweg über das Inventar gehen zu müssen. Das Gute: Lange muss man sich nicht mit der Spielmechanik, der angestaubten Technik und dem einschläfernden Design herum quälen, denn die Episoden sind schon nach jeweils 30 bis 40 Minuten vorbei.

Fazit

Doorways will ein Horrorspiel sein, aber schafft es keine Sekunde, mich zu gruseln, eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen oder mich zu erschrecken. In der Schule oder an der Uni wäre das Urteil klar: Thema verfehlt! Im Vergleich zu meinen Erfahrungen mit Slender oder zuletzt Outlast wirkt dieser Möchtegern-Survival-Horror durchweg billig, langweilig und altbacken! Die Voraussetzungen mit entflohenen Psychopathen waren eigentlich gut, die grundsätzliche Wahl der Schauplätze  ebenfalls. Woran es hapert, ist die Umsetzung: Die Saibot Studios sind nicht dazu fähig, mir das Gefühl einer echten Bedrohung zu vermitteln – wie denn auch, bei dieser schwachen Präsentation, den öde gestalteten Kulissen und harmlosen Gegnern, die regungslos in der Gegend herumstehen. Wo ist die Panik, um sein Leben kämpfen zu müssen? Wo die Paranoia, dass sich gerade irgendwer oder irgendetwas von hinten an mich heran schleicht und ich nirgends sicher bin? Hier jedenfalls nicht. Doorways ist nur ein gescheiterter Versuch, in den viel zu großen Fußstapfen eines Amnesia zu wandeln und auf der aktuellen Indie-Horrorwelle mitzureiten. Der größte Horror von Doorways bleibt einzig die Vorstellung, dass nach diesen ersten beiden einschläfernden Episoden noch weitere folgen sollen...

Pro

halbwegs brauchbare Story
Musik erzeugt noch am ehesten Spannung

Kontra

null Gruselatmosphäre
umständliche Inventarbedienung
öde gestaltete & abwechslungsarme Schauplätze
simple Rätsel und Gedächtnistests
schwache Soundeffekte
keine echte Bedrohung erkennbar
sehr kurze Spielzeit pro Episode

Wertung

PC

Rockt nicht und schockt nicht: Der größte Horror von Doorways liegt in der Vorstellung, dass nach diesen ersten beiden einschläfernden Episoden noch weitere folgen sollen...

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