Test: Gabriel Knight: Sins of the Fathers (Adventure)

von Jan Wöbbeking



Gabriel Knight: Sins of the Fathers (Adventure) von Pinkerton Road
Misslungene Schönheitskur?
Entwickler:
Publisher: -
Release:
2014
2014
15.09.2014
15.09.2014
Erhältlich: Digital (Steam), Entwicklerseite
Spielinfo Bilder Videos

Zur Feier des zwanzigjährigen Geburtstags hat Adventure-Koryphäe Jane Jensen ihren Sierra-Klassiker um eine mysteriöse Voodoo-Mordserie neu aufgelegt: Gabriel Knight: Sins of the Fathers protzte seinerzeit mit echten Stars wie Tim Curry oder Mark Hamill als Sprechern. Haben Jensen und die Phoenix Online Studios (Cognition) dem Oldie einen gelungenen Neuanstrich verpasst?



Fauler Zauber im alten New Orleans

An der Geschichte hinter dem Abenteuer haben die Entwickler natürlich nichts verändert: Eigentlich wollte Horror-Autor Gabriel Knight nur Recherche für seinen neuen Roman betreiben. Doch als in New Orleans, bekanntlich auch heute noch ein Zentrum für Voodoo-Aktivitäten, eine Reihe von Ritualmorden geschehen, versinkt er bei seinen Nachforschungen immer mehr in einer Welt voller Mysterien, Gewalt sowie übernatürlicher Mächte, die sich wie ein roter Faden durch seine Familiengeschichte ziehen und auch sein Schicksal bestimmen sollen. Wer mehr über das Original und seine Hintergründe erfahren möchte, wird in unseren Rückblick fündig.

Gabriels Buchladen im französischen Viertel ist auch sein Zuhause.
Gabriels Buchladen im französischen Viertel ist auch sein Zuhause.
Die unheimlichen Ereignisse und Gabriels Horror-Träume sorgen auch im Remake sofort wieder für angenehme Gruselstimmung, die vom Großteil der Neuerungen aber eher gestört als unterstützt wird. Misslungen wirkt z.B. die neue Betonung der Sprecher: Während die Erzählerin im Original mit ihrer kratzig hauchenden Stimme wie eine charmant-authentische Voodoo-Priesterin klang, erinnert die neue mit ihrem durchdringenden Ton beinahe schon an eine strenge Oberin aus einer Klosterschule.

Misslungene Neuvertonung…

Die übrigen Figuren sind etwas besser getroffen, allerdings kommen auch sie nicht an die Originalaufnahmen heran. Dass alle Stimmen neu eingesprochen werden mussten, hat übrigens technische Gründe: Das damals aufgenommene Rohmaterial lag nicht mehr vor. Man habe dann testweise versucht, die Stimmen aus dem Originalspiel zu extrahieren - die Qualität habe aber nicht mehr ausgereicht. Auch die Identifikation mit dem neuen Gabriel fällt mir schwer: Sein Auftreten als ewig baggernder Möchtegern-Casanova wirkte natürlich schon 1993 reichlich chauvinistisch. Mit seiner neuen Stimme und der sauber getrimmten Mähne nebst Nackenspoiler passt er jetzt aber noch besser ins Klischee des schleimigen Aufreißers. Im Original sorgte die verschlafene Wuschelfruisur mit Undercut noch für etwas mehr lockeres Underdog-Flair. Seltsamerweise haben sich die Entwickler bei Gabriels Design eher am zweiten Serienteil orientiert.

Willkommen in der Welt des Voodoo...
Das Spiel ist nur auf Englisch erhältlich. Wer möchte, kann deutsche Untertitel hinzuschalten - manche Übersetzungen klingen allerdings etwas gebrochen.
Auch das Aufpolieren der Schauplätze ist nur bedingt gelungen: Der Gemischtwarenladen voller Voodoo-Gadgets sieht dank vieler Details noch uriger aus, die kargen Rasenflächen im Park wirken dagegen, als hätten die Entwickler keine Zeit mehr für ein ernsthaftes Redesign gehabt. Ein schönes Extra sind die kleine Artworks und Screenshots aus dem Original, welche passend zur jeweiligen Szene im Journal eingebunden wurden. Gegen Rätselfrust helfen Gabriels Notizen sowie die Hinweise, die nach einer kurzen Wartezeit freigeschaltet werden und die Komplettlösung überflüssig machen.

…und weitere Wehwehchen

Die Steuerung wurde zwar entschlackt, aber nur halbherzig überarbeitet. Neuerdings muss man sich nicht mehr umständlich durch die Befehls-Symbole „Walk, look, ask, talk, pickup, open/close, operate, move“ scrollen, bevor man mit der Maustaste eine entsprechende Aktion startet. Trotzdem lassen sich Inventar-Gegenstände nicht so komfortabel aus dem Inventar nehmen wie etwa in aktuellen Daedalic-Titeln: Stattdessen wird das Objekt zuerst aus der Tasche in die Hand genommen und dann mit zwei weiteren Klicks benutzt. Ärgerlich sind außerdem einige kleine Bugs: Gelegentlich sprechen die Figuren wild durcheinander, ohne ihr Gegenüber ausreden zu lassen. Manchmal verschwindet sogar der Mauszeiger oder Objekte verändern plötzlich ihre Größe.

Am Fundort der Leiche untersucht man einige verdächtige Spuren im Sand, um später weitere Nachforschungen anzustellen.
Am Fundort der Leiche untersucht man einige verdächtige Spuren im Sand, um später weitere Nachforschungen anzustellen.
Erzählerisch kommt das Abenteuer zwar nicht so schnell in Schwung wie moderne Krimis im Stil von Cognition, in denen es schon früh zu dramatischen Rückblenden oder einschneidenden Erlebnissen kommt. Nach der vor sich hin plätschernden Eröffnung wird man aber auch hier immer tiefer in die Geschichte hineingezogen. Damit Kenner des Originals nicht zu schnell ans Ziel gelangen, wurden einige Gegenstände anders in der Welt verteilt. Die Einteilung in Tage sorgt nach wie vor für einen guten Rätselfluss. Nachdem ich einige Dinge erledigt und mich mit einer gestohlenen Polizeimarke am Butler vorbei ins Anwesen einer einflussreichen Frau gemogelt habe, geht es zurück nach Hause in die Federn, wo Gabriel am nächsten Tag neu durchstartet. Praktisch ist auch, dass sich seine Angestellte Grace für Nachforschungen abstellen lässt (auch sie wird natürlich pausenlos von ihm angegraben). Manchen Rätseln merkt man aber an, dass sie lediglich die Spielzeit strecken sollen: Der Hotdog-Verkäufer im Park z.B. weigert sich doch tatsächlich, mir Hotdogs zu verkaufen. Nur mit einem anderswo gefundenen Gegenstand kommt Gabriel endlich an den Snack, mit dem er wiederum einen hungrigen Tänzer dazu überredet, ein Bild aus einem Gitter zu fischen. Das Gemälde hilft ihm schließlich bei einer anderen Gefälligkeit weiter.

Kommentare

holydürüm schrieb am
Auch wenn das Review vom letzten Jahr ist, ich kann das einfach nicht so stehen lassen.
Ich weiss echt nicht was ihr für ein Problem habt. Die Stimmen sind sehr gut und passend. OK die Grafik ist ab und zu etwas eigen (Jackson Square ist sehr merkwürdig) aber grösstenteils gut bis sehr gut und teilweise sogar ausserordentlich schön.
Ich bin zwar ein alter Adventure Hase aber hatte Gabriel Knight früher nie gespielt. Ich kann's also nicht vergleichen mit der Originalversion. Daher bin ich aber wohl auch nicht so voreingenommen und verblendet wie manch anderer hier.
Ich weiss nur eins: Das Spiel ist grandios!! Eine super Story, spannend, gute knackige Rätsel, auch der Humor kommt nicht zu kurz und die Spielzeit ist für ein Adventure relativ lange (hatte 14 Stunden) - mehr kann man sich nicht wünschen als Adventurefan! Und da ich letztes Jahr in New Orleans war, fand ich das Game umso cooler.
Bin erst kürzlich über dieses 20th Anniversary Remake gestolpert auf Steam und hab's mir genauer angeschaut - zuerst kurz das Demo gespielt und dann sofort gekauft. Aber ich weiss dass ich beim Release kurz diesen Test gesehen habe und es mir wohl deshalb nicht genauer angeschaut habe... ich mag euch ja sonst 4Players aber hierzu gibt's nur eins zu sagen: *einenbestimmtenfingerzeig* ;)
Wie so oft zeigen die Fan Reviews dass das Spiel viel besser ist, als die Presse es erscheinen lässt: 8.0 User Score auf Metacritic und ein "sehr positiv" auf Steam sprechen eine deutliche Sprache.
Also lasst euch nicht durch dieses besch...eidene Review beirren, spielt wenigstens das Demo! Ihr verpasst sonst echt was.
ShevchenKik schrieb am
Hab mir das Spiel vor 2 Tagen geholt und bin inzwischen fast durch. Mein Fazit: JA, es gibt einige Schönheitsfehlern...die Stimmen klingeln oft sehr komisch oder zu übertrieben (Madame Cazanoux mit ihren falschen Französischen Akzent ist eine Zumutung...), Grafik ist jetzt schon veraltet...die Figuren schauen wie aus "Die Sims" raus und ham nen Stock im A%&$/ch...usw...
ABER:
Ich finde das Spiel trotzdem wirklich gut. Ich hatte das original damals gezockt aber könnte mich an wenig noch erinnern, und jetzt muss ich feststellen, das es wirklich brilliant geschrieben ist. Die Stimmung passt einfach, man fühlt sich wie in einen guten "noir-" Geschichte, die meisten Charaktere sind gut entwickelt und interessant, die Old-school Musik bringt Erinnerungen, usw...
Für mich immer noch eins der Besten Adventure-Spiele die es gibt. Ja das Remake hätte besser aufpoliert sein sollen, aber es macht trotzdem enorm Spaß und sollte meiner Meinung nach nicht "Von der Liste gestrichen werden", auch wenn es einigen negativen Kritik bekommen hat.
Für mich ist es 75 / 100 Wert, 64 finde ich etwas zu hart...
Macros79 schrieb am
MrLetiso hat geschrieben:-_- *von der Liste streich*
Hab ich auch gleich gemacht. :(
Justin.Bailey schrieb am
Das Biebo hat geschrieben:War eigentlich schon seit den ersten Screenshots klar...
Dieser seelenlose Plastiklook geht mal gar nicht. Alles wirkt so steril und glattgebügelt.
Die Macher hinter den Monkey Island Special Editions haben gezeigt, wie man es richtig macht.
Nun ja... das ist so nicht richtig.
Hätte man bei Animation und generell den Characteren sich etwas mehr mühe gegeben, bzw. auch die Hintergründe etwas "lebender" wäre zumindest die Grafik nicht das Problem. Das Große Problem bei GK 20th AE ist die grausam falsche Betonung zumindest für mich.
Was die SE von MI angeht, diese wiederum gefiel mir beim besten Willen nicht. Bei MI1 und MI2 waren doch gerade im Orginal diese wundervollen Idyllen, in die man sich hineinträumen konnte, das tolle. In der SE wurde daraus ein lausiges gepfusche in Cartoon Optik.
Kouen schrieb am
Das Biebo hat geschrieben:War eigentlich schon seit den ersten Screenshots klar...
Dieser seelenlose Plastiklook geht mal gar nicht. Alles wirkt so steril und glattgebügelt.
Die Macher hinter den Monkey Island Special Editions haben gezeigt, wie man es richtig macht.
Das kann ich leider bestätigen. Ich glaube wenn es hier das Original nicht gegeben hätte, würde die Wertung viel niedriger sein...
schrieb am