The Stanley Parable: Ultra Deluxe17.10.2013, Benjamin Schmädig
The Stanley Parable: Ultra Deluxe

Im Test:

Schon wieder so ein Kunstspiel. Keine Gegner, keine Rätsel, dafür etliche Enden und viel Text. Letzteren trägt der Erzähler aus dem Off vor, dessen Anweisungen ich sklavisch folge: "Stanley verlässt sein Büro", "Stanley sucht seine verschwundenen Mitarbeiter", "Stanley geht durch die linke Tür." Pft. Ich gehe durch die rechte. Und plötzlich pflaumt mich die Stimme an!

Ich bin Stanley

Es verrät nicht zu viel vom Spiel, dass ich selbst dieser Stanley bin – nicht nur sein "Steuermann", sondern der wichtigste Teilnehmer dieses Abenteuers. Immerhin schaue ich schon im Menü auf einen Monitor im Monitor meines Monitors, wobei auf jedem Bildschirm genau das passiert, was in meinem Menü geschieht. Mein Alter Ego sitzt also tagein, tagaus an seinen Schreibtisch, stets mit derselben Arbeit beschäftigt, als es das Fehlen sämtlicher Kollegen bemerkt. Die Geschichte beginnt, als ich mich neugierig in dem leeren Büro umsehe...

Richtig und falsch

... aber darum geht es gar nicht. Das Geheimnis um die verschwundenen Mitarbeiter dient nur als Aufhänger, damit ich mich auf den Weg mache. Tatsächlich dreht sich The Stanley Parable um mich und um die Stimme aus dem Off, die mich auf Schritt und Tritt begleitet. Denn ich habe immer wieder die Wahl, welchen Weg ich einschlage, welchen Knopf ich

Die Demo und das Original

The Stanley Parable ist die verbesserte Version einer Half-Life-2-Modifikation: Während das Spiel nach wie vor die Source-Technologie nutzt, wurde es um zahlreiche Räume und Sprachaufnahmen erweitert. Art- und Leveldesign wurden nahezu komplett überarbeitet.

Eine Demo ist ebenfalls auf Steam verfügbar. Das Besondere daran: Sie enthält keinen Abschnitt des Spiels, sondern ein komplett eigenständiges Kapitel. So lohnt sich der kleine Download sogar für Spieler, die The Stanley Parable auswendig kennen. drücke oder ob ich einfach auf der Stelle verharre. Und fast jede Entscheidung kommentiert der Erzähler. Köstlich, wenn er fast die Nerven verliert, weil ich wiederholt das Gegenteil dessen mache, das seine Erzählung vorgesehen hat! Wunderbar, wie er nach einer "richtigen" Entscheidung süffisant mein blindes Folgen anmerkt.

Längst erzählt er ja nicht nur die Handlung, sondern spricht mich direkt an. Etwas Wundervolles will er mir irgendwann zeigen – und tut das Gegenteil. Später fleht er mich händeringend an, ihm nicht weh zu tun. Für einen Preis, den – da lege ich mich fest – kein Spieler zahlen wird. Die Umgebungen sind unterschiedlicher als es zunächst den Anschein hat, es passieren zahlreiche absurde und witzige Überraschungen. Manche regen zum Nachdenken an. Denn darum geht es wirklich: Wie jede Parabel will The Stanley Parable eine Botschaft vermitteln. Eine Botschaft mit verschiedenen Gesichtspunkten, fern von Schwarz/Weiß, die sogar über das Spielerlebnis hinausgeht.

Der Zeigefinger des Künstlers

Ein Lehrspiel also, das mit dem Finger auf mich zeigt? Zum Glück nicht! Denn die kurzen

Stanley... ein ganz normaler Typ an einem ganz normalen Arbeitsplatz...
Stanley... ein ganz normaler Typ an einem ganz normalen Arbeitsplatz...
zwei bis drei Stunden  gehören zu den erfrischendsten und lustigsten, die ich seit langem gespielt habe. Es wäre eine Sünde, die Überraschungen beim Namen zu nennen; das würde zu viel vorweg nehmen. Nur so viel: Weil sich alle Ereignisse auf meine Handlungen beziehen, hält mir das Spiel bei jedem Schritt einen Spiegel vor. Ich habe mich gefühlt wie in der Vorstellung eines erfahrenen Kabarettisten – einem Künstler, der mich gleichzeitig verlegen macht und zum Lachen bringt.

Davey Wreden heißt der Künstler, der seine gleichnamige Half-Life-2-Modifkation als stark erweitertes Spiel veröffentlicht. Und er hat heute noch mehr als in der Mod einen cleveren Irrgarten für Spielekenner konstruiert, in dem es vor Anspielungen nur so wimmelt. Lasst euch auf dieses Experiment ein! Selten hat es mehr Spaß gemacht, in den Spiegel zu schauen.

Fazit

Mit einem Seufzer und mit einem Lächeln bemerke ich, dass Videospiele langsam erwachsen werden. Wie ich darauf komme? Weil sie sich mehr und mehr ihrer selbst bewusst werden. Sie versuchen zu ergründen, was sie sind, wie sie funktionieren und was ihre Spieler antreibt. BioShock tat einen Schritt in diese Richtung, Journey ebenso wie Starseed Pilgrim – The Stanley Parable dreht sich schließlich vollständig um Spiel und Spieler. Es konfrontiert mich mit alltäglichen spielerischen Entscheidungen und erzählerischen Einbahnstraßen, führt sie ad absurdum und formuliert ein ebenso subjektives wie allgemeingültiges Anliegen. Wie ein cleverer Kabarettist schwingt es den lehrreichen Spiegel dabei nicht wie einen Holzhammer, sondern bringt mich mit Witz und Charme zum Lachen. Mit spitzbübischer Spielfreude kommentiert der sympathische Erzähler mein Tun, verlangt Besserung beim nächsten Versuch und reagiert beleidigt, wenn ich mich "falsch" entscheide. Das Erlebnis ist gleichzeitig fesselnd und entlarvend – etwas, das nur den besten Künstlern gelingt!

Pro

spannend, witzig, lehrreich
markanter Erzähler
viele überraschende Einfälle und Anspielungen
regt zum Nachdenken an, ohne den Finger zu heben

Kontra

ausschließlich Englisch

Wertung

PC

Einzigartiges Experiment, das dem Spieler einen Spiegel vorhält. Es macht nachdenklich und ist gleichzeitig ausgesprochen witzig.

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