Im Test: Der Griff nach den Sternen
Widerstand ist zwecklos!
In späteren Partien habe ich eins der acht vorgegebenen Völker geführt - für jenes Spiel mit dem Feuer hatte ich aber eine ganz eigene Rasse erstellt: künstliche Lebewesen, die die friedliche Assimilation ihrer Nachbarn anstreben. Über zahlreiche positive und negative Eigenschaften erschuf ich eine politisch versierte Art, deren Raumschiffe von jeder halbwegs potenten Flotte wie Papierflieger aus dem Weg gepustet würden.
Wir besiedelten neue Planeten und erforschten Technologien, die ein schnelleres Bevölkerungswachstum, das Einrichten ertragreicher Handelswege sowie den Bau von Botschaften ermöglichten. Diese wiederum vergrößerten unseren Einflussbereich. Dabei spielt dieser Einfluss in den ersten Runden der strategischen Galaxieeroberung noch eine unwesentliche Rolle: Er ist dem Tourismus zuträglich und manchem Nachbarn stößt es sauer auf, wenn seine Grenzen an den Einflussbereich eines Konkurrenten stoßen. Erst später wird es möglich, dass Raumstationen und Planeten einfach überlaufen. Bis es so weit war, hing das Überleben meines Volkes also von ganz anderen Faktoren ab.
Geld und Gefallen
U.a. musste ich mich umsichtig auf dem politischen Parkett bewegen, damit neidische Nachbarn mir nicht den Krieg erklärten. Eins meiner ersten Forschungsziele war deshalb der Nichtangriffspakt, verbunden mit einer Steigerung meines diplomatischen Geschicks. Ich lernte Bündnispartnern die Grenzen zu öffnen und Abkommen
Schade aber, dass die Diplomatie nicht vielschichtiger ist. Zwar fließen von der militärischen Stärke über bestehende Handelswege bis hin zu gelebten Ideologien zahlreiche Faktoren in die Berechnung der gegenseitigen Wert- oder Geringschätzung ein – glaubhaftes diplomatisches Tauziehen simuliert Galactic Civilizations 3 aber nicht. Alleine das Gegenrechnen aller Angebote, zu denen auch Raumschiffe, Sternbasen, Rohstoffe sowie Planeten zählen, entscheidet über das Zustandekommen eines Bündnisses.
Nur sporadisch melden sich die vom Spiel gesteuerten Parteien zudem mit Kriegserklärungen und Friedensangeboten. Manchmal bieten sie zu einem guten Preis wenigstens eine ihrer erforschten Technologien an. In diesem Bereich hat das einfallsreiche Star Ruler 2 die Nase vorn.
Ein ganz saurer Apfel – oder was isst man auf Novaria III?
Ganz anders die "Vereinigten Planeten": ein galaktischer Rat, dessen Beschlüsse z.B. dafür sorgen, dass die wohlhabendste Art, in diesem Fall meine, ein Viertel ihres Reichtums an die restlichen Völker abtritt. Ein Skandal! Doch was sollte ich machen? Ich wäre gerne ausgetreten, doch die daraus folgenden Einbußen meiner diplomatischen Stärke konnte ich nicht riskieren. Leitendes Mitglied war ich zu diesem Zeitpunkt nicht und nur ein solches kann derartige Vorschläge zur Wahl stellen. Die anderen Mitglieder geben lediglich ihre Stimme ab. Und immerhin beschlossen sie auch Resolutionen, von denen ich profitierte. Dass unbesiedelte Planeten innerhalb eines Einflussbereichs nicht besetzt werden durften, kam mir jedenfalls zugute. Auch wenn sich nicht immer alle Partner an die Abkommen halten...
Obwohl mir Möglichkeiten wie das Bestechen eines Konkurrenten fehlen, verleihen die Vereinten Planeten der Diplomatie eine wohltuende Dynamik, die dem Schachern um reine Werte fehlt. Schade nur, dass ich mir ausgerechnet in dem Moment keinen Überblick über die Kräfteververteilung der Völker verschaffen darf, in dem
Die Geschichte von der Befreiung der Erde wird nur im Rahmen der Kampagne erzählt. Diese ist aber gerade mal drei Missionen lang - mehr als ein erweitertes Tutorial steckt nicht drin.
Immerhin: So haben Einsteiger Zeit, sich mit dem Spiel vertraut zu machen. Denn nicht alle wichtigen Inhalte werden gut erklärt. eine Abstimmung ansteht. Welches Reich über das meiste Geld verfügt, kann aber Dreh- und Angelpunkt einer darauf bezogenen Abstimmung sein. Es ist eins von wenigen Ärgernissen über eine durchdachte Benutzeroberfläche, die mit sinnvollen Sortierfunktionen viel Übersicht schafft.
Was du mir, das ich dir
Und dann kam der Moment, in dem mein ganzes diplomatisches Geschick gefragt war: Die Yor erklärten mir den Krieg. Da stand ich also, ohne Flotte und ohne nennenswerte Verteidigungsanlagen. Nicht einmal meine Raumbasen hatte ich mit wirkungsvollen Geschützen versehen. Doch ich hatte eine Idee: Könnte ich die restlichen Völker vielleicht dazu überreden, gegen die Yor in den Krieg zu ziehen? So hätten meine garstigen Nachbarn alle Hände voll zu tun und weder Nerven noch Material, mein Reich zu überfallen.
Ich hatte nicht damit gerechnet, wie erfolgreich der Plan aufgehen würde: Schon nach wenigen Wochen baten die Yor um einen Waffenstillstand. "Naaa, gut!"
Dass das Geschacher um eine militärische Gefälligkeit erfolgreich war, hat allerdings einen Nachgeschmack; es fühlte sich jedenfalls nicht wie das Hin und Her einer Verhandlung an. Im Austausch für Geld und Technologien habe ich einfach zusammengeklickt, was ich wollte. Natürlich musste ich mir diese Möglichkeit durch das richtige
Geschichten erzählen...
An vielen Stellen versteckt das Spiel dieses Werte-Jonglieren ja richtig gut. Wenn Erkundungsschiffe Anomalien entdecken und besondere Ressourcen oder Erkenntnisse fördern, berichten kurze Meldungen etwa von den Entdeckungen. Und errichtet man zum ersten Mal eine Raumstation, begleitet ein kurzer Film das Ereignis. Neben den nackten Werten für Produktionsstärke, Forschungsmöglichkeiten oder Bevölkerungswachstum bietet jeder Planet außerdem eine ganz besondere Herausforderung. Denn jede Kolonialisierung fordert zunächst eine Entscheidung: Soll ein uraltes, riesiges Raubtier getötet werden, so dass die Neuankömmlinge sicherer leben oder siedelt man sie in eine weniger fruchtbare Region um? Sollen sich die Kolonisten an ertragreichen, aber tektonisch aktiven Zonen niederlassen? Sollen sie die wertvollen Artefakte der Urbevölkerung an sich reißen?
Natürlich könnte man in solchen Momenten lediglich die Auswirkung auf verschiedene Grundwerte des Planeten in Abhängigkeit der Antwort beachten. Ich habe die moralischen Dilemmas aber in Übereinstimmung mit der Ideologie meines Volks beantwortet – was als Führer einer kriegerischen Art immerhin ein perfider Spaß sein kann. Auch weil sich die Eigenheiten der vorgegebenen Völker (die kriegerischen Drengin, die fanatischen Thalaner, die noblen Altarianer usw.) in ihrem spielerischen Auftreten spiegeln, habe ich mich gerne auf das bestehende Universum mit seiner umfangreichen Geschichte eingelassen. Ich wünschte nur, die Arten würden sich spielerisch stärker unterscheiden, indem sie etwa grundlegend andere Gebäude errichten oder verschiedene Fortbewegungsmittel nutzen.
Mit Zuckerbrot oder Peitsche?
Natürlich sind die hinter den Entscheidungen stehenden Werte wichtig, denn sie beeinflussen die Entwicklung der Planeten und erhöhen eine von drei ideologischen Säulen: die des Wohlwollens, des Pragmatismus und der Boshaftigkeit. Erreicht das Steigern einer dieser Ideologien einen bestimmten Wert, darf man zwischen fünf wertvollen Boni wählen. Entweder greifen andere Völker dann 50 Runden lang nicht an oder man macht (dargestellt durch eine Peitsche) zusätzliche Produktionskapazitäten auf dem Heimatplaneten frei. Man kann dabei jederzeit ein beliebiges Wertesystem unterstützen – erhält durch das stetige Entwickeln eines bestimmten Pfades innerhalb derselben Ideologie aber starke Vorteile. Dann übernimmt man eben irgendwann sämtliche Stationen und Planeten, die
Schieberätsel
Richtig gut gefällt mir auch der Ausbau der Planeten, weil man die Gebäude zum Steigern der Herstellungsgeschwindigkeit oder dem Senken der Forschungszeit nicht beliebig platziert. Stattdessen baut man Fabriken, Botschaften oder Marktplätze sinnvoll nebeneinander. Denn jeder Bau erhöht die Werte ähnlicher angrenzender Gebäude. Da auf vielen Planeten selbst nach umfangreichem Terraforming wenig Baufläche zur Verfügung steht, sollte man die Planeten also spezialisieren. Doch wo verzichtet man auf welche Entwicklung? Und wie kombiniert man im späteren Verlauf ungefähr ein halbes Dutzend verschiedener Gebäude desselben Typs? Dieses Puzzle macht die Entwicklung auch auf lange Sicht interessant.
Mir fehlt nur der wählbare automatische Ausbau; die schnelle Einstellung eines Schwerpunkts auf Forschung oder Wirtschaft könnte schon reichen. In den zum Teil herrlich großen Galaxien kann der Ausbau Dutzender Planeten nämlich ermüdend sein, weil man im späteren Verlauf den Überblick verliert. Schon die Anzeige des zuletzt errichteten Gebäudes wäre hilfreich, um sich an die geplante Entwicklung zu erinnern. Im besten Fall könnte man zukünftige Entwicklungen vorzeichnen, ohne bereits Bauaufträge zu erteilen. Dann wüsste man, wohin der Weg gehen soll, wenn man nach langer Pause wieder in die Verwaltung eines Planeten eingreift.
Wir brauchen keinen zivilen Aufbau!
An anderer Steller vereinfacht eine stärkere Trennung zwischen militärischer und ziviler Produktion dafür den Überblick: Schiffe werden jetzt in vergleichsweise wenigen Raumhäfen hergestellt. Immerhin nutzt jeder Raumhafen die Produktionskapazitäten von bis zu fünf Planeten – je größer dabei die Entfernung, desto weniger Ressourcen kommen an. Der Aufbau eines effektiven Planetennetzes hat also Priorität, weil Standort und Produktionsstärke wichtig sind. Man entscheidet außerdem, ob ein Planet der allgemeinen Gewichtung von Forschung, Produktion und Handel folgt oder eine individuelle Verteilung nutzt. Und man verschiebt die Anteile ziviler und militärischer Produktionsleistung. Mit wenigen Handgriffen errichtet man so spezialisierte Zentren der Wirtschaft, Kultur und Forschung.
Praktisch auch: Der Bau neuer Raumschiffe erfolgt teilweise automatisch. Um eine Raumbasis etwa um Verteidigungsanlagen oder Möglichkeiten des Bergbaus zu erweitern, fordert man von dort aus ein Konstruktionsschiff an, das nach seiner Herstellung eigenständig ans Ziel fliegt. Viele dieser Vereinfachungen sind aus ähnlichen Spielen bekannt; Galactic Civilizations 3 gelingt es sehr gut sie so einzusetzen, dass der Blick aufs Wesentliche, also das Verfolgen der globalen Strategie, immer im Mittelpunkt steht. Im Kleinklein verliert man sich trotz der aufwändigen Planetenentwicklung nie.
Designfragen
Und noch in einem anderen Bereich ist das Expandieren ein Kinderspiel: Der Zusammenbau neuer Raumschiffe geht wunderbar leicht von der Hand! Tatsächlich reichen wenige Klicks, um bereits erforschte Module an ein Schiff anzudocken, während Detailverliebte stundenlang am Design ihrer Flieger schrauben – nicht, weil es so lange dauert, sondern weil es so motivierend ist, Triebwerke, Sensoren sowie Panzerung mit einem Klick anzubringen
In Raumschlachten haben ich meinen Schiffen allerdings nicht oft zugeschaut. Zum einen darf man ohnehin nicht eingreifen und zum anderen fliegen die müde aneinander vorbei schwebenden Schiffe oft außerhalb des Blickfelds. Mitunter verkeilen sie sich sogar ineinander, was spätestens den Anblick zweier Großkampfschiffe ruiniert. Da bleibe ich doch bei der schnellen Berechnung auf der Galaxiekarte!
"Zahdn ks ensaod akj."
Welches Volk mit welchen Schiffen angreift, hängt dabei nicht nur von der Schnelligkeit beim Erforschen neuer Technologien ab. Es kommt auch darauf an, welche Schwerpunkte eine Regierung setzt. Manche Forschung bietet nämlich die Wahl: Sollen die Raketen länger fliegen oder sollen sie kostengünstiger sein? Will man fremde
Zuletzt hatte ich sogar eine wichtige Kleinigkeit übersehen: das Erforschen des Universalübersetzers. Die Kontaktaufnahmen der anderen Völker konnte ich deshalb nur als Kauderwelsch lesen. "Huh?" durfte ich dann antworten oder verlegen grinsen und schnell auflegen. Dass sich das große Spiel bei aller Aufrichtigkeit manches Augenzwinkern erlaubt, hat meinen stundenlangen Sitzungen sehr gut getan!
Fazit
Meine Kampagne an der Spitze einer künstlichen Art habe ich übrigens gewonnen – als Alliierter des einflussreichsten und militärisch stärksten Volks. Denn Galactic Civilization 3 bietet alles, was die herkömmliche Eroberung einer Galaxie bieten muss: Zahlreiche Start- und Siegbedingungen, je nach Einstellung handzahme oder verbissene Gegenspieler, den wirtschaftlichen Austausch und natürlich das Aufeinandertreffen großer Flotten. Ein ausgezeichnetes Spiel ist es zwar nicht, weil es sich zu sehr auf das klassische Verschieben von Werten verlässt und vor allem diplomatische Verhandlungen als schnöde Rechenaufgaben entzaubert. Bis auf Unterschiede in Grundwerten und Forschungsbäumen spielen sich alle Völker zudem fast identisch. Die klassischen Bausteine wie Forschung, Handel und Ausbau der Planeten verzahnt die Strategie allerdings ausnehmend gut, im Detail sogar auf interessante neue Art. Die wichtige Spezialisierung vieler Planeten und der kinderleichte Schiffsbau motivieren auch nach Dutzenden Stunden; die globale Strategie verliert man dabei nie aus dem Blick. Erzählerische Fragmente sowie die ideologische Entwicklung hauchen dem ohnehin traditionsreichen Weltall Leben ein. Im Kleinen gibt es Räume für Verbesserung. Im Großen gehört Galactic Civilizations 3 aber zu den Besten seiner Art!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Umfangreiche klassische Galaxieeroberung mit vielen sinnvoll verzahnten strategischen Bausteinen.
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