Im Test: Lost in Space
Abrisskommando
Ja, ich war von Spacebase DF-9 schon enttäuscht, bevor ich die fertige Version zum ersten Mal gespielt hatte. Wie hätte es auch anders sein können? Haben die Entwickler doch selbst verkündet, dass ihr Spiel nicht das sein würde, was sie versprochen hatten. Weil ihnen schon zu Beginn der auf Jahre angesetzten Entwicklungszeit das Geld ausging. Also rissen sie den unteren Teil der To-do-Liste einfach ab und setzten das halbfertige Spiel händereibend in die Welt.
Gespannt war ich trotzdem: Welches Spiel steckt denn nun drin, wenn Version 1.0 Jahre eher als geplant erscheint? Ich wollte dieses Spacebase DF-9 nicht mit den Maßstäben eines enttäuschten "Backers" bewerten. Ich würde mich auf das einlassen, was ich heute spielen kann.
Und ich wurde noch einmal enttäuscht.
Spacebook
"Spacebase DF-9"? Der Name ist toll! Und der Humor sympathisch. Kurz nachdem ich mit Sauerstoffmaschinen und Materieumwandler die Grundlagen für eine funktionierende Weltraumstation errichtet hatte, meldete sich
In einer Art Facebook lese ich, was die Bewohner – Aliens und Menschen leben im bunten Miteinander – über ihr Zuhause denken. Farbenfrohe Kulissen und das ruhige Wabern weltraumcooler Musik empfinde ich als einladend. Im Handumdrehen ziehe ich wie auf dem Desktop Rechtecke, schon entstehen neue Räume. Ich markiere sie als Quartiere, Fitnessbude, Bar, Krankenstation oder wissenschaftliches Labor und platziere Betten, Theke oder Forschungskonsole.
Freundliche Reisende und Unruhestifter
Natürlich muss ich darauf achten, dass Generatoren ausreichend Energie erzeugen, dass Sauerstoffgeneratoren allen Bewohnern Luft zum Atmen spenden und dass genügend Replikatoren Nahrung materialisieren. Später kann ich Gemüse anbauen, um es in Kneipen als besseres Essen zu servieren. Das steigert die Zufriedenheit. Denn ist die im Eimer, schwingen Kollegen schon mal die Fäuste. Derart Aufgekratzte könnte ich gewähren oder hinter Gittern zur Ruhe kommen lassen.
Der Einsatz meiner Sicherheitskräfte ist vor allem dann gefragt, wenn Piraten ungefragt oder gefragt (siehe oben) in die Station eindringen, wahllos auf Material und Leute zu schießen. Ein gut platzierter Wegpunkt und schon sind die Eindringlinge Bantha-Poodoo – im übertragenen Sinne. Verluste gleiche ich durch neue Besatzungsmitglieder aus, wenn alle paar Minuten freundliche Reisende um eine neue Bleibe bitten.
Ab in die Küche!
Weil alle Besatzungsmitglieder verschiedene Arbeiten unterschiedlich gerne ausführen, sollte ich darauf achten, ihnen Jobs zu geben, die sie mögen. Knifflig: Vorlieben und Fähigkeiten haben oft nichts miteinander zu tun. Eine fähige Ärztin ärgert es vielleicht, wenn ich sie in der Krankenstation einsetze. Wichtig sind gelernte Arbeiter spätestens dann, wenn ihre Fähigkeiten auf einem Gebiet durch langes Ausüben des Berufs einige Stufen besser geworden sind.
Doch bei der Personalplanung fängt der Ärger an. Weder kann ich nach Berufsgruppen sortieren noch erkenne ich den Zustand der Bewohner. Dass meine Sicherheitskräfte z.B. alle wiederbelebt werden müssen, erfahre ich nur, wenn ich jeden Einzelnen anklicke, woraufhin die Ansicht zum Spielgeschehen wechselt. Nur dort sehe ich
Nahrungssuche auf Unwegen
Übersicht ist ohnehin keine Stärke des Spiels. Immerhin verursacht meine Besatzung schon im Normalbetrieb kaum Geräusche, weshalb die Basis wie ausgestorben wirkt. Richtig ärgerlich ist außerdem, dass ich keine Rückmeldungen erhalte, wenn ein Arbeiter einem Auftrag z.B. nicht nachkommen kann. Ich habe mich etwa lange gewundert, weshalb ein Mitglied meiner Sicherheitstruppen partout nicht ans markierte Ziel lief. Irgendwann habe ich durch Zufall die Wand entdeckt, die den Weg blockierte.
Mein Fehler, klar. Allerdings ist die gezielte Fehlersuche in dem unübersichtlichen Gewusel zwischen vielen ähnlichen Wänden ein Unding: eine klare Meldung wäre wichtig. Stattdessen erhielt ich stundenlang den Hinweis, dass ein Bewohner keinen Zugang zu Nahrung findet – es standen an jeder Ecke Replikatoren! Eine Bar befand sich in gut erreichbarer zentraler Lage. Wieso darf ich solche Mitteilungen nicht wenigstens anklicken, damit die Kamera auf den Auslöser des Problems zeigt?
Erst eins, dann zwei – oder alles durcheinander?
Spacebase DF-9 wirft etliche Fragen auf. Wieso kann ich Bauaufträge nicht priorisieren, damit Desaster wie das in der Einleitung beschriebene Unglück nicht vorkommen? Warum darf ich meinen Weltraumabenteurern keine sekundären Aufgaben zuteilen, damit sie z.B. eigenständig Eindringlinge bekämpfen? So stelle ich im unhandlichen Personalplaner je nach Situation ständig um – aus "Wuselfaktor Weltraum" wird schnell "Einsatz Pausetaste". Weshalb kann ich meinen Sicherheitskräften nicht mehrere Wegpunkte gleichzeitig zuteilen? Weswegen töten und zerstören Piraten ohne Sinn und Verstand, anstand zu plündern?
Manches wären geschenkte Kleinigkeiten, wenn Handwerker z.B. in sinnvoller Reihenfolge Bauaufträge erfüllen würden. Stattdessen halten sie sich nicht einmal an die Reihenfolge, in der ich Aufträge vergeben habe. Das oft nicht nachvollziehbare Figurenverhalten schreit nach dem umfangreichen Eingreifen eines Mikromanagers. Genau das bietet Spacebase DF-9 aber nicht an.
Lost in Space
Es geht ja nicht nur um Kleinigkeiten. Es fängt viel früher an: dort, wo DF-9 weder ein Ziel verfolgt noch mir eins vorgibt. „Baue X Gegenstände davon“ ist kein Ersatz dafür, in einem feindlichen Umfeld z.B. so lange zu
Die zufällig verteilten Persönlichkeiten meiner Besatzung bieten zudem keinen Anreiz, die Bewohner ins Herz zu schließen. Der Verlust eines geschulten Wissenschaftlers ist natürlich... nein, ganz ehrlich: Nicht einmal zahlreiche Tode erfahrener Arbeiter haben die Produktivität meiner Station erkennbar beeinträchtigt.
Selbst die langwierige Forschung motiviert mich kaum. Das Untersuchen von Krankheiten ist zwar wichtig für die Behandlung kranker Bewohner – richtig aufregend wäre allerdings das Entdecken neuer Technologien. Doch stattdessen forsche ich fast ausschließlich nach effektiveren Versionen bereits vorhandener Gerätschaften.
Und war froh, als das Spiel nicht einmal mehr alle Statusmeldungen darstellen konnte, nachdem eine Piratenflotte meinen Stützpunkt dem Erdboden gleichgemacht hatte.
Fazit
Spacebase DF-9 ist ganz unabhängig von der ursprünglichen Vision ein unfertiges Spiel und scheitert an etlichen Kleinigkeiten. Die Station wächst ziellos in die Breite, Forschung ist uninteressant, die zunächst einfachen Menüs sind mit einer ausgewachsenen Basis überfordert. Es fehlen präzise Rückmeldungen bei Problemen, die Übersicht ist nach wenigen Stunden dahin. Das unplausible Verhalten der Besatzungsmitglieder sorgt für Frust über fehlende Kontrolle. Mit seinen sinnvoll ineinander greifenden Elementen und der charmanten Science-Fiction-Hommage hätte Spacebase DF-9 ein mindestens befriedigendes Aufbauspiel sein können. So ist es gerade noch ausreichend.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Spacebase DF9 ist nicht nur im Hinblick auf die ursprüngliche Vision unfertig - es scheitert auch an vielen Kleinigkeiten.
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