Im Test: Die magische Drei der Strategie
Basisbau als Ausbau
Dem klassischen Basisbau verweigert sich Etherium fast komplett. Wo man bei StarCraft oder Command & Conquer noch Kasernen, Fabriken, Techzentren und Co. hochzog, ist hier alles im Hauptquartier enthalten. Das besagte Hauptquartier landet zu Beginn jeder Partie auf der Karte (ohne Wahlmöglichkeit des Landeplatzes) und kann an bestimmten Plätzen erweitert werden. Der Basisbau ist somit eher ein Basisausbau. Eine Logistikzentrale als Erweiterung erhöht z.B. das Truppenlimit, das Technikzentrum steigert die Technologiestufe und erhöht die zur Verfügung stehenden Einheitentypen, während eine Raffinerie die Rohstoffausbeute ankurbelt.
Frei platzieren darf man im Startsektor ohnehin nur drei oder vier Verteidigungstürme - je nach Fraktion. Einheiten werden nicht direkt im Kriegsgebiet gebaut, sondern relativ umständlich aus dem Orbit angefordert. Umständlich, weil man zunächst aus dem verschachtelten Menü die Einheit auswählen und dann die Landeposition auf der Karte manuell festlegen muss.
Von Sektor zu Sektor
Da die Erweiterungsplätze der Startbasis schnell ausgefüllt sind und zumeist nur eine Ressourcenquelle vorhanden ist, müssen weitere Sektoren auf der Karte annektiert werden. Hier kommt die „Kommunikationsinfanterie“ ins Spiel, die als Bodeneinheit weitere Kartenbereiche einnehmen kann. Wurde ein Sektor erobert, entsteht dort eine Kolonie, die ebenfalls erweitert werden kann, jedoch weniger Plätze zum Ausbau bietet - pro Sektor gilt wieder das jeweilige Turmlimit. Befindet sich in jenem Sektor zufällig eine Etheriumkugel, kann man dort einen Extraktor bauen, um die Ausbeute zu erhöhen. Etherium ist übrigens der einzige Rohstoff im Spiel.
Somit hangelt man sich von Sektor zu Sektor und breitet sich sukzessive auf der Karte aus. Eine aggressive Erweiterung ist zwingend nötig, um mehr Ressourcen zu erhalten und mehr Truppen bauen zu können. Damit die Gebäude und Türme in den Sektoren funktionieren bzw. Energie haben, müssen die Sektoren aneinander angrenzen oder man baut eine Kommunikationszentrale zur Überbrückung als Erweiterung der Sektorkolonie. Dadurch ergeben sich taktische
Stellungskriege
Um die Sektoren wird in jeder Etherium-Schlacht gerungen. Gerungen ist hierbei das richtige Wort, denn die Kämpfe mit den Einheiten-Divisionen dauern normalerweise länger als bei StarCraft 2 und wirken im direkten Vergleich schon fast gemächlich. Zudem wogen die Positionskämpfe stärker hin und her, da es im Regelfall mehr als nur eine Front gibt - obwohl die Türme in den niedrigen Technikstufen enorm effektiv sind. Die Sektorenaufteilung an sich und die Größendimensionen der Gefechte erinnern an Dawn of War oder Company of Heroes, bleiben also eher überschaubar – gleiches gilt für die Anzahl der Divisionen. Massenschlachten à la Supreme Commander und Planetary Annihilation werden nicht geboten. Manuell bedienbare Spezialfähigkeiten wie z.B. bei StarCraft haben die Truppen nicht. Der Mikro-Management-Anteil ist gering.
Ansonsten laufen die Gefechte nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip ab und da es weniger als 20 Einheitentypen gibt, bleibt alles sehr überschaubar. Allzu große Unterschiede zwischen den drei Kriegsparteien fehlen ebenso. Das Konsortium darf z.B. Tarnpanzer sowie eine Raketenwerfer-Infanterie anfordern, während die Vektiden über eine Kanonenfutter-Infanterie verfügen und vier statt drei Türme pro Gebiet errichten können. Die Intari-Truppen können vorhersehen, wann die Wetterereignisse eintreten und diese ggf. früher auslösen. Außerdem profitieren ihre Einheiten durch einen Genauigkeitsbonus von im Kampf gesammelter Erfahrung. Abgesehen von wenigen Ausnahmen verfügen die drei Fraktionen über ähnliche Divisionen und von der Spielweise sind nur marginale Unterschiede festzumachen - höchstens bei den Kommandeursfähigkeiten wie z.B. Aufdecken der Karte, Gewaltmarsch, Schutzschild etc. gibt es leichte Variationen. Alles in allem kein Vergleich zu den Unterschieden wie bei StarCraft oder jüngst Grey Goo.
Letzte Methoden und die Computergegner
Darüber hinaus gibt es zwei Konzepte, mit denen sich Etherium in den Schlachten von anderen Echtzeit-Strategiespielen unterscheidet. So kann man Teile seiner Erweiterungen eventuell vorhandenen Nebenfraktionen schenken, die sich dann mit all ihren Einheiten freudig anschließen - ggf. gibt es dabei einen kleinen Wettlauf mit dem Gegenspieler. Das zweite Konzept dreht sich um Ionenkanonen, die man als Erweiterungen errichten kann. Diese Bodengeschütze feuern auf die gegnerische Flotte im Orbit (außerhalb der Karte) und sollte der Trefferpunktbalken der Flotte die Nullmarke erreichen, verliert diese Partei das Match. Auf diese Weise könnten festgefahrene Schlachten gelöst werden, aber bisher musste ich dieses Mittel nicht einsetzen.
Während das Kampfsystem für durchaus interessante Gefechte sorgt, präsentieren sich die computergesteuerten Gegner durchwachsen. In den meisten Schlachten macht die KI eine wirklich gute Figur, spielt überraschend druckvoll und greift früh an. Es kann sein, dass der Kontrahent seine Einheiten mit Lufttransporten über die Karte chauffiert, versucht die Nebenfraktion auf seine Seite zu ziehen, sich mit Türmen einbunkert oder immer wieder unterschiedliche Regionen attackiert. Und dann gibt es Situationen, an denen irgendwie nichts funktioniert.
Galaktische Eroberung
Neben den normalen Gefechten und den Multiplayer-Matches, die es ebenfalls als gewertete Variante gibt, darf man sich bei Etherium an der galaktischen Eroberung versuchen, weil es keine klassische Story-Kampagne gibt. Der galaktische Eroberungsfeldzug entpuppt sich als bloße Aneinanderreihung von stinknormalen Gefechten, die mit ein bisschen Forschung, Etherium-Fortschritt und Kartenzieh-Zufall erweitert wurden.
Ist ein Gegner an dem gleichen Planeten interessiert, kommt es zu den bekannten Schlachten auf der Oberfläche. Und so schlägt man Schlacht um Schlacht, bis die sechs Planeten mit ihren drei Gebieten erobert wurden, sonderlich spannend oder abwechslungsreich ist die Sache nicht … Besonders zäh präsentiert sich der Anfang solch einer Eroberung, weil dort keine Forschungspunkte zur Verfügung stehen. Das heißt, dass man zu dem Zeitpunkt nur auf die Standardeinheiten zugreifen kann, die im Kampf gegen die wuchtigen Verteidigungsanlagen gerne den Kürzeren ziehen – vor allem wenn man gegen die Fraktion spielt, die vier Türme pro Sektor bauen darf.
Fazit
Obwohl ich mich freue, mit Etherium wieder einen Vertreter aus der sträflich vernachlässigten Echtzeit-Strategie spielen zu können, will der Funke nicht überspringen. Etherium ist kein schlechtes, aber auch kein gutes Spiel. Trotz des ordentlichen Kampfsystems mit aggressiven Sektoreroberungen, hin- und her wogenden Frontverläufen sowie ordentlicher Computerintelligenz bleibt das Spiel uninspiriert hinter seinen Möglichkeiten zurück. So gibt es zwar drei Fraktionen, die sich allerdings nur marginal unterscheiden und der Basisbau bleibt rudimentär. Das Szenario rund um den mysteriösen Rohstoff wird nur angedeutet und eine Story-Kampagne, die dem Ganzen etwas Tiefe geben könnte, gibt es nicht. Stattdessen darf man in Solo-Partien und Mehrspieler-Schlachten, die nur vier Spieler zulassen, mit einem Repertoire voller Standard-Einheiten den Gegner von den zumeist ordentlich gestalteten Karten putzen. Selbst in der galaktischen Eroberung gibt es keine Abwechslung, denn der Solo-Modus ist nur eine Aneinanderreihung von Gefechten mit viel zu wenig Optionen wie Forschung oder Karteneinsatz. Tindalos Interactive macht aus dem soliden Ansatz einfach nicht genug und damit bleibt es in vielen Belangen hinter Grey Goo zurück. Immerhin stehen mit Act of Aggression und StarCraft 2: Legacy of the Void noch zwei vielversprechende Vertreter in den Startlöchern.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Trotz ordentlicher Kämpfe bleibt Etherium hinter seinen Möglichkeiten zurück, weil es größtenteils uninspiriert daherkommt.
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