Nidhogg16.01.2014, Eike Cramer
Nidhogg

Im Test:

Der Kampf Mann gegen Mann, Klinge gegen Klinge fasziniert seit Jahrhunderten. Unzählige Mantel-und-Degen-Filme haben das thematisiert. Auch das Independent-Projekt Nidhogg von Messhof inszeniert das ehrbare Duell. Gelingt im Test die Riposte?

Schlagen und erschlagen werden

Parade, Riposte, erneute Parade. Ein schneller Haltungswechsel, ein kurzes Zurückweichen.  Ich taxiere meinen Gegner: Was plant er als nächstes? Ich versuche seine Bewegungen vorauszuahnen und ducke mich unter dem zu hastig geworfenen Schwert weg. Eine schnelle Rolle, ein kurzes Zucken meines Armes und meine Klinge dringt knirschend bis zum Heft in die Brust des Feindes ein. Gelbes Blut spritzt über den Bildschirm und ein großer Pfeil weist mir den Weg! Go! Das Ziel ist nicht mehr weit.

Kämpfe wie dieser finden sich in einer Partie Nidhogg zuhauf. In atemlos-frenetischen Schlagabtäuschen kämpfen zwei Krieger um die Oberhand in einer spartanischen 2D-Arena. Wer den anderen durch ein (bestenfalls) geschicktes Manöver ausschaltet hat die Möglichkeit, in Richtung des blinkenden Pfeils zu sprinten. Der Clou dabei ist, dass der Verteidiger immer wieder vor dem Gegner erscheint und die Möglichkeit bekommt ihn zu stellen.  Das Ziel dieses Duells: Möglichst schnell das Ende des Schauplatzes erreichen, um vor Publikum von einem riesigen Wurm gefressen zu werden. Klingt bizarr? Ist es auch! Zumal alles in pixeligen 8-Bit stattfindet.

Atemlose Gefechte

Das Ziel des Spiels: von diesem Wurm gefressen werden. Warum? Darum!
Das Ziel des Spiels: von diesem Wurm gefressen werden. Warum? Darum!
In vier Arenen kämpfe ich entweder gegen die KI, online via Matchmaking oder offline gegen Freunde. Mehr Modi, Schauplätze oder gar eine Handlung? Fehlanzeige. Nidhogg verlässt sich voll und ganz auf sein poliertes und unheimlich gut balanciertes Kampfsystem, das mir eine große Anzahl an Angriffs- und Bewegungsmöglichkeiten gibt. Diese erinnern mich in ihren Animationen an alte Prince-of-Persia-2-Zeiten. Ich kann mit meiner Waffe in drei Höhenstufen angreifen und parieren, aus dem Sprung oder geduckt Tritte und Schläge austeilen und meine Klinge sogar werfen.

Besonders Letzteres will aber gut überlegt sein,  denn wird der Wurf pariert oder weicht der Gegner aus, stehe ich ihm unbewaffnet gegenüber. Zwar kann ich ihn dann mit einem gezielten Tritt immer noch ausschalten, dass ich mich dabei aber selbst an seinem Schwert aufspieße ist recht wahrscheinlich. So werden die Duelle zu atemlosen und schnellen Ketten aus Ausweichmanövern, Sprüngen, Tritten, Schlägen, Paraden. Dazu gesellt sich immer wieder der gnadenlose Tod, wenn eine Klinge ihr Ziel findet.

Die inhaltliche Leere

En guard! Die gnadenlosen Gefechte sind schnell und variantenreich.
En garde! Die gnadenlosen Gefechte sind schnell und variantenreich.
Die Kämpfe von Nidhogg inszenieren, insbesondere im Offline-Multiplayer, packende Duelle. Selten liegen Triumph und Niederlage so dicht beieinander, wie in dem Moment, in dem man den Gegner erst in einen Abgrund tritt und dann doch einen Raum weiter direkt in seine erhobene Waffe läuft. Leider fehlt es aber an anderer Stelle an Inhalt: So ist die Kampagne nicht mehr als eine Aneinanderreihung von 16 Kämpfen gegen eine durchschnittliche KI. Es gibt keine Erzählung, keinen Sinn und leider nur die genannten vier Arenen. Diese wiederholen sich entsprechend schnell. Zudem hatte ich den letzten Feind in knapp einer Stunde besiegt.

Auch im Multiplayer gibt es nur einen Modus und abseits der Spielregeln kaum Modifizierungsmöglichkeiten. Warum hat man nicht eine Abwandlung von Capture The Flag oder eine Art Domination integriert? Die Spielmechanik hätte dies ohne weiteres zugelassen. Außerdem gibt es nicht mal Ranglisten oder Duell-Statistiken.  Zudem ist das Matchmakingsystem momentan eher schlecht als recht: man starrt sehr lange auf einen leeren Bildschirm und hofft einem Spiel zugeteilt zu werden. Oft passiert allerdings gar nichts, sodass man den Vorgang manuell – und ohne Hinweis seitens des Spiels – neu starten muss.

Fazit

Nidhogg biete eine fantastische Inszenierung des Duells Mann gegen Mann. Seit dem altehrwürdigen Prince of Persia gab es wohl kaum so spannende 2D-Fechtkämpfe – die obligatorischen Stürze in Abgründe inklusive. Das Kampfsystem ist knackig, taktisch, schnell und gut balanciert, was insbesondere die Offline-Duelle zu spannenden und frenetischen Gefechten macht. Leider fehlt es aber an Inhalt: Die Kampagne ist in einer knappen Stunde erledigt, bietet keine Story und nur Kämpfe gegen mittelmäßige KI. Die Arenenauswahl ist mit nur vier Schauplätzen mager. Dennoch kann das hervorragende Kampfsystem gerade im Multiplayer überzeugen, auch wenn der Verzicht auf zusätzliche Spielmodi schmerzt. So kann Nidhogg trotz der inhaltlichen Mankos gerade noch gut unterhalten.

Pro

tolles, variables Kampfsystem
gnadenlose Duelle
schöne Animationen
eigenwilliger, aber konsequenter Stil

Kontra

wenig Arenen
mäßige Kampagne
nur ein Mehrspieler-Modus
schwaches Matchmaking

Wertung

PC

Insbesondere im Multiplayer inszeniert Nidhogg packende Kämpfe im Duell Mann gegen Mann. Das tolle Kampfsystem leidet aber unter wenig Inhalten und einer schwachen Kampagne.

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