Im Test: Das digitale Hexer-Brettspiel
Auf die Plätze, fertig, los!
Nein, es geht in diesem Spiel nicht um ein kooperatives Erlebnis, um gemeinsame Kämpfe oder eine erzählerische Kampagne mit aufrüstbaren Charakteren. Obwohl sich angesichts des Fantasy-Universums vielleicht ein Tabletop-Abenteuer im Stile von Die Legenden von Andor, Maus und Mystik oder Descent angeboten hätte, hat der polnische Autor Ignacy Trzewiczek (u.a. 51st State, The Imperial Settlers) ein Brettspiel entworfen, das wie ein Wettlauf um Siegpunkte konzipiert ist - dabei kommen allerdings leichte Rollenspiel-Elemente wie Quests zum Einsatz. Diese digitale Variante ist quasi eine direkte Umsetzung der Tischversion, die seit Ende November auf Englisch bei Fantasy Flight Games erhältlich ist und die hier Anfang 2015 auf Deutsch erscheint.
Von Oxenfurt bis Rivia
Auf einer ansehnlichen Weltkarte erkennt man sechs Regionen sowie bekannte Städte wie Oxenfurt oder Rivia. Man kann zwar etwas zoomen, aber es gibt nicht all zu viel zu entdecken - dort wabern Grenzen golden, da regnet es oder flattert ein Gargoyle. Trotzdem ist die Produktionsqualität im vergleich zu anderen digitalen Brettspielen hoch. Man hat vor
Ziel ist es, eine bestimmte Anzahl an Quests inkl. Haupt- und Nebenmissionen als Erster mit den meisten Siegpunkten zu erledigen. In seinem Zug kann man zwei von fünf Aktionen durchführen: Sich ein oder zwei Felder weit bewegen, eine Erkundungskarte ziehen und abhandeln, zwei Entwicklungskarten ziehen und eine abhandeln (darunter Hexenzeichen, Zauber, Rüstung oder Gefährten), zwei kleinere oder eine schwere Wunde in der Rast heilen sowie eine je nach Charakter variierende Spezialaktion ausführen. Und das Timing dieser Aktionen ist sehr wichtig. Aber leider wird mit dem Fokus auf Rivalität die Chance vergeben, wirklich sinnvolle kooperative Aktionen einzubauen, die ja auch besser zur Story passen würden.
Gefährten, Waffen & Glück
Auch wenn man manchmal in Quests den anderen helfen oder sie heilen kann, wird das viel zu oberflächlich integriert:
Kommt es zu Mission oder Kampf, würfelt man entsprechend seiner Fähigkeiten und modifiziert das Ergebnis noch mit - hoffentlich - vorbereiteten Karten. Die eigenen Kampfwürfel zeigen dann eine Anzahl an Angriff (Schwert) und Verteidigung (Schild) an. Dieses Ergebnis wird mit der Questanforderung bzw. dem Feind verglichen und separat abgehandelt - also nicht summiert. Es gibt theoretisch positive und negative Konsequenzen gleichzeitig, wenn man entweder nicht genug Schilde oder Schwerter hat. Wer beides schafft, genießt natürlich alle Vorteile - ansonsten wird man aufgehalten, ausgeraubt oder verwundet. Zwar geht es hier mehr um Glück als Taktik, aber dennoch ist das ein interessantes duales System. Schade nur, dass die Visualisierung der Würfe selbst nicht besonders edel aussieht: Sie fallen recht schwerelos, teilweise an den Rand des Sichtbereichs.
Verhinderte Aktionen und überregionale Effekte
Die eigene Ausrüstung in Form von Karten im Charaktermenü platziert; dort sind auch alle Verwundungen, Vergiftungen, Flüche & Co eingetragen - sehr schön, dass es kein klassisches Lebenspunktesystem gibt, sondern dass diese Mali direkt auf die Aktionen gelegt werden. Riskiert man den negativen Effekt oder heilt man sich erstmal? Zeit oder Gesundheit? Es gibt auch einen überregionalen Effekt: Der "War Track" simuliert quasi die Bedrohung durch Nilfgaard und so wird das Spielbrett im Laufe der Zeit dynamisch mit bösen Schicksals - sowie Feindmarkern befüllt. Allerdings hat das scheinbar keinerlei Auwirkung auf die komplette Welt, so dass man auch diese Bedrohung ganz gerne in Kauf nimmt - sollte sie den Wettbewerber treffen.
Fazit
Auf den ersten Blick edel, auf den zweiten Blick öde: Bisher kann ich das offizielle Brettspiel nicht einschätzen, aber diese digitale Version für PC, iOS & Co macht mich skeptisch. Der polnische Autor Ignacy Trzewiczek hat das große Rollenspiel-Potenzial des Hexers hier nur in Ansätzen genutzt und viel an Faszination liegen lassen. Mal abgesehen davon, dass sich das Story- und Abenteuerflair in diesem Wettlauf nicht entfalten kann, vermisst man vor allem clevere kooperative oder Welt beeinflussende Elemente. Interaktion? Nahezu Fehlanzeige. Anspruch gegen die KI? Gleich null. Reiz für Solisten? Bescheiden. Ich habe nichts dagegen, dass man sich hier die Siegpunkte stibitzen soll. Und sowohl das Würfel- als auch Lebenspunkte-System haben ihre Reize, wenn man denn vier Freunde online oder per Hot Seat zusammen bringt. Außerdem ist die Produktionsqualität im Vergleich zu anderen digitalen Brettspielen hoch. Aber was bringt das, wenn die Spielmechanik nicht zieht? Es gibt mittlerweile so viel stimmungsvolle Fantasy-Brettspiele da draußen, vom Dungeon-Crawler bis zum Storytelling-Abenteuer, dass man dieses passive Siegpunktewettrennen wirklich nur eingefleischten Fans empfehlen kann.
Pro
Kontra
Wertung
iPad
Auf den ersten Blick edel, auf den zweiten Blick öde: Solides Wettrennen um Siegpunkte, aber zu wenig Interaktion und für Solisten zu langweilig.
Android
Auf den ersten Blick edel, auf den zweiten Blick öde: Solides Wettrennen um Siegpunkte, aber zu wenig Interaktion und für Solisten zu langweilig.
PC
Auf den ersten Blick edel, auf den zweiten Blick öde: Solides Wettrennen um Siegpunkte, aber zu wenig Interaktion und für Solisten zu langweilig.
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