Cloudbuilt28.03.2014, Benjamin Schmädig
Cloudbuilt

Im Test:

Ein Schatten meiner Selbst bin ich: geisterhafte Umrisse zwischen alten Mauern, die in den Wolken schweben. Ich kann springen, mich an Vorsprüngen hoch ziehen, an Wänden entlang laufen – Kinderspiel! Dann hievt mir das Spiel einen Raketenrucksack auf den Rücken. Und plötzlich rase und fliege ich in einem knallharten Test meiner Geschicklichkeit. Ein Paradies für hartgesottene Punktejäger?

Doppelt, dreifach – zehnmal schneller

Der Rucksack macht den Unterschied: Während ich mit der gewohnten Akrobatik einer Jump&Run-Heldin über Abgründe hüpfe, von einer Wand zur nächsten springe, Geschütztürme zerstöre und mit dem richtigen Timing an Laserschranken und Minen vorbei gelange, beschleunigt mich der Raketenantrieb gefühlt um den Faktor zehn. Er ermöglicht ja nicht nur den Doppelsprung; ich kann damit auch eine kurze Strecke fliegen, lange an einer Mauer entlang rennen und sogar senkrecht nach oben sprinten. Oben angekommen könnte ich die Sprungtaste gedrückt halten, mich umsehen und beim Loslassen meinen Lauf in die neue Richtung fortsetzen.

Hänger und Kleber

So entsteht eine Dynamik, die buchstäblich wie Mirror's Edge auf Speed anmutet – wenn auch ohne dessen Eleganz. Denn anstatt eine glaubwürdige Schwere in den Bewegungen nachzuahmen, setzt die Cloudbuilt-Heldin meine Eingaben unmittelbar um. Mit Maus und Tastatur sprinte und drehe ich mich dabei so rasant, dass sich die Steuerung nervös und ungenau anfühlt. Gamepads werden in der aktuellen Version leider nicht ausreichend gut unterstützt.

Ärgerliche Kleinigkeiten unterbrechen zudem den Spielfluss: Laufe ich etwa über eine Kante, bleibt meine Figur automatisch am Vorsprung hängen. Das soll vermutlich ein versehentliches Abstürzen verhindern, unterbricht allerdings den Lauf erfahrener Athleten. Ich erkenne auch nicht immer,

Cloudbuilt ist eine knallharte Arcade-Herausforderung in einer fantasievollen Kulisse.
wie weit die junge Dame von einer Wand abspringen wird und ob sie bereits an einer Mauer "klebt", so dass ich nach oben sprinten kann, oder ob sie kurz vor dem sicheren Halt in die Tiefe fällt. Ich freue mich über den hohen Schwierigkeitsgrad! Ich ärgere mich aber über solche Stolpersteine.

Erzähl ruhig...

Natürlich: Ich könnte mir alle Zeit der Welt lassen, denn kein Countdown hetzt mich. Habe ich einen Level allerdings bestanden, könnte ich für die weltweite Rangliste um die Wette laufen. Ich könnte den Abschnitt außerdem mit verschiedenen Startbedingungen wiederholen, darunter unbegrenzter Treibstoff für den Raketenantrieb sowie die Forderung keinen einzigen Treffer einzustecken. Immerhin ist das die eigentliche Kunst: So schnell wie möglich das Ziel zu erreichen ohne vor fies platzierten Geschützen Zeit zu verlieren. Und wenn dann tatsächlich alle Sprünge sitzen, gelingen Cloudbuilt atemberaubende Momente!

Dass die Geschichte um die im Koma liegende Heldin in Tagebucheinträgen abgehandelt wird, die ich schon beim ersten Anhören abbrechen kann, wird der Alibi-Erzählung dabei nur gerecht. Es spielt keine Rolle, dass die Levels Abschnitte ihrer Genesung darstellen – denn das tun sie nicht. Sie sehen verdammt schick aus und werden von fantasievoller Musik durchdrungen. Doch unterm Strich dreht sich Cloudbuilt einzig und allein um das möglichst schnelle Meistern verzwickter Hinderniskurse.

Fazit

Es ist gut, dass sich die schwedischen Entwickler nicht mit der überflüssigen Geschichte aufhalten. Denn ihr Erstlingswerk ist reines Arcade, ein fesselnder Geschicklichkeitstest für erfahrene Punktejäger – wenn auch nur für kurze Zeit. So spektakulär die akrobatische Heldin nämlich springt, fliegt und sprintet, so sehr ähneln sich die Herausforderungen und so ärgerlich sind kleine Ungenauigkeiten der Steuerung. Vom Flow eines Mirror's Edge ist Cloudbuilt weit weg. Ein motivierender Zeitvertreib vor bezaubernder Kulisse ist es allemal.

Pro

anspruchsvolle Punktejagd um Onlineranglisten
unterschiedliche Siegbedingungen beeinflussen Spielweise
fantasievolles Artdesign
Wahl zwischen verschiedenen Levels
unterschiedliche Wege: leichter und länger oder anspruchsvoller, aber schneller

Kontra

Kleben an Kanten stört Bewegungsfluss
Kamera und Steuerung nervös und mitunter ungenau
keine sinnvolle Gamepadsteuerung
einige frustrierende Checkpunkte

Wertung

PC

Rasanter Geschicklichkeitstest für Hartgesottene, dem eine genauere Steuerung und Abwechslung fehlen.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.