Oniken28.02.2014, Michael Krosta

Im Test: Knallharte 8-Bit-Ballerei

Wer erinnert sich nicht gerne an die Action-Spiele auf dem C-64, NES oder anderen 8-Bit-Systemen zurück? Was hat man sich damals die Zähne an Contra & Co ausgebissen! Mit Oniken verneigt sich Entwickler Joymasher vor der Ära und bringt sie mit Pixeln, Sprites und Chip-Sounds auf den Bildschirm zurück. Kann der Kampf mit Schwert und Granaten wieder die Faszination von damals entfachen?

Zeitreise deluxe

Schon beim Intro fühlt man sich in die Achtziger zurück versetzt: Aus den Boxen düdeln feinste Chipklänge, während mit Pixelbildern, Parallax-Scrolling und Texteinblendungen die klischeehafte Geschichte rund um den militärischen Konzern Oniken vermittelt wird, der nach einem verheerenden Weltkrieg die Macht an sich gerissen hat und die letzten Überlebenden tyrannisiert. Also heuert eine kleine Rebellentruppe den Ninja-Söldner Zaku an, der mit seinem scharfen Schwert und Granaten der Schreckensherrschaft ein Ende bereiten soll. Und hier kommen die Retro-Fans ins Spiel...

Wutausbrüche vorprogrammiert

Es wartet ein klassischer Sidescroller, in dem man Zaku im Idealfall mit einem Controller von links nach rechts durch Schauplätze wie einer unterirdischen Basis, einer Bohrinsel oder einer Festung im Schnee bewegt. Zwischendurch ist man auch immer wieder auf einem Jet-Ski unterwegs, weicht mit guten Reflexen Hindernissen aus und pustet Gegner mit der montierten Kanone ins Nirvana oder weicht in Fluchtsequenzen herabfallenden Trümmern aus. An Land zerteilt er Widersacher wie Hightech-Soldaten, Geschütze oder mechanische Kreaturen in bester Schattenkämpfer-Manier mit der Klinge oder schmeißt eine Granate. In  Containern findet Zaku nicht nur Nachschub, sondern auch Verbandskästen zum Auffrischen der Gesundheitsanzeige oder Items für ein Schwert-Upgrade und den Berserker-Modus, der ihm kurzzeitige Unverwundbarkeit ermöglicht.

Schon der erste größere Bossgegner hat es in sich!
Und hier geht das Drama schon los, denn die Container werden offensichtlich nach dem Zufallsprinzip gefüllt. So kann es oft passieren, dass man trotz voller Energieleiste Verbandszeug bekommt oder eben mit Granaten zugemüllt wird, obwohl man sich in diesen Momenten nichts mehr wünschen würde als eine kleine Vitaminspritze für die Gesundheit. Aber das ist nur ein Puzzlestück der großen Frustparade, bei der mit hinterhältigen Gegnern, viel Trial & Error und extrem fiesen Bosskämpfen die Wutausbrüche auf der Tagesordnung stehen.

Der Geist von früher

Zugegeben: Damit machen die Entwickler eigentlich fast alles richtig, um den Geist der alten Arcade-Klassiker einzufangen. Oniken ist knüppelhart, setzt meist auf pures Auswendiglernen und Einstudieren von Mustern, setzt nur wenige Checkpunkte und knallt dem Spieler nach dem Verbrauch der drei Leben gnadenlos den Game-Over-Bildschirm ins Gesicht. Immerhin wird man nicht komplett an den Anfang zurückversetzt, sondern darf den Beginn von jeder der sechs Missionen mit ihren jeweils drei Abschnitten als Startpunkt für einen neuen Versuch auswählen, sobald man sie erst

Auch auch dem Sattel eine Jet-Ski nimmt man es mit den fiesen Schergen auf.
einmal freigespielt hat. Es sei denn, man ist so verrückt und versucht sich am Hardcore-Modus, bei dem die Feinde nicht nur den doppelten Schaden anrichten, sondern man sich mit nur einem Leben und ohne Verbandskästen bis zum Ende durchkämpfen muss.

Mich hat bereits der normale Schwierigkeitsgrad in den Wahnsinn getrieben. Doch im Gegensatz zu anspruchsvollen Perlen wie einem Donkey Kong Country oder dem Techno-Level eines Apidya blieb der gewünschte Motivationsschub hier bei mir aus und verwandelte sich zu schnell in Frust: Es mag daran liegen, dass ich der 8-Bit-Ära generell nicht so viel abgewinnen kann wie den Action-Krachern der 16-Bit-Generation, auch wenn ich die Präsentation von Oniken und die trashigen Zwischensequenzen durchaus gelungen finde. Oder daran, dass ich eine Laser-Wumme á la Turrican einem Katana jederzeit vorziehen würde und mich lieber durchschieße als durchschlage. Ich verspürte keinen Drang, weiter die Level auswendig zu lernen, wobei mich das Lottospiel an den Containern fast noch mehr genervt hat als die oft unberechenbaren Bewegungsmuster der Widersacher. Vielleicht hätte ein kooperativer Zweispieler-Modus im Stil von Contra oder Midnight Resistance dem Spiel gut getan, doch sucht man ihn leider vergeblich. Einzig Online-Bestenlisten werden angeboten.

Fazit

Handwerklich gesehen macht Joymasher viel richtig: Oniken fängt das Prinzip der Actionspiele aus der 8-Bit-Ära gekonnt ein und fährt mit viel Trial & Error, knackigen Bosskämpfen und trashiger Story so ziemlich alles auf, was man mit der „guten alten Zeit“ verbindet. Trotz meiner Retro-Liebe will der Funke hier aber nicht so recht überspringen: Zwar geht die Oldschool-Präsentation mit ihrer entsprechenden Minimal-Farbpalette, den mäßig animierten Sprites und Chip-Klängen voll in Ordnung, doch stört mich neben vielen unberechenbaren Widersachern vor allem das elendige Zufallsprinzip bei den Container-Inhalten. So hängt mir das Überleben in dieser postapokalyptischen Pixel-Welt zu sehr vom Glück ab – nicht gerade motivierend. Wer eine knallharte Retro-Erfahrung sucht, dabei gleichzeitig frustresistent ist und lieber ohne Koop-Partner loszieht, findet mit Oniken trotz oder wegen der vielen Stereotypen und des etwas uninspirierten Leveldesigns einen würdigen Kandidaten. Mein Fall ist es nicht (mehr).

Pro

8-Bit-Retropräsentation...
Chip-Soundtrack
Online-Bestenlisten

Kontra

...die ich bei aller Retro-Liebe heute nicht mehr unbedingt brauche
Container-Inhalte per Zufallsprinzip
einige unberechenbare Gegner
viel Trial & Error
frustrierende Bosskämpfe
kein Koop
viel Gegner-Recycling

Wertung

PC

Hart, fies und unberechenbar: Bei Oniken wünsche ich mir die alte 8-Bit-Zeit nicht wieder zurück.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.