Im Test: Bedrückender Überlebenskampf
Willkommen in der Hölle
„Es ist kalt geworden in der Stadt. Verdammt kalt. Der Schnee fällt auf die zerstörten Straßenzüge, Bombentrichter und auf Ruinen, in denen vor nicht allzu langer Zeit noch Menschen wohnten. Immer wieder erschüttert die Explosion von Granaten die Häuser und entfernt hört man das Echo vereinzelter Schüsse. Verdammter Krieg! Wie lange dauert diese Belagerung bereits?
Und dann dieser Hunger. Vor einigen Tagen haben wir einen Gefährten an ihn verloren. Roman, den ehemaligen Rebellenkämpfer. Kurz nach unserer Ankunft stand er vor der Tür. Traumatisiert, desillusioniert. Wir nahmen ihn auf und er half uns – wehrte Eindringlinge ab, die uns nachts das wenige nehmen wollten, was uns blieb. Wir konnten ihm am Ende nicht mehr helfen. Zuletzt verletzte er vor Hunger rasend einen Freund im Streit schwer. Was soll nur aus uns werden?“
- Katia, Tag 35
Eine Überlebenssimulation?
Auf den ersten Blick ist This War Of Mine nur eine Überlebenssimulation von vielen. Eine Gruppe von Menschen
Im halbwegs sicheren Haus können provisorische Möbel und Werkbänke errichtet werden, Zigaretten gerollt, Essen gekocht, Waffen repariert oder Werkzeuge improvisiert werden. Diese können in den nächtlichen Streifzügen durch zerstörte Schulen, in Feldlazaretten oder unbewohnten Häusern genutzt werden, um neue Gegenstände zu erbeuten. Während eines der Gruppenmitglieder auf der Suche ist, kann der Rest schlafen – oder Wache stehen, um Übergriffe anderer Banden zu verhindern.
Schmerzhaft realistisch
Doch dieser Kampf ums Überleben ist so viel mehr als ein DayZ. Der Spielablauf ist oft langwierig und repetitiv. Man muss Essen kochen, Essen, Schlafen und Ausruhen, um für die Nacht bereit zu sein. Dieser aussichtslose
Zudem gibt es hier keine fiktive Endzeit, die mir die Last der Realität nimmt. Es gibt keine Zombies und keine Aliens, die mir vorgaukeln, dass es so weit schon nicht kommen wird. Nein, This War Of Mine ist Homs oder Gaza. Dieser Krieg findet statt und zwar genau jetzt. Sei es im Sindschar-Gebirge, in Kobane oder im Donbass: Überall auf der Welt gibt es Zivilisten, die genau das erleben, was die 11Bit Studios so schmerzhaft realistisch porträtieren. Einen Krieg. Genau vor ihrer Haustür.
Überleben um jeden Preis?
Dieser Krieg fordert von jedem einzelnen dramatische Entscheidungen. Was nehme ich in Kauf? Welches Leid bin ich bereit anzurichten, um mein eigenes Leben zu retten? Die nächtlichen Streifzüge führen mich nämlich nicht nur in menschenleere Ruinen. Ich habe mich z.B. dafür entscheiden ein älteres Ehepaar zu überfallen, das in einem der von schwerer Artillerie noch verschonten Randbezirke lebt. Ich bin bewaffnet und halb verhungert in ihr Haus eingedrungen und habe ihnen aus Verzweiflung alles genommen, was sie hatten: Nahrung, Brennstoffe, Wertsachen. Auf Knien hat mich die ältere Frau angefleht, doch mir blieb keine Wahl. Ob sie lange überleben können? Unwahrscheinlich.
Das Ende vor Augen
Heute Morgen ist Bruno nicht mehr aufgewacht. Er ist erfroren. Ich fühle mich krank. Ich bin alleine. Wenn nicht bald etwas passiert, wenn nicht bald Hilfe kommt wird es zu spät sein. Dann werden sie eine Geisterstadt befreien. Verdammter Krieg!“
- Katia, Tag 40
Fazit
This War Of Mine ist das bedrückend atmosphärische Porträt des Krieges aus der Sicht der Unbeteiligten, vor deren Haustür er stattfindet. Es gibt in diesem Kampf nicht die strahlenden Hochglanz-Helden oder waffenstarrenden Weltenretter eines Call of Duty. Es wird nicht einmal deutlich, worum es in den Kämpfen überhaupt geht, denn es spielt keine Rolle: Hier geht es ausschließlich um das nackte Überleben. In einer vom Krieg zerstörten Stadt, die Pate steht für Homs, für Donezk oder für Kobane, ist jeder Tag ist ein repetitiver Kampf gegen Hunger, Krankheit, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit. Und jede Nacht ist eine gefährliche Suche nach Überresten der Zivilisation. Die 11Bit Studios zeigen gnadenlos und unkommentiert die dunkle Seite des Krieges. Sie zeigen schonungslos das Leid und die Narben, die jeder dieser Konflikte auf der Seele der Überlebenden hinterlässt. Im Abspann werden mir meine Entscheidungen präsentiert. Mein Verlust der Moral, die Gefahr in die ich andere gebracht habe, die Hoffnung die ich vielleicht gegeben habe. This War Of Mine ist ein spielerisches Monument gegen den Krieg und ein Fanal für den Frieden – ganz ohne den moralischen Zeigefinger oder eine Hollywood-Inszenierung. Was für eine bemerkenswerte Leistung.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Atmosphärisch, bedrückend, gnadenlos: This War Of Mine inszeniert den täglichen Überlebenskampf von Zivilisten in Kriegsgebieten schmerzhaft realistisch.
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